VOG §1 Abs1
VOG §4 Abs2
VOG §5
VOG §5a
VwGVG §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VOG §1 Abs1
VOG §4 Abs2
VOG §5
VOG §5a
VwGVG §8 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W132.2005231.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, rechtsfreundlich vertreten durch XXXX, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, betreffend den Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) vom 29.12.2008, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:
A)
I) Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird
gemäß § 8 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben.
II) Die Übernahme der Selbstkosten für psychotherapeutische Krankenbehandlungen, welche aufgrund der durch die Tat vom 13.02.2007 erlittenen Schädigung entstehen bzw. entstanden sind, wird für die Dauer der verbrechenskausalen Notwendigkeit im Ausmaß der vom Träger der Krankenversicherung diesbezüglich bewilligten Anzahl der Sitzungen bewilligt.
Die Bewilligung erfolgt unter der Voraussetzung, dass der zuständige Träger der Krankenversicherung entweder einen Kostenzuschuss auf Grund der Satzung erbringt, oder Kosten im Rahmen der Wahlarzthilfe erstattet. Die Selbstkosten werden höchstens bis zu der vom zuständigen Träger der Krankenversicherung für die verbrechenskausalen Leiden bewilligten Anzahl der Sitzungen und bis zur Höhe des dreifachen Betrages des Kostenzuschusses des zuständigen Trägers der Krankenversicherung übernommen bzw. ersetzt.
III. Der Ersatz der gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren, welche aufgrund der durch die Tat vom 13.02.2007 erlittenen Schädigung zu entrichten waren bzw. sind, wird gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz VOG - vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - dem Grunde nach bewilligt.
IV. Hilfeleistungen in Form von orthopädischer Versorgung für durch die Tat vom 13.02.2007 erlittene Schädigung werden gemäß § 5 VOG - vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - dem Grunde nach bewilligt.
V. Hilfeleistungen in Form von Rehabilitation für durch die Tat vom 13.02.2007 erlittene Schädigung werden Gemäß § 5a Abs. 2 letzter Satz VOG - vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - dem Grunde nach bewilligt.
VI. Hilfeleistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges werden gemäß § 3 VOG - vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - dem Grunde nach, jedoch frühestens ab 01.01.2009, bewilligt.
VII. Hilfeleistungen in Form von Pflegezulage werden gemäß § 6 VOG ab 01.01.2009 in der Höhe der Stufe I, ab 01.02.2010 in der Höhe der Stufe II bewilligt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hat am 29.12.2008 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung nunmehr:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG gestellt.
1.1. Die belangte Behörde hat den Antrag mit dem Bescheid vom 27.02.2009 abgewiesen.
1.2. Die dagegen rechtzeitig eingebracht Berufung hat die damals zuständige Bundesberufungskommission f. Sozialentschädigungs- u. Behindertenangelegenheiten mit dem Bescheid vom 09.09.2009 abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
1.3. Mit dem Erkenntnis vom 22.01.2013, Zl. XXXX, hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid aufgehoben.
1.4. Die Bundesberufungskommission f. Sozialentschädigungs- u. Behinderten-angelegenheiten hat mit dem Bescheid vom 05.06.2013 der Berufung stattgegeben, den angefochtenen Bescheid aufgehoben und ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfeleistungen nach dem VOG - vorbehaltlich der Erfüllung der jeweils sonstigen Voraussetzungen - dem Grunde nach vorliegen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes nach davon auszugehen ist, dass mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer am 13.02.2007 Opfer einer mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung geworden ist.
Dieser Bescheid wurde am 18.06.2013 an der Abgabestelle des Beschwerdeführers persönlich übernommen.
2. Die belangte Behörde hat im Juli 2013 medizinische Unterlagen und einen Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung eingeholt, sowie Leistungsnachweise der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und der Pensionsversicherungsanstalt sowie beim ehemaligen Dienstgeber des Beschwerdeführers Unterlagen zum erzielten Einkommen angefordert.
2.1. Am 01.08.2013 hat der ehemalige Dienstgeber des Beschwerdeführers eine Kopie der Lohnkonten vorgelegt.
2.2. Am 05.08.2013 hat die Pensionsversicherungsanstalt die Zusammensetzung des Auszahlungsbetrages bekannt gegeben und die Bescheide betreffend die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension und Zuerkennung von Pflegegeld übermittelt.
2.3. Am 08.08.2013 hat die Pensionsversicherungsanstalt die medizinischen Unterlagen betreffend die gewährten Leistungen vorgelegt.
2.4. Am 09.08.2013 hat die Steiermärkische Gebietskrankenkasse die Leistungsdaten bekannt gegeben.
3. Mit Schreiben vom 20.09.2013 und dem Fax vom 01.10.2013 hat die belangte Behörde beim Landeskrankenahaus XXXX und der Privatklinik der XXXX die Krankengeschichte des Beschwerdeführers angefordert. Mit dem Fax vom 03.10.2013 hat die belangte Behörde die Krankengeschichte des Beschwerdeführers vom XXXX angefordert.
3.1. Das Landeskrankenahaus XXXX hat am 01.10.2013 die Krankengeschichte des Beschwerdeführers übermittelt.
3.2. Am 07.10.2013 hat die Privatklinik der XXXX die Krankengeschichte des Beschwerdeführers übermittelt.
3.3. Am 14.10.2013 hat das XXXX die Krankengeschichte des Beschwerdeführers übermittelt.
4. Zur Überprüfung des Antrages auf Hilfeleistungen nach dem VOG wurde von der belangten Behörde ein mit 20.11.2013 datiertes Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der Aktenlage, eingeholt.
5. Die belangte Behörde hat mit dem Schreiben vom 07.01.2014 bei der Pensionsversicherungsanstalt das dem aktuellen Pflegegeldbescheid zugrunde liegende Sachverständigengutachten angefordert.
6. Mit dem Schreiben vom 08.01.2014 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Beiziehung eines weiteren ärztlichen Sachverständigen erforderlich ist und die Ladung zur persönlichen Untersuchung rechtzeitig erfolgen wird.
7. Am 24.01.2014 hat die Pensionsversicherungsanstalt das dem aktuellen Pflegegeldbescheid zugrunde liegende Sachverständigengutachten vorgelegt.
8. Mit dem Schriftsatz vom 05.03.2014, eingelangt bei der belangten Behörde am 05.03.2014, hat die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers eine Säumnisbeschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass mit dem Bescheid der Bundesberufungskommission f. Sozialentschädigungs- u. Behinderten-angelegenheiten vom 05.06.2013 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfeleistungen nach dem VOG dem Grunde nach bejaht worden sei. Ohne Verschulden des Beschwerdeführers sei ihm erst am 16.01.2014 mitgeteilt worden, dass die Beiziehung eines weiteren ärztlichen Sachverständigen notwendig sei. In der Folge sei trotz mehrmaliger Urgenz keine weitere Verständigung des Beschwerdeführers erfolgt.
