BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W117.2130543.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx und RA Dr. Lennart Binder LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 21.07.2016, Zahl: 760188310 - 161013075, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 21.07.2016 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF sowie § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 3 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF sowie § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 3 FPG idgF wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.
V. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Im gegenständlichen Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 18.05.2016 zur möglichen Schubhaftanordnung einvernommen und nahm die Einvernahme entscheidungswesentlich folgenden Verlauf:
"F: Verstehen Sie den Dolmetsch gut oder haben Sie Einwände?
A: Ja, ich verstehe die Dolmetscher gut.
F: Sind Sie gesund und können Sie dieser Einvernahme folgen?
A: Ich fühle mich heute schwach, aber ich kann der Einvernahme folgen.
Es wird mir vorgehalten, dass ich am 19.07.2016 von Beamten des SPK 8 aufgrund des Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG zur Abschiebung nach Nigeria am 20.07.2016 festgenommen wurde. Mir wurde das Infoblatt über die bevorstehende Abschiebung ausgefolgt, jedoch verweigerte ich die Unterschrift. Ich habe auch verweigert, meine persönlichen Gegenstände einzupacken. Anschließend wurde ich in das PAZ Roßauer Lände überstellt.
Am 20.07.2016 wurde ich zum Flughafen Wien-Schwechat gebracht und zum Terminal angeliefert. Bei der Übernahme im Bereich der Sicherheitskontrolle wurde von mir bereits lautstark, in englischer Sprache, über Schmerzen im Bauchbereich geklagt. Bei der versuchten Sicherheitskontrolle wurde ich immer lauter und aggressiver gegenüber den Beamten. Ich wurde dann gefragt, ob ich nun freiwillig fliegen werde, dies wurde von mir durch ein "I don't fly" verneint. Um 14:00 Uhr wurde die Abschiebung abgebrochen und ich ins PAZ rücküberstellt.
F: Was sagen Sie dazu?
A: Ich hatte im November eine OP und das habe ich den Polizisten auch gesagt. Sie haben gesagt ich muss nach Nigeria fliegen. Ich war nicht aggressiv, ich habe sie nur gebeten, mich nicht nach Nigeria abzuschieben. In Nigeria ist es nicht sicher für mich. Ich habe Blut im Magen und ich weiß nicht, ob ich in Nigeria überleben werde.
F: Warum glauben Sie dort nicht zu überleben?
A: Ich habe im November dieses Jahres bei einem Arzt eine Kontrolle zur Überprüfung.
F: Warum glauben Sie in Nigeria nicht zu überleben?
A: Ich habe in Nigeria keine Versicherung.
F: Warum wurden Sie im November operiert?
A: Ich hatte jeden Tag zu viel Blut im Bauch. Ich hatte auch unten viel Blut verloren. Der Bauch ist ständig gewachsen.
F: Sind Ihre Schmerzen von gestern schon vorüber?
A: Nein, ich spüre noch immer die Schmerzen, auch im Rücken und in der Brust.
F: Waren Sie schon beim Arzt im PAZ?
A: Am 19.07.2016 war ich beim Arzt. Ich habe nämlich stark gehustet und hat er gesagt, ich habe ein Problem mit den Lungen.
F: Hat der Arzt Ihnen ein Medikament gegeben?
A: Ja, ein Schmerzmittel hat er mir gegeben.
F: Warum haben Sie bei der Festnahme Ihre persönlichen Gegenstände nicht mitgenommen?
A: Ich habe nicht verstanden, was die Polizisten von mir wollen. Ich habe sie immer wieder gefragt, aber sie haben mir nichts gesagt.
Es wird mir mitgeteilt, dass ich am 23.06.2015 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8 EMRK gestellt habe. Es ist nun beabsichtigt, diesen Antrag abzuweisen und wurde bereits gestern meinem rechtsfreundlichen Vertreter eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zugesandt. Diese Verständigung wird mir im Anschluss an diese Niederschrift in Kopie ausgehändigt.
F: Was sagen Sie dazu?
A: Ich brauche Bitte Hilfe, ich muss mich behandeln lassen. Bitte helfen Sie mir. Kann ich mich dagegen berufen.
Es wird mir mitgeteilt, dass ich über meinen rechtsfreundlichen Vertreter eine Stellungnahme einbringen kann.
Weiters wird mir mitgeteilt, dass nun neuerlich ein Flug mit Begleitung nach Nigeria von ha. gebucht wird, da sonst die Gefahr besteht, dass ich wieder eine Abschiebung verweigere.
Ich gebe nun an, dass ich eine Krankheit habe und bitte lassen Sie zu, dass ich behandelt werde.
F: Welche Krankheit haben Sie?
A: Ich habe den Polizisten meine ganzen Unterlagen gegeben.
F: Meinen Sie die Unterlagen, welche Sie dem Antrag beigelegt haben, worauf steht, dass Sie eine starke Menstruation sowie Schmerzen haben?
A: Ja, das ist diese Bestätigung, die habe ich auch den Polizisten gegeben.
F: Haben Sie die Probleme mit der Lunge, am 19.07.2016 zum ersten Mal gehabt, oder liegen da auch bereits Befunde vor?
A: Ich war im Mai 2016 beim Arzt wo ich wohne. Der Arzt hat festgestellt, dass ich krank bin.
F: Warum haben Sie bis jetzt der ha. Behörde nichts vorgelegt?
A: Ich habe es meinem Anwalt gegeben.
Es wird mir mitgeteilt, dass ich nun neuerlich vom Amtsarzt im PAZ untersucht werde, dieser soll meine Haft- und Abschiebefähigkeit prüfen.
Ich gebe dazu an, dass ich zuerst möchte, dass ich die Befunde von den Polizisten bekomme, damit ich sie dem Amtsarzt zeigen kann.
Es wird mir mitgeteilt, dass mein rechtsfreundlicher Vertreter die Befunde beibringen kann, und ich sobald als möglich vom Amtsarzt untersucht werde.
Weiters wird mir mitgeteilt, dass gegen mich zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG verhängt wird. Es besteht bei mir die Gefahr, dass ich untertauchen werde, da ich die Abschiebung nach Nigeria verweigerte und auch angab, dass ich nicht nach Nigeria zurück möchte.
F: Was sagen Sie dazu?
A: Ich werde nicht weg laufen und untertauchen.
Es wird mir mitgeteilt, dass mir kein Glaube geschenkt wird, da ich mich bereits zwei Mal dem Verfahren entzogen habe und untergetaucht bin. Es besteht somit die Gefahr, dass ich unbekannten Aufenthaltes bin, wenn ich aus der Haft entlassen werde.
Ich gebe dazu an, als die Polizisten gekommen sind, hat mich mein Chef angerufen und ich bin sofort nach Hause gegangen.
Es wird mir mitgeteilt, dass in der Meldung vom SPK 8 vom 19.07.2016 steht, dass ich von den Beamten an der Wohnadresse angetroffen wurde.
Ich gebe dazu an, dass ich bei der Zustellung des Ladungsbescheides und bei der Vollziehung des Festnahmeauftrages angetroffen wurde. Glauben Sie wirklich, dass ich mit meinem Bauchproblem fliehen würde.
F: Warum haben Sie die Abschiebung verweigert?
A: Wegen der ganzen Schmerzen und dem Blut.
F: Ist das ein Zimmer oder eine Wohnung in der [...], wo Sie wohnen?
A: Das ist eine 4-Zimmer Wohnung, und in jedem Zimmer wohnt jemand.
F: Haben Sie zu dieser Wohnung einen Schlüssel?
A: Ja, ich hatte einen Schlüssel, habe diesen bei der Verhaftung meinem Chef gegeben.
F: Zu wem sagen Sie immer Chef?
A: Das ist der Betreuer des Hauses.
F: Möchten Sie noch Ihre Effekten von der [...] einholen?
A: Heißt das, dass Sie mich immer noch nach Nigeria abschieben möchten.
Es wird mir mitgeteilt, dass ich mit Begleitung nach Nigeria abgeschoben werde.
F: Wollen Sie die Effekten von der [...] einholen?
A: Ja, möchte ich haben.
F: Wie kommen Sie jetzt in die Wohnung, da Sie ja den Schlüssel zurückgegeben haben?
A: Wenn ich zum Haus komme, kann mir der Chef wieder den Schlüssel geben.
F: Ist der Chef immer im Haus?
A: Ja, er ist immer da.
Es wird mir mitgeteilt, dass eine Ausführung in die [...] veranlasst wird.
Ich gebe dazu an, dass das ok ist.
Es wird mir mitgeteilt, dass ich nach der Ausführung weiterhin in Schubhaft verbleibe.
F: Wie viel Barmittel verfügen Sie derzeit?
A: Gestern hat mich jemand besucht und mir € 200,-- gegeben. Insgesamt habe ich derzeit € 320,--, welches sich derzeit auch im PAZ befindet.
