Normen
FrPolG 2005 §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66;
StVG §126 Abs3;
FrPolG 2005 §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66;
StVG §126 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1986 geborene Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsangehöriger, kam im Jahr 1990 im Alter von vier Jahren (gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zu seinem hier niedergelassenen Vater) nach Österreich und verfügte zuletzt über einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Er absolvierte in Österreich die Pflichtschule und eine Berufsausbildung als Kraftfahrzeugtechniker.
Der Beschwerdeführer wurde vom Landesgericht Leoben am 4. Juli 2006 wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Dem lag eine Brandlegung durch den Beschwerdeführer am 12. April 2006 an mehreren Stellen der Außenfassade des im Eigentum seines Vaters stehenden Hauses zugrunde. Er verfolgte damit die Absicht, den gegen seinen damals in Untersuchungshaft befindlichen Vater bestehenden Verdacht, dieser habe durch Brandlegungen an diesem Objekt im April 2006 einen Versicherungsbetrug begehen wollen, zu entkräften.
Mit rechtskräftigem Urteil des genannten Gerichtes vom 1. Juni 2007 wurde der Beschwerdeführer sodann wegen des Verbrechens des schweren Raubes, teilweise als Beitragstäter, nach den §§ 142 Abs. 1, 143 erster Satz, zweiter Fall; § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Unter einem wurde die Probezeit für die im ersten Urteil verhängte Strafe auf fünf Jahre verlängert.
Dem Schuldspruch liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 24. Mai 2006 gemeinsam mit D. eine Tankstellenangestellte zur Ausfolgung eines Betrages von EUR 1.500,- genötigt habe, indem sie D. mit einer Schreckschusspistole bedrohte, und dass der Beschwerdeführer in der Nacht zum 2. Juli 2006 gemeinsam mit demselben Mittäter eine Angestellte eines Sportwettencafes zur Ausfolgung eines Betrages von EUR 7.600,- genötigt habe, indem sie der Beschwerdeführer mit einer Schreckschusspistole bedrohte. Weiters habe der Beschwerdeführer am 11. Februar 2006, am 24. Februar 2006 und am 19. Jänner 2007 dadurch einen Tatbeitrag zu weiteren von D. (einmal gemeinsam mit einem anderen Mittäter) verübten Raubüberfällen geleistet, indem er die unmittelbaren Täter mit seinem PKW zum Tatort gebracht und in einiger Entfernung auf deren Rückkehr gewartet habe.
Im Hinblick darauf wurde über den Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 25. Oktober 2010 gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der angefochtene Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen ist. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Oktober 2010 geltende Fassung (vor dem FrÄG 2011).
Nach § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme im Sinn des Abs. 1 rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht (unter anderem) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist.
Die genannte Alternative dieses Tatbestandes ist im gegenständlichen Fall ausgehend von der vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechseinhalb Jahren erfüllt. Davon ausgehend und unter Bedachtnahme auf die den erwähnten strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten, insbesondere angesichts der mehrfachen Begehung von schweren Raubüberfällen in zeitlich kurzen Abständen, kam die belangte Behörde sodann zur Ansicht, es sei die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt und stützte das Aufenthaltsverbot auch im Spruch des angefochtenen Bescheides auf die genannten Bestimmungen.
Von der belangten Behörde wäre zwar weiters zu beachten gewesen, dass nach der Aktenlage im Hinblick auf den dem Beschwerdeführer erteilten unbefristeten Aufenthaltstitel Anhaltspunkte bestehen, ihm komme die Rechtsstellung eines "langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen" zu, gegen den eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur bei Vorliegen der im § 56 FPG genannten Voraussetzungen zulässig ist (vgl. dazu grundlegend das Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/21/0603). Trotzdem wurde der Beschwerdeführer durch die Bezugnahme im Spruch des angefochtenen Bescheides nur auf § 60 FPG fallbezogen nicht in Rechten verletzt, weil die belangte Behörde in der Bescheidbegründung ohnehin in Anbetracht der gegen ihn ergangenen Verurteilungen und des den Schuldsprüchen zugrunde liegenden Verhaltens auch das Vorliegen der in § 56 FPG umschriebenen Gefährdung - (gegenwärtige, hinreichend) schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit - angenommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2011, Zl. 2011/23/0174). Das ist schon angesichts der mehrfachen Wiederholung und unter Verwendung von Waffen planmäßig verübten Raubüberfälle, die der Beschwerdeführer zum Teil ungeachtet des anhängigen Strafverfahrens wegen Brandstiftung (in einem Fall zwei Tage vor der Hauptverhandlung) und beim letzten Faktum ungeachtet der mittlerweile ergangenen Verurteilung und der offenen Probezeit begangen hat, unbedenklich. Daraus ist nämlich nicht nur eine hohe Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers erkennbar, sondern auch dessen Uneinsichtigkeit gegenüber der staatlichen Reaktion auf strafbares Verhalten.
Gegen das von der belangten Behörde angenommene aktuelle Weiterbestehen einer maßgeblichen Gefährdung wendet die Beschwerde ein, es sei dabei unterlassen worden, auf das vorgelegte psychologische Privatgutachten vom 15. Februar 2010, in dem für den Beschwerdeführer eine positive Zukunftsprognose erstellt worden sei, näher einzugehen, und die belangte Behörde habe einen von ihr eingeholten Bericht der Strafvollzugsanstalt nicht entsprechend berücksichtigt. In Anbetracht dessen, dass der Beschwerdeführer seit 7. April 2010 als Freigänger tätig sei und auch entsprechende Ausgänge gewährt bekomme, habe er sein Wohlverhalten bereits ausreichend dokumentiert.
Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde das erwähnte Gutachten in ihre Überlegungen einbezogen und es auch zu einem integrierenden Bestandteil der Bescheidbegründung gemacht hat. Unter anderem hat sie ausdrücklich "in Würdigung des Ergebnisses des psychologischen Gutachtens" die von der Erstbehörde ausgesprochene unbefristete Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zehn Jahre geändert. Der belangten Behörde kann aber nicht entgegen getreten werden, wenn sie dem Privatgutachten für die Gefährdungsprognose nicht die allein entscheidende Bedeutung beigemessen hat, weil selbst ein vom Sachverständigen angenommener Gesinnungswandel, der nicht seine Entsprechung in einem einen relevanten Zeitraum umfassenden Wohlverhalten gefunden hat, für den Wegfall der Gefährdungsprognose nicht ausreicht (siehe zuletzt das Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/23/0261, mit dem Hinweis auf die Erkenntnisse vom 12. April 2011, Zl. 2007/18/0858, und vom 24. Februar 2011, Zl. 2010/21/0506, je mwN). Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass für eine Bewährung in erster Linie das Verhalten eines Fremden auf freiem Fuß maßgeblich ist (siehe beispielsweise das Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2009/21/0287, mwN), sodass das vorgelegte Privatgutachten nicht geeignet ist, die angesichts des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers aus fremdenrechtlicher Sicht vorgenommene Prognose in Bezug auf die von seinem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet ausgehende (schwere) Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu widerlegen. Da sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch in Strafhaft befand (das voraussichtliche Strafende ist nach Ablehnung einer bedingten Entlassung erst am 19. Juli 2013), bestanden daher zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt - auch wenn dem Beschwerdeführer eine gute Führung bescheinigt wird und er in der Haft seinen Lehrabschluss absolvierte - keine ausreichenden Garantien für einen nachhaltigen Gesinnungswandel und ein künftiges Wohlverhalten in Freiheit. Davon ausgehend wurde auch bereits judiziert, dass sich aus dem Status als "Freigänger" während der Strafhaft keine maßgebliche Minderung der sich aus dem strafbaren Vorverhalten ergebenden Gefährdung ableiten lässt (vgl. das Erkenntnis vom 12. Oktober 2010, Zl. 2010/21/0335).
Für eine positive Prognose reicht es im vorliegenden Fall auch nicht, dass der Beschwerdeführer den Kontakt zu D., von dem er "beeinflusst" gewesen sei, "bereits seit längerem komplett abgebrochen" habe, ist doch nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung neuerlich derartige Bekanntschaften macht. Dass der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - die erste Straftat als "jugendlicher Erwachsener" begangen hat und bei den Raubüberfällen zum Teil eine "untergeordnete Rolle" gespielt habe, lässt sein strafbares Verhalten entgegen der Auffassung in der Beschwerde insgesamt nicht in einem entscheidend milderen Licht erscheinen. Dabei wird nämlich außer Acht gelassen, dass der Brandstiftung im vorliegenden Zusammenhang keine vorrangige Bedeutung zukommt und der Beschwerdeführer sein Verhalten bei den Raubüberfällen nach zweimaliger Beteiligung als Beitragstäter insofern steigerte, als er danach zweimal als unmittelbarer Täter mitwirkte.
Unter dem Gesichtspunkt einer - nach Ansicht des Beschwerdeführers mangelhaften - Interessenabwägung nach § 66 FPG wird in der Beschwerde vorgebracht, dass sich der Beschwerdeführer seit mehr als 20 Jahren in Österreich aufhalte und sich hier auch seine Eltern und Geschwister befänden. Wenngleich die Eltern geschieden seien, pflege er auch zu seinem Vater einen familiären Kontakt. Er verfüge nur über sporadische Kenntnisse der kroatischen Sprache, während er Deutsch perfekt könne. Seit mehr als einem Jahr habe er auch eine österreichische Freundin. Mit seinen Verwandten in Kroatien pflege er keinen Kontakt mehr und es sei ihm nicht möglich, dort eine Existenz aufzubauen.
Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde (neben der in Österreich absolvierten Schul- und Berufsausbildung sowie der als Freigänger ausgeübten Berufstätigkeit) auch die genannten Umstände in ihre Abwägung einbezogen hat und deshalb zu dem Ergebnis gekommen ist, das Aufenthaltsverbot greife "in beachtlicher Weise" in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein. Dabei erachtete sie aber die familiären Bindungen aufgrund des Erwachsenenalters des Beschwerdeführers und die Beziehung zu seiner Freundin wegen deren Eingehens während unsicheren Aufenthalts zu Recht für relativiert. Dem Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stellte die belangte Behörde zutreffend das im Hinblick auf seine Gefährlichkeit (siehe oben) hohe öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung zur Verhinderung von Straftaten der vorliegenden gravierenden Art gegenüber. Im Ergebnis kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie dabei dem Interesse des Beschwerdeführers kein höheres Gewicht zugemessen hat als dem gegenläufigen öffentlichen Interesse. Insbesondere berücksichtigte die belangte Behörde dabei auch, dass der Beschwerdeführer (wenn auch gebrochen) kroatisch spreche, dass sein Vater in Kroatien über ein Wohnhaus verfüge, in dem er Unterkunft nehmen könne, ihm die Reaktivierung der Kontakte zu den dort befindlichen Verwandten zumutbar sei und er mit Hilfe der in Österreich absolvierten Berufsausbildung auch in Kroatien wirtschaftlich Fuß fassen könne. Dem ist die Beschwerde aber nicht substantiiert entgegen getreten. Gleiches gilt für die Ermessensübung durch die belangte Behörde.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war demzufolge gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der in der Beschwerde beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Kostenzuspruch gründet sich - im Rahmen des ausdrücklich gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 19. April 2012
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