BVwG I416 2126209-1

BVwGI416 2126209-112.3.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I416.2126209.1.00

 

Spruch:

I416 2126209-1/14E

 

Schriftliche Ausfertigung des am 22.02.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch RA MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 07.04.2016, Zl. 1075773600/150762078, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.02.2018, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:

 

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 29.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 01.07.2015 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund befragt wörtlich an: "Ich lebe auf der Straße, habe keine Arbeit, habe Probleme mit der Familie, habe kein essen und kein trinken, ich möchte nicht nach Algerien, weil die Lage so schlecht ist." Bei einer Rückkehr müsse er wieder auf der Straße leben und sei in Lebensgefahr, weil er dann nichts zum Essen und Trinken habe.

 

Am 16.01.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er an, dass er gesund sei und keine Medikamente oder medizinische Betreuung benötige. Zu seinen persönlichen Verhältnissen führt er aus, dass er XXXX heißen würde und am XXXX in XXXX in Algerien geboren sei. Er sei ledig, gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei sunnitischer Moslem. In Algerien habe er sechs Jahre die Schule besucht, gearbeitet habe er nur manchmal zuletzt im Sommer zwischen Juli und August 2014 als Maler. In Algerien würden noch seine Mutter und seine zwei Brüder und vier Schwestern leben. Kontakt habe er seit sechs Jahren keinen mehr zu diesen. Er gab weiters an, dass das Verhältnis zwischen ihm und seiner Familie nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1993 schlechter geworden sei, sie hätte ihn nicht gut behandelt und seine Mutter habe gewollt, dass er arbeiten gehe, er habe aber keine Arbeit gefunden, weshalb er 2008 gegangen sei. Deshalb habe er dann zwischen 2008 und 2015 auf der Straße gelebt. Sein Heimatland habe er gemeinsam mit seinem Freund im Mai 2015 auf legalem Wege in die Türkei verlassen. Bezahlt habe ihm dies alles sein Freund, der jetzt in Schweden leben würde. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er wörtlich aus: "Ich habe keine Arbeit und kein Haus oder eine Wohnung, ich lebe auf der Straße." Weitere Gründe habe er keine. Gefragt, ob er sämtliche Gründe und Vorfälle, die ihn zum Verlassen seines Heimatlandes veranlasst haben, angeführt habe, antwortet er wörtlich: "Ja." Er gab weiters an, dass es keine konkreten Übergriffe oder gezielte Bedrohungen gegen seine Person gegeben habe. Gefragt was er zu befürchten habe, wenn er wieder in seine Heimat zurückkehren müsste, antwortete er: "Ich habe keine Angst vor der Regierung oder sonst vor jemanden. Ich werde aber wieder so miserabel leben wie zuvor." Konkrete Hinweise, dass ihm im Falle seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gebe es jedoch nicht. Gefragt, ob es jemals Übergriffe gegen ihn gegeben habe oder ob jemand an ihn herangetreten sei, gab er an, dass er im Juli oder August 2014 bei seinem Cousin die Wohnung ausgemalt habe, dieser ihn aber nicht bezahlen wollte und nach einer Diskussion dieser mit seiner Waffe auf ihn gezeigt habe und gesagt habe, er würde nichts zahlen ,er würde mich umbringen. Die Waffe habe dieser gehabt, da er bei der Polizei sei. Gemacht habe dies sein Cousin, da er ihn hassen würde, er würde auch seine Familie nicht mögen und ihn nicht, da er auf der Straße leben würde. Gefragt ob das ein Grund sei, warum er ausgereist sei, antwortete er: "Also beides ja. Dass ich auf der Straße lebe und dass mein Cousin mich nochmals bedroht oder gar mich töten will." Gefragt, warum er dann nicht bereits 2014 ausgereist sei, antwortete er wörtlich: "Ich wusste nicht was ich machen soll."

Gefragt ob sein Cousin nach diesem Vorfall ihm jemals etwas getan habe, oder ihm gedroht habe oder sonstiges, antwortete er wörtlich:

Nein es war gar nichts." Es habe auch sonst nie ein Problem mit seinem Cousin gegeben. Auf die Frage, warum er dieses Problem nicht schon vorher geschildert habeantwortete er: "Das ist mir vorher nicht in den Kopf gekommen."..."Ich war müde und habe einfach nicht daran gedacht." Auf die Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderberichten verzichtete der Beschwerdeführer. Zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich führte er aus, dass er einen Deutschkurs besuchen würde, eine Bestätigung könne er jedoch nicht vorweisen, er sei auch kein Mitglied in einem Verein und würde sich in der Grundversorgung befinden. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Einvernahme einen Integrationsbericht der Caritas vor.

 

Mit Bescheid vom 07.04.2016 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien "gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß §§ 55,57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt IV.).

 

Mit Verfahrensanordnungen vom 08.04.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

 

Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 04.05.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin verwies er auf sein bisher Vorgebrachtes und legte ein in arabischer Schrift verfasstes Schreiben vor - dieses wurde im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes ins Deutsche übersetzt - in dem er zusammengefasst nochmals die Bedrohung durch seinen Cousin anführte und darüberhinaus ausführte, dass er wie ein Obdachloser auf der Straße gelebt habe. Er führte weiters aus, dass ein armer Bürger in Algerien keinerlei Recht auf ein menschenwürdiges Leben habe, es in Algerien keine Gesetze geben würde, die den Bürger schützen würden und Algerien ein Land der Korruption, der Gaunerei und der Plünderung sei. In seiner Beschwerde führte er weiters aus, dass ihm in Algerien die elementarste Lebensgrundlage, sowie jegliche staatliche Unterstützung oder Unterstützung durch die Familie fehlen würde. Dies würde zumindest seinen Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes rechtfertigen. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, in eventu den Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen, jedenfalls die ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufheben, in eventu eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchführen

Der Beschwerde war neben dem obgenannten Schriftstück in arabischer Sprache ein weiterer Integrationsbericht der Caritas vom 03.05.2016 beigefügt.

 

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I410 abgenommen und der Gerichtsabteilung I 416 neu zugewiesen. Am 02.10.2017 langte verfahrensgegenständlicher Beschwerdeakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung I 416 ein.