F: Wer hat Sie gestern besucht?
A: Eine Organisation namens Herzwerk war bei mir.
F: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?
A: Nein, habe ich nicht.
F: Haben Sie private Bindungen in Österreich bzw. gehören Sie einem Verein oder Organisation an?
A: Ja, ich bin bei Herzwerk.
F: Haben Sie Familienangehörige in Nigeria?
A: Ja, meinen Vater, 5 Schwestern, 4 Brüder und einen Sohn. Meine Mutter ist bereits verstorben.
F: Woher wissen Sie das, wenn Sie keinen Kontakt haben? (Niederschrift vom 21.05.2015)
A: Natürlich habe ich keinen Kontakt, wenn sie tot ist.
F: Haben Sie Kontakt zu Ihren anderen Familienmitgliedern?
A: Nein, seit 2010 nicht.
F: [...], geb. [...] haben Sie in Ihrem Antrag gem. § 55 AsylG vom 23.06.2015 angegeben. Ist das Ihr Sohn, welcher in Nigeria lebt?
A: Ja, das ist mein Sohn, welcher in Nigeria lebt.
F: Wer hat die Obsorge über Ihren Sohn in Nigeria?
A: Mein Vater hat die Obsorge, seit ich Nigeria verlassen habe.
F: Wie ist Ihr Familienstand?
A: Ich bin ledig.
F: Sind Sie noch für ein anderes Kind sorgepflichtig?
A: Nein, nur für diesen Sohn, welcher in Nigeria lebt.
Es wird mir mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständigt werden wird, da aufgrund des Sachverhaltes ein Schubbescheid zu erlassen ist.
Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.
Der Schubbescheid wird mir persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.
Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG haben Sie das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, sofern Sie nach diesem Bundesgebiet festgenommen wurden, unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten werden oder wurden oder wenn gegen Sie die Schubhaft gemäß dem 8.Hauptstück des FPG angeordnet wurde. Die Beschwerde kann auch bei der in der Kopfstampiglie bezeichneten Behörde eingebracht werden.
Gemäß § 82 FPG haben Sie das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.
F: Was wollen Sie dazu sagen?
A: Nichts.
Weiters wird mir im Anschluss an diese Niederschrift die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme ausgehändigt und bestätige ich dies mit der Unterschrift der Niederschrift vom heutigen Tage.
F: Haben Sie alles verstanden bzw. noch etwas zu sagen?
A: Nein, ich habe keine Fragen mehr und alles verstanden.
Im Anschluss an diese Niederschrift werde ich dem PAZ rückgestellt und verbleibe ich bis zu meiner Abschiebung mit Begleitung im Stande der Schubhaft."
Mit dem (oben) im Spruch angeführten, gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien, wurde über die Beschwerdeführerin die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung (nach Nigeria) angeordnet.
Begründend führte die Verwaltungsbehörde unter anderem aus (Hervorhebungen laut Original):
"Verfahrensgang:
- Laut Aktenlage sind Sie am 13.02.2006 illegal nach Österreich eingereist. Sie stellten am gleichen Tag beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde am 28.02.2008 gemäß §§ 3 und 8 AsylG in 2. Instanz rechtskräftig negativ beschieden. Gleichzeitig wurde gegen Sie eine durchsetzbare Ausweisung erlassen.
- Ihnen wurde anschließend die aufschiebende Wirkung vom VwGH zuerkannt und mit 02.06.2010 die Beschwerde abgewiesen.
- Sie waren von 2010 bis 2015 unbekannten Aufenthaltes und für die ha. Behörde nicht greifbar. Erstmalig wurden Sie am 21.05.2015 von ha. niederschriftlich einvernommen. Da Sie nicht im Besitz eines Reisedokumentes waren, wurde von ha. bei Ihrer Vertretungsbehörde um ein Heimreisezertifikat angesucht.
- Am 23.06.2015 stellten Sie bei ha. Behörde einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK. Am 09.07.2015 wurde vom Beamten des SPK 21 versucht Ihnen einen Ladungsbescheid für 10.07.2015 zuzustellen, jedoch konnten Sie an Ihrer damaligen Wohnadresse nicht angetroffen werden. Es wurde somit die amtliche Abmeldung veranlasst. Gleichzeitig wurde dieser Ladungsbescheid an Ihren rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt. Dieser hat jedoch mitgeteilt, dass es sich nicht ausgegangen ist, da er diesen erst mit 10.07.2015 erhalten hat.
- Ihr rechtsfreundlicher Vertreter wurde ersucht der ha. Behörde mitzuteilen, wo Sie sich derzeit aufhalten würden und wurde am 09.09.2015 ein Meldezettel Ihrer jetzigen Adresse vorgelegt.
- Bei einem Erhebungsersuchen des zuständigen SPK wurden Sie mehrmals nicht angetroffen. Das [...] teilte am 17.11.2015 mit, dass Sie an Ihrer jetzigen Adresse aufrecht gemeldet sind.
- Am 18.04.2016 brachte Sie über Ihren rechtsfreundlichen Vertreter eine Stellungnahme betreffend des beantragten Antrages gem. § 55 AsylG vom 23.06.2015 ha. ein.
- Am 17.06.2016 wurden Sie zur nigerianischen Delegation vorgeladen und wurde Ihre Identität bestätigt. Am 20.06.2016 wurde ein Heimreisezertifikat von Ihrer Vertretungsbehörde ausgestellt.
- Am 19.07.2016 wurden Sie von Beamten des SPK 8 aufgrund des Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG zur Abschiebung nach Nigeria am 20.07.2016 festgenommen. Anschließend wurden Sie in das PAZ Roßauer Lände überstellt.
- Am 20.07.2016 wurden Sie zum Flughafen Wien-Schwechat gebracht und zum Terminal angeliefert. Sie haben die Abschiebung verweigert und wurde diese um 14:00 Uhr abgebrochen. Danach wurden Sie in das PAZ rücküberstellt.
"[...]
Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Zu Ihrer Person:
Sie sind nigerianischer Staatsbürger, dies wurde durch die Ausstellung eines Heimreisezertifikat von Ihrer Vertretungsbehörde bestätigt. Die Identität steht somit fest. Sie sind ledig und für niemanden Sorgepflichtig. Sie haben zwar ein Kind, welches jedoch in Nigeria bei Ihrem Vater lebt. Sie haben bereits seit 2010 keinen Kontakt mehr.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Sie sind trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Ausweisung nach dem Asylgesetz im Bundesgebiet verblieben. Sie waren jedoch von 2010 bis 2015 unbekannten Aufenthaltes und somit für die ha. Behörde nicht greifbar. Sie sind zwar in Österreich seit 2015 aufrecht gemeldet, jedoch konnten Sie bereits mehrmals an Ihrer Adresse bei Zustellung von Beamten des SPK nicht angetroffen werden. Weiters haben Sie sich geweigert freiwillig ins Flugzeug einzusteigen und wurde somit die Abschiebung am 20.07.2016 abgebrochen. Da Sie sich lautstark mit Worten und aggressiven Verhalten dagegen wehrten einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen. Sie geben zwar an Barmittel in der Höhe von € 320,-- zu haben, jedoch wurden Ihnen erst gestern €
200,-- von der Organisation Herzwerg gebracht.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
- Sie sind nach Österreich illegal eingereist.
- Ihre wahre Identität ist der ha. Behörde erst bekannt, seit Sie bei der nigerianischen Delegation vorstellig und ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde.
- Sie sind nicht bereit Österreich freiwillig zu verlassen.
- Sie verfügen zwar über € 320,--, jedoch reichen diese Barmittel nicht für eine selbständige Auseise aus.
- Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.
- Sie haben zwar derzeit einen aufrechten Wohnsitz, jedoch waren Sie die letztens Jahre die meiste Zeit unangemeldet an einer Adresse wohnhaft und somit für die Behörde nicht greifbar. Sie haben somit oftmalig gegen das Meldegesetz verstoßen.
- Sie sind in keinster Weise integriert, da sie keinerlei private Bindungen zu Österreich haben. Ihre gesamte Familie, zu welcher Sie keinerlei Kontakt haben, lebt in Nigeria. Sie geben an, dass Sie der Organisation Herzwerk angehören.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.
Zu Österreich bestehen keine familiären Bindungen. Sie sind in Österreich zwar aufrecht gemeldet, jedoch waren Sie bereits oftmalig für die ha. Behörde nicht greifbar. Sie haben sich auch einer Abschiebung nach Nigeria widersetzt.
[...]
Rechtliche Beurteilung
[...]
Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. Durchführbarkeit in Asylverfahren oder um die Abschiebung zu sichern. Für die Anordnung der Schubhaft muss Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen.
[...]
In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.
1. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
[...]
