VwGH 2007/18/0858

VwGH2007/18/085812.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des M B H B H, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach LL.M, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. Oktober 2007, Zl. E1/149.239/2007, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
SGG §12 Abs1;
StGB §223 ;
StGB §224;
VwGG §41 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
SGG §12 Abs1;
StGB §223 ;
StGB §224;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines tunesischen Staatsangehörigen, vom 20. Jänner 2005 auf Aufhebung des gegen ihn (von der belangten Behörde mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 6. April 1994) erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals am 24. Oktober 1992 sichtvermerksfrei in Österreich eingereist. Ein von ihm im Jänner 1993 gestellter Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes sei rechtskräftig abgewiesen worden. Wenig später sei er mit der Drogenszene in Kontakt gekommen und habe er mit dem Suchtgiftkonsum begonnen. Zur Finanzierung seiner Sucht habe er auch von April 1993 bis zum Tag seiner Festnahme, dem 15. Juli 1993, Suchtgift verkauft, so zwei Abnehmern in diesem Zeitraum zumindest 100 Gramm Kokain in einer Vielzahl von Angriffen. Der Beschwerdeführer sei deshalb vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 14. Jänner 1994 gemäß § 12 Abs. 1 und § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz (SGG) zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 14 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Mit dem genannten Bescheid vom 6. April 1994 sei deswegen gegen ihn das unbefristete Aufenthaltsverbot erlassen worden.

Am 26. Jänner 1994 habe der Beschwerdeführer infolge seines Hungerstreiks aus der gegen ihn angeordneten Schubhaft entlassen werden müssen.

Seinen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes begründe der Beschwerdeführer mit grundlegenden Änderungen in seinem Privatleben. Er habe am 7. September 2004 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Mit seiner Ehegattin habe er ein am 1. Jänner 2002 geborenes Kind. Er habe sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen, sich in die Gesellschaft wieder eingebunden, leide an einem reaktiv bedingten depressiven Syndrom und nehme psychiatrische Behandlung in Anspruch. Die zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes vorgelegene Gefährdungsprognose sei nicht mehr gerechtfertigt, weil er vollständig resozialisiert sei und in geordneten Verhältnissen lebe. Er beziehe ein Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit, und die gemeinsame Ausreise mit seiner Familie in seine Heimat sei unmöglich.

Nach Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführer seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes überhaupt keine Rede sein könne. Schon am 10. November 1994 sei der Beschwerdeführer erneut vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß § 12 Abs. 1 und 3 Z 1, §§ 14a, 16 Abs. 1 SGG und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er nach seiner Verurteilung vom 14. Jänner 1994 weiterhin Suchtgift, und zwar von April 1994 bis 5. Juli 1994 einem Abnehmer 40 bis 50 Gramm Heroin, verkauft habe. Am 23. September 1994 habe er von einem Lieferanten ca. 140 Gramm Heroin ausgefolgt erhalten, wovon er einem Abnehmer 55 Gramm verkauft habe. Ca. 49 Gramm habe er gestreckt und portioniert sowie für den Weiterverkauf vorbereitet. Hiebei sei er von einem Polizeibeamten betreten und festgenommen worden. 43 Gramm des Suchtgiftes habe er einem Mitverurteilten übergeben, um es für ihn zu verstecken. Nach der Entlassung aus der Strafhaft sei er am 25. Juli 1996 in die S abgeschoben worden. Unter Zuhilfenahme eines Schleppers sei ihm jedoch im August 1996 wieder die illegale Einreise nach Österreich gelungen. Am 19. August 1996 sei er neuerlich festgenommen, wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes bestraft und gegen ihn die Schubhaft verhängt worden. Der geplanten neuerlichen Abschiebung habe er sich durch einen Hungerstreik entzogen, weshalb er aus der Schubhaft habe entlassen werden müssen.