8.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden vom Bundesverwaltungsgericht Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, und Dr. XXXX, Facharzt für Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 01.09.2015, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Beschwerdeführer verbrechenskausale Leiden im Ausmaß einer schwere Körperverletzung erlitten hat sowie dass diese Leiden Berufsunfähigkeit bewirken und Pflegezulage in der Höhe der Stufe I vorgeschlagen wird, eingeholt.
8.2. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.
8.3. Der Beschwerdeführer hat zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens unter Vorlage von Beweismitteln umfassend Stellung genommen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
8.4. Auf Nachfrage durch das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführer Personen namhaft gemacht, welche ihn regelmäßig bzw. überwiegend pflegen.
8.5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgericht vom XXXX wurden die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sowie die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers, die Schwester des Beschwerdeführers und Betreuungspersonen des Beschwerdeführers als Zeugen geladen.
Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers, die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers, die Schwester des Beschwerdeführers und die aktuelle Hauptbetreuungsperson des Beschwerdeführers als Zeuginnen teilnahmen. Die belangte Behörde hat nicht an der Verhandlung teilgenommen.
Eingangs wurde mit der bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers das Ergebnis des bisherigen Ermittlungsverfahrens besprochen. Die Zeuginnen wurden zur Betreuungs- und Pflegetätigkeit befragt. In der Folge wurden mit der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers die eingeholten Sachverständigengutachten und das Beschwerdebild des Beschwerdeführers eingehend erörtert.
8.6. Dem Beschwerdeführer wurde das Protokoll der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt dazu Stellung zu nehmen. Es wurden keine Einwendungen erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Bescheid der Bundesberufungskommission f.
Sozialentschädigungs- u. Behinderten-angelegenheiten vom 05.06.2013 wurde am 18.06.2013 an der Abgabestelle des Beschwerdeführers persönlich übernommen.
Die Säumnisbeschwerde ist am 07.03.2014 bei der belangten Behörde eingelangt.
Die belangte Behörde hat bis zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde nicht über den Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG des Beschwerdeführers vom 29.12.2008 bescheidmäßig abgesprochen.
Die Behörde hat die Entscheidung verzögert, indem sie innerhalb der Entscheidungsfrist nicht rechtzeitig Sachverständigengutachten basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, sondern lediglich basierend auf der Aktenlage, eingeholt hat.
Die Verzögerung ist auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen.
1.2. Die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen liegen insofern vor, als der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist und mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass er am 13.02.2007 durch eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine schwere Körperverletzung erlitten hat. Ausschlussgründe gemäß § 8 VOG liegen nicht vor.
1.3. Zu den Hilfeleistungen
1.3.1. Heilfürsorge (psychotherapeutische Krankenbehandlung, gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren), orthopädische Versorgung und Rehabilitation
Die ausgeprägte Bewegungs- und Belastungseinschränkung des rechten Kniegelenkes nach Schienbeinkopftrümmerfraktur und Knocheneiterung mit mehrfachen Revisionsoperationen und ausgeprägtem chronischem Schmerzsyndrom sowie die psychischen Begleiterscheinungen (aktuell:
mittelgradige depressive Episode im Zuge des langwierigen somatischen Krankheitsprozesses) sind auf den Vorfall am 13.02.2007 zurückzuführen.
1.3.2. Verdienstentgang
Der Beschwerdeführer hat am 13.02.2007 durch eine Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG eine schwere Körperverletzung erlitten.
Zum Zeitpunkt der Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG stand der Beschwerdeführer in einem Dienstverhältnis mit der Firma XXXX. Das Beschäftigungsverhältnis dauerte vom 01.07.2006 bis 05.08.2008. Die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgte aufgrund der durch die am 13.02.2007 erlittenen Verletzungen und deren Folgen verursachten Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers.
Seit 01.07.2009 steht der Beschwerdeführer in Bezug einer Berufsunfähigkeitspension.
Ab 01.07.2011 wird diese unbefristet gewährt.
Die Arbeitsunfähigkeit wird hauptsächlich durch die am 13.02.2007 erlittenen Verletzungen und deren Folgen verursacht.
1.3.2. Pflegezulage
Das Ausmaß der Hilflosigkeit wird überwiegend durch die kausalen Leiden verursacht.
Die Verletzungen, welche der Beschwerdeführer am 13.02.2007 erlitten hat und deren Folgen, bewirken nachstehenden Aufwand an Pflege und Wartung:
Der Beschwerdeführer kann mit vollständiger Kopfkontrolle, ausreichender Rumpfkontrolle und Rumpfstabilität aufrecht sitzen.
Der Funktionsumfang der oberen Extremitäten ist ausreichend.
Der Beschwerdeführer bedarf fremder Hilfe bei der Körperreinigung, beim An- und Auskleiden, beim Verrichten der Notdurft, insbesondere bei der Reinigung nach dem Toilettengang und einer Hilfe beim Wechseln seiner Windelhose als Inkontinenzprodukt.
Der Beschwerdeführer bedarf Mobilitätshilfe im engeren und weiteren Sinn, wobei hier teilweise nach Transfer in einen Rollstuhl dieser in eingeschränktem Ausmaß, insbesondere im Wohnverband, falls keine baulichen Hürden zu überwinden sind, selbst gesteuert werden kann. Die Betreuung ist Tag und Nacht erforderlich.
Der Beschwerdeführer kann die Hilfeleistungen aktiv unterstützen und anleiten.
Die Einnahme von zubereiteten Mahlzeiten, von Getränken und von den zugereichten Medikamenten ist selbständig möglich.
Die Mobilität des Beschwerdeführers ist zwar aufgrund der erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten maßgebend beeinträchtigt, es liegt jedoch eine relevante Restmobilität vor. Es liegt kein Zustand vergleichbar einem dauernden Krankenlager vor, der Beschwerdeführer ist nicht bettlägrig sondern mobilisierbar.
Im Zeitraum vor dem 01.02.2010 bedurfte der Beschwerdeführer noch keiner Mobilitätshilfe im engeren Sinn, der Gang war hinkend mit zwei Unterarmstützkrücken, der Rollstuhl wurde nur zur Pflegeerleichterung verwendet. Der Beschwerdeführer benötigte noch keine Hilfe bei der Reinigung nach Verrichtung der Notdurft. Außergewöhnliche Pflege und Wartung waren nicht erforderlich.
Ein Zustand, welcher in seiner Schwere vergleichsweise dem eines dauernden Krankenlagers bzw. Verlust beider Oberarme oder beider Unterarme oder beider Hände oder der Exartikulation beider Oberschenkel entspricht, konnte nicht objektiviert werden. Der festgestellte Hilflosigkeitsgrad bedarf keines erhöhten Ausmaßes an außergewöhnlicher Pflege und Wartung.