 

Mit Schriftsatz vom 11.12.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers durch RA MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, Prinz Eugen Straße 70/2/1.1, in 1040 Wien bekannt geben und Antrag auf Akteneinsicht gestellt.

 

Am 22.02.2018 erfolgte eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht, wobei der Beschwerdeführer befragt, ob die Vollmacht seines Rechtsvertreters noch aufrecht sei, dies bejahte, jedoch angab, dass dieser gesagt habe, er würde zur Verhandlung nicht kommen und auch Nachfrage wörtlich ausführte: "Einen Grund gab es nicht. Er meinte ich hatte nicht genug Geld um ihn zu finanzieren, deshalb kommt er nicht.".

 

Mit Schriftsatz vom 28.02. 2018 wurde durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter der Antrag auf Zustellung einer schriftlichen Erkenntnisausfertigung gemäß § 29. Abs. 4 VwGVG gestellt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Algeriens. Der Beschwerdeführer ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005.

 

Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

 

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und bekennt sich zum muslimischen Glauben.

 

Der Beschwerdeführer hat in Algerien sechs Jahre die Volkschule und zwei Jahre die Mittelschule besucht, eine Ausbildung als Maler und Glaser gemacht und vor seiner Ausreise unregelmäßig gearbeitet.

 

In Algerien leben noch seine Mutter, seine beiden Brüder und seine vier Schwestern, wobei seine Mutter und ein Bruder noch an derselben Adresse wohnen und der Beschwerdeführer Kontakt zu ihnen hat.

 

Der Beschwerdeführer ist seit dem XXXX2017 mit der gebürtigen österreichischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und laut Vaterschaftsanerkenntnis vom XXXX2017 Vater der mj. XXXX. Der Beschwerdeführer ist seit 12.07.2016 an derselben Meldeadresse wie seine nunmehrige Ehefrau gemeldet.

 

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Nicht festgestellt werden kann, inwieweit der Beschwerdeführer finanziell zum gemeinsamen Haushalt und der Lebensführung beiträgt.

 

Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Integration folgende Unterlagen vorgelegt: Integrationsbericht der Caritas vom 01.02.2016 und 03.05.2016; ÖSD Zertifikat A1 vom 16.01.2018 bestanden;

Anmeldung zur ÖSD A2 Prüfung der Europa-Akademie Wien (DIALOGICA) vom 21.02.2018;

 

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer über Deutschkenntnisse verfügt wurde in der mündlichen Verhandlung festgestellt. Der Beschwerdeführer ist derzeit auch kein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution.

 

Der Beschwerdeführer weist außer seiner Ehefrau, seinem Kind und deren Mutter keine maßgeblichen privaten Beziehungen zu ÖsterreicherInnen auf.

 

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

 

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

 

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Algerien einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

 

Es haben sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben und konnte kein konkreter Anlass bzw. persönliche Bedrohung für das "fluchtartige" Verlassen des Herkunftsstaates festgestellt werden. Als Grund, brachte der Beschwerdeführer vor allem wirtschaftliche Gründe ("er habe keine Arbeit und sei obdachlos gewesen") vor.

 

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. Dem Beschwerdeführer wird im Falle einer Rückkehr nach Algerien auch nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen.

 

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

 

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

 

Die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers stellt sich laut "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien im Wesentlichen wie folgt dar:

 

Zur politischen Lage wird festgestellt, dass durch die am 08.03.2016 in Kraft getretene Verfassungsreform eine Stärkung der Grundrechte und Gewaltenteilung erfolgt ist. Zur Sicherheitslage ist ganz allgemein festzustellen, dass sich terroristische Aktivitäten ausschließlich gegen militärische Ziele richten und Algerien sich massiv in der Terrorismusbekämpfung engagiert und auch sein Verteidigungsbudget auf das höchste in Afrika erhöht hat. Hinsichtlich des Rechtschutzes und der Justiz ist festzustellen, dass die in der Verfassung garantierte Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern in der Praxis nicht gänzlich gewährleistet wird, es gibt zwar ein durch die Verfassung gewährleistetes Recht auf einen fairen Prozess, den Bürgern fehlt aber nach wie vor das Vertrauen in die Justiz. Hinsichtlich der allgemeinen Menschenrechtslage ist festzustellen, dass staatliche Repressionen, die allein wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgen, in Algerien nicht feststellbar sind. Hinsichtlich der Bewegungsfreiheit ist festzustellen, dass die Verfassung Bewegungsfreiheit garantiert, welche jedoch in der Praxis von der Regierung eingeschränkt wird. Es trifft dies vor allem wehrpflichtige Männer und Personen die jünger als 18 Jahre sind. Zur Grundversorgung und wirtschaftlichen Lage wird zusammengefasst festgestellt, dass für 2017 aufgrund des derzeitigen Preisverfalles bei Öl und Gas, Einsparungen im Bereich der öffentlichen Ausgaben vorgesehen sind. Darüber hinaus ist ein neues Budgetgesetz vorgesehen, welches eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, höhere Grund- und Immobilienabgaben sowie eine höhere Besteuerung von Mieten, Kraftstoff und Gütern des täglichen Bedarfs vorsieht. Davon abgesehen leistet sich Algerien nach wie vor ein hochaufwendiges Sozialsystem, so sind Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge kostenlos, Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert und ein Menschenrecht auf Wohnraum wird insofern anerkannt, dass Bedürftigen kostenlos Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Die Arbeitslosenquote liegt erstmals unter 10%. Die medizinische Betreuung ist allgemein zugänglich und kostenfrei, wobei krankenversichert nur derjenige ist, der einer angemeldeten Arbeit nachgeht. Die Standardversorgung mit Medikamenten ist in den Städten durch Apotheken gewährleistet. Betreffend der Behandlung nach der Rückkehr ist festzustellen, dass, wenn überhaupt, nur Bewährungsstrafen verhängt werden, finanzielle Rückkehrhilfe wird nicht angeboten, es steht aber auch zweifelsfrei fest, dass Algerien bei der Rückübernahme kooperiert und algerische Staatsangehörige jederzeit zurücknimmt.

