BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §350
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W273.2226338.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Einzelrichterin über die Anträge der Bietergemeinschaft bestehend aus der XXXX und der XXXX , vertreten durch RA Dr. Roland Katary, Neubaugasse 64-66/1/12, 1070 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Wien I", GZ 2601.03283, Lose 8, 9 und 28, der Auftraggeberinnen Republik Österreich (Bund), der Bundesbeschaffung GmbH und der Bundesimmobilien GmbH, alle vertreten durch Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien:
A)
Dem Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge mittels einstweiliger Verfügung den Auftraggebern für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im gegenständlichen Vergabeverfahren den Abschluss der Rahmenvereinbarung in den Losen 8, 9 und 28 untersagen", wird Folge gegeben.
Der Republik Österreich (Bund), der Bundesbeschaffung GmbH und der Bundesimmobilien GmbH wird für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens über die Ausscheidens- und die Auswahlentscheidung im Vergabeverfahren Reinigungsdienstleistungen Wien I", GZ 2601.03283 untersagt, jeweils in den Losen 8, 9 und 28 die Rahmenvereinbarung abzuschließen.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien
1. Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 beantragten die XXXX und die XXXX , als Bietergemeinschaft (im Folgenden auch "die Antragstellerin") die Ausscheidensentscheidung vom 29.11.2019 und die Auswahlentscheidung vom 29.11.2019, jeweils zu den Losen 8, 9 und 28 für nichtig zu erklären, Akteneinsicht in den Vergabeakt und den Nachprüfungsakt zu gewähren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Auftraggeberin dazu zu verpflichten, der Antragstellerin die Pauschalgebühren binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Antragstellerin verband ihre Anträge mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch ersichtlich. Gegenstand der Anträge ist das Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Wien I", GZ 2601.03283, Lose 8, 9 und 28, (im Folgenden auch "das Vergabeverfahren") der Republik Österreich (Bund), der Bundesbeschaffung GmbH und der Bundesimmobilien GmbH (im Folgenden auch "die Auftraggeberinnen"), vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien als vergebende Stelle.
2. Begründend führte die Antragstellerin aus, dass sie in ihrem Recht auf rechtskonforme Prüfung, Beurteilung und Bewertung (auch Bepunktung) aller Angebote sowie der Vornahme des Ausscheidens von Angeboten von Mitbietern bei Vorliegen von Ausscheidensgründen verletzt sei. Die Antragstellerin sei in ihrem Recht verletzt, dass die Rahmenvereinbarung nur mit Bietern abgeschlossen werde, die ein rechtskonformes Angebot abgegeben hätten. Die Antragstellerin sei in ihren Rechten auf Erstreihung bei der Angebotsbewertung sowie auf Auswahl, Erhalt der Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten, auf Unterlassung eines willkürlichen Ausscheidens, auf Durchführung einer rechtskonformen Angebotebewertung und auf Zuschlagerteilung bzw. Abschluss der Rahmenvereinbarung mit ihr verletzt. Das Recht der Antragstellerin auf ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens umfasse auch das Recht auf Widerruf.
2.1. Am 29.11.2019 habe die Antragstellerin sowohl die Ausscheidensentscheidung (datiert mit 22.11.2019) zum eigenen Angebot als auch die Auswahlentscheidung erhalten. Die Ausscheidensentscheidung sei gleichzeitig mit der Auswahlentscheidung ergangen.
2.2. Das Angebot der Antragstellerin zu den Losen 8. 9 und 28 sei nicht auszuscheiden gewesen. Der von den Auftraggeberinnen herangezogene Ausschlussgrund liege nicht vor. Die XXXX habe einen ordnungsgemäßen Nachweis zur Sozialversicherung in Form einer "letztgültigen Kontobestätigung" in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben gelegt.
2.3. Bezüglich der Auswahlentscheidung bringt die Antragstellerin vor, dass sie in allen Qualitätskriterien zu allen Losen die volle Punktezahl erhalten habe. Bei den gereihten Mitbewerbern lägen Ausscheidensgründe vor; zum Teil seien die Mitbewerber zu Recht ausgeschieden worden. Die Angebote der Mitbewerber seien von den Auftraggeberinnen falsch geprüft und zu Unrecht nicht ausgeschieden worden. In Los 28 hätten die Auftraggeberinnen das Angebot des präsumptiven Rahmenvertragspartners sowie von zwei weiteren Bietern ausscheiden müssen. Die Antragstellerin sei zu allen angefochtenen Losen als Rahmenvereinbarungs-Partnerin vorzusehen.
