Normen
AVG §56
AVG §57 Abs1
AVG §58 Abs2
AVG §60
AVG §62 Abs1
BWG 1993 §70 Abs2
BWG 1993 §70 Abs2 Z2
BWG 1993 §70 Abs3
BWG 1993 §70 Abs7
VwGG §33 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §41 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
WRG 1959 §111
WRG 1959 §138
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1994:1994170159.X00
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Spruchpunkt 1. des mündlich verkündeten, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheides vom 25. Februar 1994 sowie der mündlich verkündete Bescheid vom 30. März 1994 werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 25.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluß gefaßt:
1. Die Beschwerde gegen den mündlich verkündeten, an Dkfm. P gerichteten Bescheid vom 25. Februar 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 31. März 1994 wird zurückgewiesen.
Begründung
Ad 1.: Im Zuge einer vor dem Bundesministerium für Finanzen, Abteilung V/13, am 25. Februar 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlung verkündete der Verhandlungsleiter gegenüber der Beschwerdeführerin mündlich folgenden Bescheid:
„1.) Dkfm. P wird gemäß § 70 Abs 2 Z 2 lit a) BWG zur fachkundigen Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bei der XY-AG in W, N-Platz, ab 26. Februar 1994, 00.00 Uhr, bis zum 31. Juli 1994, 24.00 Uhr, bestellt.
Die Bestimmungen von § 76 BWG sind sinngemäß auf die bestellte fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) anzuwenden.
2.) Nach § 70 Abs 1 Z 1 BWG wird von der XY-AG in W, N-Platz, die Vorlage eines vom Bankprüfer bestätigten Ausweises über die Vermögenslage (Status) zum 30. Juni 1994 verlangt, der eine ausdrückliche Stellungnahme des Bankprüfers in Hinblick auf einen allfälligen Tatbestand nach § 63 Abs 3 erster Fall BWG (Funktionsfähigkeit des Kreditinstitutes, Erfüllbarkeit der Verpflichtungen des Kreditinstitutes) zu enthalten hat.
Dieser Ausweis (Status) ist dem Bundesministerium für Finanzen bis zum 27. Juli 1994, 10.00 Uhr, in W, V-Gasse, vorzulegen.
3.) Der Gesamtvorstand der XY-AG wird für den 27. Juli 1994, 10.00 Uhr, nach W, V-Gasse, zur mündlichen Verhandlung über den an diesem Tage zu überreichenden Status per 30. Juni 1994 und den daraus allfällig resultierenden Aufsichtsmaßnahmen geladen.“
Ad 2.: Im Zuge derselben mündlichen Verhandlung verkündete der Verhandlungsleiter gegenüber Dkfm. P folgenden Bescheid:
„Dkfm. P wird gemäß § 70 Abs 2 Z 2 lit a) BWG zur fachkundigen Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bei der XY-AG in W, N-Platz, ab 26. Februar 1994, 00.00 Uhr, bis zum 31. Juli 1994, 24.00 Uhr, bestellt.
Dkfm P stehen gemäß § 70 Abs 2 Z 2 alle Rechte nach § 70 Abs 1 Z 1 und 2 BWG zu.
Dkfm. P hat gemäß § 70 Abs 2 Z 2 lit a) BWG der XY-AG alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen der XY-AG gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihr anvertrauten Vermögenswerte, zu vergrößern. Insbesondere hat er jene Geschäfte zu untersagen, die im Annex dieses Bescheides, der einen untrennbaren Bestandteil dieses Bescheides bildet, angeführt sind ...“
Laut Niederschrift haben die „Parteien“ gemäß § 62 Abs. 3 AVG auf Ausfertigung der Bescheide verzichtet.
Ad 3.: Am 30. März 1994 fand eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesministerium für Finanzen, Abteilung V/13, statt. An ihr nahmen unter anderem Rechtsanwalt Dr. RB als rechtsfreundlicher Vertreter der Beschwerdeführerin sowie in der Folge auch der Geschäftsleiter Dr. MB statt. In der Niederschrift über diese mündliche Verhandlung heißt es einleitend:
„Gegenstand der Verhandlung: Verfahren gemäß § 70 Abs 2 BWG in Verbindung mit § 57 Abs 1 AVG betreffend des seitens der XY-AG mit Schreiben vom 29. März 1994 gegenüber Dkfm. P in seiner Funktion als Regierungskommissär ausgesprochenen Verbotes des Zutrittes zu den Geschäftsräumlichkeiten der XY-AG“
In der Folge brachte nach Inhalt der Niederschrift Rechtsanwalt Dr. RB „im Rahmen des Parteiengehöres im Verfahren § 70 Abs. 2 Z. 4 BWG“ im wesentlichen vor, daß der Bescheid vom 25. Februar 1994 über die Bestellung von Dkfm. P zur fachkundigen Aufsichtsperson rechtswidrig sei. Aus den im Schreiben der Beschwerdeführerin an Dkfm. P vom 29. März 1994 genannten Gründen habe die Verweigerung des Zutritts ausgesprochen werden müssen. Die nunmehr in Aussicht genommene Untersagung der Fortführung des gesamten Geschäftsbetriebes stelle nicht das gelindeste Mittel dar. Auf Grund dieser Ankündigung werde (jedoch) das Zutrittsverbot zurückgenommen.