1.4. Der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG ist am 29.12.2008 bei der belangten Behörde eingelangt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen und zu Spruchpunkt I. ergeben sich aus dem vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis sowie den eingeholten Versicherungsdatenauszügen der österreichischen Sozialversicherung sowie dem diesbezüglich widerspruchsfreien und unbedenklichen Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Kausalität der erlittenen Verletzungen und deren Folgen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Die eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX sind hinsichtlich der beschriebenen Krankengeschichte sowie der Arbeitsunfähigkeit und dem Aufwand für Pflege und Wartung des Beschwerdeführers schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.
Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zur Kausalität der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen eingehend Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel und der Zeugenaussagen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die Sachverständigen stellen übereinstimmend und nachvollziehbar fest, dass die Funktionseinschränkungen der rechten unteren Extremität sowie die Schmerzsymptomatik erheblich psychisch überlagert werden und weitgehend als direkte Folgewirkung des Vorfalles am 13.02.2007 anzusehen sind. Diese Beurteilung korreliert auch mit dem Beschwerdevorbringen und den vorgelegten Beweismitteln.
Dr. XXXX fasst die vorliegenden medizinischen Beweismittel aussagekräftig wie folgt zusammen:
- Arztbriefe der XXXX von 2013, 2014 und 2015: bei primärer Gonalgie rechts bei sekundärer Arthrose und Zustand nach US-Trümmerfraktur im Feb. 2007 mit konsekutiven Infektionen und multiplen Folgeoperationen des Kniegelenkes. Als Nebendiagnosen sind organisch induzierte Depression, Harn- und Stuhlinkontinenz, Angststörung, Adipositas, Fettstoffwechselstörung und art. Hypertonie angeführt. Weiters werden als Diagnosen Zustände nach Stürzen mit Zerrung der Sternoclaviculargelenkes links, ein chron. Schmerzsyndrom sowie degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen mit Bandscheibenvorfall L4/5 angegeben. Stat. Behandlungen zur Schmerztherapie.
- Pflegegeldgutachten Mai 2012: Bei Nachuntersuchung wird die Pflegegeldstufe 5 bestätigt, als Diagnosen werden schwere depressive Episode im Rahmen wiederkehrender depressiver Störung, Angst- und Panikstörung, chronisch verlaufende posttraumatische Belastungsstörung, chronisches Schmerzsyndrom, Zustand nach kompliziertem Bruch des Schienbeinkopfes rechts im Feb. 2007 mit nachfolgender Knocheneiterung mehrfach operiert mit Bewegungseinschränkungen im re. Kniegelenk und stark eingeschränkter Gehleistung infolge Belastungsschmerzen angegeben.
- Orth. Fachbefund (Konsiliarbefund der XXXX) von 12/2010: Zustand nach Vielfachoperation bei Schienbeinkopftrümmerfraktur links mit osteosynthetischer Versorgung und Mehrfachinfekt (12 Operationen); ausgeprägte Destruktionen des Kniegelenkes bei fortgeschrittener Gonarthrose mit mäßiggradiger Schwellung und klinischen Bewegungseinschränkungen. Eine Verbesserung des Zustandsbildes sei nur durch einen operativen Eingriff wie Kniegelenksendoprothese zu erwarten, sei jedoch mit erheblich erhöhtem Infektionsrisiko verbunden.
- MRT des re. Kniegelenkes 30.11.2010: Im Vergleich zur Voruntersuchung weiterhin bestehende bis 3 mm tiefe Stufenbildung im Bereich des lateralen, geringer auch des medialen Tibiaplateaus bei posttraumatischer Gonarthrose und Chondropathie Grad III bis IV neben lateralen sowie III im medialen tibiofemoralen Gelenkscompartement, Femoropatellararthrose im Sinne einer Chondromalazia patellae Grad lI-lll. Verstärkt anguliertes hinteres Kreuzband bei Zustand nach alter Subtotalruptur des vorderen Kreuzbandes, regelrechte Darstellung der Seitenbänder sowie der Retinakula. Unveränderter horizontaler Haarriss im medialen Meniskus Hinterhorn bei posttraumatisch verändertem lateralem Meniskus mit weitgehend unveränderten Einrissen im lateralen Vorder- und Hinterhorn.
- Rö-Befund 29.11.2010: Fehlhaltung der HWS mit Streckfehlhaltung ohne wesentliche path. Veränderungen. Incipient deformierende Spondylose und Osteochondrose in der cranialen BWS bei regelrechter Darstellung der übrigen knöchernen Strukturen. Flachbogig rechtskonvexe skoliotische Fehlhaltung der LWS mit Streckfehlhaltung, incipienter Osteochondrose L5/S1, Intervertebralarthrosen im selben Segment und Beinlängendifferenz von 7 mm zugunsten des re. Beins. Verstärkte Sklerosierung der gelenksbildenden Flächen bd. Hüftgelenke mit diskreten osteophytären Randanbauten. Befund vereinbar mit incipienter Coxarthrose re. ausgeprägter als links. ln den Kniegelenken Zustand nach Tibiakopffraktur rechts mit verstärkter subchondraler Sklerosierung, diskreter Gelenksspaltverschmälerung und Zuspitzung der Eminenzia intercondylaris und diskreten osteophytären Anbauten. Befund vereinbar mit einer Gonarthrose rechts, Femuropatellargelenksarthrose rechts; minimale Varusstellung links im Übrigen regelrechte Darstellung der abgebildeten knöchernen Strukturen. In bd. Schultergelenken regelrechte Darstellung der abgebildeten knöchernen Strukturen ohne Hinweis auf frische ossär traumatische Veränderungen.
- Befund der Schmerzambulanz am XXXX 11.03.2010: Nozizeptorschmerz, Zustand nach Tibiakopffraktur rechts mit septischen Komplikationen, Zustand nach Spongiosaplastik mit Osteosynthese, WS-Veränderungen deg. in der LWS, Gonalgie links, Panikattacken, Depression, Zustand nach Ulcera ventrikuli, Reflux der Speiseröhre.
- Weitere vorgelegte Befunde von 2012, 2011 und 2010 bei Schmerztherapie erweitern die bekannten Diagnosen nicht.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Der nervenfachärztliche Sachverständige erörtert fachärztlich überzeugend, dass sich nach dem Tathergang das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigte, sich aufgrund der Folgekomplikationen im Zuge des langwierigen Genesungsprozesses bezüglich der Läsion am rechten Knie bzw. des rechten Unterschenkels eine zunehmende depressive Symptomatik eingestellt hat, die derzeit einen mittelgradigen Schweregrad einnimmt und das depressive Zustandsbild als Folgeerkrankung des langwierigen somatischen Verlaufes eine Berufs- bzw. Arbeitsunfähigkeit bedingt.