 

Der Beschwerdeführer erstattete auch in der Beschwerde über sein als unglaubwürdig zu beurteilendes Vorbringen hinaus kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich weder amtswegig noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung, insbesondere unter Zugrundelegung seiner Angaben keine diesbezüglichen Hinweise.

 

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Algerien unzulässig wäre.

 

Algerien ist gemäß § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 47/2016, ein sicherer Herkunftsstaat.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zum Sachverhalt:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

 

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

 

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zu seiner Religionszugehörigkeit, seiner Herkunft, seiner Staatsangehörigkeit, seinem Gesundheitszustand und seinem Alter, gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

 

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest. Der Beschwerdeführer hat trotz Aufforderung der Erstbehörde vom 02.02.2016 seinen Personalausweis nicht vorgelegt und auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.02.2018 hat er auf Vorhalt des erkennenden Richters, wieso er identitätsbezeugende Dokumente bis jetzt nicht besorgt habe, wörtlich geantwortet: "Mein Rechtsvertreter hat es mir anders berichtet. Er hat gesagt, dass ich mit meiner Familie in Österreich bleiben darf."

 

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seiner beruflichen Tätigkeit und seinen familiären Verhältnissen in Algerien ergeben sich aus seinen diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben.

 

Dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung erhält, ergibt sich aus dem vorliegenden GVS-Auszug und seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung ebenso, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist und keiner Arbeit nachgeht.

 

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen in Österreich, insbesondere seinem Privat- und Familienleben, gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde bzw. in dem Vorverfahren, aber auch auf der Aussage des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und den vorgelegten Unterlagen. Es ist im gegenständlichen Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

 

Der Beschwerdeführer brachte weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde, bzw. im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkrete Angaben vor, die die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Dass der Beschwerdeführer nicht qualifiziert Deutsch spricht, ergibt sich dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

 

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 22.02.2018.

 

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Vorweg ist festzustellen ist, dass die belangte Behörde im zuvor angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat und dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar dargestellt sind.

 

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers aus den folgenden Erwägungen nicht gerecht:

 

Im Administrativverfahren hat der Beschwerdeführer zum Grund für seine Ausreise vorgebracht, dass er keine Arbeit, kein Haus oder keine Wohnung gehabt und auf der Straße gelebt habe. Weitere Gründe hatte er nicht. Im Bezug auf seine Situation im Falle seiner Rückkehr gab er an, dass er Angst habe, dass ihn sein Cousin nochmals bedrohen oder gar töten wolle. Dies da er dessen Wohnung gemalt habe, dieser ihn aber nicht bezahlt habe worauf sie diskutiert hätten und der Cousin mit seiner Waffe auf ihn gezeigt habe und gedroht habe, er würde ihn umbringen. Außer diesem Vorfall sei es danach zu keiner Bedrohung durch den Cousin gekommen. Gewesen sei dieser Vorfall im Juli oder August 2014.

 

Befragt zu diesem Vorfall, führte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung nunmehr aus, dass sich dieser Vorfall erst ein Jahr später, nämlich im Jahr 2015 vor seiner Ausreise ereignet habe. Auch auf die Frage, weshalb der Cousin ihn für seine Arbeit nicht habe bezahlen wollen, konnte der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Erklärung angeben. So gab er an: "Den Grund hat er mir nicht gesagt, er hat mir einfach kein Geld gegeben." Auch dass der Beschwerdeführer entgegen seinen früheren Angaben nunmehr ausführte, dass er seit ca. 2012 und nicht wie vorher behauptet seit 2008 auf der Straße gelebt hat und dass er nunmehr angibt, seine Mutter habe ihn aus dem Haus geworfen, wobei er ursprünglich von selbst gegangen sei, widerspricht er sich sowohl im inhaltlichen als auch im zeitlichen Ablauf nicht unwesentlich. Auch dass der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmal eine Ausbildung, die er in Algerien von 2012 bis 2014 gemacht hat angibt, ohne dies im Administrativverfahren zu erwähnen, spricht nicht für die erforderliche Stringenz seiner Angaben.

 

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Dazu ist auszuführen, dass von einem Antragsteller ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen ist. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

 

Insgesamt ist daher vor allem in Hinblick auf seine Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung auszuführen, dass der behauptete Fluchtgrund nicht glaubhaft gemacht werden konnte, da der Beschwerdeführer, wie aus den obigen Ausführungen und den Einvernahmen zu entnehmen ist, in wesentlichen Punkten lückenhafte, widersprüchliche und unplausible Angaben machte. Diese Überlegung stützt sich auf die vagen, unsubstantiierten, oberflächlichen und widersprüchlichen Schilderungen des Beschwerdeführers zu den Geschehnissen, welche ihn letztlich dazu veranlasst haben sein Heimatland zu verlassen. Diese Ausführungen lassen in ihrer Gesamtbetrachtung die Fluchtgeschichte als reine gedankliche Konstruktion erscheinen, der jegliche Stringenz hinsichtlich einer Verfolgung durch seinen Cousin fehlt, sodass die Angaben dazu jegliche Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit vermissen lassen und davon auszugehen ist, dass diese Geschichte nur zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels vorgebracht wurde.

 

Zusammengefasst hat der Beschwerdeführer nämlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf entsprechende Frage des erkennenden Richters wirtschaftliche Gründe geltend gemacht, dies ergibt sich schon aus seiner Antwort, nämlich: "Ich habe gesagt, dass ich keine Arbeit hatte, aber ich habe auch gesagt, dass ich obdachlos war. Ich habe mehr über meine Obdachlosigkeit gesprochen."

 

Der erkennende Richter verkennt auch nicht, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Vorfalls mit seinem Cousin nunmehr angibt, dass die Beziehung zu diesem wieder normal sei und keine Bedrohung mehr vorliegen würde.