Der Verhandlungsleiter teilte hiezu mit, daß „im Rahmen der freien Beweiswürdigung“ dieser Aussage kein Glauben geschenkt werden könne. Sohin machte Dr. RB zum Beweis dafür, daß das Zutrittsverbot nicht wiederholt werde, die Zeugen Dr. A, Dr. MB und Dr. S namhaft, die kurzfristig erreichbar seien.
In der Folge wurde Dkfm. P während einer vorübergehenden Abwesenheit von Rechtsanwalt Dr. RB als Zeuge vernommen und gab unter anderem an, daß am heutigen Tage um 9.00 Uhr Dr. A ihm gegenüber telefonisch das Zutrittsverbot bestätigt habe.
Sodann wurde Rechtsanwalt Dr. RB das Ergebnis dieser Zeugeneinvernahme mitgeteilt. Er führte hiezu aus, daß diese Bestätigung (seitens Dr. A) lediglich unter Zugrundelegung der Rechtsansicht erfolgt sei, wonach Dkfm. P nicht rechtmäßig bestellt worden sei. Rechtsanwalt Dr. RB habe zugesagt, daß dieses Zutrittsverbot nicht wiederholt werde. Der mittlerweile erschienene Geschäftsleiter der Beschwerdeführerin Dr. MB bestätigte als Zeuge die Aussage von Rechtsanwalt Dr. RB.
Der Verhandlungsleiter führte abschließend wörtlich aus:
„Unbestritten und Basis der Beweiswürdigung ist, daß Dkfm. P in seiner Eigenschaft als Regierungskommissär der Zutritt in die Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin verwehrt wurde. Im Hinblick auf dieses ausgesprochene Zutrittsverbot ist der Tatbestand der Gläubigergefährdung gegeben.“
Der Verhandlungsleiter verkündete sohin mündlich folgenden Bescheid:
„Der XY-AG wird gemäß § 70 Abs 2 Z 4 BWG die Fortführung des Geschäftsbetriebes mit sofortiger Wirkung ganz untersagt.“
Ad. 4.: Mit Datum vom 31. März 1994 erging an die Beschwerdeführerin folgender schriftlicher Bescheid der belangten Behörde:
„Gemäß § 68 Abs 2 AVG wird der am 30. März 1994 mündlich verkündete Bescheid in seinem Spruch abgeändert. Der gesamte
Spruch lautet somit:
Der XY-AG wird gemäß 70 Abs 2 Z 4 BWG die Fortführung des Geschäftsbetriebes mit sofortiger Wirkung ganz untersagt.
Ausgenommen hievon sind:
Zahlungen für laufende Betriebsaufwendungen.
Vorauszahlungen auf diese Aufwendungen dürfen nicht geleistet werden, es sei denn, sie sind gesetzlich geboten oder sie waren vertraglich bis zum Zeitpunkt der Bescheidverkündung eingegangen.
Verfügungen über Wertpapierdepots auf Antrag von Kunden auf Übertragung oder Ausfolgung an andere Banken und zur Abdeckung offener Kreditforderungen. Die Entgegennahme von Aufträgen von Wertpapierkäufen oder Wertpapierverkäufen fällt nicht unter diese Ausnahme.
Die Bank darf jene Gelder entgegennehmen, die ihr von ihren Schuldnern bezahlt werden.“
In der Begründung dieses Bescheides wird auf den mündlich verkündeten Bescheid vom 30. März 1994 Bezug genommen und ausgeführt, die genannte Sperre habe in Anbetracht des gegenüber dem Regierungskommissär ausgesprochenen Zutrittsverbotes und im Hinblick auf die akute Gläubigergefährdung sofort verhängt werden müssen. Nach dieser sofort erforderlichen Maßnahme hätten amtswegig weitere Überlegungen hinsichtlich einer „Auflockerung“ der verhängten Sperre angestellt werden können. Die Erlaubnis, die laufenden Betriebsaufwendungen zu bezahlen, sei insbesondere hinsichtlich der laufenden Gehälter schon aus sozialen Erwägungen angebracht. Die weiteren im Spruch angeführten Ausnahmen von der verhängten Geschäftssperre stellten keine Benachteiligung oder Bevorzugung einzelner Gläubiger dar. Es habe daher gemäß § 68 Abs. 2 AVG eine „Auflockerung“ der am 30. März 1994 bescheidmäßig ganz untersagten Fortführung des Geschäftsbetriebes ausgesprochen werden können.
Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach dem Akteninhalt am 31. März 1994 um 12.45 Uhr durch Übergabe an ihren Rechtsfreund zugestellt.
Gegen die zu 1. bis 3. genannten Bescheide vom 25. Februar und 30. März 1994 richtet sich die zu den Zlen. 94/17/0159-0161 protokollierte, am 31. März 1994 hg. überreichte Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die angefochtenen Bescheide vom 25. Februar 1994 insofern in ihren Rechten verletzt, als zum Regierungskommissär gemäß § 70 Abs. 2 und 3 BWG nur jemand bestellt werden könne, der dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder Wirtschaftstreuhänder angehöre (was auf Dkfm. P nicht zutreffe). Der Bescheid vom 30. März 1994 verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Fortführung des Bankbetriebes entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen. Die Beschwerdeführerin beantragt, die mit dieser Beschwerde angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Aus der wiedergegebenen Fassung des Beschwerdepunktes hinsichtlich der Bescheide vom 25. Februar 1994 ergibt sich allerdings klar, daß die Absprüche laut Pkt. 2.) und 3.) des zuerst genannten Bescheides nicht Gegenstand der Beschwerde sind.