Der allgemeinmedizinische Sachverständige führt ausführlich und nachvollziehbar aus, dass die Zubereitung der Mahlzeiten primär an der Standmöglichkeit und der notwendigen Ausdauer, um eine vollwertige Mahlzeit zubereiten zu können, scheitert, die Hilflosigkeit erst durch die zusätzliche psychiatrische Grundproblematik mit erheblicher Überlagerungstendenz bewirkt wird, sich erst durch das Zusammenwirken der kausalen orthopädischen und psychiatrischen Problematik das Bild des notwendigen Hilfsbedarfs ergibt und die akausalen Leiden deutlich im Hintergrund stehen.
Dr. XXXX beschreibt die Untersuchungssituation bei deutlicher psychischer Alteration und massiver psychischer Überlagerung als nicht einfach. Dies steht im Einklang mit den übereinstimmenden Zeugenaussagen, dass der Antrieb des Beschwerdeführers oft so stark herabgesetzt ist, dass der Beschwerdeführer eine Kommunikation nicht oder erst nach erheblichen Motivationsanstrengungen der Pflegeperson zulässt. So haben die Zeuginnen u.a. widerspruchfrei und glaubwürdig ausgeführt, dass sich der Zustand des Beschwerdeführers durch den sehr problematischen Heilungsverlauf laufend verschlechtert hat, er von Ängsten geplagt wird, aufgrund der weiter vorhandenen Bakterien, sein Bein zu verlieren und oft keinen Willen und keine Lust mehr hat, am Leben teilzuhaben sowie dass er dann alles ablehnt. Daher sei er auch kaum für Aktivitäten außerhalb des Wohnbereiches zu motivieren.
Auch die Wahrnehmungen Dris. XXXX im Zuge der Untersuchung, dass eine relevante Restmobilität besteht, können mit den Zeugenaussagen in Übereinstimmung gebracht werden. So haben die Zeuginnen jeweils beschreiben, dass der Beschwerdeführer aufrecht im Bett sitzen kann, vorbereitete Mahlzeiten selbständig zerkleinern und essen kann, alleine Zähneputzen und sich Rasieren kann, sich im Bett selbständig umlegen kann, an guten Tagen mit Stützkrücken einige Meter zurücklegen kann, bei gutem Wetter gerne im Garten oder auf der Terrasse sitzt und raucht, manchmal Zeitung liest und Karten spielt sowie dass er Hilfeleistungen unterstützen kann.
Die Feststellungen zum Pflegeaufwand beruhen auf den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers und der Zeuginnen. Die Zeuginnen haben anschaulich, widerspruchsfrei und detailreich den Tagesablauf des Beschwerdeführers und die anfallenden Pflegetätigkeiten beschrieben und stehen die Angaben auch nicht im Widerspruch zur gutachterlichen Beschreibung des Pflegeaufwandes. Insbesondere erschließt sich daraus, dass der Beschwerdeführer sich ohne Hilfe nicht An- und Ausziehen, waschen, Mahlzeiten zubereiten, Medikamente herrichten und nach der Notdurft reinigen kann, Lebensmittel, Haushaltsbedarf und Medikamente besorgt werden und der Alltag gestaltet und organisiert werden müssen sowie dass er immer wieder unkontrolliert Stuhl und Harn absetzt, weshalb Inkontinenzprodukte verwendet werden, welche er nicht selbständig wechseln und sich reinigen kann.
Dem Gutachten eines Sachverständigen kann auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegen getreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. (VwGH vom 25.06.2013, Zl. 2012/09/0132 mit Hinweis E 9. Dezember 2010, 2010/09/0166) Das Beschwerdevorbringen und die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen waren geeignet, das Begehren substantiiert und im Wesentlichen erfolgreich zu begründen.
Hinsichtlich der Bewertung des Pflegeaufwandes ist abweichend von der Bewertung der Sachverständigen ab Februar 2010 von außergewöhnlicher Pflege und Wartung auszugehen, weil der objektivierte Hilflosigkeitsgrad mehr als Pflege und Wartung erfordert. In welcher Höhe dem Beschwerdeführer eine Pflegezulage gebührt, stellt im Übrigen keine medizinische Frage sondern eine Rechtsfrage dar und obliegt dem erkennenden Senat. Zu deren Erörterung, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.7.
Die Feststellungen zum Aufwand für Pflege und Wartung vor Februar 2010 gründen sich auf das vollständige, nachvollziehbare und widerspruchsfreie Sachverständigengutachten Dris. XXXX, welches zur Prüfung des Antrages auf Zuerkennung von Pflegegeld nach dem steiermärkischen Pflegegeldgesetz, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.02.2009, erstellt worden ist, wonach der Beschwerdeführer damals noch keiner Mobilitätshilfe im engeren Sinn bedurfte und weder Versorgung mit Inkontinenzprodukten noch Hilfe bei der Reinigung nach Verrichtung der Notdurft erforderlich war.
Der Zeitpunkt der maßgebenden Verschlechterung des Zustandes, wird durch die Sachverständigengutachten, welche der Erhöhung des Pflegegeldes auf Stufe 5 zugrunde gelegt wurden, objektiviert.
Der Beschwerdeführer hat keine Einwendungen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am XXXX erhoben.
Die belangte Behörde ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat auch sonst kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, die Zeugenaussagen allenfalls in Zweifel zu ziehen.
2.3. Der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 29.12.2008 auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zu A)
1. Zu Spruchpunkt I.
Mangels verfahrensrechtlicher Sondervorschriften des im gegenständlichen Fall anzuwendenden VOG richtet sich die Entscheidungsfrist der belangten Behörde nach § 73 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991.
Nach dieser Bestimmung sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen (§ 73 Abs. 1 1. Satz AVG auszugsweise).
Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. (§ 8 Abs. 1 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG)
Im vorliegenden Fall traf die belangte Behörde - bezogen auf den nach § 8 Abs. 1 VwGVG maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung einer Säumnisbeschwerde - gemäß § 73 Abs. 1 AVG eine Pflicht zur Entscheidung des am 29.12.2008 gestellten Antrages auf Hilfeleistungen nach dem VOG innerhalb von sechs Monaten.
Diese Frist ist - wie sich aus dem festgestellten Verfahrensgang ergibt - im gegenständlichen Verfahren abgelaufen und die Säumnisbeschwerde daher zulässig.
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob die belangte Behörde ein überwiegendes Verschulden an der objektiv festgestellten Verfahrensverzögerung trifft.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein überwiegendes Verschulden der Behörde etwa dann vor, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (VwGH 18.12.2014, Zl. 2012/07/0087), wenn behördeninterne Besprechungen über Sachverhalte außerhalb des Verfahrensinhaltes abgehalten werden (VwGH 28.05.2014, Zl. 2013/07/0282) oder wenn die Behörde erst nach Verstreichen von mehr als zwei Drittel der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungspflicht erstmals zielführende Verfahrensschritte setzt (VwGH 06.07.2010, Zl. 2009/05/0306).