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Punkt 1 und 9 in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Es wurde von ha. Versucht Sie am 20.07.2016 nach Nigeria abzuschieben. Sie wurde zum Flughafen gebracht, haben jedoch bereits die Sicherheitskontrolle verweigert. Sie wurden vor Abschiebung und am heutigen Tage gefragt, ob Sie freiwillig fliegen würden. Sie gaben beide Male an, dass Sie nicht freiwillig einsteigen. Sie wurden am Flughafen lautstark und aggressiv. Sie wehrten sich bereits bei der Kontrolle. Die Abschiebung wurde somit abgebrochen und wurden Sie in das PAZ Roßauer Lände rücküberstellt.
Sie selbst waren nicht bereit, sich bis dato um ein Reisedokument zu bemühen. Sie haben nicht mal nach Stellung eines humanitären Antrages ein Reisedokument bzw. irgendwelche anderen Personaldokumente vorgelegt.
Sie leben in einem [...], wobei Sie sich die Wohnung mit drei weiteren Personen teilen. Sie haben diesen Schlüssel mit Ihrer Verhaftung dem Betreuer zurückgegeben. Sie haben bei der Festnahme die Mitnahme Ihrer Effekten verweigert. Sie sind laut Aktenlage seit 2015 dort aufrecht gemeldet, jedoch konnten Sie mehrmals an dieser Adresse nicht angetroffen werden. Sie haben keine familiären Bindungen zu Österreich.
Sie gehören einer Organisation namens Herzwerk seit 2015 an, welche Sie auch derzeit finanziell unterstützt.
Es besteht somit die Gefahr, dass Sie sich dem Verfahren wieder entziehen, da dies bereits oftmalig der Fall war.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Sie waren bis zur Ausstellung eines Heimreiserzertifikates am 20.06.2016 nicht im Besitz eines Reisedokumentes bzw. irgendwelcher anderen Personaldokumente. Sie sind zwar derzeit an einer Adresse aufrecht gemeldet und wurde dort auch der Festnahmeauftrag zur Sicherung der Abschiebung vollzogen, jedoch haben Sie sich bereits mehrmals seit dem Jahr 2010 dem Verfahren bei ha. Behörde entzogen und waren unbekannten Aufenthaltes. Weiters haben Sie sich geweigert, freiwillig in das Flugzeug bei der Abschiebung einzusteigen. Es besteht somit die Gefahr, dass Sie bei Entlassung aus der Haft untertauchen und für die ha. Behörde nicht greifbar sind.
[...]
Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Sie sind zwar aufrecht an einer Adresse gemeldet. Sie wohnen in dieser Wohnung welcher durch dem Verein Kolping zur Verfügung gestellt wird, mit weiteren 3 Mitbewohnen. Sie haben bei Ihrer Festnahme den Schlüssel dem Betreuer zurückgegeben. Sie haben sich auch geweigert freiwillig ins Flugzeug einzusteigen. Sie zeigten bereits bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen mit lautstarken und aggressiven Verhalten Ihre Weigerung vor. Die Abschiebung musste somit abgebrochen werden und wurde Sie in das PAZ Roßauer Lände rücküberstellt. Sie haben somit eine Abschiebung nach Nigeria behindert.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Derzeit ist der ha. Behörde keine Haftunfähigkeit bekannt.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.
Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung der BF in Schubhaft seit 21.07.2016 erhob die Beschwerdeführerin durch Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 22.07.2016, eingebracht per Telefax am 22.07.2016, 01:28 Uhr, binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.
Begründend führte die BF unter anderem aus (Hervorhebungen im Original):
"Sachverhalt:
Bereits in der Beschwerde gegen die Festnahme und geplante Abschiebung hieß es wie nachfolgend wiedergegeben:
Die BF stammt aus Nigeria, sie ist als Asylwerberin nach Österreich gekommen. Dieser wurde nach vielen Jahren des Aufenthalts in Österreich abgelehnt.
Die BF ist unbescholten, hat sich sehr gut integriert, negative Faktoren liegen insgesamt nicht vor.
Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen hat sie am 23.06.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gern § 55 AsylG gestellt.
Dieser wurde von der zuständigen Behörde, dem BFA RD Wien, bis jetzt nicht bearbeitet. Am 01.07.2016 wurde eine Säumnisbeschwerde eingebracht, auch daraufhin hat die Behörde den Antrag nicht weiter bearbeitet.
In der Antragsbegründung zum Antrag gern § 55 AsylG hieß es auszugsweise:
Die ASt befindet sich seit 2006 durchgehend in Österreich und ist unbescholten. Sie hat die erforderlichen Deutschkenntnisse. Das A2-Deutschzertifikat wurde bereits vorgelegt.
Nun werden noch weitere Dokumente zur Integration vorgelegt:
Bestätigung Verein Herzwerk, vom 03.03.2016, Education for Integration, Training für afrikanische Frauen
Bestätigung Verein Herzwerk, Education for Integration, Teilnahme an den Seminaren 2. Weltkrieg, und drei Einheiten Self-Empowerment-Training
Bestätigung Verein Eierzwerk Education for Integration> Teilnahme an den Seminaren Train your Children, Schwangerschaft, Aktion Lehen, Cultural Missundestandings
Vereinbarung, Haus Neumargareten, Wohn- und Pflegeheim, ehrenamtliche Mitarbeit.
Bestätigung, über das Mitwirken am Besuchsdienst, Haus Neumargareten, Wohn- und Pflegeheim
Der Zeitplan der ASt ist mit positiven Dingen ausgefüllt Neben der ehrenamtlichen Betätigung und den Besuch von Seminaren macht sie aktuell auch einen Deutschkurs, um die Sprachkenntnisse weiter zu verbessern.
Bei einem mehr als 10 Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich und damit von der Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung ausgegangen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden derartige Ausweisungen ausnahmsweise auch nach so langen Inlandsaufenthalten noch für verhältnismäßig angesehen.
(VwGH Erkenntnis vom 02.10.2012, 2012/21/0044,
10.12.2013, 2012/22/0151-5.)
Da die ASt seit 10 Jahren in Österreich ist und die Zeit für die Integration sehr gut genützt hat, wird ersucht, den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rasch positiv zu erledigen.
In dieser Säumnisbeschwerde vom 01.07.2016 heißt es auszugsweise:
Der BF hat am 23.06.2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gern § 55 AsylG gestellt, dieser wurde aber unzulässig lange nicht bearbeitet.
Die BF hat mitgewirkt, eine Stellungnahme abgegeben, Dokumente zur Integration vorgelegt usw.
Die BF ist bereits seit dem Jahr 2006 in Österreich Negative Faktoren liegen nicht vor Es gibt keinen Hinweis auf eine besondere Schwierigkeit in der Bearbeitung.
Zuletzt hat die zuständige Referentin einen Ladungsbescheid für den 17.06.2016 erlassen, mit der sinngemäßen Begründung, die BF sei "Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen" Es handelte sich um einen Termin zur Vorführung bei der Delegation der Nigerianischen Botschaft
Die belBeh ist also nicht gänzlich untätig; sie behauptet eine Ausreiseverpflichtung und trägt der BF auf die Nigerianische Botschaftsdelegation aufzusuchen; willkürlich wird der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aber seit über einem Jahr (!) nicht bearbeitet
Die ständige Judikatur wird von der Referentin der belBeh offenbar ignoriert. fVwGH Erkenntnis vom 02.10.2012. 2012/21/0044, 10.12.2013, 2012/22/0151-5.)
Bei dem Termin am 17.06.2016 behaupteten zwei Behördenvertreter gegenüber den Delegationsmitgliedern der Nigerianischen Botschaft, die (oben hervorgehoben angeführte) Judikatur des VwGH, dass nach der bei einem 10-jährigen Aufenthalt in der Regel die persönlichen Interessen am Aufenthalt des Fremden überwiegen, wären im Falle der BF nicht gültig.
Weiters sagten zwei Behördenvertreter, die BF müsste in Nigeria abwarten, ob ihr Antrag positiv erledigt wird, und sie würde dann in Nigeria verständigt.
Die mit der Bearbeitung betraute Referentin [...] war nicht bereit, bei diesem Termin mit der Nigerianischen Botschaft am 17.06,2016 zu erscheinen.
Die BF wurde am 19.07.2016 im Büro der Leitung des Flüchtlingsheims festgenommen.
Sie hat keine Mitteilung einer geplanten Abschiebung mit ihrer Unterschrift bestätigt und wurde dazu nie aufgefordert. Dieses Schreiben, die vermutliche "Mitteilung" zur Abschiebung der BF am 20.07.2016, hat die BF nicht in Händen.
Die BF leidet an verschiedenen aktenkundigen Krankheiten. Die Anhaltung im PAZ und der Stress der bevorstehenden Abschiebung leistet dem Bluthochdruck Vorschub.
Es bestehen Erkrankungen die ein regelmäßige medizinische Betreuung und Kontrolle in Österreich notwendig machen.