 

Sofern im Beschwerdeschriftsatz zum Ausdruck gebracht wird, dass eine persönlich gegen ihn bestehende Verfolgung von privater Seite vorhanden sei, so wird diese durch seine nunmehrigen Ausführungen widerlegt.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

 

2.4. Zum Herkunftsstaat:

 

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

 

Zur politischen Situation wird ausgeführt, dass nach der Verfassung von 1996 Algerien eine demokratische Volksrepublik ist. Eine Verfassungsreform trat am 8.3.2016 in Kraft. Sie sieht u.a. die Stärkung von Grundrechten und Gewaltenteilung vor. Der Einsatz von präsidentiellen Verordnungen wird eingeschränkt. Die Amtszeit des Staatspräsidenten wird auf zwei Mandate begrenzt. Die Berbersprache Tamazight wird zur Amtssprache (AA 6 .2016).

 

Zur Sicherheitslage ist auszuführen, dass es in den letzten Jahren wiederholt zu Terroranschlägen islamistischer Gruppen und zu Entführungen mit kriminellem oder terroristischem Hintergrund gekommen ist (BMEIA 15.2.2017; vgl. AA 15.2.2017, FD 15.2.2017). Landesweit kann es zu Behinderungen durch Demonstrationen und Streiks kommen (BMEIA 15.2.2017). Da jedoch Algerien in den 1990er Jahren ein Jahrzehnt des Terrorismus erlebt hat, bevorzugt die große Mehrheit der Algerier Frieden und lehnt Instabilität ab. Der vom Präsidenten durch die Versöhnungscharta 2006 vermittelte Frieden trug zur in der Bevölkerung weithin anerkannten Legitimität des Staates bei (BS 2016).

 

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation Algeriens ist auszuführen, dass die Wirtschaft stark vom Export von Erdöl und Erdgas abhängt. Dank anhaltend hoher Öl- und Gaspreise konnte Algerien über Jahre hinweg ein kontinuierliches Wachstum von durchschnittlich 3% verzeichnen. Algerien leistet sich - wohl nicht zuletzt aus politischen Gründen - ein hochaufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Die Höhe der Subventionen beträgt derzeit pro Jahr 60 Milliarden Dollar. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 3.2015). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Dass sich für 2016 angekündigte Importbeschränkungen auch in diesem Bereich auswirken, erscheint derzeit eher unwahrscheinlich. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speise-Öl gelten im Januar 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf.

 

Grundsätzlich ist medizinische Versorgung in Algerien allgemein zugänglich und kostenfrei (ÖB 3.2015, vgl. AA 18.1.2016). Krankenhäuser, in denen schwierigere Operationen durchgeführt werden können, existieren in jeder größeren Stadt; besser ausgestattete Krankenhäuser gibt es an den medizinischen Fakultäten von Algier, Oran, Annaba und Constantine. Häufig auftretende chronische Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Tuberkulose, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Geschlechtskrankheiten und psychische Erkrankungen können auch in anderen staatlichen medizinischen Einrichtungen behandelt werden. AIDS-Patienten werden in sechs Zentren behandelt (AA 18.1.2016). ). Der Standard in öffentlichen Krankenhäusern entspricht nicht europäischem Niveau. Grundsätzlich meiden Algerier nach Möglichkeit die Krankenhäuser und bemühen sich, Kranke so schnell wie möglich in häusliche Pflege übernehmen zu können. Oft greift man zu Bestechung, um ein Intensivbett zu bekommen oder zu behalten. Ohne ständige familiäre Betreuung im Krankenhaus ist eine adäquate Pflege nicht gesichert. Mit Frankreich besteht ein Sozialabkommen aus den 60er Jahren, das vorsieht, dass komplizierte medizinische Fälle in Frankreich behandelt werden können. Dieses Abkommen ist seit einiger Zeit überlastet. Nicht alle Betroffenen können es in Anspruch nehmen. Auch mit Belgien besteht ein entsprechendes Abkommen (ÖB 3.2015).

 

Krankenversichert ist nur, wer einer angemeldeten Arbeit nachgeht. Die staatliche medizinische Betreuung in Krankenhäusern steht auch Nichtversicherten beinahe kostenfrei zur Verfügung, allerdings sind Pflege und die Verpflegung nicht sichergestellt, Medikamente werden nicht bereitgestellt, schwierige medizinische Eingriffe sind nicht möglich (ÖB 3.2015). In der gesetzlichen Sozialversicherung sind Angestellte, Beamte, Arbeiter oder Rentner sowie deren Ehegatten und Kinder bis zum Abschluss der Schul- oder Hochschulausbildung obligatorisch versichert. Die Sozial- und Krankenversicherung ermöglicht grundsätzlich in staatlichen Krankenhäusern eine kostenlose, in privaten Einrichtungen eine kostenrückerstattungsfähige ärztliche Behandlung. Immer häufiger ist jedoch ein Eigenanteil (Krankenhausbett zum Beispiel 100,- Dinar = 1,03 Euro pro Nacht) zu übernehmen. Die höheren Kosten bei Behandlung in privaten Kliniken werden nicht oder nur zu geringerem Teil übernommen. Algerier, die nach jahrelanger Abwesenheit aus dem Ausland zurückgeführt werden, sind nicht mehr gesetzlich sozialversichert und müssen daher sämtliche Kosten selbst übernehmen, sofern sie nicht als Kinder oder Ehegatten von Versicherten erneut bei der Versicherung eingeschrieben werden oder selbst einer versicherungspflichtigen Arbeit nachgehen (AA 18.1.2016).

 

Seit der Ära Boumedienne ist in Algerien die medizinische Versorgung kostenlos und wurde vom Staat garantiert. Daran hat sich bis heute im Prinzip nichts geändert. Die Finanzierung erfolgt über Sozialversicherungsbeiträge, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden (den größeren Teil, derzeit 12,5%, trägt der Arbeitgeber, wesentlich weniger, 1,5%, der Beschäftigte) und Staatszuweisungen aus dem Budget des Gesundheitsministeriums. Algerien gibt 6,64% seines BIP (2013) für das Gesundheitswesen aus (Deutschland: 11,3%). Die Versorgung mit Standard-Medikamenten (Schmerzmittel, Antibiotika, Herz-Kreislauf-Mittel) zumindest in den Städten ist durch die Apotheken gewährleistet.