Mit Beschluß vom 2. April 1994, Zl. AW 94/17/0008, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer gegen den Bescheid vom 30. März 1994 gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, statt.
In ihrer zur Beschwerde gegen die Bescheide vom 25. Februar und 30. März 1994 erstatteten Gegenschrift beantragt die belangte Behörde
A) die „Zurückweisung der Beschwerde wegen Klaglosstellung der Partei“,
B) in eventu, die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen,
„C), D)“ in eventu, der Verwaltungsgerichtshof möge die Beschwerde „gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abweisen“.
Gegen den zu 4. genannten Bescheid vom 31. März 1994 richtet sich die zu Zl. 94/17/0280 protokollierte, am 15. Mai 1994 zur Post gegebene Beschwerde, nach deren Vorbringen sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Fortführung des Bankbetriebes entsprechend den gesetzlichen Vorschriften verletzt erachtet. Sie beantragt, den mit dieser Beschwerde angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 7. April 1994, Zl. 23 5316/44-V/13/1994, war inzwischen Prof. K „gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 lit.a i.Vdg. mit § 70 Abs. 3 Bankwesengesetz, Art. I des Finanzmarktanpassungsgesetzes, BGBl. Nr 532/1993“ zur fachkundigen Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bei der Beschwerdeführerin ab 7. April 1994, 14.00 Uhr bis 31. Juli 1994, 24.00 Uhr, bestellt worden. In der Begründung dieses Bescheides heißt es nach einem Überblick über den bisherigen Verfahrensverlauf, am 6. April 1994 habe sich der in der Meldung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder über geeignete Regierungskommissäre ausgewiesene Prof. K, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, bereit erklärt, eine sofortige Bestellung als Regierungskommissär bei der Beschwerdeführerin anzunehmen. Auch Dkfm. P habe am 6. April 1994 um „Entbindung seines Amtes“ ersucht. Es habe somit der Anregung „der Partei“ vom 25. März 1994 auf Bestellung eines Regierungskommissärs laut Meldung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder nachgekommen werden können. Die Bestellung von Dkfm. P zum Regierungskommissär sei durch die Bestellung von Prof. K mit Wirksamkeit vom 7. April 1994, 14.00 Uhr, ex lege außer Kraft gesetzt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu
hg. Zl. 94/17/0284 protokollierte Beschwerde, die NICHT
Gegenstand dieser Entscheidung ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden zuerst genannten Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber (hinsichtlich Punkt II. dieser Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat) erwogen:
Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Bankwesengesetzes, Art. I des Finanzmarktanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (BWG), haben folgenden Wortlaut:
„§ 70. (1) Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 69 Z 1 und 2 kann der Bundesminister für Finanzen unbeschadet der ihm auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zustehenden Befugnisse jederzeit im Sinne einer laufenden Überwachung der Kreditinstitute
1. von den Kreditinstituten die Vorlage von Zwischenabschlüssen, von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung und von Prüfungsberichten verlangen, ferner von den Kreditinstituten und ihren Organen Auskunft über alle Geschäftsangelegenheiten fordern, in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger der Kreditinstitute Einsicht nehmen und durch die Bankprüfer oder die Prüfungs- und Revisionsverbände alle erforderlichen Prüfungen vornehmen lassen;
2. von den Bankprüfern und von den Prüfungs- und Revisionsverbänden Prüfungsberichte und Auskünfte einholen;
...
(2) Bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtung eines Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte, kann der Bundesminister für Finanzen zur Abwendung dieser Gefahr befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen, die spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Er kann durch Bescheid insbesondere
1. ...
2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftstreuhänder angehört, und der alle Rechte des Abs. 1 Z. 1 und 2 zustehen; die Aufsichtsperson hat
a) dem Kreditinstitut alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige Gefahr zu vergrößern, bzw.
b) im Falle, daß dem Kreditinstitut die Fortführung der Geschäfte ganz oder teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr nicht vergrößern;
...
4. die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise untersagen.
(3) Der Bundesminister für Finanzen hat vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Meldungen über geeignete Regierungskommissäre einzuholen. Ist ein Regierungskommissär nach Abs. 2 Z 2 zu bestellen und ist keine Bestellung auf Grund dieser Meldungen möglich, so hat der Bundesminister für Finanzen die nach dem Sitz des Kreditinstitutes zuständige Rechtsanwaltskammer oder die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu benachrichtigen, damit diese einen fachlich geeigneten Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder als Regierungskommissär namhaft machen. Bei Gefahr in Verzug kann der Bundesminister für Finanzen
1. einen Beamten des Bundesministeriums für Finanzen,
2. einen Vertragsbediensteten des Bundesministeriums für Finanzen,
3. einen Rechtsanwalt oder
4. einen Wirtschaftstreuhänder
vorläufig als Regierungskommissär bestellen. Diese Bestellung tritt mit der Bestellung eines Rechtsanwaltes oder Wirtschaftstreuhänders nach dem ersten Satz außer Kraft.
...