Aktuell kann zur nunmehr gegenständlichen Schubhaftbeschwerde ergänzt werden:
Die belBeh hat am 20.07.2016 tatsächlich den rechtswidrigen Versuch unternommen, die BF abzuschieben.
Relevant ist auch, dass gegen die Beschwerdeführerin keine aktuelle Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Die Ausweisungsentscheidung des damaligen Unabhängigen Bundesasylsenates stammt vom Februar 2008. Auch der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK wurde weiterhin nicht bearbeitet und nicht beantwortet. Zu sämtlicher bisher geäußerter Kritik schweigt die belBeh.
II.
Beschwerdegründe:
II.a.
Die BF ist seit 10 Jahren in Österreich. Eine Abschiebung ist daher nicht mehr zulässig. Es
gibt somit auch keinen Grund für die Festnahme und Anhaltung.
Bei einem mehr als 10 Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich und damit von der Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung ausgegangen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden derartige Ausweisungen ausnahmsweise auch nach so langen Inlandsaufenthalten noch für verhältnismäßig angesehen(
(VwGHErkenntnis vom Ö2.1Ö.2Ö12, 2012/21/0044, 10,12,2013, 2012/22/0151-5.)
Die BF ist sehr gut integriert, Durch ihr ehrenamtliches Engagement, zB beim Besuchsdienst für ein Altenheim, trägt sie zum Allgemeinwohl bei.
Auch die anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten sind nützlich.
Negative Faktoren liegen insgesamt nicht vor.
Die Ausweisungsentscheidung des Asylverfahrens - diese stammt vom Februar 2008 (!) - ist nicht mehr aktuell.
Aktuell wurde über die Frage der Zulässigkeit der Ausweisung nie entschieden.
Beweis:
Befragung des BF in einer mündlichen Verhandlung,
Nachsicht im Akt der belBeh.
Befragung eines Vertreters der belBeh in einer mündlichen Verhandlung.
Beantragt wird die Befragung der zuständigen Referentin Frau [...] und ihres Teamleiters Herr [...]; auch wenn damit gerechnet werden muss, dass beide nicht den Mut haben, bei einer mündlichen Verhandlung des BVwG zu erscheinen. Beide müssen sich der Rechtswidrigkeit des Vorgehens sehr wohl bewusst gewesen sein und versuchten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, die BF ihrer Rechte zu berauben.
Il.b.
Die belBeh verwehrt der BF in unfairer Weise den Genuss eines ordnungsgemäßen Verfahrens zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gern § 56 AsylG.
Die BF hat einen begründeten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt, sie erfüllte alle Voraussetzungen, zwingende Versagungsgründe waren (und sind auch gegenwärtig) nicht vorhanden.
Der Antrag wurde am 23.06.2015 persönlich eingebracht. Die gesetzliche Frist zur Bearbeitung endete daher in den letzten Tagen des Dezembers 2015.
Großzügigerweise wurde von der BF erst am 01.07.2016 eine Säumnisbeschwerde eingebracht.
Auch diese Säumnisbeschwerde hat das BFA nicht bearbeitet, sondern in berechnender und perfider Weise eine Festnahme am 10.07.2016 vorgenommen, mit geplanter Abschiebung für den 20.07.2016.
Die belBeh "drückt" sich somit nicht nur vor der Verantwortung der Bearbeitung des Antrages, sie schneidet die BF auch vor dem von ihr angestrebten zweitinstanzlichen Rechtsgang beim unabhängigen BVwG ab.
Diese Vorgehensweise grenzt zumindest an Amtsmissbrauch.
Für das BVwG wäre die positive Erledigung des Antrages vor dem Hintergrund der bereits genannten Judikatur eine klare Sache.
Beweis:
Befragung des BF in einer mündlichen Verhandlung.
Nachsicht im Akt der belBeh.
Befragung eines Vertreters der belBeh in einer mündlichen Verhandlung.
Beantragt wird die Befragung der zuständigen Referentin Frau [...] und ihres
Teamleiters Herr [...]; auch wenn damit gerechnet werden muss, dass beide nicht den Mut haben, bei einer mündlichen Verhandlung des BVwG zu erscheinen. Beide müssen sich der Rechtswidrigkeit des Vorgehens sehr wohl bewusst gewesen sein und versuchten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, die BF ihrer Rechte zu berauben.
Il.c.
Die Rechtsvertretung wurde gezielt von der Festnahme und der geplanten Abschiebung nicht informiert. Auskunft wurde verweigert.
Die BF selbst wurde nicht verständlich von der geplanten Abschiebung informiert. Eine Unterschriftsleistung und eine Erklärung in einer ihr verständlichen Weise war nicht einmal vorgesehen.
Beweis:
Befragung der BF in einer mündlichen Verhandlung.
Befragung der Polizisten, die die Festnahme im Auftrag der belBeh durchführten.
Nachsicht im Akt.
Relevant wäre insgesamt herauszufinden, ob die Vorgehensweise von Referentin [...] die Billigung der Leitung der Regionalstelle hat, oder ob Referentin [...] und ADir [...] eigenständig agieren. Beantragt wird daher eine diesbezügliche Anfrage an die Leitung der Regionalstelle Wien des BFA.
Die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft ist unverhältnismäßig,
Die BF ist seit 10 Jahren in Österreich und an einem Untertauchen nicht interessiert.
Der Gesundheitszustand der BF ist schlecht und sie leidet durch die Anhaltung in Schubhaft zusätzlich,
IV.
Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes iSd Art 47 GRC wurde durch die Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft nicht eingehalten, sondern die elementaren Rechte des BF grob verletzt.
(Siehe N. Raschauer/Sander/Schlögl in Holoubek/Lienbacher (Hrsg),
Grundrechtecharta der Europäischen Union, Art 47, Rz 8.)
Prozesskostenhilfe für die BF zur Erhebung eines wirksamen Rechtsbehelfs gibt es für die BF - grundrechtecharterwidrig - nicht.
Der Grundrechtecharta entsprechend hätte die BF das Recht auf eine Hilfe für einen rechtzeitigen und effektiven Rechtsbehelfs, dh eines Rechtsmittels mit aufschiebender Wirkung; dieses Recht der BF wird ihr aber verwehrt.
(Siehe N. Raschauer/Sander/Schlögl in Holoubek/Lienbacher (Hrsg), Grundrechtecharta der Europäischen Union, Art 47, Rz 48.)
Dazu kommt, dass die Anordnung der Schubhaft mittels Mandatsbescheids schon an sich mit dem Unionsrecht im Widerspruch ist. Gemäß Art 15 Abs 2 der Rückführungsrichtline (2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABI 2008 L 348/98) sowie gemäß Art 9 Abs 2 der Neufassung der Aufnahmerichtlinie ist eine Inhaftnahme schriftlich unter Angabe der sachlichen und rechtlichen Gründe anzuordnen. Diese beiden Richtlinien fordern eine über das abgekürzte Mandatsverfahren hinausgehende Begründungspflicht des Bescheids.
Der gegenständlich bekämpfte Mandatsbescheid wurde ohne jegliches Ermittlungsverfahren erlassen (§ 57 Abs 1 AVG, siehe Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrens recht (2014) Rz 427;
vgl weiters Kolonovits/Muzak/Stöger; Verwaltungsverfahrensrecht (2014) Rz 588.)
Die fortlaufende Überprüfung der Verhältnismäßigkeit des Mandatsbescheids ist gesetzlich nicht einmal vorgesehen.
V.
Beantrag wird daher, nach mündlicher Verhandlung und Durchführung der beantragten
Beweise
1, die Schubhaftnahme und
2, weitere Anhaltung in Schubhaft im PAZ für rechtswidrig zu erklären,
3, der belBeh aufzutragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen.
Die in der Beschwerde gegen die Festnahme und geplante Abschiebung aufscheinenden
Anträge bleiben aufrecht."
Am 22.07.2016 legte das BFA die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Stellungnahme und beantragte unter anderem die Abweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch der verzeichneten Kosten. Begründend führte sie aus:
Frau [...] ( BF) reiste am 13.02.2006 aus einem unbekannten Land illegal nach Österreich ein. Die BF verfügte über keine Reisedokumente. Am 13.02.2006 stellte die BF einen Asylantrag. Am 28.02.2008 endete das Asylverfahren mit einer Abweisung gem§§ 3, 8 und 10 AsylG. Es besteht somit seit 28.02.2008 eine durchsetzbare und rechtskräftige Ausweisung nach dem AsylG. Die BF verblieb illegal in Österreich und obwohl eine bescheidmäßige Ausreiseverpflichtung bestand, war die BF nicht bereit Österreich zu verlassen.
Am 31.03.2008 war beabsichtigt die BF einzuvernehmen, da ein Verfahren zur Durchsetzung der bestehenden asylrechtlichen Ausweisung einzuleiten war. Die BF behob diesen Ladungsbescheid nicht.