Der Begriff des behördlichen Verschuldens nach § 73 Abs. 2 AVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs also objektiv zu verstehen (siehe auch VwGH 18.01.2005, Zl. 2004/05/0120). Ein solches Verschulden ist dann anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde. Zur Feststellung, ob ein überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (VwGH 31.01.2005, Zl. 2004/10/0218; 26.09.2011, Zl. 2009/10/0266).
Mit anderen Worten: Die Unmöglichkeit, über den Antrag spätestens sechs Monate nach dessen Einlangen den Bescheid zu erlassen, ist in allen jenen Fällen ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, in denen sie weder durch ein Verschulden der Partei noch durch ein unüberwindliches Hindernis daran gehindert war, die Beweise rasch aufzunehmen und der Partei ohne unnötigen Aufschub Gelegenheit zu geben, das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen (VwGH 12.10.1983, Zl. 82/09/0151).
Zur Frage der "unüberwindlichen Hindernisse" hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Umstand allein, dass es sich um eine komplexe Materie handelt, nicht ausreicht, um vom Vorliegen eines unüberwindlichen Hindernisses auszugehen (VwGH 18.12.2014, Zl. 2012/07/0087); ebenso wenig stellt ein Zuwarten, ob eine Einigung hinsichtlich der Kostentragung unter den in Frage kommenden Kostenträgern - auch bei immer wieder stattfindenden Verhandlungen hierüber - erzielt wird, kein unüberwindliches Hindernis dar (VwGH 21.10.2010, Zl. 2007/10/0096).
Auch die Tatsache, dass Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, ist für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindbaren Hindernisses zu begründen. Es ist Aufgabe der Behörde, mit Sachverständigen und anderen in das Verfahren Involvierten sachlich begründete Termine zu vereinbaren, deren Einhaltung zu überwachen und bei Nichteinhaltung entsprechende Schritte zu setzen (VwGH 21.09.2007, Zl. 2006/05/0145).
Ein unüberwindbares, das Verschulden der Behörde ausschließendes Hindernis für die fristgerechte Erledigung der Sache liegt dann vor, wenn der Behörde trotz zweckentsprechender und zügiger Verfahrensführung eine Entscheidung vor dem Einlangen der Säumnisbeschwerde unmöglich gewesen ist, etwa weil das Verfahren im Einzelfall äußerst komplex ist, Zeugen nicht einvernommen oder sonstige Beweise nicht erhoben werden können oder außerhalb der Einflusssphäre der Behörde gelegene Ereignisse das Verfahren blockieren. Der Eintritt eines unüberwindlichen Hindernisses schließt das überwiegende Verschulden der Behörde nicht aus, wenn bereits zuvor schuldhaft Ermittlungen nicht rechtzeitig eingeleitet wurden, wenn also das unüberwindliche Hindernis unmittelbar vor Beschwerdeerhebung aufgetreten ist, jedoch schon vorher eine auf einem überwiegenden behördlichen Verschulden beruhende Verfahrensverzögerung vorlag (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 137).
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein etwaiges überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist der Zeitabschnitt zwischen dem Tag, an welchem die Entscheidungspflicht der Behörde begründet wurde, und jenem Tag, an dem die Säumnisbeschwerde bei der Behörde eingelangt ist (vgl. VwSlg 10.758 A/1982 und Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 126).
Da der Bescheid der Bundesberufungskommission f.
Sozialentschädigungs- u. Behinderten-angelegenheiten vom 05.06.2013 am 18.06.2013 an der Abgabestelle des Beschwerdeführers persönlich übernommen worden ist, hat die Entscheidungsfrist am 19.06.2013 zu laufen begonnen und ist am 18.12.2013 abgelaufen.
Die Säumnisbeschwerde ist am 07.03.2014 bei der belangten Behörde eingelangt.
Die belangte Behörde hat bis zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde nicht über den Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG des Beschwerdeführers vom 29.12.2008 bescheidmäßig abgesprochen.
Die Behörde hat die Entscheidung verzögert, indem sie innerhalb der Entscheidungsfrist nicht rechtszeitig Sachverständigengutachten basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, sondern lediglich basierend auf der Aktenlage, eingeholt hat.
Die Verzögerung der Entscheidung geht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurück. Der Beschwerdeführer ist sämtlichen Aufträgen zur Mitwirkung unverzüglich nachgekommen und trifft ihn kein Verschulden.
Da die Säumnisbeschwerde zulässig und gerechtfertigt war, hatte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.
Die Gewährung von Hilfeleistungen in Form von Heilfürsorge, orthopädische Versorgung, Rehabilitation und Verdienstentgang ist ohne Bemessung dem Grunde nach erfolgt.
Der Beschwerdeführer wird in der Folge die Angaben zum Begehren der einzelnen Hilfeleistungen zu konkretisieren und zu belegen haben.
2. Zur Entscheidung in der Sache:
Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie
1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben
und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.
(§ 1 Abs. 1 VOG auszugsweise)
Als Hilfeleistungen sind gemäß § 2 VOG u.a. vorgesehen:
1. Ersatz des Verdienstentganges;
2. Heilfürsorge
3. orthopädische Versorgung
4. medizinische Rehabilitation
5. berufliche Rehabilitation
6. soziale Rehabilitation
7. Pflegezulagen, Blindenzulagen;
9. einkommensabhängige Zusatzleistung;
Leistungen nach § 2 Z 1, 7 und 9 dürfen nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen sechs Monaten nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) bzw. nach dem Tod des Beschädigten (§ 1 Abs. 4) gestellt wird. Für die Leistungen nach § 2 Z 2 bis 6 und Z 8 beträgt diese Frist zwei Jahre. Wird ein Antrag erst nach Ablauf der jeweils vorgesehenen Frist gestellt, so sind die Leistungen nach § 2 Z 1 bis 7 und 9 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates zu erbringen. Bei erstmaliger Zuerkennung von Ersatz des Verdienst- und Unterhaltsentganges ist von Amts wegen auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine einkommensabhängige Zusatzleistung zu gewähren ist. Anträge auf Leistungen gemäß §§ 4 Abs. 5 und 6a unterliegen keiner Frist. (§ 10 Abs. 1 VOG idF des BGBl. I Nr. 40/2009)
Im Lichte der Gesetzesmaterialien (GP XIII RV 40 . S. 8) zum VOG 1972, die auf das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG) verweisen, ist es nicht rechtswidrig, wenn sich die Behörde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum KOVG 1957 beruft und davon ausgeht, dass eine ausreichende Wahrscheinlichkeit iSd. § 1 Abs. 1 VOG 1972 erst gegeben ist, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (Hinweis E vom 19. Oktober 2005, 2002/09/0132, zu § 4 Abs. 1 KVOG 1957, demzufolge "Wahrscheinlichkeit" dafür, dass die festgestellte Gesundheitsschädigung auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist, dann gegeben ist, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht). (VwGH vom 21.11.2013, Zl. 2011/11/0205, vom 26.04.2013, Zl. 2012/11/0001)
Demjenigen, der ein schädigendes Ereignis zu verantworten hat, sind alle Nachteile zuzurechnen, für die das Ereignis eine Bedingung war. Es ist gleichgültig, ob die Höhe des Schadens nur durch Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände hervorgerufen wurde, ob eine aller Erfahrung widersprechende Verkettung von Umständen zu völlig untypischen Fortwirkungen geführt hat, oder ob der eingetretene Schaden in einer ganz anderen Richtung liegt als jener, den bestimmte Verhaltensnormen verhindern sollen.