3. Die Antragstellerin führte aus, dass sie ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die Abgabe eines gesetzes- und ausschreibungskonformen Angbots nachgewiesen hätte. Der Antragstellerin drohe durch die rechtswidrige Auswahlentscheidung Schaden durch entgangenen Gewinn sowie den Verlust von Deckungsbeiträgen. Ein Schaden drohe weiters in Form der Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren, einschließlich der Kosten des Nachprüfungsverfahrens sowie aufgrund des Verlustes eines Referenzprojektes.
4. Die Antragstellerin erhob ihr Vorbringen betreffend die Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidens- und der Auswahlentscheidung zum Inhalt ihres Vorbringens zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die vorgebrachten Nachteile könnten nur durch Erlassung der beantragen einstweiligen Verfügung abgewendet werden. Die Antragstellerin habe ein überwiegendes Interesse an der Gewährung der einstweiligen Verfügung. Die unmittelbare Schädigung der Antragstellerin ergäbe sich aus der irreversiblen rechtlichen Situation bei rechtswidrigem Abschluss der Rahmenvereinbarung. Diese könne von der Antragstellerin mit den Mitteln des Vergaberechts nicht mehr beseitigt werden.
5. Am 12.12.2019 erteilten die Auftraggeberinnen allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und übermittelten die Unterlagen des Vergabeverfahrens. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung brachten die Auftraggeberinnen vor, dass ein dringender Beschaffungsbedarf bestehe, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der Auftraggeberinnen benötigt werde. Die Auftraggeberinnen hätten die Dauer eines möglichen Nachprüfungsverfahrens im Ausmaß der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungsfrist von sechs Wochen gemäß § 348 BVergG 2018 in der Planung des gegenständlichen Vergabeverfahrens berücksichtigt. Aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberinnen werde im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Republik Österreich (Bund), die Bundesbeschaffung GmbH und die Bundesimmobilien GmbH schrieben unter der Bezeichnung ""Reinigungsdienstleistungen Wien I", GZ 2601.03283, Reinigungsdienstleistungen mit insgesamt 30 Losen aus. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens erfolgte am 04.06.2019 zu GZ 2019/S 106 - 259187 in der europäischen Union. Die Auftraggeberinnen führen ein offenes Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip durch (Auskünfte der Auftraggeberin = OZ 7). Die Antragstellerin legte ein Angebot jeweils hinsichtlich der Lose 8, 9 und 28 (Antrag auf Nichtigerklärung = OZ 1). Der geschätzte Auftragswert der Lose 8, 9 und 28 beträgt jeweils (OZ 7):
· Los 08 EUR XXXX ,--,
· Los 09 EUR XXXX ,--,
· Los 28 EUR XXXX ,--.
1.2. Die Angebotsöffnung erfolgte am 06.08.2019. Das Angebotsöffnungsprotokoll wurde an alle Bieter per Lieferanzeiger am 07.08.2019 übermittelt (OZ 7).
1.3. Mit Schreiben vom 22.11.2019, an die Antragstellerin versendet am 29.11.2019, teilten die Auftraggeberinnen der Antragstellerin mit, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden gewesen war. Die Auftraggeberinnen begründeten dies mit dem fehlenden Nachweis der laut Ausschreibungsunterlagen verlangten Eignung bezüglich eines Mitgliedes der Bietergemeinschaft (Beilage ./A zu OZ 1).
1.4. Am 29.11.2019 gab die Auftraggeberin die Auswahlentscheidung bekannt. Die Auftraggeberin gab bekannt, dass sie beabsichtige, die Rahmenvereinbarung in den Losen 8, 9 und 28 mit folgenden Bietern abzuschließen (Beilage ./B zu OZ 1):
* Hinsichtlich Los 8 mit der Bietergemeinschaft bestehend aus
XXXX )
* Hinsichtlich Los 9 mit XXXX
* Hinsichtlich Los 28 mit XXXX
1.5. Die Antragstellerin entrichtete eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR XXXX (Zahlungsbestätigung, Beilage ./C zu OZ 1).