Am 29.04.2008 wurde die Behörde informiert, dass der BF im Beschwerdeverfahren vor dem VwGH die aufschiebende Wirkung zuerkannt bekommen hat.
Am 02.06.2010 wurde die Behörde informiert, dass die Beschwerde vor dem VwGH abgelehnt wurde. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich die BF wiederum illegal in Österreich.
Es wurde neuerlich für 01.07.2010 ein Einvernahmetermin mittels Ladungsbescheid vereinbart. Zum damaligen Zeitpunkt war bereits der Migranntlnnenverein St. Marx als rechtsfreundlicher Vertreter ausgewiesen. Der rechtsfreundlichen Vertreter teilte der Behörde mit, dass kein Kontakt zu der Bf hergestellt werden konnte. Die Durchsetzung eines Festnahmeauftrages verlief an der bekannten Adresse negativ, da der Aufenthaltsort der BF unbekannt war. Diese Feststellung erfolgte am 12.11.2010. Es wurde ein Aviso eingelegt.
Am 16.03.2015 wurde ein Aviso-Treffer festgestellt. Die BF war somit fast fünf Jahre unbekannten Aufenthaltes gewesen und muss davon ausgegangen werden, dass der illegale Aufenthalt im Verborgenen fortgesetzt wurde.
Für den 21.05.2015 wurde die BF vorgeladen und legte der Migrantlnnenverein wieder Vollmacht. Am 21.05.2015 wurde die BF einvernommen. Die damalige Einvernahme ergab, dass die BF nicht freiwillig nach Nigeria zurückkehren wird. Familiäre Bindungen zu Österreich bestehen jedoch nicht. Nach Durchführung der Einvernahme wurde am 21.05.2015 ein Ansuchen um Ausstellung eines HZ gestellt.
Am 23.06.2015 stellte die BF einen Antrag nach den Bestimmungen des § 55 AsylG.
Für den 10.07.2015 wurde die BF für einen Interviewtermin für die nigerianische Delegation vorgesehen. Es erfolgte ein Ladungsbescheid für diesen Termin. An der damals angegebenen Adresse in Wien 21, [...] konnte die BF nicht angetroffen werden und wurde somit der Ladungsbescheid nicht zugestellt. Es wurde auch festgestellt, dass die BF an dieser Adresse unbekannt war. Am 09.09.2015 wurde durch den rechtsfreundlichen Vertreter eine neue Adresse in Wien bekanntgegeben. Diese Adresse wurde überprüft, jedoch konnte die BF nicht angetroffen werden. Es handelt sich um eine Adresse des [...] und wurde durch die Geschäftsführung bestätigt, dass eine Unterkunftnahme erfolgte und auch noch immer besteht. Diese Mitteilung erfolgte am 30.10.2015.
Die BF wurde für den Delegationstermin am 17.06.2016 vorgeladen. Aufgrund des Umstandes, dass die BF keine Personaldokumente vorlegte, musste die Identität in jedem Fall festgestellt werden. Der Termin wurde wahrgenommen. Die BF konnte auch als nigerianische Staatsbürgerin identifiziert werden. Die Zusage für die Ausstellung eines HZ erfolgte.
Aufgrund des Umstandes, dass sich die BF jahrelang erfolgreich Ihrer Ausreiseverpflichtung entzog und fast vier Jahr im Verborgenen Ihren Aufenthalt fortsetzte und die Prüfung des Antrages gern. § 55 AsylG keine Gründe für die positive Erledigung des Antrages Vorlagen, wurde aufgrund der bestehenden asylrechtlichen Ausweisung die entsprechenden Schritte zur Durchsetzung dieser Entscheidung getroffen. In diesem Zusammenhang darf gern. § 58 Abs. 13 AsylG festgestellt werden, dass ein Antrag gern. § 55 AsylG kein Aufenthalts-oder Bleiberecht darstellt und die Durchführung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen steht dieser Antrag nicht entgegen.
Es wurde somit die Abschiebung nach Nigeria organisiert.
Es konnte ein Flug für den 20.07.2016 organisiert werden.
Am 19.07.2016 wurde die BF von Beamten des SPK 8 festgenommen und wurde der BF die Information gern. § 58 Abs. 2 FPG nachweislich zugestellt. Die Übernahme wurde von der BF verweigert. Die Festnahme erfolgte aufgrund eines Festnahmeauftrages gern. § 34 Abs. 3 Ziffer 3 BFA-VG. Das vorliegende HZ ist bis 19.08.2016 gültig.
Die Abschiebung scheiterte, da die BF lautstark über Schmerzen im Bauch klagte und immer aggressiver gegenüber den Beamten wurde. Die BF schaffte es durch dieses Verhalten, dass die Abschiebung abgebrochen werden musste.
Am 21.07.2016 wurde die Bf einvernommen. Die BF gab an, dass die BF im November 2015 operiert wurde. Die BF wurde am 19.07.2016 von einem Arzt untersucht. Als Krankheit wurde eine starke Menstruation mit Schmerzen angegeben. Aufgrund angeblicher Probleme mit der Lunge wird die BF von einem Amtsarzt untersucht werden. Aufgrund des bisherigen Verhaltens der BF und des Umstandes, dass weder familiäre noch soziale Bindungen bestehen wurde gegen die BF ein Schubbescheid erlassen.
Dieser Schubbescheid wurde am 21.07.2016 um 11:45 Uhr persönlich zugestellt.
Am gleichen Tag wurde ein Ansuchen an dem Amtsarzt gestellt, dass neuerlich die Haftfähigkeit geprüft werden soll.
Am 20.07.2016 langte die Beschwerde gegen die Festnahme ein.
Es wird zunächst festgestellt, dass die Festnahme durch die Erlassung des Schubbescheides und die nachweisliche Zustellung am 21.07.2016 um 11:45 Uhr nicht mehr besteht.
Der Beschwerde muss entgegengehalten werden, dass ein Antrag gem§ 55 AsylG kein Hinderungsgrund ist, dass bei einem bestehenden Abschiebetitel dieses Verfahren nicht vollstreckt werden kann. Bezüglich der angegebenen Krankheiten der BF muss festgestellt werden, dass die Bf in ärztlicher Behandlung ist und kann diese Behandlung in Nigeria fortgesetzt werden.
Es darf diesbezüglich auf den unten angeführten Auszug aus dem Länderberichts Nigerias bezüglich der medizinischen Versorgung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hingewiesen werden. Die Ursache der Schmerzen wurde durch eine Operation behandelt und muss nur mehr eine Kontrolle erfolgen. Überdies ist keine lebensbedrohliche Erkrankung bekannt. Die Bf kann in Ihrer Heimat mit einer medizinischen Versorgung rechnen. Überdies hat die BF enge soziale Kontakte zu Ihrer Heimat, da auch Ihr minderjähriger Sohn und Ihre Familie in Nigeria lebt.
[...]
Dem Vorwurf, dass der Antrag gem§ 55 AsylG nicht bearbeitet wurde, muss entgegengehalten werden, dass zwischenzeitlich das entsprechende Parteiengehör zur Abweisung des Antrages ergangen ist und die Zustellung an den rechtsfreundlichen Vertreter erfolgt. Im Übrigen darf auf § 58 Abs. 13 AsylG verwiesen werden, worin eindeutig festgelegt wird, dass ein Antrag gem. § 55 AsylG keinen Grund darstellt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht durchgesetzt werden darf. Das bisherige Verhalten der BF zeigte eindeutig, dass mit einer freiwilligen Rückkehr nicht zu rechnen ist und somit mit Zwangsmaßnahmen vorgegangen werden musste. Immerhin war die Bf fast fünf Jahre untergetaucht.
Die gegenständliche Entscheidung zur Durchsetzung der bestehenden asylrechtlichen Ausweisung musste daher getroffen werden.
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht [möge
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen,
2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.
Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde
Summe € 426,20
Die Beschwerdeführerin ergänzte mit Schriftsatz vom 26.07.2016 ihre Beschwerde folgendermaßen (Hervorhebungen im Original):
Ergänzung zu den Beschwerden, Festnahme am 19.07.2016 und geplante Abschiebung am 20,07.2016, Verhängung der Schubhaft am 21.07.2016 und Anhaltung in Schubhaft. Durch die aktuellen Schritte der Behörde zeigt sich, wie richtig und berechtigt die bisherigen Beschwerdevorbringen sind.
Zur Erinnerung als Überblick:
Die BF ist seit 2006 in Österreich.
Die Ausweisungsentscheidung stammt vom Februar 2008, die Rechtskraft dieser Entscheidung wurde aber durch die aufschiebende Wirkung seitens des VwGH hinausgeschoben.
Am 23.06.2015 wurde ein Antrag gemäß § 55 AsylG gestellt.