Am 3. September 1997 sei der Beschwerdeführer erneut wegen des Verdachtes des Suchtgifthandels festgenommen worden. Den Beamten gegenüber habe er sich zunächst als ungarischer Staatsbürger ausgegeben und mit einem verfälschten ungarischen Reisepass ausgewiesen. Vom Landesgericht für Strafsachen Wien sei er am 25. September 1997 neuerlich gemäß § 12 Abs. 1, 2 und 3 Z 3, § 16 Abs. 1 SGG sowie § 223 Abs. 2, § 224 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Nachdem er sich aus der Schubhaft durch einen Hungerstreik freigepresst habe, habe er im September 1996 erneut mit dem Konsum von Suchtgift begonnen. Von mehreren Lieferanten habe er 380 Gramm Heroin und 240 Gramm Kokain erworben, das er im Laufe des folgenden Jahres gewinnbringend an eine Vielzahl von Abnehmern verkauft habe. So habe er sich seine Sucht und seinen Lebensunterhalt finanziert. Den mit seinem Lichtbild versehenen verfälschten ungarischen Reisepass habe er im Juli 1997 erworben.

Nach seiner Entlassung aus der Haft sei der Beschwerdeführer am 1. September 2000 erneut in Schubhaft genommen worden. Der bereits im Laufen befindlichen Abschiebung habe er sich entzogen, indem er sich mit einer Rasierklinge verletzt habe. Am 13. September 2000 habe er einen Asylantrag eingebracht. Das diesbezügliche Asylverfahren sei am 12. Dezember 2000 rechtskräftig eingestellt worden. Am 26. September 2000 habe er erneut wegen eines Hungerstreiks aus der Schubhaft entlassen werden müssen.

Am 17. Juli 2002 sei der Beschwerdeführer unter der von ihm geführten Identität A., geboren 1974, bislang zuletzt verurteilt worden. Er habe (am 26. Juni 2002) neuerlich einen verfälschten ungarischen Reisepass verwendet, um sich Polizeibeamten gegenüber auszuweisen, weshalb er vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß § 223 Abs. 2, § 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer nach Italien gereist und habe dort am 7. September 2004 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Daraufhin sei er neuerlich illegal in das Bundesgebiet zurückgekehrt und habe den gegenständlichen Aufhebungsantrag gestellt. Die Ehe sei im Sommer 2006 geschieden worden. Der Beschwerdeführer sei immer noch und dem Aufenthaltsverbot zuwider unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers in Österreich sei von verschiedenen gravierenden Rechtsbrüchen gekennzeichnet. Er sei offenbar weder willens noch im Stande, maßgebliche, in Österreich gültige Rechtsvorschriften einzuhalten. Nicht nur, dass er das gegen ihn bestehende Aufenthaltsverbot bisher beharrlich ignoriert habe und wiederholt illegal ein- bzw. ausgereist sei, sei er auch jahrelang und anscheinend unbeeindruckt durch Vorverurteilungen in den illegalen Drogenhandel involviert. Darüber hinaus habe er offenbar bedenkenlos andere Identitäten und gefälschte Ausweise verwendet. Solcherart könne keine Rede davon sein, dass die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gering zu schätzen oder gar als weggefallen zu betrachten sei. Daran könne weder etwas ändern, dass er - wie geltend gemacht werde - sich von seiner Drogenabhängigkeit befreit habe, noch, dass seine letzte Verurteilung mittlerweile fünf Jahre zurückliege. Angesichts des massiven und jahrelangen Fehlverhaltens böten diese Umstände nämlich keine Gewähr für ein zukünftiges Wohlverhalten. Der von ihm ins Treffen geführte Umstand, er habe durch das Kennenlernen seiner späteren Frau im Jahr 2001 und das gemeinsame Kind sein Leben grundsätzlich geändert, sei insofern zu relativieren, als die letzte Straftat des Beschwerdeführers am 26. Juni 2002 erfolgt sei, zu einem Zeitpunkt also, in dem die Beziehung (zu seiner späteren Ehefrau) bereits längere Zeit bestanden habe. Ferner sei diese Ehe geschieden worden, nachdem er wegen gefährlicher Drohung gegen seine Ehegattin angezeigt und gegen ihn ein "Rückkehrverbot" (offensichtlich gemeint: Betretungsverbot) und eine einstweilige Verfügung durch das Bezirksgericht Leopoldstadt erlassen worden seien.