 

Staatliche Repressionen, die allein wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgen, sind in Algerien nicht feststellbar (AA 18.1.2016). Algerien ist den wichtigsten internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Laut Verfassung werden die Grundrechte gewährleistet. Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen haben seit Ende der 1990er Jahre abgenommen, bestehen jedoch fort (AA 6 .2016).

 

Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 3.2015, vgl. SGG o.D., AA 18.1.2016). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA vor (SGG o.D.). Laut deutscher Botschaft wird das Gesetz auch angewendet; die algerischen Behörden erklären jedoch, das Gesetz sollte nur abschreckende Wirkung entfalten (ÖB 3.2015).

 

Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge ("harraga") sieht das Gesetz Haftstrafen von drei bis zu fünf Jahren und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen das Gesetz als "völlig verfehlt", da es sich gegen die Symptome (Migrationsdruck), nicht aber gegen die Ursachen (Perspektivlosigkeit im eigenen Land) richte. Im August 2012 fand ein sog. "Harraga"- oder Bootsflüchtlings-Prozess auf o.g. Grundlage statt, der mit einem Freispruch endete (AA 18.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen, auch in der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der, der Entscheidung zugrunde gelegten, Berichte in Zweifel ziehen würde.

 

Überdies wird darauf hingewiesen, dass Algerien ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016, ist.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1, § 8 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 2 und 3, § 10 Abs. 1 Z 3 sowie § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

 

"Status des Asylberechtigten

 

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) ... (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der

Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2. ....

 

(4) ...

 

Status des subsidiär Schutzberechtigten

 

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. ... ,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

 

(3a) ...

 

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. ...

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. ...

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

(2) ...

 

(4) ...

 

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) ... ".

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

 

"Verbot der Abschiebung

 

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Rückkehrentscheidung

 

§ 52. (1) ...

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. ...

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ...

 

4. ...

 

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3) ...

 

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

(10) ...

 

Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

(1a) ...

 

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

 

(4) ...

 

(5) ..."

 

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:

 

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

 

3.2.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abs. A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (Vergleiche auch die Verfolgungsdefinition im § 2 Abs. 1 Ziffer 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates verweist).

 

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtlings anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279).

 

Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss somit die Verfolgung zumindest mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 und 0101). Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069).

 

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. bereits ausführlich dargestellt, führte der Beschwerdeführer wirtschaftliche Gründe (keine Arbeit und Obdachlosigkeit) als Fluchtvorbringen an, die von ihm behauptete Privatverfolgung durch seinen Cousin konnte mangels Glaubwürdigkeit nicht festgestellt werden, weshalb insgesamt auszuführen ist, dass er keine unter die GFK zu subsumierenden Gründe für seine Antragstellung vorbringen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers erwiesen sich zudem als unsubstantiiert und widersprüchlich, weshalb die von ihm behauptete Verfolgung gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden kann. Damit ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, 95/20/0380). Eine darüberhinausgehende persönliche Bedrohung oder Verfolgung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.

 

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar Bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Die von ihm in der Beschwerde angeführten ökonomischen Schwierigkeiten, erreichen keine asylrelevante Intensität, da es ihm laut eigenen Angaben möglich war, bis zu seinem 28 Lebensjahr in Algerien zu leben, mittlerweile wieder ein gutes Einvernehmen mit seiner Familie in Algerien besteht und er eine Ausbildung als Glaser und Maler mit der Gesellenprüfung abgeschlossen hat.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründen wirtschaftliche Fluchtgründe keine asylrechtlich relevante Verfolgung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 28.06.2005, 2002/01/0414 oder vom 06.03.1996, 95/20/0110 oder vom 20.06.1995, 95/19/0040).

 

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

 

3.2.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Dem Beschwerdeführer droht in Algerien - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

 

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Artikel 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulbildung und eine Ausbildung zum Glaser und Maler auf und hat vor seiner Ausreise auch gearbeitet, wenn auch nur gelegentlich. Seine Familie lebt noch in Algerien, sodass er bei seiner Rückkehr auch nicht auf sich alleine gestellt ist, zumal der Kontakt mit diesen wieder besteht und sich alles normalisiert hat.

 

Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

 

Dies vor allem unter Berücksichtigung seiner Aussagen, dass er in seinem Heimatstaat nicht vorbestraft ist, in seiner Heimat von staatlicher Seite (Polizei, Behörden, Gerichte, usw.) nicht verfolgt wurde bzw. mit staatlichen Institutionen bisher keine Probleme gehabt hat. Dies erschließt sich aus vor allem aus dem Umstand, dass er mit seinem 2015 ausgestellten Reisepass legal in die Türkei ausreisen konnte.

 

Aufgrund der zuvor genannten Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

 

3.2.3. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III., erster Teil des angefochtenen Bescheides):

 

Im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemeint war wohl eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt werde.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

 

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - im Umfang des ersten Spruchteiles - gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

 

3.2.4. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III., zweiter Teil des angefochtenen Bescheides):

 

Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG 2005 gestützt.

 

Wird durch eine aufenthaltsbeendigende Maßnahme in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

 

Zu prüfen ist zunächst ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 (im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt. Dem Bundesamt ist zuzustimmen, wenn es im angefochtenen Bescheid zur Bewertung gelangt, dass beim Beschwerdeführer keine außergewöhnliche Integration zu erkennen ist, sondern "es sich bei den angeführten privaten Interessen um wenig schützenswerte Interessen handelt und die kurze Dauer seines Aufenthaltes unter dem Bewusstsein seines unsicheren Aufenthaltsstatus keine Interessensabwägung zu seinen Gunsten erfolgen kann".

 

Der Beschwerdeführer behauptet allerdings auch ein schützenswertes Familienleben in Österreich. Diesbezüglich ist anzuerkennen, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist und eine 1-jährige Tochter hat. Daher ist das Kindeswohl jedenfalls in Betracht zu ziehen. Das Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder und ist unabhängig von einem gemeinsamen Wohnsitz der Eltern; daher reichen regelmäßige Wochenendbesuche aus (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13).

