VwGH 2013/03/0140

VwGH2013/03/014018.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache der Gemeinde Weitendorf, vertreten durch Mag. Dr. Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Mariahilferstraße 20/EG, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 29. Oktober 2013, Zl BMVIT-220.038/0002-IV/SCH2/2012, betreffend eisenbahnrechtliche Feststellung (mitbeteiligte Partei: A KG in G, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger und Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 27/DG), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §38;
BauG Stmk 1995;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EisenbahnG 1957 §10;
EisenbahnG 1957 §11 litd;
EisenbahnG 1957 §11;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde über Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 14. Juni 2012 gemäß § 11 lit d iVm § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) fest, dass die Anlage der mitbeteiligten Partei auf näher genannten Grundstücken in der KG K eine Eisenbahnanlage iSd § 10 EisbG darstellt.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, der Bürgermeister der beschwerdeführenden Partei habe zunächst der mitbeteiligten Partei gemäß § 41 Abs 3 des Steiermärkischen Baugesetzes aufgetragen, die gegenständlichen "ohne baubehördliche Bewilligung sohin vorschriftswidrig errichtete bauliche Anlage (Gleisstummel)" zu beseitigen. Der in dieser Angelegenheit ergangene Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Partei vom 20. Juni 2011 sei von der steiermärkischen Landesregierung im Vorstellungsweg mit Bescheid vom 10. Februar 2012 behoben worden. Auf der Grundlage dieses Vorstellungsbescheides habe die beschwerdeführende Partei den verfahrensgegenständlichen Antrag vom 14. Juni 2012 an die belangte Behörde gerichtet.

Die Frage, ob es sich bei der in Rede stehenden Anlage um eine Eisenbahnanlage iSd § 10 EisbG handle, stelle eine Vorfrage im Rahmen des bereits bei der beschwerdeführenden Partei eingeleiteten Verfahrens zum Beseitigungsauftrag nach dem steiermärkischen Baugesetz dar. Auf dem Boden einer Reihe von im bekämpften Bescheid näher angestellten Erwägungen kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass es sich bei dieser Anlage um eine Eisenbahnanlage gemäß § 10 EisbG handle.

B. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, diesen aufzuheben.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, mit denen sie der Beschwerde entgegentraten.

C. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. Gemäß § 34 Abs 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG sind ua Beschwerden, denen offenbar der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

2. Nach Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG in seiner hier maßgeblichen Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf diese Bestimmung gestützten Beschwerde kommt es - unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren - lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein kann. Die Beschwerdelegitimation setzt voraus, dass die auf Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben wird. Fehlt es an der Behauptung, in einer eigenen Interessenssphäre verletzt zu sein, oder überhaupt an der Möglichkeit einer derartigen Verletzung, dann bedarf es zur Beschwerdeerhebung außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen nach Art 131 Abs 2 B-VG (in seiner hier maßgeblichen Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl VwGH vom 16. Oktober 2003, 2003/03/0087, mwH). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen ausgesprochen, dass die Parteistellung im Verwaltungsverfahren und die Berechtigung zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sich zwar in der Regel decken, aber nicht notwendigerweise zusammenfallen müssen (vgl VwGH vom 17. Dezember 2014, 2012/03/0156, mwH).

3. Gemäß § 11 lit d EisbG ist, wenn die Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde von der Klärung der Vorfrage abhängig ist, ob eine Anlage als Eisenbahnanlage iSd § 10 leg cit zu gelten hat, vorher die Entscheidung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie einzuholen. Nach der Rechtsprechung wird mit dieser Regelung generell diese in behördlichen Verfahren auftauchende Vorfrage der Beurteilung der jeweils zur Entscheidung in der Hauptsache zuständigen Behörde entzogen und deren Bindung an die vom genannten Bundesminister vorzunehmende Feststellung normiert; die Parteien des Hauptverfahrens können aus § 11 EisbG kein Recht ableiten, den Beschluss der Vorabfrage selbst beim zuständigen Bundesminister zu beantragen (vgl nochmals VwGH vom 17. Dezember 2014, 2012/03/0156, mwH).

4. Für eine Gemeinde wie der beschwerdeführenden, die im Rahmen eines von ihren Organen behördlich geführten Bauverfahrens mit einem Antrag gemäß § 11 EisbG an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie herantritt, besteht entgegen der Beschwerde keine Möglichkeit, durch die Auswirkungen der bescheidmäßig getroffenen Feststellung des Bundesministers in ihren subjektiven Rechten verletzt zu werden. Vielmehr kann daraus, dass das baubehördliche Verfahren hinsichtlich der Eisenbahnanlagen unter den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG fällt, abgeleitet werden, dass für Eisenbahnanlagen eine gesonderte Baubewilligung (nach Landesgesetzen) nicht in Betracht kommt und damit die Zuständigkeit der Gemeinde im Bereich des Baurechts nicht tangiert wird (vgl VwGH vom 17. Dezember 2014, 2012/03/0156).

Damit könnte aus dem Umstand, dass eine Behörde unter den geforderten Voraussetzungen einen Antrag nach § 11 EisbG stellte, jedenfalls eine Befugnis zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde iSd Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nur dann abgeleitet werden, als ihr eigene, gegenüber dem Staat (als Träger von Hoheitsgewalt) bestehende Interessenssphäre zukäme (vgl in diesem Sinn etwa VwGH vom 1. Juli 2005, 2003/03/0082; VwGH vom 18. Oktober 2005, 2003/03/0029). Eine solche Interessenssphäre wird aber durch die Frage, ob die Organe der beschwerdeführenden Partei zur Durchführung eines Bauverfahrens nach den steiermärkischen gesetzlichen Regelungen behördlich zuständig sind, nicht begründet. Aus der Zuständigkeit zur Durchführung eines behördlichen Verfahrens, in welchem von der Behörde ein Antrag nach § 11 EisbG an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gestellt wurde, ergibt sich kein behördliches subjektives öffentliches Recht, gegen den Feststellungsbescheid nach §§ 1011 EisbG ein Rechtsmittel an den Verwaltungsgerichtshof zu richten bzw diese Zuständigkeit beim Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen.

Fehlt es an der Möglichkeit, in der eigenen Interessenssphäre verletzt werden zu können, bedarf es zur Beschwerdeerhebung außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen (vgl insbesondere Art 131 Abs 1 Z 2 und Z 3 B-VG idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl etwa VwGH vom 26. Juli 2007, 2006/04/0175). Beides ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG zurückzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 (vgl § 79 Abs 11 VwGG iVm § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am 18. Februar 2015

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