Auf Grund aller dieser aktenkundigen Umstände seien nicht nur die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG erfüllt, sondern es sei dieses auch zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dringend geboten und sohin im Sinn des § 66 Abs. 1 leg. cit. zulässig.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Kind Bedacht zu nehmen. Sonstige Änderungen im Familienleben seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien nicht aktenkundig. Zu bedenken sei weiters, dass er diese familiären Bindungen zu einem Zeitpunkt eingegangen sei, als er im Hinblick auf das Aufenthaltsverbot weder zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei noch mit einem ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen dürfen. Dass ihm das Sorgerecht für das Kind zukäme, sei nicht aktenkundig. Weiters habe die belangte Behörde auch berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer einen "Lehrgang für Fremdensprachenkursleiter in Deutsch als Fremdsprache" absolviert habe und laut vorliegendem Sozialversicherungsdatenauszug tageweise bzw. zwei und sechs Monate als beschäftigt aufgeschienen sei. Laut dem Arbeitsmarktservice Wien verfüge er jedoch über keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG. Er gehöre auch keiner der in § 1 Abs. 2 AuslBG normierten Personengruppen an, weshalb die seit 1. Jänner 2006 aufscheinenden (kurzfristigen) Beschäftigungsverhältnisse als unrechtmäßig zu qualifizieren seien. Diese Umstände könnten im Ergebnis nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechen und seien daher nicht geeignet, angesichts des jahrelangen, wiederholten und schwerwiegenden Fehlverhaltens seinen privaten Interessen derart zusätzliches Gewicht zu verleihen, dass dem gegenüber die genannten maßgeblichen öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten hätten. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe für die belangte Behörde keine Veranlassung bestanden, das Aufenthaltsverbot im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens zu beheben. Dass er laut vorgelegtem psychiatrischen Befund an reaktiv bedingten Depressionen leide und (zumindest noch am 1. Juni 2006) in ambulanter medikamentöspsychiatrischer und einzelpsychotherapeutischer Behandlung stehe, stelle einen solchen Umstand für eine Ermessensübung zu seinen Gunsten nicht dar. Dass er jedoch unter völliger Ignorierung des Aufenthaltsverbotes nach seiner Abschiebung wiederholt in das Bundesgebiet zurückgekehrt sei und sich hier unrechtmäßig niedergelassen habe, lasse seine Angst vor der gemutmaßten bevorstehenden Abschiebung und somit der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes als Auslöser für diese psychische Erkrankung als keinen zu seinen Gunsten sprechenden Umstand erscheinen. Diese im medizinisch-psychiatrischen Befundbericht vom 1. Juni 2006 beschriebene Erkrankung habe selbst bei großzügigster Betrachtung keinen Grund darstellen können, das gegen ihn bestehende Aufenthaltsverbot zu beheben. Dass er eine angemessene Behandlung nicht allenfalls auch im Ausland erlangen könnte, sei von ihm nicht einmal behauptet worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot (oder Rückkehrverbot) auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach der hg. Judikatur kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetreten und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem die Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2011, Zl. 2007/18/0841, mwN).

Ferner ist die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 Z 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Bei der Beurteilung nach § 65 Abs. 1 leg. cit. ist weiters zu prüfen, ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 60 Abs. 6 iVm § 66 FPG zulässig ist. Schließlich hat die Behörde die Frage der Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbotes auch unter dem Blickwinkel des ihr in § 60 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2009, Zl. 2007/18/0331, mwN).

2.1. An seit der Erlassung des genannten Aufenthaltsverbotes geänderten Umständen bringt die Beschwerde vor, dass sich die belangte Behörde mit den von ihr herangezogenen Verurteilungen des Beschwerdeführers inhaltlich nur völlig unzureichend auseinandergesetzt habe. So lägen die beiden Verurteilungen aus dem Jahr 1994 mittlerweile bereits über 13 Jahre und jene aus dem Jahr 1997 10 Jahre zurück. Der Verurteilung aus dem Jahr 2002 liege nur ein Urkundendelikt (§§ 223, 224 StGB) zu Grunde, das in keinem Zusammenhang mit den übrigen Verurteilungen stehe, geschweige denn in irgendeiner Weise einschlägig sei. Schon allein auf Grund des äußerst lang zurückliegenden Zeitpunktes der strafrechtlich relevanten Delinquenz und des mindestens fünfjährigen Wohlverhaltenszeitraumes könne das im Jahr 1994 erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot in dieser Form nicht mehr aufrecht erhalten werden und seien die Gründe für dessen Erlassung zur Gänze weggefallen. Die Verurteilungen wegen Suchtmittel- und Drogenmissbrauches fänden ihre Ursache nämlich ausschließlich darin, dass der Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum hinweg an Suchtgift gewöhnt gewesen sei. In der Zwischenzeit sei es ihm allerdings gelungen, sich zur Gänze vom Drogenmilieu loszulösen, wirtschaftlich zu integrieren und erfolgreich von seiner Drogen- und Suchtabhängigkeit zu befreien.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Jahr 1994 lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1993 über mehrere Monate hindurch in einer Vielzahl von Angriffen Suchtgift verkaufte, sodass er am 14. Jänner 1994 (u.a. wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt wurde. Obwohl gegen ihn mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 6. April 1994 das unbefristete Aufenthaltsverbot erlassen worden war, konnte ihn jedoch weder dieser Umstand noch die vorangegangene Verurteilung zu einem Wohlverhalten bewegen. Vielmehr handelte er - wie oben (I.1.) dargestellt - im Zeitraum von April 1994 bis September 1994 neuerlich mit Suchtgift, weshalb über ihn am 10. November 1994 eine unbedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten verhängt wurde.