1.6. Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren nicht widerrufen und den Zuschlag noch nicht erteilt (OZ 7).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den in Klammer angegebenen Unterlagen (Angaben der Antragstellerin, Angaben der Auftraggeberin und dem vorgelegten Vergabeakt). Die Angaben der Auftraggeberin zum Inhalt der Ausschreibung und zu dem Stand des gegenständigen Vergabeverfahrens stimmen mit den diesbezüglichen Angaben der Antragstellerin überein. Es traten keine Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen auf. Es traten keine Widersprüche auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zur Zulässigkeit des Antrages
3.1.1. Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 328 Abs 1 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.1.2. Auftraggeberinnen im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 sind die Republik Österreich (Bund), die Bundesbeschaffung GmbH und die Bundesimmobilien GmbH. Sie sind öffentliche Auftraggeberinnen im Sinne des § 4 Abs 1 Z 1 und 2 BVergG 2018. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 7 BVergG 2018 um einen Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Da das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Die Ausscheidensentscheidung und die Auswahlentscheidung sind im offenen Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung gesondert anfechtbare Entscheidungen des Auftraggebers gemäß § 2 Z 15 lit a sublit jj BVergG 2018. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Abschluss des Vertrages mit den Auftraggeberinnen durch Abgabe eines bindenden Angebots nachgewiesen. Der Antragstellerin sind bislang für die Teilnahme am Vergabeverfahren Kosten entstanden, die im Fall des rechtswidrigen Ausscheidens ihres Angebotes frustriert wären.
Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1, 3 und 4 BVergG iVm §§ 1 und 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018).
3.2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
3.1. Die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ergeben sich aus § 351 BVergG 2018, der lautet:
"Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar."
3.2. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin der Abschluss der Rahmenvereinbarung beabsichtigt ist.
Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin vorgebrachten Rechtswidrigkeiten in Bezug auf die Ausscheidensentscheidung und die Ausscheidensentscheidung zutreffen und sie daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Hinzu kommt, dass in diesem Fall die von der Antragstellerin für die Teilnahme am Vergabeverfahren bislang aufgewendeten Kosten frustriert wären.
Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 - Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und einen Abschluss der Rahmenvereinbarung ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten werden, der einen allfälligen späteren Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der Antragstellerin ermöglicht (vgl. BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).
Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens der frustrierten Aufwendungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren und im Erhalt des Auftrags.
Die Auftraggeberinnen brachten einen dringenden Beschaffungsbedarf vor und ersuchten, eine einstweilige Verfügung auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer des Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen, zu begrenzen.
Bei der Interessenabwägung ist auch auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208- 1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich, dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01 , CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).
3.3. Stellt man im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberinnen gegenüber, ergibt sich, dass vom Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags waren die Auftraggeberinnen verpflichtet, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen.
Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 4. 11. 2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG entscheidet; die Richtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01 , CS Austria, Rn 29). Sie sind nach dem zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen. Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand liegt gegenständlich nicht vor.
Das Vorliegen der von den Auftraggeberinnen herangezogenen Ausscheidensgründe ist jedenfalls inhaltlich zu prüfen, weil die Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung den Hauptgegenstand des Nachprüfungsverfahrens darstellt. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung ist zudem im eine Vorfrage für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung, die ebenfalls Hauptgegenstand des Nachprüfungsantrages ist. Diese Fragen können angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließen geklärt werden (zB BVA 14. 11. 2012, N/0103- BVA/10/2012-EV12; 18. 3. 2013, N/0020-BVA-07/2013-EV8).
Die Interessenabwägung führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass die Interessen der Antragstellerin an der Beseitigung der geltend gemachten Rechtswidrigkeiten, der Abwendung des drohenden Schadens und der Beteiligung an einem rechtskonform geführten Vergabeverfahren gegenüber den Interessen der Auftraggeberinnen an dem raschen Abschluss der Rahmenvereinbarung überwiegen. Öffentliche Interessen, die eine sofortige Zuschlagserteilung erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich und ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem allgemeinen Vorbringen der Antragstellerinen zum Bestehen eines dringenden Beschaffungsbedarfs.
3.4. Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Abschluss der Rahmenvereinbarung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.
Bei der bevorstehenden Zuschlagserteilung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 329 Abs 3 BVergG die vorläufige Untersagung derselben (zB BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E; 17. 11. 2017, W187 2175977-1/3E; 10. 4. 2018, W187 2190113-1/3E). Dies gilt in gleicher Weise im Fall des bevorstehenden Abschlusses der Rahmenvereinbarung.
Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).
3.5. Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.
§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit und legt im Gegensatz zu den Vorgängerbestimmungen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist.
Die Auftraggeberinnen sind durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, weil die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen können und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054). Eine Beschränkung der einstweiligen Verfügung auf die gesetzliche Entscheidungsfrist von sechs Wochen konnte vor diesem Hintergrund ebenso unterbleiben.
Zudem ist festzuhalten, dass eine mit der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens verbundene Verzögerung von maximal sechs Wochen nicht ins Gewicht fällt und zudem gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch die Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. VfGH 25.10.2002, B 1369/01).
Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.
Zu B) Nichtzulassung der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;
30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;
29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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