 

Der EGMR hatte in seinem Urteil vom 03.10.2014, J. gegen die Niederlande, Nr. 12.738/10 erklärt: "Gestattet ein Mitgliedstaat einer fremden Person, den Ausgang eines auswanderungsrechtlichen Verfahrens im Inland abzuwarten und ermöglicht er ihr so, ein Familienleben zu begründen, führt dies nicht automatisch zu einer aus Artikel 8 EMRK resultierenden Verpflichtung, die die Niederlassung zu erlauben. Wurde das Familienleben zu einer Zeit begründet, während der sich die betroffene Person über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus im Klaren war, kann ihre Ausweisung nur unter außergewöhnlichen Umständen gegen Artikel 8 EMRK verstoßen. Solche außergewöhnlichen Umstände können sich insbesondere aus einer sehr langen Aufenthaltsdauer und den Auswirkungen der Ausweisung auf die dadurch betroffenen Kinder ergeben. Wo Kinder betroffen sind, muss das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt werden. Die Behörden müssen die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf das Wohl der betroffenen Kinder prüfen. Im gegenständlichen Fall hatte der EGMR entschieden, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin, die seit mehr als 16 Jahren in den Niederlanden war und nie strafrechtlich verurteilt worden war, nicht rechtmäßig sei. Sie hatte in den Niederlanden drei Kinder und einen Ehemann, die alle die niederländische Staatsbürgerschaft hatten. Es war auch die Beschwerdeführerin, die sich im Alltag vorrangig um die Kinder kümmerte, sodass offensichtlich war, dass dem Wohl der Kinder am besten entsprochen werde, wenn ihre derzeitigen Lebensumstände nicht durch einen zwangsweisen Umzug der Mutter gestört würden. Auch wenn die Interessen der Kinder allein nicht entscheidend sein können, muss solchen Interessen auf jeden Fall erhebliches Gewicht beigemessen werden. Im gegenständlichen Fall, war es daher unerheblich, dass das Familienleben zu einer Zeit geschaffen worden war, zu der den beteiligten Personen bekannt war, dass das Fortbestehen von Familienleben im Gaststaat wegen des Einwanderungsstatus einer von ihnen von Beginn an unsicher war."

 

Der gegenständliche Fall unterscheidet sich zum obigen Fall in grundlegenden Voraussetzungen, da sich der Beschwerdeführer erst relativ kurz im Bundesgebiet aufhält, das Kind erst 1 Jahr alt ist und die alleinige Obsorge bei der Mutter liegt.

 

Bei einem nur zweijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet kam der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/19/0247 zum Schluss, dass trotz der aufrechten Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, welche in der Zeit des unsicheren Aufenthaltes geschlossen worden war, aus Art. 8 EMRK kein Recht auf Verbleib im Bundesgebiet abzuleiten sei. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Der Beschwerdeführer hält sich erst seit 2 1/2 Jahren Österreich auf, führt laut seinen Angaben seit Juli 2016, mit der zum damaligen Zeitpunkt minderjährigen österreichischen Staatsangehörigen XXXX eine Beziehung und ist mit dieser seit 24. August 2017 verheiratet.

 

Im Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31.1.2006, 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt (vgl nur zuletzt EGMR, 28.06.2011, Nunez v Norwegen, Rs 55597/09, Rz 70 letzter Satz). Im vorliegenden Fall wurde die Beziehung zu einem Zeitpunkt begonnen, als sich der Beschwerdeführer jedenfalls seines unsicheren Status bewusst sein musste, da er, als er seine jetzige Ehefrau im April 2016 kenngelernt hat, in einem laufenden Asylverfahren befand und die negative Entscheidung des Asylamtes bereits vor dem Eingehen einer Beziehung erfolgte. Ebenso ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer seine jetzige Ehefrau zu einem Zeitpunkt geehelicht hat, als sich beide seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein müssen, ebenso wurde das gemeinsame Kind innerhalb des unsicheren Aufenthaltes des Beschwerdeführers geboren, wobei unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Judikatur nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese dazu führt, dass eine Rückkehrentscheidung als unverhältnismäßig angesehen werden würde.

 

Dazu hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 15.12.2009, 2008/18/0037, die Ausweisung einer seit 1999 in Österreich aufhältigen chinesischen Staatsbürgerin für zulässig erklärt, die 2005 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet hatte. Dabei wurde insbesondere erwogen: "Die angeführten persönlichen Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann stellen jedoch nach den Kriterien in der Judikatur des EGMR keine besonderen Umstände im Sinn des Art 8 EMRK dar, die es der Beschwerdeführerin unzumutbar machen würden, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens in ihr Heimatland zurückzukehren. Dass die belangte Behörde eine Übersiedlung des Ehemannes der Beschwerdeführerin nach China für zumutbar erachtet, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden." In seinem Urteil vom 31.07.2008 in der Rechtssache Darren Omeregie and others v. Norway 265/07, hat der EGMR die Ausweisung eines seit 2001 in Norwegen aufhältigen nigerianischen Staatsbürgers für zulässig erklärt, der 2003 eine Norwegerin geheiratet und mit ihr seit 2006 eine gemeinsame Tochter hatte. Einen Antrag auf neuerliche Einreise durfte Herr Omeregie nach der Entscheidung der norwegischen Behörden erst nach 2 Jahren stellen. Der EGMR führte dabei unter Rz 66 aus:

"The second applicant (gemeint: die norwegische Ehefrau) would probably experience some difficulties and inconveniences in settling in Nigeria, despite her experience from a period spent in another African country, South Africa, and the fact that English was also the official language of Nigeria. However, the Court does not find that there were insurmountable obstacles in the way of the applicants' developing family life in the first applicant's country of origin. In any event, nothing should prevent the second and third (gemeinsames Kleinkind) applicants from coming to visit the first applicant for periods in Nigeria". In seinem schon erwähnten Urteil vom 28.06.2011 in der Rechtssache Nunez hat der EGMR die grundsätzliche Zulässigkeit einer Trennung, auch einer Mutter, von ihren minderjährigen Kindern in besonderen Fällen bestätigt, sie im konkreten Fall (Mutter war für die ersten Lebensjahre die primäre Bezugsperson bis zu einer gegenteiligen zwangsweise umgesetzten Gerichtsentscheidung, Kinder waren wegen der jahrelang in Aussicht gestellten Abschiebung der seit 1996 in Norwegen aufhältig gewesenen Mutter in psychischer Stresssituation, wegen befristetem Rückkehrverbot wäre Mutter jedenfalls zumindest zwei Jahre von ihren Kindern getrennt), trotz Besuchsmöglichkeiten, auch unter dem Aspekt des Kindeswohls mehrheitlich für unzulässig erklärt (siehe insb. Rz 84 des Urteils und Punkt 5-7 der "dissenting opinion" Richter Mijovic und De Gaetano).