Auch nach seiner Entlassung aus der diesbezüglichen Strafhaft am 25. Juli 1996 verstieß er fortgesetzt gegen die österreichische Rechtsordnung. So reiste er nach seiner Abschiebung umgehend im August 1996 unter Zuhilfenahme eines Schleppers nach Österreich wieder ein und wurde binnen kurzem nach dem SGG neuerlich straffällig. Er erwarb von mehreren Lieferanten große Mengen Heroin und Kokain, das er im Laufe des folgenden Jahres gewinnbringend an eine Vielzahl von Abnehmern verkaufte. Darüber hinaus verwendete er eine falsche ausländische öffentliche Urkunde im Rechtsverkehr, nämlich einen im Juli 1997 erworbenen verfälschten ungarischen Reisepass. Wegen dieser Straftaten wurde über ihn am 25. September 1997 eine Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren verhängt.

Nach dem Ende seiner Strafhaft am 1. September 2000 und Überstellung in die Schubhaft vereitelte der Beschwerdeführer seine Abschiebung durch die oben (I.1.) angeführte Selbstbeschädigung. Wie bereits mehrmals zuvor gelang es ihm am 26. September 2000 neuerlich, seine Entlassung aus der Schubhaft mittels eines Hungerstreikes zu erzwingen.

Aber auch in den folgenden Jahren kann von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers im Sinn der oben (II.1.) zitierten Judikatur keine Rede sein, gebrauchte er doch am 26. Juni 2002 erneut einen verfälschten ungarischen Reisepass im Rechtsverkehr, um sich mit diesem gegenüber einem Polizeibeamten auszuweisen. Darüber hinaus setzte er in diesen Jahren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides seinen unrechtmäßigen Aufenthalt fort. Es kann daher - entgegen der Beschwerdeansicht - keine Rede davon sein, dass sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits über fünf Jahre zur Gänze wohlverhalten habe.

Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang vorbringt, dass sich der Beschwerdeführer mittlerweile von seiner Drogenabhängigkeit befreit habe, so führt dieser behauptete Umstand zu keiner anderen Beurteilung. Denn angesichts der gravierenden Suchtgiftstraftaten, der wiederholten Rückfälligkeit und der gewerbsmäßigen Vorgangsweise des Beschwerdeführers könnte die behauptete Drogenfreiheit erst nach einem längeren Zeitraum des tatsächlichen Wohlverhaltens zu einer hier ausschlaggebenden Minderung der Gefährdung der öffentlichen Interessen führen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 2. April 2009, Zl. 2009/18/0089, mwN).

Mit dem in seiner Beschwerde gestellten Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Psychiatrie und Neurologie zum Beweis dafür, dass sämtliche im Jahr 1994 zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Gründe weggefallen seien, verkennt der Beschwerdeführer, dass im Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG der rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Bescheides jene Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen ist, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestanden hat (vgl. dazu § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) und eine Ergänzung des Beweisverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof daher nicht in Betracht kommt, sodass der genannte Beweisantrag nicht zielführend ist. Im Übrigen war auch die belangte Behörde - abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren einen solchen Beweisantrag nicht gestellt hat - nicht gehalten, ein solches Gutachten einzuholen, weil ein bloß behaupteter oder von einem Psychologen oder Facharzt aus dem Bereich der Psychiatrie und Neurologie festgestellter Gesinnungswandel, der nicht seine Entsprechung in einem einen relevanten Zeitraum umfassenden Wohlverhalten gefunden hat, für die Annahme des künftigen Wohlverhaltens nicht ausreicht (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2007, Zl. 2007/18/0340, mwN).