Krankheitserscheinungen, die durch einen Unfall nur deshalb ausgelöst wurden, weil die Anlage zur Krankheit bei dem Verletzten bereits vorhanden war, sind im Sinne der Adäquanz in vollem Umfang Unfallsfolge, sofern die krankhafte Anlage nicht auch ohne die Verletzung in absehbarer Zeit den gleichen gesundheitlichen Schaden herbeigeführt hätte. (OGH vom 28.04.2000, Zl. 1 Ob 81/00v)
Nach dem Urteil JBl 1988, 649 haftet der Schädiger sogar für neurotische Veränderungen (Depressionen, Wesensveränderungen), die beim Verletzten aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur als Folge eines "banalen Unfallerlebnisses" hervorgerufen werden.
Ein adäquater Kausalzusammenhang liegt auch dann vor, wenn eine weitere Ursache für den entstandenen Schaden dazu getreten ist und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge dieses Hinzutreten als wahrscheinlich zu erwarten ist, jedenfalls aber nicht außerhalb der menschlichen Erwartung liegt. Es kommt nur darauf an, ob nach den allgemeinen Kenntnissen und Erfahrungen das Hinzutreten der weiteren Ursache, wenn auch nicht gerade normal, so doch wenigstens nicht gerade außergewöhnlich ist. (RIS- RS0022918)
Das depressive Zustandsbild als Folgeerkrankung des langwierigen somatischen Verlaufes ist auf erhebliche Komplikationen im Heilungsverlaufe zurückzuführen und bewirkt eine psychische Überlagerung der Beschwerden bzw. Defizite des Beschwerdeführers. Es handelt sich dabei nicht um eine ganz außergewöhnliche Verkettung von Umständen.
3. Zu Spruchpunkt II. und III.
Da die Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG am 13.02.2007 begangen worden ist und der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG am 29.12.2008 gestellt worden ist, können Leistungen in Form von Heilfürsorge von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind. Die Leistung von Kostenzuschuss für psychotherapeutische Krankenbehandlung ist nicht an eine Antragsfrist gebunden.
Hilfe nach § 2 Z 2 ist nur für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu leisten. (§ 4 Abs. 1 VOG auszugsweise)
Für Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu entrichtende gesetz- und satzungsmäßige Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren sind nach diesem Bundesgesetz zu übernehmen. (§ 4 Abs. 2 VOG auszugsweise)
Erbringt der Träger der Krankenversicherung auf Grund der Satzung dem Opfer oder dem Hinterbliebenen einen Kostenzuschuß für psychotherapeutische Krankenbehandlung infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1, so sind die Kosten für die vom Träger der Krankenversicherung bewilligte Anzahl der Sitzungen, die das Opfer oder der Hinterbliebene selbst zu tragen hat, bis zur Höhe des dreifachen Betrages des Kostenzuschusses des Trägers der Krankenversicherung zu übernehmen. Sobald feststeht, dass der Träger der Krankenversicherung einen Kostenzuschuss erbringt, kann vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auch eine Direktabrechnung der Kosten mit dem Psychotherapeuten unter Bevorschussung des Kostenzuschusses des Trägers der Krankenversicherung vorgenommen werden, in diesem Fall ist der geleistete Kostenzuschuss vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zu vereinnahmen. Eine Kostenübernahme bis zum angeführten Höchstausmaß erfolgt auch, sofern der Träger der Krankenversicherung Kosten im Rahmen der Wahlarzthilfe erstattet. (§ 4 Abs. 5 VOG)
4. Zu Spruchpunkt IV.
Da die Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG am 13.02.2007 begangen worden ist und der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG am 29.12.2008 gestellt worden ist, können Leistungen in Form von orthopädischer Versorgung von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind.
Hilfe nach § 2 Z 3 ist nur für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu leisten. Opfer, die infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 eine zumutbare Beschäftigung, die den krankenversicherungsrechtlichen Schutz gewährleistet, nicht mehr ausüben können, sowie Hinterbliebene (§ 1 Abs. 4) erhalten orthopädische Versorgung bei jedem Körperschaden. (§ 5 Abs. 1 VOG)
Hilfe nach § 2 Z 3 lit. a bis d ist nach Maßgabe des § 32 Abs. 3 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, zu gewähren. (§ 5 Abs. 2 VOG)
Beschafft sich ein Opfer oder ein Hinterbliebener ein Körperersatzstück, ein orthopädisches oder anderes Hilfsmittel selbst, so sind ihm die Kosten zu ersetzen, die dem Bund erwachsen wären, wenn die orthopädische Versorgung auf Grund dieses Bundesgesetzes durch diesen erfolgt wäre. (§ 5 Abs. 3 VOG)
Die unvermeidlichen Reisekosten (§ 9e), die einem Opfer oder Hinterbliebenen beim Bezuge, der Wiederherstellung oder Erneuerung von Körperersatzstücken, orthopädischen oder anderen Hilfsmitteln erwachsen, sind ihm nach Maßgabe des § 49 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, zu ersetzen. (§ 5 Abs. 4 VOG)
5. Zu Spruchpunkt V.
Da die Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG am 13.02.2007 begangen worden ist und der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG am 29.12.2008 gestellt worden ist, können Leistungen in Form von Rehabilitation von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind.