Am 19.07,2016 wurde die BF festgenommen ohne dass sie verstand was vor sich geht. Noch am 19.07.2016 wurde Beschwerde gegen Festnahme und geplante Abschiebung erhoben und gerügt, dass gar keine gültige Ausweisungsentscheidung vorliegt.
Am 20.07.2016 wurde versucht, die BF abzuschieben. Am 21.07.2016 wurde die Schubhaft verhängt.
Gegen den Mandatsbescheid, Verhängung der Schubhaft wurde Beschwerde erhoben und ua gerügt, dass noch gar keine gültige Ausweisungsentscheidung vorliegt und die belBeh bezüglich des Antrages gern § 55 AsylG vom Juni 2015 untätig war.
Nunmehr wird offenbar, dass die belBeh den gerügten Fehler eingesteht, denn mit Schriftsatz, datiert vom 20.07.2016, zugestellt am 22.07.2016, wird der BF mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt sei. (Siehe Beilage.)
Die belBeh gibt somit jetzt zu, dass es noch gar keine Entscheidung darüber gibt, ob eine Ausweisung und Abschiebung nach Nigeria zulässig ist oder nicht.
Wohlgemerkt geht es um eine beabsichtigte Rückkehrentscheidung in erster Instanz.
Offensichtlich handelt es sich bei dieser Verständigung, Schriftsatz vom 20.07.2016 um eine behördliche Reaktion auf die Beschwerde gegen die Festnahme und geplante Abschiebung; denn diese Beschwerde wurde am 19.07.2016, kurz vor Mitternacht, an die belBeh übermittelt und konnte von der Referentin am 20.07,2016 - also dem Tag mit dem sie die Verständigung datierte - gesehen werden.
Der 20.07.2016 war gleichzeitig der Tag, für den die Abschiebung geplant war. Diese konnte aber nicht durchgeführt werden.
Sichtbar wird also, dass die belBeh den perfiden Plan, die BF einfach ohne gültige Rückkehrentscheidung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abzuschieben, zwangsläufig ändern musste und nun doch (wohl widerwillig) in Bezug auf den Antrag gem § 55 AsylG tätig werden musste.
Der bisherige Mangel an Arbeitswillen ist der belBeh jetzt "auf den Kopf gefallen", weil sie mit der Bearbeitung erst ganz am Anfang steht.
Im Ergebnis ist offensichtlich, dass es noch nicht einmal eine erstinstanzliche Rückkehrentscheidung gibt. Die Festnahme und versuchte Abschiebung war daher rechtswidrig. Auch die Schubhaftnahme entbehrt einem gesetzlichen Zweck, eben da es keine Entscheidung darüber gibt, ob die BF ausgewiesen werden kann oder nicht, und ob die Abschiebung zulässig ist oder nicht. Daraus ergibt sich, dass schließlich auch die Anhaltung in Schubhaft unverhältnismäßig ist, da eine Abschiebung bis auf derzeit unabsehbare Zeit nicht durchgeführt werden kann.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin trägt den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehörige von Nigeria. Am 13.02.2006 stellte sie nach illegaler Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.01.2008, Zahl: 06 01.883-BAE, hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch von subsidiärem Schutz abgewiesen und es wurde unter einem die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 25.02.2008, Zl. 317.218-1/2E-III/67/08, zugestellt am 28.02.2008, abgewiesen und damit neuerlich (= Spruchpunkt III.) die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgesprochen.
Mit Ladungsbescheid vom 06.03.2008 - in diesem war der Gegenstand der Amtshandlung die "Sicherung der Ausreise gemäß §46, 67, 76, 77 FPG" ausdrücklich angeführt -, von der Beschwerdeführerin "nicht behoben" und deshalb durch Hinterlegung zugestellt, wurde die Beschwerdeführerin erstmals für 31.03.2008 von der zuständigen Verwaltungsbehörde geladen. Der Ladung war auch ein Informationsblatt über die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr in deutscher und englischer Sprache angeschlossen. Die Beschwerdeführerin leistete dem Ladungstermin keine Folge.
Einer Beschwerde gegen die angeführte negative Asylentscheidung hatte der Verwaltungsgerichtshof zwar zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt, 2010 jedoch die Behandlung dieser Beschwerde abgelehnt. In der Folge wurde die Beschwerdeführerin mit neuerlichem Ladungsbescheid, Zl. III-1228056/FrB/10, vom 09.06.2010, "die Sicherung der Ausweisung" betreffend, für den 01.07.2010, ordnungsgemäß geladen. Da die Beschwerdeführerin diesem Ladungsbescheid nicht nachkam, wurde am 01.07.2010 ein Festnahmeauftrag erlassen. Die auch aktuell einschreitende Rechtsvertretung teilte am 30.06.2010 mit, dass sie "leider keinen Kontakt mehr zu Frau [...] herstellen und sie vom Ladungstermin am 01.07.2010 um 08.30 Uhr nicht verständigen konnte".
Die Beschwerdeführerin war von 02.10.2008 bis 01.12.2009 nicht behördlich gemeldet.
Der in der Folge verfügte Festnahmeauftrag konnte nicht vollzogen werden, da die Beschwerdeführerin trotz mehrmaligen Versuches, sie an der polizeilichen Meldeadresse in 1160 Wien anzutreffen - zuletzt am 28.10.2010 - nicht vorgefunden wurde. Sie war bereits vier Monate zuvor (gerechnet ab 28.10.2010) - entsprechend dem Bericht der Sicherheitsorgane der BPD Wien, GZ III. 1228056/FrB/10 vom 12.11.2010 ausgezogen, ohne dies den Behörden bekanntzugeben.
Die Beschwerdeführerin war auch von 14.10.2010 bis 11.03.2015 nicht behördlich gemeldet.
Nachdem sich die Beschwerdeführerin am 12.03.2015 wieder polizeilich anmeldete, wurde sie für 21.05.2015 "Zur Durchsetzung und Effektuierung" der Ausweisung geladen. Diesem Ladungstermin leistete die Beschwerdeführer auch Folge und wurde ihr in der Einvernahme vom 21.05.2015 das Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung mündlich mitgeteilt und dass sie sich seit 29.02.2008 nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhalte.
Die Beschwerdeführerin stellte kurz nach dieser Einvernahme am 23.06.2016 einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK" durch ihre auch im aktuellen Verfahren einschreitende Rechtsvertretung. Über den Antrag auf einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG ist (erstinstanzlich) noch nicht entschieden worden.
Mit Schreiben vom 21.05.2016, Zl.: IFA-Zahl: 760188310 + Verfahrenszahl 150280175, richtete die Verwaltungsbehörde das Ersuchen an die BFA-Direktion, Abteilung B/II um Erlangung eines Heimreisezertifikates.
Mit Email vom 30.10.2015 teilte die LPD Wien der Verwaltungsbehörde mit, dass es "laut verantwortlichem Geschäftsführer des [...] (gemeint: damalige polizeiliche Meldeadresse) schwierig ist, diese (gemeint: Beschwerdeführerin) persönlich anzutreffen, da sie sich sehr oft bei ihrem Freund aufhält, von welchem eine Adresse nicht bekannt ist".
Am 17.06.2016 nahm die Beschwerdeführerin - dann doch, nach neuerlicher Ladung - einen Termin zur Identitätsfeststellung vor der nigerianischen Delegation war. Am 20.06.2016 wurde für sie von der nigerianischen Botschaft ein Heimreisezertifikat (gültig bis 19.08.2016) ausgestellt. Am 06.07.2016 wurden Flugtickets für den 20.07.2015 (Wien - Lagos; via Doha) gebucht. Am 15.07.2016 wurde ein Festnahmeauftrag betreffend die Beschwerdeführerin erlassen; am 19.07.2016 erfolgte die Festnahme. Ab diesem Zeitpunkt befand sich die Beschwerdeführerin in Verwaltungsverfahrenshaft.
Am 20.07.2016 verunmöglichte die Beschwerdeführerin die Abschiebung in ihren Herkunftsstaat - die von ihr anlässlich des Abschiebevorganges angeführten Beschwerden waren Regelbeschwerden. Am 21.07.2016 wurde über sie mit gegenständlich angefochtenem Bescheid die Schubhaft verhängt. Gegen diese wurde von ihrem bevollmächtigten Vertreter am 22.07.2016 eine (gesonderte) Beschwerde eingebracht. Bereits zuvor wurde gegen die die Festnahme und Anhaltung im PAZ bis 20.07.2015 mit Schriftsatz vom 19.07.2016 Beschwerde erhoben. Diese wurde in Bezug auf die Festnahme mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W137 2130347-1/5E, vom 25.07.2016 gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG iVm § 22a Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen, hinsichtlich der geplante Abschiebung gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG jedoch als unzulässig zurückgewiesen.