Weiters können nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Februar 2011, Zl. 2007/18/0771, mwN) in Haft verbrachte Zeiten nicht als solche des Wohlverhaltens angesehen werden, sodass auch unter diesem Blickwinkel das Beschwerdevorbringen hinsichtlich des seit den Verurteilungen in den Jahren 1994 und 1997 verstrichenen langen Zeitraumes ins Leere geht. Berücksichtigt man, dass sich der Beschwerdeführer seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Jahr 1994 zusammengerechnet über fünf Jahre in Haft befunden, sich mehrmals durch Hungerstreik behördlichen Anordnungen widersetzt, mehrmals seine Abschiebung und damit die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes vereitelt und sich bis zuletzt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, so ist die Ansicht der belangten Behörde, dass der seit der Begehung der letzten gerichtlichen Straftat des Beschwerdeführers (im Jahr 2002) - die, entgegen der Beschwerdeansicht, einschlägiger Natur war (vgl. dessen Verurteilung im Jahr 1997 gemäß § 223 Abs. 2, § 224 StGB) - bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeitraum noch zu kurz sei, um die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit als weggefallen zu betrachten, nicht zu beanstanden.

3.1. Unter dem Blickwinkel der Interessenabwägung nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG bringt die Beschwerde vor, dass sich der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes im Bundesgebietes nicht nur wirtschaftlich zur Gänze integriert, sondern auch eine fundierte Ausbildung als Deutschlehrer absolviert und den Wunsch habe, diese Tätigkeit zum Nutzen des österreichischen Staates einzusetzen. Er habe gute Aussichten, in Österreich ein regelmäßiges monatliches Einkommen ins Verdienen zu bringen, und sein Tätigwerden liege im Interesse der Republik Österreich. Darüber hinaus habe er im Verwaltungsverfahren zahlreiche Stellungnahmen aus seinem Bekannten- und Freundeskreis übermittelt, die seine gesellschaftliche Stellung und soziale Integration darlegten und sich äußerst detailliert und positiv über ihn äußerten. Jeder dieser Verfasser der Stellungnahmen zolle ihm respektable Anerkennung dafür, dass er es ohne fremde Hilfe und ausschließlich unter medizinischer und psychologischer Betreuung geschafft habe, sich von der Drogenabhängigkeit zu befreien und aus diesem Milieu auszubrechen. Darüber hinaus befinde sich der Beschwerdeführer auf Grund seiner äußerst problematischen fremdenrechtlichen Situation seit September 2004 bei Dr. L. in psychiatrischer und einzelpsychotherapeutischer Behandlung, der ihm auf Grund der drohenden Abschiebung ein relativ bedingtes depressives Syndrom bei regelmäßiger und durchgängiger medikamentös-psychiatrischer und einzelpsychotherapeutischer Behandlung und Kontrolle attestiere. Auch in seiner jüngsten Begutachtung vom 19. November 2007 bestätige der Psychotherapeut Dr. L., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, erneut seine früheren Diagnosen und überdies, dass die gegenwärtige medizinisch-psychiatrische Behandlung für den Beschwerdeführer lebenswichtig und diese Form der Behandlung in T nicht gewährleistet sei, sodass ein allfälliger Abbruch der laufenden medikamentös-psychiatrischen Therapie für den Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine schwere Gefährdung seiner Gesundheit und seines Lebens mit sich bringen würde. Sohin werde jedenfalls aus medizinischer Sicht eine Abschiebung des Beschwerdeführers mit schärfster Vehemenz abgelehnt. Diese Befundberichte des Dr. L. zeigten, dass eine zwangsweise Rückkehr des Beschwerdeführers nach T auf Grund der vorhandenen depressiven Syndromatologie mit erheblicher Selbstmordgefahr verbunden sei. In dieser - zumindest aus medizinischer Sicht gesehenen - äußerst labilen Lage des Beschwerdeführers stelle vor allem der regelmäßige Kontakt zu dessen minderjährigen Tochter eine äußerst bedeutsame Beziehung und Bindung dar und hätte nach Ansicht des Dr. L. eine Abschiebung und ein "Auseinanderreißen" dieser Bindung sowohl für den Beschwerdeführer als auch für das Kind sehr schwerwiegende nachteilige Folgen.