(6) Dem Regierungskommissär ist nach Beendigung seiner Tätigkeit von der Aufsichtsbehörde eine Vergütung (Funktionsgebühr) zu leisten, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und zu den Aufwendungen hiefür steht.
(7) Die dem Bund durch Maßnahmen nach Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Abs. 2 und 6 entstehenden Kosten sind vom betroffenen Kreditinstitut zu ersetzen.“
Zu dem unter 1. genannten Bescheid vom 25. Februar 1994:
Die belangte Behörde begründet ihren Antrag auf „Zurückweisung der Beschwerde wegen Klaglosstellung der Partei“ im wesentlichen damit, unter Zugrundelegung des in der Rechtsordnung allgemein geltenden Grundsatzes „lex posterior derogat legi priori“ sei der Bescheid vom 25. Februar 1994 infolge Derogation durch den „Bescheid vom 30. März 1994 in der Fassung des Bescheides vom 31. März 1994“ aus dem Rechtsbestand genommen. Ausgenommen hievon seien die nicht die Person des Dkfm. P betreffenden Spruchinhalte des Bescheides vom 25. Februar 1994. Auf dieselbe Weise sei der „Bescheid vom 30. März 1994 in der Fassung des Bescheides vom 31. März 1994“ infolge Derogation durch den Bescheid vom 7. April 1994 zur Gänze aus dem Rechtsbestand genommen. Die angefochtenen Bescheide ließen sohin keine Rechtswirkungen erkennen, welche die Beschwerdeführerin derzeit in ihren Rechten verletzten.
In ihrer auf Grund der Klaglosstellungsanfrage des Berichters vom 9. Juni 1994 erstatteten Äußerung vom 23. Juni 1994 brachte die Beschwerdeführerin hiezu im wesentlichen vor, der Bescheid vom 7. April 1994 sei nur damit zu erklären, daß der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen den Untersagungsbescheid vom 30. März 1994 mit Beschluß vom 2. April 1994, zugestellt am 5. April 1994, die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Hiedurch sei der Eintritt der Rechtswirkungen des Untersagungsbescheides „vom 30./31.“ März 1994 bis zur Erledigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Hauptverfahren hinausgeschoben worden. Hiedurch hätten die beiden Bescheide vom 25. Februar 1994 wieder Rechtswirksamkeit erlangt. Die Ansicht, daß mit dem Bescheid vom 7. April 1994 dem Untersagungsbescheid vom „30./31.“ März 1994 materiell derogiert worden sei, sei unzutreffend und widerspreche auch der (oben wiedergegebenen) Begründung dieses Bescheides, wonach durch die Bestellung von Prof. K die Bestellung des Regierungskommissärs Dkfm. P ex lege außer Kraft gesetzt sei.
Im übrigen läge eine Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG nur dann vor, wenn der mit der Beschwerde angefochtene Untersagungsbescheid vom „30./31.“ März 1994 mit einem formellen Akt aus dem Rechtsbestand eliminiert worden wäre. Dies sei nicht geschehen. Inhalt des Bescheides vom 7. April 1994 sei ausschließlich gewesen, die Bestellung von Dkfm. P zum Regierungskommissär durch die Bestellung von Prof. K zu ersetzen. Selbst wenn man der Ansicht der belangten Behörde folgen würde, würde der Bescheid vom 7. April 1994 nur Wirkungen ex nunc entfalten, somit Rechtswirkungen, die der Bescheid vom „30./31.“ März 1994 bereits entfaltet habe, nicht beheben. Im übrigen habe der Vizepräsident der Wiener Börsekammer mit Bescheid vom 30. März 1994 das Verfahren zum Ausschluß der Beschwerdeführerin von der Mitgliedschaft an der Wiener Wertpapierbörse unter Hinweis darauf eingeleitet, daß der Beschwerdeführerin mit dem Untersagungsbescheid vom 30. März 1994 der gesamte Geschäftsbetrieb untersagt worden sei. Mit Bescheid der Wiener Börsekammer, Kartenausschuß, vom 3. Juni 1994 sei der Antrag auf Aufhebung jenes Spruchteiles vom 30. März 1994, mit welchem das Verfahren zum Ausschluß von der Mitgliedschaft der Wiener Wertpapierbörse eingeleitet worden sei, abgewiesen worden. Der Kartenausschuß vertrete die Ansicht, daß der Bescheid vom 30. März 1994 noch nicht behoben sei. Aus diesem Bescheid sei ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid (gemeint offenbar: vom 30. März 1994) weiterhin Rechtswirkungen habe, die bisher nicht behoben worden seien und die Beschwerdeführerin derzeit in ihren Rechten verletzten. Die von der belangten Behörde behauptete Klaglosstellung sei somit nicht gegeben.
Zu diesem beiderseitigen Vorbringen ist zunächst zu bemerken, daß der Antrag der belangten Behörde auf „Zurückweisung der Beschwerde infolge Klaglosstellung“ verfehlt ist. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist vielmehr, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren EINZUSTELLEN. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 307, angeführte hg. Rechtsprechung).
Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat -, vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A, vom 29. Oktober 1984, Zl. 83/11/0011, vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061, und vom 27. Februar 1992, Zl. 91/17/0149). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer „materiellen“ Klaglosstellung gesprochen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 26. April 1985, Zl. 83/11/0296, vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/11/0051, und vom 22. September 1989, Zl. 88/17/0231).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derogiert dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen (vgl. zu dieser Frage auch S. Pesendorfer, „Übergenuß“ bei öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnissen, JBl 1991, Seite 152, 158 f., der allerdings von „rechtskräftigen Bescheiden“ spricht). Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, vorausgesetzt, tritt der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren (Erkenntnisse vom 29. April 1981, Zl. 09/3279/78, 09/0536/79, vom 26. Juni 1981, Zl. 81/08/0023, und vom 27. September 1984, Zl. 83/08/0215). Identität der Sache im weiteren Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Beschluß vom 31. Jänner 1989, Zl. 87/07/0040, angenommen, wenn er davon ausgegangen ist, daß der spätere Bescheid betreffend die Bewilligung einer Wasserkraftanlage dem früheren, dieselbe Anlage betreffenden wasserpolizeilichen Auftrag zur Betriebseinstellung materiell derogiert hat; dies mit der Folge, daß letzterer mit der Erlassung des Bewilligungsbescheides außer Wirksamkeit getreten ist. Auch in diesem Fall wurde übrigens die Beschwerde als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein ähnlicher Wirkungszusammenhang muß im Geltungsbereich des § 70 Abs. 2 BWG einer Kette aufeinanderfolgender Aufsichtsmaßnahmen zugeschrieben werden, die dasselbe Unternehmen betreffen, aber einander ausschließen. Eine gänzliche oder teilweise Untersagung der Fortführung des Geschäftsbetriebes nach § 70 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. derogiert sohin (ex nunc) einer Maßnahme, mit der nach Z. 2 lit. a dieser Gesetzesstelle OHNE Untersagung der Fortführung des Geschäftsbetriebes ein Regierungskommissär bestellt wird. Hiebei ist „Derogation“ im Sinne einer Beendigung des zeitlichen Wirkungsbereiches des älteren Bescheides zu verstehen. Dasselbe gilt auch im umgekehrten Fall: Wird unter ausdrücklicher Berufung auf § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG ein Regierungskommissär bestellt, was nur im Falle der Fortführung des Geschäftsbetriebes denkbar ist, so ist damit einem früheren Untersagungsbescheid nach Z. 4 dieser Gesetzesstelle ab dem Zeitpunkt der Erlassung des späteren Bescheides im Sinne obiger Ausführungen derogiert.
Eine Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der gegen den erstbekämpften Bescheid vom 25. Februar 1994 gerichteten Beschwerde käme allerdings nur dann in Betracht, wenn feststünde, daß durch eine so zu verstehende Derogation jedes rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des genannten Bescheides weggefallen wäre. Dies trifft jedoch nicht zu.
Zwar hat die Beschwerdeführerin in ihrer oben wiedergegebenen Äußerung zur Klaglosstellungsanfrage vom 9. Juni 1994 diesbezüglich kein Vorbringen erstattet. Jedoch ist beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 94/17/0301 die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 17. Mai 1994, Zl. 23 5316/83-V/13/94, anhängig, womit die Beschwerdeführerin gemäß § 70 Abs. 7 BWG aufgefordert wird, die dem Bund durch die Bestellung „der Person“ Dkfm. P zum Regierungskommissär bei der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 28. Februar bis 7. April 1994 entstandenen Kosten in Höhe von S 204.000,-- zu ersetzen. In dieser Beschwerde wird im wesentlichen geltend gemacht, Dkfm. P stünde keine Vergütung zu, weil er aus den in vorliegender Beschwerde genannten Gründen nicht rechtmäßig bestellt worden sei.
Träfe es nun zu, daß die Bestellung des Dkfm. P als Regierungskommissär rechtswidrig war, so hätte ein in diesem Sinne ergehendes Erkenntnis auch Bedeutung für die gegen die Vorschreibung des Kostenersatzes erhobene Beschwerde. Denn es liegt auf der Hand, daß der Bund Kostenersatz nach § 70 Abs. 7 BWG nur für nicht rechtswidrige Maßnahmen nach Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 und 6 leg. cit. fordern kann. Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit auf seiten der Beschwerdeführerin durch den erstangefochtenen Bescheid vom 25. Februar 1994 kann daher unter diesem Gesichtspunkt nicht verneint werden.
Der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung, die Beschwerde gegen den unter 1. genannten Bescheid vom 25. Februar 1994 wäre deshalb zurückzuweisen, weil die Beschwerdeführerin kein subjektives Recht auf Bestellung eines bestimmten Organes (Regierungskommissärs) habe, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls nicht anzuschließen. Gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 BWG hat der Regierungskommissär dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftstreuhänder anzugehören. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, wieso das Kreditinstitut durch die Bestellung eines diesem Personenkreis nicht angehörigen Regierungskommissärs nicht in ihren Rechten verletzt sein könnte. Vielmehr hat das Kreditinstitut zweifellos ein Recht darauf, daß nur Personen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, zum Regierungskommissär bestellt werden.
Verfehlt ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Gegenschrift darauf, daß nach den „einschlägigen Bestimmungen des AVG“ den Parteien ein Ablehnungsrecht von Verwaltungsorganen nicht eingeräumt sei: Im Beschwerdefall handelt es sich nicht um die Auswahl zwischen mehreren gleich qualifizierten Personen, sondern darum, daß - wie gesagt - nur eine im Sinne des Gesetzes qualifizierte Person zum Regierungskommissär bestellt werden darf.