Am selben Tag wurde von der Verwaltungsbehörde ein Flugticket für eine weitere - nunmehr begleitete - Abschiebung nach Lagos angefordert. Neuer Abschiebetermin ist der 16.08.2016.
Die Beschwerdeführerin war zu Beginn der Schubhaft haftfähig und ist es auch aktuell.
Die Abschiebung nach Nigeria ist rechtlich und faktisch möglich. Es bestand und besteht zum Entscheidungszeitpunkt erhebliche Fluchtgefahr.
Entscheidungsgrundlagen:
* gegenständliche Aktenlage;
Würdigung der Entscheidungsgrundlage:
Der (festgestellte) Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung über das Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr leitet sich aus folgenden unstrittigen Umständen ab:
* Sechs (!) Jahre langes - gerechnet ab der Ablehnung der Beschwerde in der Asylangelegenheit durch den Verwaltungsgerichtshof (im Jahre 2010) - Ignorieren einer aufgrund einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung bedingten Ausreiseverpflichtung;
* Untertauchen in der Zeit vom 01.10.2008 bis 02.12.2009 - in der Zeit nach Zustellung des zweitinstanzlich negativen Bescheides sowie - nach endgültiger negativer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - von 13.10.2010 bis 12.03.2015;
* Vortäuschen ordnungsgemäßer Wohnsitznahme - siehe dazu etwa die Feststellungen zum Nichtangetroffenwerden Ende Oktober 2010, als die Beschwerdeführerin bereits mehrere Monate nicht mehr an der Meldeadresse aufhältig war; oder auch in Bezug auf die im Oktober bestehende Meldeadresse, hinsichtlich der Organen der LPD Wien mitgeteilt wurde, dass es "laut verantwortlichem Geschäftsführer des [...] (gemeint: damalige polizeiliche Meldeadresse) schwierig ist, diese (gemeint: Beschwerdeführerin) persönlich anzutreffen, da sie sich sehr oft bei ihrem Freund aufhält, von welchem eine Adresse nicht bekannt ist".
* Stellen eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Information der Durchsetzbarkeit einer seit Jahren bestehenden Ausweisung - ungefähr einen Monat danach - in der offensichtlichen Absicht, die Verpflichtung zur Ausreise zumindest zu verzögern;
* Vereitelung der Abschiebung am 20.07.2016 - "I don't fly".
Die Beschwerde übersieht bei ihrem Hinweis auf den zehnjährigen Aufenthalt, dass also die Beschwerdeführerin die überwiegende Zeit illegal, und davon noch einmal, wie ausgeführt, jahrelang im Verborgenen im Bundesgebiet aufhältig war/ist. Im Zusammenhang mit der Stellung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels fällt der zeitliche Zusammenhang mit der immer wahrscheinlicher werdenden Außerlandesbringung der Beschwerde auf - jedenfalls sind keine Hinderungsründe der Aktenlage zu entnehmen, warum dieser Versuch der Legalisierung des Aufenthaltes nicht früher versucht werden hätte können, außer jenem, dass die Beschwerdeführerin dann eben schon früher aus dem Verborgenen auftauchen hätte müssen und schon früher Gefahr gelaufen wäre, außer Landes gebracht zu werden.
In Bezug auf das Vorgehen der Beschwerdeführerin, entweder überhaupt nicht gemeldet gewesen zu sein, bzw. die tatsächlichen Aufenthaltsorte nicht der polizeilichen Meldung angepasst zu haben, ist auch hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin nicht einmal ihre Rechtsvertretung - trotz aufrechten Vertretungsverhältnisses - informierte und damit gänzlich den Zugriff auf ihre Person verunmöglichte, was die gänzlich fehlende Kooperationsbereitschaft mit den Behörden - über Jahre hinweg - dokumentiert.
An dieser Annahme (mangelnder Kooperationsbereitschaft) vermag auch nicht die Wahrnehmung des Einvernahmetermins vom 21.05.2015 zu ändern, schließt sich doch unmittelbar daran, wie ausgeführt, der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitel, sodass die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht sogleich - parallel zum seinerzeitigen Asylverfahren - mit ihrer Außerlandesbringung rechnen musste.
Auch die Bereitschaft zur Wahrnehmung jenes Termins (mit einer nigerianischen Delegation), um die Identität für die Erwirkung eines Heimreisezertifikates festzustellen, vermag die Annahme der Fluchtgefahr insofern nicht zu relativieren, als die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht mit ihrer Abschiebung nach Nigeria rechnen musste - im entscheidenden Zeitpunkt der Abschiebung jedoch zeigte sich die Beschwerdeführerin gänzlich unkooperativ und verweigerte ohne entsprechenden ausreichenden Grund die Rückkehr nach Nigeria: Hinsichtlich der im Abschiebungszeitpunkt geäußerten "Schmerzen im Bauchbereich" versuchte die Beschwerdeführerin in der darauffolgenden Schubhafteinvernahme zunächst die Rechtfertigung "ich habe Blut im Magen", wich dann auf ein "Problem mit den Lungen" aus, räumte letztlich aber ein, "eine starke Menstruation" mit den damit verbundenen - auch starken - Schmerzen gehabt zu haben. Jedenfalls wurde vom Amtsarzt am 22.07.2016 die Haftfähigkeit festgestellt.
Letztere - nämlich die Haftfähigkeit - wurde auch am 27.07.2016 vom Amtsarzt konstatiert.
In diesem Sinne gehen die Beschwerdeausführungen
"Die BF leidet an verschiedenen aktenkundigen Krankheiten. Die Anhaltung im PAZ und der Stress der bevorstehenden Abschiebung leistet dem Bluthochdruck Vorschub. Es bestehen Erkrankungen die ein regelmäßige medizinische Betreuung und Kontrolle in Österreich notwendig machen."
ins Leere, ihnen haftet aber auch der Mangel an Substantiiertheit an, zu allgemein stellen sich diese Ausführungen dar.
Auf die umfangreichen Ausführungen, die (angebliche) Integration der Beschwerdeführerin betreffend, brauchte nicht eingegangen zu werden - sie sind in dem von der Beschwerdeführerin mit Antrag vom 23.06.2016 imitierten Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels relevant.
In Bezug auf den in der Beschwerde gegenüber der Verwaltungsbehörde erhobenen Vorwurf der Untätigkeit
"Zuletzt hat die zuständige Referentin einen Ladungsbescheid für den 17.06.2016 erlassen, [...] willkürlich wird der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aber seit über einem Jahr (!) nicht bearbeitet"
ist aber der Vollständigkeit halber anzumerken, dass es wieder die Beschwerdeführerin war, die für die Verwaltungsbehörde auch nach Stellung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Oktober 2015 nicht zur Verfügung stand, teilte doch die LPD Wien mit Email vom 30.10.2015 der Verwaltungsbehörde mit, dass es "laut verantwortlichem Geschäftsführer des [...] (gemeint: damalige polizeiliche Meldeadresse) schwierig ist, diese (gemeint: Beschwerdeführerin) persönlich anzutreffen, da sie sich sehr oft bei ihrem Freund aufhält, von welchem eine Adresse nicht bekannt ist".
In seiner Entscheidung vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0012, bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung (in Schubhaftbeschwerdeverfahren), dass
"Der im vorliegenden Fall einschlägige § 21 Abs. 7 BFA-VG [...] auch im Fall eines ausdrücklich darauf gerichteten Antrags das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ermöglicht, wenn
* der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
* sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht".
Nach der aktuellen Judikatur besteht sohin keine allgemeine Verhandlungspflicht und konnte sohin von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des zugrunde gelegten Beschwerdevorbringens als geklärt anzusehen ist.
Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):
Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
In diesem Sinne bildet im gegenständlichen Fall §22a Abs. 1 Z. 3 die formelle Grundlage.
Hinsichtlich der Ausführungen in der Beschwerde, wonach
"Die in der Beschwerde gegen die Festnahme und geplante Abschiebung aufscheinenden
Anträge aufrecht bleiben",
ist auf das im Sachverhalt angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W137 2130347-1/5E, vom 25.07.2016 zu verweisen, in welchem diese Anträge einer Erledigung zugeführt wurden.
Materielle Rechtsgrundlage:
Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) Bestimmungen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Da die belangte Behörde die Abschiebung nach Nigeria sicherte, hat sie den vorliegenden Schubhaftbescheid (weiters) zu Recht unter anderem auf § 76 Abs. 2 Z 1 gestützt.
Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, ist die Schubhaftanordnung nach den angeführten Bestimmungen von einem übergeordneten (Sicherungs)Zweck abhängig - gegenständlich von der Abschiebung (nach Nigeria).