Hilfe nach § 2 Z 4 bis 6 ist, wenn hiefür nicht durch den zuständigen Träger der Sozialversicherung gesetzliche Vorsorge getroffen wurde, für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 oder dann zu leisten, wenn das Opfer infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 eine zumutbare Beschäftigung, die den krankenversicherungsrechtlichen Schutz gewährleistet, nicht mehr ausüben kann. (§ 5a Abs. 1 VOG)
Die Hilfe nach § 2 Z 4 bis 6 gebührt unter den Voraussetzungen und in dem Umfang, in dem sie einem Versicherten oder Bezieher einer Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 300 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes 1955 gegenüber dem Pensionsversicherungsträger zusteht. § 4 Abs. 2 letzter Satz ist sinngemäß auch dann anzuwenden, wenn die Hilfe vom Träger der Sozialversicherung zu erbringen ist. (§ 5a Abs. 2 VOG)
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen kann die Durchführung der Maßnahmen der Rehabilitation der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter gegen Ersatz der ausgewiesenen tatsächlichen Kosten und eines entsprechenden Anteiles an den Verwaltungskosten übertragen, wenn dies zur rascheren und ökonomischeren Hilfeleistung zweckmäßig ist. (§ 5a Abs. 3 VOG)
Der Bund kann unter Bedachtnahme auf die Zahl der in Betracht kommenden Fälle und auf die Höhe der durchschnittlichen Kosten der in diesen Fällen gewährten medizinischen, beruflichen und sozialen Maßnahmen der Rehabilitation mit der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter die Zahlung jährlicher Pauschbeträge als Kostenersatz vereinbaren. (§ 5a Abs. 4 VOG)
6. Zu Spruchpunkt VI.
Da die Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG am 13.02.2007 begangen worden ist und der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG am 29.12.2008 gestellt worden ist, können Leistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges frühestens ab dem 01.01.2009 erbracht werden.
Wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ist Hilfe nur zu leisten, wenn
1. dieser Zustand voraussichtlich mindestens sechs Monate dauern wird oder
2. durch die Handlung nach Abs. 1 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB, BGBl. Nr. 60/1974) bewirkt wird.
(§ 1 Abs. 3 VOG auszugsweise)
Hat die Tat eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit zur Folge oder ist die Verletzung oder Gesundheitsschädigung an sich schwer, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. (§ 84 Abs. 1 StGB)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Knochenbrüche in aller Regel an sich schwere Verletzungen, es sei denn, es handelt sich um kleinere Knochen von untergeordneter Bedeutung. (OGH vom 19.12.1989, Zl. 11Os127/89)
Die Schienbeinkopftrümmerfraktur ist jedenfalls als an sich schwere Körperverletzung zu qualifizieren und haben die Folgen der Verletzung auch Berufsunfähigkeit nach sich gezogen.
Hilfe nach § 2 Z 1 ist monatlich jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der dem Opfer durch die erlittene Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 3) als Verdienst entgangen ist oder künftighin entgeht. Sie darf jedoch zusammen mit dem Einkommen nach Abs. 2 den Betrag von monatlich 2 068,78 Euro nicht überschreiten. Diese Grenze erhöht sich auf 2 963,23 Euro, sofern der Anspruchsberechtigte seinen Ehegatten überwiegend erhält. Die Grenze erhöht sich weiters um 217,07 Euro für jedes Kind (§ 1 Abs. 5). Diese Beträge sind ab 1. Jänner 2002 und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem für den Bereich des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes festgesetzten Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Die vervielfachten Beträge sind auf Beträge von vollen 10 Cent zu runden; hiebei sind Beträge unter 5 Cent zu vernachlässigen und Beträge von 5 Cent an auf 10 Cent zu ergänzen. Übersteigt die Hilfe nach § 2 Z 1 zusammen mit dem Einkommen nach Abs. 2 die Einkommensgrenze, so ist der Ersatz des Verdienstentganges um den die Einkommensgrenze übersteigenden Betrag zu kürzen. (§ 3 Abs. 1 VOG auszugsweise)
Zum Ersatz des Verdienstentganges gebührt eine einkommensabhängige Zusatzleistung in dem Ausmaß, als die Ersatzleistung und das Einkommen im Sinne des § 292 ASVG die Höhe des jeweiligen dem Familienstand des Antragstellers entsprechenden aktuellen Richtsatzes gemäß § 293 ASVG nicht erreicht, sofern kein Anspruch auf eine Ausgleichszulage besteht. (§ 3a VOG auszugsweise)
Da das zum Zeitpunkt der Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG bestehende Dienstverhältnis aufgrund der verbrechenskausalen Folgen geendet hat sowie die erlittenen Verletzungen und deren Folgen eine schwere Körperverletzung darstellen und Hauptursache für die Berufsunfähigkeit sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
7. Zu Spruchpunkt VII.
Da die Handlung gemäß § 1 Abs. 1 VOG am 13.02.2007 begangen worden ist und der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG am 29.12.2008 gestellt worden ist, können Leistungen in Form von Pflegezulage frühestens ab dem 01.01.2009 erbracht werden.
Ist ein Opfer infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 so hilflos, dass es für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf, so ist ihm nach Maßgabe des § 18 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 eine Pflegezulage zu gewähren. Hiebei ist eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 einer Dienstbeschädigung im Sinne des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 gleichzuhalten. (§ 6 VOG auszugsweise)
Zur Beschädigtenrente wird eine Pflegezulage gewährt, wenn der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung so hilflos ist, daß er für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf. (§ 18 Abs. 1 KOVG 1957)
Die Höhe der Pflegezulage ist nach der Schwere des Leidenszustandes und nach dem für die Pflege und Wartung erforderlichen Aufwand abgestuft. Die Gewährung der Pflegezulagen der Stufen II bis V setzt voraus, daß die Dienstbeschädigung außergewöhnliche Pflege und Wartung erfordert; verursacht die Dienstbeschädigung dauerndes Krankenlager, ist die Pflegezulage zumindest in der Höhe der Stufe III zu leisten. Die Pflegezulage der Stufe V gebührt, wenn der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung an zwei Gebrechen leidet, von denen jedes für sich Hilflosigkeit verursacht, oder wenn das die Hilflosigkeit verursachende Gebrechen für sich allein oder zusammen mit einem anderen auf eine Dienstbeschädigung zurückzuführenden Gebrechen einen derart schweren Gesamtleidenszustand darstellt, daß Pflege und Wartung in besonders erhöhtem Ausmaß erforderlich ist. (§ 18 Abs. 2 KOVG 1957)
Die nachstehend angeführten Verluste und Teilverluste von Gliedmaßen sind wie folgt eingestuft:
Stufe | ||
1. | Verlust von drei Gliedmaßen, darunter Exartikulation beider Oberarme | V |
2. | Verlust beider unterer Gliedmaßen und eines Armes oder einer Hand | IV |
3. | Exartikulation beider Oberarme | IV |
4. | Verlust beider Oberarme oder beider Unterarme oder beider Hände | III |
5. | Exartikulation beider Oberschenkel | III |
6. | Verlust beider Oberschenkel | II |
7. | Verlust eines Oberarmes und eines Oberschenkels | II |
8. | Verlust beider Unterschenkel | I |
9. | Verlust eines Unterschenkels und eines Oberschenkels | I |
10. | Verlust eines Oberarmes und eines Unterschenkels | I |
11. | Verlust eines Unterarmes (einer Hand) und eines Oberschenkels | I |
12. | Verlust eines Unterarmes (einer Hand) und eines Unterschenkels | I |
Für andere Schädigungen an Gliedmaßen, die den vorangeführten Verlusten und Teilverlusten in funktioneller Hinsicht gleichzuhalten sind, gebührt die Pflegezulage in gleicher Höhe. Einer Exartikulation ist eine Versteifung des Oberarm- oder Oberschenkelstumpfes oder ein extremer Kurzstumpf des Oberarmes oder Oberschenkels gleichzuhalten. (§ 18 Abs. 3 KOVG 1957)
Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach sind die Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegezulage dann erfüllt, wenn der Grad der Hilflosigkeit ein Maß an Hilfeleistungen durch andere Personen erforderlich macht, das als "Pflege und Wartung" zu qualifizieren ist. Hiebei ist davon auszugehen, dass der Beschädigte infolge der durch die Dienstbeschädigung verursachten Gebrechen (Versehrtheit) unfähig ist, bestimmte, unmittelbar auf seinen Körper bezogene Funktionen selbständig auszuüben und deshalb hiezu der Hilfe einer anderen Person bedarf (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29.10.1973, Zl. 690/73, VwSlg. Nr. 8.490/A).