Es ist daher zu prüfen, ob der erstangefochtene Bescheid vom 25. Februar 1994 in dieser Hinsicht dem Gesetz entspricht oder nicht.
Die Frage ist zu verneinen. Die Beschwerdebehauptung, wonach Dkfm. P am 25. Februar 1994 nicht mehr dem Aktivstand der Wirtschaftstreuhänder angehörte, sondern bereits im Jahr 1989 in den Ruhestand getreten ist (genauer: gemäß § 42 Abs. 1 lit. a der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, BGBl. Nr. 125/1955 - WTBO - auf die ihm erteilte Berufsbefugnis verzichtet hat), wird von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift nicht bestritten. Ebensowenig bestreitet sie, daß in der von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit Schreiben vom 14. Jänner 1994, eingelangt bei der belangten Behörde am 17. Jänner 1994, erstatteten Meldung über geeignete Regierungskommissäre gemäß § 70 Abs. 3 BWG Dkfm. P in der Liste der geeigneten Regierungskommissäre NICHT aufscheint.
Nun kann angesichts der Formulierung „... 2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, DIE DEM BERUFSSTAND der Rechtsanwälte oder Wirtschaftstreuhänder ANGEHÖRT“ im § 70 Abs. 2 Z. 2 BWG nicht daran gezweifelt werden, daß - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nach dieser Gesetzesstelle nur AKTIVE Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder zu Regierungskommissären bestellt werden können. Nichts anderes kann für die Worte „3. einen Rechtsanwalt oder
4. einen Wirtschaftstreuhänder“ in Abs. 3 dieser Gesetzesstelle gelten, bei denen es sich offensichtlich nur um eine sprachliche Verkürzung der Regelung des § 70 Abs. 2 Z. 2 handelt.
Dies ergibt sich auch daraus, daß das Gesetz erkennbar mit dem dritten Satz des § 70 Abs. 3 leg. cit. (Gefahr im Verzug) geringere Bestellungserfordernisse nicht gegenüber der allgemeinen Regel des § 70 Abs. 2 Z. 2, sondern gegenüber den ersten beiden Sätzen des Abs. 3 aufstellen wollte; mit anderen Worten, bei Gefahr im Verzug soll eine der dort genannten Personen vorläufig auch dann bestellt werden können, wenn weder eine Meldung nach dem ersten Satz des Abs. 3 vorliegt noch ein fachlich geeigneter Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder nach dem zweiten Satz des Abs. 3 im Einzelfall namhaft gemacht wurde.
Davon ganz abgesehen hat sich jedoch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keineswegs auf Gefahr im Verzug berufen; auch in der Niederschrift über die der mündlichen Verkündung des Bescheides vorangehenden Verhandlung ist hievon keine Rede. Der erst in der Gegenschrift unternommene Versuch, sich auf Gefahr im Verzug im Sinne des § 70 Abs. 3 dritter Satz BWG zu stützen, ist daher zum Scheitern verurteilt.
Es ist weiters auch nicht zu erkennen, wieso eine Bestellung einer der in der Meldung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 14. Jänner 1994 namhaft gemachten Personen eine nicht vertretbare Verzögerung bedeutet hätte, zumal diese Meldung, wie die belangte Behörde selbst zugesteht, im Bundesministerium für Finanzen schon am 17. Jänner 1994, in der Kanzlei der zuständigen Abteilung V/13 immerhin schon am 20. Jänner 1994 eingelangt war.
Ins Leere geht auch der Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift, die Bestellung eines Regierungskommissärs an Hand der von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sowie vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag übermittelten Meldung wäre mit gleichem Tag (gemeint: 25. Februar 1994) undurchführbar gewesen, weil sich die Verhandlungen mit der hiefür in Betracht kommenden Person über einen längeren Zeitraum hinweg erstreckt hätten. Letzteres hätte nämlich sowohl für eine in den erwähnten Meldungen genannte als auch für eine ad hoc bestellte Person zugetroffen.
Ohne jede Bedeutung ist schließlich auch der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, daß weder vor noch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ein Vorbehalt gegen Dkfm. P vorgebracht noch eine Beschwerde gegen die Bestellung in Aussicht gestellt worden sei sowie daß gegen die vorangegangene Bestellung des Dkfm. P mit Bescheid vom 20. Jänner 1994 ein Rechtsmittelverzicht abgegeben worden sei.
Die Bestellung des Dkfm. P zum Regierungskommissär widersprach daher dem Gesetz.
Schon aus diesem Grunde war der erstangefochtene, mündlich verkündete Bescheid vom 25. Februar 1994 im bekämpften Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen hiezu eingegangen werden mußte.