 

Die relevante Rechtsprechung zeigt also, dass es besondere Fälle geben kann, in denen bereits ein Verweis auf Besuchsmöglichkeiten oder sonstige fernmündliche Kontakte (statt einer dauerhaften Übersiedlung) genügt, um eine Verletzung von Art. 8 EMRK zu vermeiden. Dass die Trennung des Beschwerdeführers von seiner Tochter eine Traumatisierung des Kindes nach sich ziehen und die psychologische Entwicklung beeinflussen würde, wurde nicht behauptet und findet sich dafür auch kein Anhaltspunkt im Akt (dazu Fall Sarközi und Mahran gegen Österreich).

 

In Österreich bezieht der Beschwerdeführer immer noch Leistungen aus der Grundversorgung, geht keiner Arbeit nach und hat sich auch nicht um eine solche bemüht. Der Beschwerdeführer hat weder eine selbständige Tätigkeit wie z.B.: den Verkauf einer Straßenzeitung ausgeübt, noch sich nachweislich um eine legale Beschäftigung, wie eine Saisonarbeitsstelle bemüht, oder gemeinnützige Tätigkeiten, wie Hilfstätigkeiten für Bund, Land oder Gemeinden ausgeübt, um seine finanzielle Situation zu verbessern und zum gemeinsamen Lebensunterhalt mit seiner Frau und seinem Kind beizutragen. Der Beschwerdeführer ist seit dem 12.07.2016 an derselben Adresse wie seine Ehefrau gemeldet, wobei als Unterkunftsgeberin die Mutter der Ehefrau aufscheint. Er hat außer der Mutter seiner Frau keine außergewöhnlichen Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern. Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse ein Deutschzertifikat A1 vorgelegt, dass er nicht qualifiziert Deutsch spricht, ergibt sich aus der Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Familienleben waren teils nicht schlüssig oder nachvollziehbar, so gab er an, dass er nicht wisse, ob seine Frau eine Ausbildung zur Köchin gemacht habe, da er keine Unterlagen gesehen habe und gab auf Nachfrage an, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mit ihr zusammen gewesen sei. Dies obwohl er sie laut eigenen Angaben seit April 2016 kennt und seit Juli 2016 mit ihr zusammenlebt. Auch gibt er an, nicht zu wissen, ob seine Tochter getauft sei, wobei seine Ehefrau angibt, dass das Kind getauft sei und die Oma die Taufpatin sei, obwohl diese laut eigenen Angaben Moslem ist. Auch auf Vorhalt, ob es richtig sei, dass er die Mutter seiner Ehefrau im Rahmen eines Streites, weil diese Alkohol getrunken hat, geschlagen habe, antwortete der Beschwerdeführer lediglich: "Ich weiß es nicht. Vielleicht war ich abwesend." Es wird seitens des erkennenden Richters auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer dies getan hat, obwohl er selbst angibt, kein strenggläubiger Moslem zu sein. Auch auf mehrmaliges Nachfragen, inwieweit er zum gemeinsamen Lebensunterhalt beitragen würde, antwortete der Beschwerdeführer ausweichend und gab an von seiner Ehefrau finanziell nicht unterstützt zu werden. Auch dahingehend ist es nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer mit lediglich €

200,-- selbst ohne Mietzahlungen maßgeblich zum Lebensunterhalt beitragen will. Dass sich die beiden letztlich hinsichtlich der Wohnsituation vor Ort maßgeblich widersprechen, da er einerseits angibt mit der Mutter und deren Mann in einem gemeinsamen Haus zu leben und seine Ehefrau andererseits, dass ihre Familie nicht in ihrer Umgebung lebt und dort nur ihr Mann und sie leben würden, obwohl ein aktueller ZMR Auszug den gemeinsamen Wohnsitz mit der Mutter bestätigt, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die Aussage der Kindesmutter, dass sie den Beschwerdeführer bereits seit Februar 2016 kennt, obwohl dieser angibt sie erst seit April 2016 zu kennen. Auch können die Angaben der Zeugin zu ihrer Religionszugehörigkeit, nämlich, dass sie seit dem 15.02.2016 zum moslemischen Glauben konvertiert sei, ohne Nachweis und ihren nicht schlüssigen Angaben dazu, nicht verifiziert werden und ist auch ihre Aussage, dass das Kind nicht nach christlichen Werten erzogen wird, bezüglich der Beurteilung des Kindeswohles entsprechend zu berücksichtigen, da es augenscheinlich als einziges Familienmitglied der christlichen Glaubensgemeinschaft angehört. Der erkennende Richter kommt ausgehend von Verhalten und den Angaben der Ehefrau insgesamt zu dem Schluss, dass bei ihr von einer leicht zu beeinflussenden Person auszugehen ist.

 

Insgesamt ist aufgrund der obigen Ausführungen zwar von einem Familienleben auszugehen, es ist jedoch auch festzuhalten, dass nach Ansicht des erkennenden Richters mit der Rückkehrentscheidung keine Verletzung des Art. 8 EMRK erfolgt, weshalb auch aus diesem Grund eine zeitliche Trennung als verhältnismäßig angesehen werden kann.