Unter dem Begriff der "Wartung" sind alle jene Handreichungen und Verrichtungen dritter Personen zu verstehen, die unbedingt erforderlich sind, um den Betreffenden vor dem sonst in absehbarer Zeit drohenden Untergang oder dem Verkommen zu bewahren. Hiezu gehören alle Verrichtungen, die unmittelbar - auf den Körper bezogen - die Person betreffen und nicht unterbleiben dürfen, soll nicht seine Existenz unmittelbar bedroht sein, also etwa die Hilfeleistungen beim An- und Auskleiden, bei der Körperreinigung und -pflege (Waschen und Baden des ganzen Körpers und nicht nur einzelner Körperteile), beim Essen (Füttern), bei der Verrichtung der Notdurft, aber auch bei der Zubereitung des Essens.
Demgegenüber stellt sich der Begriff der Hilfe als der weitere dar. Es sind dies alle Verrichtungen, die mehr den sachlichen Lebensbereich betreffen, wie etwa die Besorgung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Heizmaterial, die gründliche Reinigung der Wohnung, das Waschen der Leib- und Bettwäsche und ähnliches.
Voraussetzung für die Pflegezulage gemäß § 18 KOVG 1957 ist, dass Hilflosigkeit vorliegt und diese "infolge" der Dienstbeschädigung eingetreten ist. Die Hilflosigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 KOVG 1957 muss aber nicht ausschließlich auf die Dienstbeschädigung zurückgehen, sondern diese muss für die Annahme der Hilflosigkeit nur eine "wesentliche Bedingung" sein. Es sind daher kausale und akausale Leidenszustände zu berücksichtigen und zu prüfen, ob die Dienstbeschädigung eine wesentliche, d. h. eine nach Bedeutung der Tragweite zumindest annähernd gleichwertige Bedingung der Hilflosigkeit bewirkt.
Bei der Prüfung, ob Handreichungen von nahen Angehörigen auf Grund des sittlichen Familienbandes erwartet und ihnen zugemutet werden können, kommt es nicht darauf an, ob diese Handreichungen von Angehörigen tatsächlich erbracht werden; es handelt sich bloß darum, daß diese Handreichungen dadurch im allgemeinen charakterisiert sind. (VwGH vom 18.01.1990, Zl. 89/09/0121, mit Hinweis auf E vom 7.3.1958, Zl. 0633/55, VwSlg. 4598 A/1958)
Als außergewöhnliche Pflege und Wartung im Sinne des § 18 Abs. 2 zweiter Satz KOVG 1957 kann jedenfalls jede mehrmals täglich benötigte Betreuungsleistung angesehen werden, die eine Anwesenheit rund um die Uhr sowie Tätigkeiten erfordert, die den Intimbereich betreffen und damit entweder nur fachlich entsprechend qualifiziertem Personal oder anderen Personen gegen erhöhte Kosten (Überwindungsabgeltung) übertragen werden können. (VwGH 28.07.2000, 99/09/0032)
Die Einreihung in die Stufe III der Pflegzulage ist unabhängig davon, ob dauerndes Krankenlager vorliegt oder die in § 18 Abs. 3 Z 4 und 5 KOVG genannten Merkmale gegeben sind, jedenfalls auch dann als gerechtfertigt anzunehmen, wenn der Gesamtleidenszustand des Beschädigten ein dieser Stufe entsprechendes erhöhtes Ausmaß an außergewöhnlicher Wartung und Pflege erfordert. Da das Gesetz keinen generell-abstrakten Maßstab für die Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Pflegezulage der Stufe III enthält, ist daher im Einzelfall jeweils zu prüfen, ob durch den Gesamtleidenszustand des Anspruchswerbers ein Aufwand an außergewöhnlicher Pflege und Wartung verursacht wird, der durch die Pflegezulage nach Stufe II nicht mehr abgegolten erscheint. Da der Hilflosigkeitsgrad den Pflegeaufwand bestimmt, soll durch die Pflegezulage der hilflose Anspruchswerber in die Lage versetzt werden, die Mehrkosten, die ihm durch die ständige Inanspruchnahme von Pflege und Wartung erwachsen, zumindest teilweise abzudecken. (VwGH vom 01.09.1988, Zl. 86/09/0078)
Aufgabe der Sachverständigen im Verfahren betreffend Pflegezulage ist die Beurteilung, ob und zu welchen Verrichtungen der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung der Hilfe einer anderen Person bedarf und welche dieser Verrichtungen lebenswichtig sind. Nach abgeschlossener Sachverhaltsfeststellung fällt die Schlussfassung darüber, ob der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung so hilflos ist, dass er für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf, in das Gebiet der der Verwaltungsbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht obliegenden rechtlichen Beurteilung. (VwGH vom 23.01.1976, Zl. 0800/75)
Ab Februar 2010 konnte ein Betreuungsaufwand im Ausmaß außergewöhnlicher Pflege und Wartung objektiviert werden, welcher die Zuerkennung der Pflegezulage in der Höhe der Stufe II rechtfertigt.
Bis Februar 2010 konnte ein Betreuungsaufwand für Pflege und Wartung objektiviert werden, welcher die Zuerkennung der Pflegezulage in der Höhe der Stufe I rechtfertigt.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass beim Beschwerdeführer ein Hilflosigkeitsgrad vorliegt, welcher die Zuerkennung der Pflegezulage in Höhe der Stufe III rechtfertigt. Beim Beschwerdeführer besteht insbesondere eine relevante Restmobilität.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Maßgebend sind die Art, die Schwere des Leidenszustandes und die Kausalität der festgestellten Gesundheitsschädigungen sowie der diesbezüglich erforderliche Aufwand für Pflege und Wartung. Die Entscheidung hängt sohin einerseits von Tatsachenfragen ab. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine klare Rechtslage stützen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.
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