Hiebei konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
Zu dem unter 2. angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 1994:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Bescheidbeschwerde wegen Fehlens der Beschwerdeberechtigung dann zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann. Solch ein Fall liegt hier vor, weil die Beschwerdeführerin nicht Adressatin des genannten Bescheides ist (vgl. den hg. Beschluß vom 22. Februar 1994, Zl. 91/17/0144, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Auch die im „Annex“ zu diesem Bescheid gemachten Ausführungen stellen lediglich Anweisungen an den Regierungskommissär dar, die keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber der Beschwerdeführerin entfalten. Die Beschwerde war daher im genannten Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Zum Bescheid vom 30. März 1994:
Wie oben bereits dargelegt, nimmt die belangte Behörde eine Derogation des Bescheides vom 30. März 1994 durch jenen vom 7. April desselben Jahres an. Dies ist schon deshalb unrichtig, weil die belangte Behörde am 31. März 1994 den auf § 68 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid vom selben Tag erlassen hat. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes wurde damit der Bescheid vom 30. März 1994 nicht etwa nur modifiziert, vielmehr stellt er gegenüber diesem Bescheid eine vollinhaltlich anfechtbare Neuerlassung dar und tritt damit zur Gänze an seine Stelle. Wenn daher ein späterer Bescheid jenem vom 30. März derogiert (ihn in seinen rechtlichen Wirkungen abgelöst) hätte, dann wäre es jener vom 31. März und nicht erst jener vom 7. April 1994 gewesen.
Nun käme aber eine Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit auch hier nur dann in Betracht, wenn feststünde, daß durch eine so verstandene Derogation jedes rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30. März 1994 weggefallen wäre. Dies trifft jedoch auch in diesem Fall nicht zu.
Zumindest im Ergebnis zu Recht verweist die Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung zur Klaglosstellungsanfrage auf den von ihr vorgelegten Bescheid des Kartenausschusses der Wiener Börsekammer vom 3. Juni 1994 und damit indirekt auf den (mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu hg. Zl. 94/17/0278) angefochtenen Bescheid des Vizepräsidenten der Wiener Börsekammer vom 30. März 1994, mit dem unter Berufung auf den hier angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 30. März 1994 gemäß § 19 in Verbindung mit § 9 Abs. 3 Börsegesetz das Verfahren zum Ausschluß der Beschwerdeführerin von der Mitgliedschaft der Wiener Wertpapierbörse eingeleitet und gleichzeitig für die Dauer des Ausschlußverfahrens über die Beschwerdeführerin das Ruhen der Mitgliedschaft zur Wiener Wertpapierbörse ausgesprochen wurde. Zwar hat der Präsident der Wiener Börsekammer mit weiterem Bescheid vom 8. April 1994 das Ruhen der Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin zur Wiener Wertpapierbörse aufgehoben. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß dem Bescheid des Vizepräsidenten der Wiener Börsekammer vom 30. März 1994 durch die von ihm angenommene Bindungswirkung und das darauf basierende, vorübergehende Ruhen der Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin zur Wiener Wertpapierbörse eine weiterwirkende Rechtsverletzungsmöglichkeit innewohnt. Das Verfahren war daher in diesem Umfang NICHT wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen.
Auch kommt weiters eine Zurückweisung der Beschwerde, die die belangte Behörde anstrebt, nicht in Betracht. Die belangte Behörde begründet ihre Auffassung damit, daß es sich beim Bescheid vom 30. März 1994 um einen Mandatsbescheid im Sinne des § 57 AVG gehandelt habe und daher der Instanzenzug nicht erschöpft sei, weil die Beschwerdeführerin dagegen keine Vorstellung nach Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle erhoben habe.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Die genannten Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:
„§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
(2) Gegen einen nach Abs 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.“
Die Erlassung eines Mandatsbescheides ist gegenüber der Erlassung eines Bescheides nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Ausnahme. Im Zweifel muß daher davon ausgegangen werden, daß nicht ein Bescheid im Sinne des § 57 AVG mit den daran geknüpften Konsequenzen erlassen worden ist. Die Behörde muß vielmehr unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß sie von der Möglichkeit des § 57 AVG Gebrauch gemacht hat (vgl. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0142).
Diese Voraussetzung trifft im Beschwerdefall nicht zu. Zwar hat die belangte Behörde am Beginn der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. März 1994 als Gegenstand der Verhandlung ein Verfahren gemäß § 70 Abs. 2 BVG IN VERBINDUNG MIT § 57 Abs. 1 AVG bezeichnet. Im Widerspruch dazu hat sie jedoch sehr wohl ein Ermittlungsverfahren durchgeführt, insbesondere Parteiengehör gewährt und zwei Zeugen vernommen. Der Spruch des mündlich verkündeten Bescheides weist keinen Hinweis auf § 57 AVG auf; auch sonst ist dem Bescheid kein Hinweis auf diese Gesetzesstelle zu entnehmen. Ein Mandatsbescheid liegt daher nicht vor.
Es war daher in die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30. März 1994 einzutreten.
Dieser Bescheid erweist sich hiebei schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil er - entgegen der zwingenden Vorschrift des § 70 Abs. 2 BWG, die nur BEFRISTETE Maßnahmen gestattet - KEINE Befristung enthält.
Davon abgesehen fällt der belangten Behörde auch eine mehrfache Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Last. Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkte der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 leg. cit. sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Diese Vorschriften gelten auch für mündlich verkündete Bescheide (vgl. auch die Erkenntnisse vom 30. Jänner 1976, Zl. 1703/75, und vom 22. November 1976, Slg. Nr. 9186/A).