3.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Wenn sich die Beschwerde auf einen medizinischpsychiatrischen Befundbericht des Dr. L. vom 19. November 2007 bezieht, so wurde dieser (nach der Bescheidverfassung erstellte) Bericht im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt, sodass dessen Berücksichtigung das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) entgegensteht. Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen, dass die medizinisch-psychiatrische Behandlung des Beschwerdeführers in dieser Form in T nicht gewährleistet sei und eine Abschiebung des Beschwerdeführers, verbunden mit einem "Auseinanderreißen" der Bindung zu seiner minderjährigen Tochter, sowohl für ihn als auch für das Kind sehr schwerwiegende nachteilige Folgen habe, wurde doch ein solches Vorbringen im Verwaltungsverfahren noch nicht erstattet.

Vom Beschwerdeführer wurden im Verwaltungsverfahren in Bezug auf seinen psychischen Zustand die medizinisch-psychiatrischen Befundberichte des Dr. L. vom 9. November 2004 und 1. Juni 2006 vorgelegt. Im Befundbericht vom 9. November 2004 ist von einer Selbstmordgefahr des Beschwerdeführers noch keine Rede. Im weiteren Befundbericht vom 1. Juni 2006 ist angeführt, dass der Beschwerdeführer seit Ende September 2004 wegen eines reaktiv bedingten depressiven Syndroms bei Dr. L. in ambulanter medikamentös-psychiatrischer und einzelpsychotherapeutischer Behandlung stehe, nach wie vor die drohende Durchführung des Aufenthaltsverbotes eine zentrale Rolle spiele und, obwohl er seit dem letzten medizinisch-psychiatrischen Befundbericht im November 2004 regelmäßig und durchgängig (einmal alle zwei Wochen) medikamentös-psychiatrisch und einzelpsychotherapeutisch behandelt und kontrolliert worden sei, leider keine nennenswerte und stabile Remission habe erzielt werden können. Seit fast einem Jahr herrschten fachmedizinisch eindeutige "psychosewertige (teilweise auch ins Autistisch Wahnhafte gehende) leider sehr hartnäckige Symptome (inklusive Selbstmordgefahr)" vor, sodass bei Aufhebung des Aufenthaltsverbotes aller Wahrscheinlichkeit nach eine wesentliche Erleichterung und Genesung des Beschwerdeführers von seinem reaktiv bedingten depressiven Syndrom zu erwarten sei. Der Patient müsse auch weiterhin ambulant behandelt und kontrolliert und von seiner Familie entsprechend unterstützt werden.

Abgesehen davon, dass laut diesem Befundbericht vom 1. Juni 2006 offensichtlich eine bloß ambulante, medikamentöspsychiatrische und einzelpsychotherapeutische Behandlung in Abständen von einmal in zwei Wochen ausreichend war, um die attestierte Selbstmordgefahr abzuwenden, ergibt sich aus diesen Befundberichten nicht, dass eine solche ambulante medikamentöspsychiatrische und einzelpsychotherapeutische Behandlung nur in Österreich und nicht auch im Ausland, etwa auch in T, durchgeführt werden könnte. Im Hinblick darauf und mangels eines diesbezüglichen, unter Beweis gestellten Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren kann der Auffassung der belangten Behörde, dass eine angemessene Behandlung des Beschwerdeführers auch im Ausland erlangt werden könnte, sodass dessen reaktiv bedingten Depressionen keinen Grund für eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes darstellten, nicht entgegengetreten werden.

Soweit die Beschwerde damit argumentiert, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Interesse von Österreich gelegen sei, verkennt sie, dass nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 6. September 2007, Zl. 2007/18/0171, und vom 20. Jänner 2009, Zl. 2008/18/0651, mwN) bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG zu Gunsten des Fremden nur die den privaten und familiären Bereich betreffenden Umstände, nicht jedoch öffentliche Interessen zu berücksichtigen sind.

Wägt man nun die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführten persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet gegen das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes gegenüber dem Beschwerdeführer ab, so ist die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung nach § 66 Abs. 1 und 2 FPG auch unter Bedachtnahme auf einen Besuchskontakt des Beschwerdeführers zu seiner minderjährigen Tochter, die sich in der Obsorge ihrer Mutter befindet, nicht zu beanstanden. Die Trennung der Familienangehörigen ist im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Gemäß § 39Abs. 2 Z 6 VwGG konnte von der beantragten Verhandlung Abstand genommen werden.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 12. April 2011

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