 

Bei der Abwägung der Interessen ist im gegenständlichen Fall auch zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer grundsätzlich nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN). Auch ist es der Ehefrau mit dem Kind zumutbar den Beschwerdeführer in Algerien zu besuchen und so das Familienleben aufrecht zu halten. Auch steht es ihnen offen per Telefon oder E-Mail-Verkehr den Kontakt aufrecht zu halten. Auch die Selbsterhaltungsfähigkeit der Ehefrau in Österreich ist ohne die dauernde Anwesenheit des Beschwerdeführers sichergestellt ist, da der Beschwerdeführer von der Grundversorgung lebt und keinen finanziellen Beitrag zu den Lebenserhaltungskosten beiträgt, auch diesbezüglich besteht daher für die Ehefrau und der Tochter keine Notwendigkeit einer dauerhaften Ausreise, wodurch diesem Sachverhalt keine Entscheidungsrelevanz zugemessen werden kann.

 

Der Vollständigkeit halber ist dazu auszuführen, dass Besuche angesichts der relativ geringen Entfernung zwischen Algerien und Österreich und der Vielzahl der Reisemöglichkeiten (per Flugzeug oder Fähre) und bei relativ stabiler Sicherheitslage (gerade für die Städte an der Mittelmeerküste) tatsächlich möglich sind (in Algerien existiert auch eine österreichische Botschaft, die Hilfestellungen geben könnte). Dahingehend hat die Ehefrau im Rahmen der Zeugeneinvernahme selbst angegeben, dass sie telefonischen und brieflichen Kontakt mit der Familie des Beschwerdeführers hat und gern dorthin reisen würde.

 

Ein allfälliges besonders zu berücksichtigendes Integrationsverhalten des Beschwerdeführers kann im konkret vorliegenden Sachverhalt in der Gesamtschau nicht erblickt werden. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung, verfügt über keine Deutschkenntnisse seiner Aufenthaltsdauer in Österreich entsprechen, ist weder Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Institution noch hat er einen engen Freundeskreis, der über sein familiäres Umfeld hinaus besteht, sieht man von seinem Nachbarn und einem Freund namens Leon ab. Auch seine Freizeit verbringt er zum überwiegenden Teil mit diesen Personen.

 

Hinweise auf enge soziale, gesellschaftliche oder sonstige berufliche Anbindungen, waren aufgrund der Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht festzustellen, während die Bindung des Beschwerdeführers aufgrund der dort genossenen Schul- und Berufsausbildung sowie im Hinblick auf seine familiären, kulturellen und sprachlichen Anknüpfungspunkte weiterhin bestehen. Der Beschwerdeführer genoss eine handwerkliche Ausbildung und sollte er daher keine Probleme haben sich in seinem Heimatland, am algerischen Arbeitsmarkt zu integrieren.

 

Der Beschwerdeführer lebt erst seit 2015 außerhalb seines Heimatlandes, hat also den größten Teil seines Lebens in Algerien verbracht. Er beherrscht nach wie vor seine Muttersprache und hat auch regelmäßigen Kontakt zu seinen Angehörigen. Er ist auch mit der dortigen Gesellschaft und der Kultur nach wie vor vertraut.

 

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

 

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann und die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Algerien keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt (siehe auch VfGH 02.05.2011, U2123/10-13).

 

Dies auch unter Berücksichtigung der vom EGMR in seiner Rechtsprechung bei der Interessensabwägung herausgearbeiteten Grundsätze, nach denen insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schul- und Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und die Frage zu welchem Zeitpunkt das Privat- und Familienleben entstand, kumulativ im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen sind. Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer unbescholten und liegt unbestrittener weise ein Familienleben vor, in einer Gesamtbetrachtung ist dies jedoch nicht ausreichend, um eine Verletzung des Art. 8 EMRK zu bewirken und daher eine Rückkehrentscheidung unzulässig zu machen.

 

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte. Das Gewicht dieser Aufenthaltsdauer wird überdies weiter dadurch gemindert, dass dieser Aufenthalt sich nur auf ein aus einem letztlich als unberechtigt erkannten Asylantrag abgeleitetes Aufenthaltsrecht stützen konnte.

 

Es kann im gegenständlichen Fall auch nicht festgestellt werden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers übermäßig lange gedauert hat, seine Einreise erfolgte illegal und stellt bereits als solche einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar. Dazu ist auch auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, die eine Ausweisung auch nach einem 3-jährigen Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen hat, auch wenn der Fremde perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, da er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein musste und daher seine Interessen dennoch gegenüber den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesen zurücktreten müssen. (VfGH 12.06.2013, U485/2012).

 

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, Zl. 98/18/0260; 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365).

 

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt daher auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen (siehe oben), dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Artikel 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des zweiten Spruchteils des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

 

3.2.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III., dritter Teil des angefochtenen Bescheides):

 

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 nach Algerien zulässig ist (§ 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005), ist wie folgt auszuführen:

 

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

 

Ergänzend wir ausgeführt, dass im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht erkennbar ist, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Algerien zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei seiner Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Beschwerdeführer in Algerien eine Ausbildung als Maler und Glaser mit dem Gesellenbrief abgeschlossen hat. Auch sonst liegen unzumutbaren Härten im Fall einer Rückkehr nicht vor: Der Beschwerdeführer beherrscht nach wie vor sowohl die Sprache, sodass auch seine Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Da der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zu diesem bestehen. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würde. Darüberhinaus kann er auf den Verband seiner Familie als primären sozialen Ankerpunkt zurückgreifen.

 

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in Algerien - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

 

Darüberhinaus liegt in dem Umstand, dass in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar Bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und somit auch keine Unzulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat. Ökonomische Schwierigkeiten hat der Beschwerdeführer hinsichtlich der allgemeinen Lage angedeutet, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründen jedoch wirtschaftliche Gründe keine asyl-rechtlich relevante Verfolgung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 28.06.2005, 2002/01/0414 oder vom 06.03.1996, 95/20/0110 oder vom 20.06.1995, 95/19/0040), weshalb das Vorliegen dieser Gründe eine Abschiebung nicht unzulässig macht.

 

Letztlich ist auszuführen, dass im Falle eines bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert wurde. In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte, wobei diese Voraussetzungen im gegenständlichen Fall nicht vorliegen.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des dritten Spruchteils des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

 

3.2.6. Zur Festlegung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

 

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

 

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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