Nun ist aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. März 1994 - ihre Richtigkeit wird von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht bestritten - nicht zu entnehmen, daß im Anschluß an den Spruch des Bescheides auch eine Begründung verkündet wurde. Allerdings kann der in der Niederschrift der Verkündung des Spruches unmittelbar vorangehende, oben wörtlich wiedergegebene Passus allenfalls gerade noch als Begründung des folgenden Spruches aufgefaßt werden, so wie dies auch die Beschwerdeführerin tut. Daraus ergibt sich jedoch, daß die belangte Behörde den Tatbestand der Gläubigergefährdung nach § 70 BWG ausschließlich in dem gegen Dkfm. P verhängten Zutrittsverbot erblickt hat; dies wird übrigens in der dem Bescheid vom 31. März 1994 beigegebenen Begründung nochmals klar ausgesprochen.
Zwar vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Auffassung der belangten Behörde im Hinblick auf die Umstände des Beschwerdefalles nicht von vornherein als rechtswidrig zu erkennen, jedoch beruht diese Annahme nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Wie oben dargestellt, hat die Beschwerdeführerin im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 30. März vorgebracht, sie nehme das erwähnte Zutrittsverbot zurück; ihr Rechtsfreund habe zugesagt, daß das Verbot nicht wiederholt werde. In dem oben wiedergegebenen, allenfalls als Begründung anzusehenden Passus der Niederschrift wird hierauf überhaupt nicht Bezug genommen. Zwar heißt es an einer früheren Stelle der Niederschrift, der Verhandlungsleiter teile mit, daß im Rahmen der freien Beweiswürdigung dieser Aussage im Hinblick auf gefährdete Gläubigerinteressen der XY-AG und im Sinne einer dauerhaften und kontinuierlichen Geschäftsführung einer Bank kein Glaube geschenkt werden könne; vielmehr sei der Eindruck gegeben, daß die Rücknahme des Zutrittsverbotes unter dem Druck der angekündigten aufsichtsbehördlichen Maßnahme erfolgt sei. Abgesehen davon jedoch, daß diese Meinungsäußerung des Verhandlungsleiters auch bei großzügigster Auslegung nicht bereits als Begründungselement des später erlassenen Bescheides angesehen werden kann, wäre selbst bei gegenteiliger Annahme eine solche Begründung schon deshalb völlig ungenügend, weil in diesem Zeitpunkt noch gar keine Beweise aufgenommen worden waren und es einer „freien Beweiswürdigung“ daher an jeglichem Substrat mangelte. Vielmehr läge hier der klassische Fall einer vorgreifenden (und daher unzulässigen) Beweiswürdigung vor.
In der Folge hat nach Inhalt der Niederschrift Dr. RB als Zeuge die Aussage des Dr. MB, er habe zugesagt, daß das Zutrittsverbot nicht wiederholt werde, bestätigt. Warum die belangte Behörde dieser Zeugenaussage keinen Glauben schenkte, hat sie mit keinem Wort begründet, ebensowenig, weshalb sie die hiefür weiters beantragten Zeugen Dr. A und Dr. S nicht vernommen hat.
Da nicht ausgeschlossen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie ihren Bescheid auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG belastet. Da jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine inhaltliche Rechtswidrigkeit prävaliert, war der Bescheid vom 30. März 1994 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Hiebei konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
Zum Bescheid vom 31. März 1994:
Hinsichtlich der von der belangten Behörde begehrten „Zurückweisung der Beschwerde wegen Klaglosstellung“ gilt zunächst dasselbe, was oben über die Verfehltheit eines solchen Antrages gesagt wurde.
Auch zur Frage der Derogation im dargelegten Sinne ist auf obige Ausführungen zu verweisen, das heißt, daß der Bescheid vom 31. März 1994 durch jenen vom 7. April 1994 ex nunc seine Wirkung verloren hat. Daher stand zur Zeit der Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 31. März 1994 (die Beschwerde wurde erst am 15. Mai 1994 zur Post gegeben) dieser Bescheid nicht mehr in Rechtswirksamkeit. Die Beschwerdeführerin konnte daher zur Zeit der Beschwerdeerhebung im ALLEIN geltendgemachten Beschwerdepunkt, nämlich dem Recht auf Fortführung des Bankbetriebes entsprechend den gesetzlichen Vorschriften, nicht mehr verletzt sein. Eine fortwirkende Rechtsverletzungsmöglichkeit betreffend die Zeit zwischen dem 31. März 1994 und der Erlassung des Bescheides vom 7. April d.J. ist jedoch - anders als beim Bescheid vom 30. März 1994 - nicht zu erkennen, weil sich der Bescheid des Vizepräsidenten der Börsekammer vom 30. März 1994 lediglich auf den hier angefochtenen Bescheid vom selben Tage, nicht jedoch auf jenen vom 31. März stützen konnte und auch gestützt hat. Aus dem Bescheid vom 31. März 1994 haben die Organe der Wiener Börsekammer - sei es auch auf Grund der vom Verwaltungsgerichtshof als irrig erkannten Auffassung, letzterer stelle lediglich eine Modifikation des Bescheides vom 30. März dar - KEINE rechtlichen Schlußfolgerungen gezogen. Die zu Zl. 94/17/0280 erhobene Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. hiezu auch den ähnlich gelagerten Fall des Beschlusses vom 28. Mai 1993, Zl. 93/17/0017).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 51 und § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
Wien,16. September 1994
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)