Vor dem Hintergrund der Übergangsbestimmung des §75 Abs. 23 AsylG
Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012"
erweist sich die Rechtsrüge
"Im Ergebnis ist offensichtlich, dass es noch nicht einmal eine erstinstanzliche Rückkehrentscheidung gibt. Die Festnahme und versuchte Abschiebung war daher rechtswidrig. Auch die Schubhaftnahme entbehrt einem gesetzlichen Zweck, eben da es keine Entscheidung darüber gibt, ob die BF ausgewiesen werden kann oder nicht, und ob die Abschiebung zulässig ist oder nicht [...]
Die belBeh hat am 20.07.2016 tatsächlich den rechtswidrigen Versuch unternommen, die BF abzuschieben"
als nicht stichhaltig:
Die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 23 AsylG 2005 sieht lediglich im ersten Satz eine zeitliche Beschränkung einer in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassenen §10" Ausweisungsentscheidung vor - diesbezüglich hätte die Beschwerdeführerin aber zwischenzeitlich Österreich verlassen müssen, was sie aber offensichtlich nicht tat - zumindest wurde es nicht einmal vorgebracht.
In diesem Sinne ist also - mangels Konsumation der Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 2008 - Satz 2 leg. cit schlagend: Die aus dem Jahre 2008 stammende Ausweisungsentscheidung "gilt als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012" und stellt eine ausreichende rechtliche Grundlage für die Rückführung nach Nigeria dar.
In diesem Zusammenhang wies bereits das angeführte negative Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W137 2130347-1/5E, vom 25.07.2016, mit welcher die Beschwerde, die Festnahme und geplante Abschiebung betreffend, verworfen wurde, auch darauf hin, dass
"in der Beschwerde diesbezüglich auch keine Hinweise auf Gesetzeslage oder Judikatur angeführt werden; nicht näher ausgeführt wird, in welcher Form die 2008 ausgesprochene Ausweisung "nicht mehr aktuell" sein soll oder über die Frage der Ausweisung "aktuell nie entschieden" worden sei".
Das laufende Verfahren, die Erteilung eines Aufenthaltstitels betreffend, stellt keinen gesetzlichen Hinderungsgrund für die Durchsetzung einer rechtskräftigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme dar.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25.04.2014, Zl. 2013/21/0077, ausführt (Hervorhebung durch den Einzelrichter),
kommt jedoch Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nur dann in Betracht, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (vgl. dazu aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2013, Zlen. 2013/21/0014 und 0015)".
Vor dem Hintergrund dieses Judikaturmaßstabes stößt die Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft bis zum Entscheidungszeitpunkt und jedenfalls bis zum nächsten Abschiebetermin, dem 16.08.2016, auf keine Bedenken, da gerade im Hinblick auf die am 20.06.2016 erfolgte Ausstellung eines Heimreisezertifikates und den angeführten Abschiebetermin mit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen sohin keine Hinweise vor, "dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist".
Die aufgeworfenen rechtlichen Fragen
* "Nichteinhaltung des Grundsatzes des effektiven Rechtsschutzes iSd Art 47 GRC",
* "Fehlen einer Prozesskostenhilfe für die BF zur Erhebung eines wirksamen Rechtsbehelfs, eines Rechtsmittels mit aufschiebender Wirkung";
* "unionsrechtswidrige Verhängung der Schubhaft mittels Mandatsbescheid in Verbindung mit dem Fehlen jeglichen Ermittlungsverfahrens"
sind nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:
Einerseits wurden sie lediglich unsubstantiiert vorgetragen - inwiefern gegenständlich der "Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes iSd Art 47 GRC nicht eingehalten" wurde, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt - andererseits wurde "Prozesskostenhilfe für die BF" nicht einmal beantragt; die Anträge beschränken sich auf die im Verfahrensgang dargestellten, bzw. erweisen sich die Ausführungen als aktenwidrig: Auch wenn die gegenständliche Schubhaft mit Mandatsbescheid erlassen wurde, so ging dem eine umfassende Befragung der Beschwerdeführerin, die Schubhafteinvernahme, voraus, sodass von einem "Fehlen jeglichen Ermittlungsverfahrens" nicht einmal ansatzweise gesprochen werden kann.
Schon wie bisher ist auch aktuell die Anhaltung in Schubhaft nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum konkreten Sicherungsbedarf, an deren Maßgeblichkeit das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 nichts änderte, sind dabei das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).
"Fluchtgefahr" ist jedenfalls im Hinblick auf § 76 Abs. 3 Z 1 FPG idgF anzunehmen, da die Beschwerdeführerin in Kenntnis einer jedenfalls seit 2010 endgültig durchsetzbaren rechtskräftigen Ausweisung jahrelang!! untertauchte, ihrer Ausreiseverpflichtung seit Juni 2010!! nicht nachgekommen ist und sohin die "Abschiebung" aufgrund der im seinerzeitigen (Asyl)Bescheid der Verwaltungsbehörde und Erkenntnis des Unabhängigen Bundesasylsenates (unter Spruchpunkt III.) verfügten Außerlandesbringung "umging".
Abschließend sei also nochmals auf das bereits im Rahmen der Beweiswürdigung gezeichnete Gesamtbild hingewiesen:
* Sechs (!) Jahre lang - gerechnet ab der Ablehnung der Beschwerde in der Asylangelegenheit durch den Verwaltungsgerichtshof (im Jahre 2010) - Ignorieren einer aufgrund einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung bedingten Ausreiseverpflichtung;
* Untertauchen in der Zeit vom 01.10.2008 bis 02.12.2009 - in der Zeit nach Zustellung des zweitinstanzlich negativen Bescheides sowie - nach endgültiger negativer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - von 13.10.2010 bis 12.03.2015;
* Vortäuschen ordnungsgemäßer Wohnsitznahme - siehe dazu etwa die Feststellungen zum Nichtangetroffenwerden Ende Oktober 2010, als die Beschwerdeführerin bereits mehrere Monate nicht mehr an der Meldeadresse aufhältig war; oder auch in Bezug auf die im Oktober bestehende Meldeadresse, hinsichtlich der Organen der LPD Wien mitgeteilt wurde, dass es "laut verantwortlichem Geschäftsführer des [...] (gemeint: damalige polizeiliche Meldeadresse) schwierig ist, diese (gemeint: Beschwerdeführerin) persönlich anzutreffen, da sie sich sehr oft bei ihrem Freund aufhält, von welchem eine Adresse nicht bekannt ist".
* Stellen eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Information der Durchsetzbarkeit einer seit Jahren bestehenden Ausweisung - ungefähr einen Monat danach - in der offensichtlichen Absicht, die Verpflichtung zur Ausreise zumindest zu verzögern;
* Vereitelung der Abschiebung am 20.07.2016 - "I don't fly".
Umstände also, welche jedenfalls bis zum aktuellen Zeitpunkt die Verwaltungsbehörde - im Ergebnis - zu Recht von erheblicher Fluchtgefahr ausgehen ließen.
In diesem Sinne ist auch §76 Abs. 3 Z 3 - "eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht" - erfüllt.
Nicht jedoch vermag sich das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht der Verwaltungsbehörde, Z 9 leg. cit. sei erfüllt, anzuschließen, da gegenständlich aus dem Fehlen sozialer Verankerung keine Fluchtgefahr ableitbar ist:
Nach der Aktenlage ging die Beschwerdeführerin der Prostitution legal nach; sie ist unbescholten und hat zumindest auch in Ansätzen integrative Schritte durch die in der Beschwerde angeführten Teilnahmen an Kursen gesetzt.
Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG idgF maßgeblich:
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Im vorliegenden Fall scheidet mangels nennenswerter finanzieller Mittel - die Beschwerdeführerin verfügt über Barmittel von gerade einmal € 320 - die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z. 3 des § 77 FPG idgF aus.
Gerade vor dem Hintergrund der bereits mehrfach angeführten Sachverhaltsparameter, insbesondere der Kombination aus permanentem Untertauchen und Verschleiern jenes Aufenthaltsortes, an dem man für die Verwaltungsbehörde verfügbar wäre,
lassen nicht den Schluss zu, dass "sie sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion melden" werde; dies gilt auch für "die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen", hat sie sich eben gerade nicht an jenen Adressen aufgehalten, welche sie gegenüber den österreichischen Behörden bekanntgab.
Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):
Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Da die Beschwerdeführerin aktuell in Schubhaft angehalten wird, war auch über die Fortsetzung der Schubhaft - innerhalb einer Woche, also bis 29.07.2016 - abzusprechen.
Die soeben angeführten Erwägungen haben in inhaltlicher Hinsicht aufgrund ihrer Aktualität und ihres Zukunftsbezuges - es sind keine die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft ändernden Umstände erkennbar - auch den Ausspruch der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft zur Folge. Nochmals ist auf obige Ausführungen im Rahmen des Abspruches zu Spruchpunkt I. hinzuweisen.
Insbesondere besteht gerade auch aufgrund des erst jüngst gezeigten Verhaltens, als die Beschwerdeführerin ihre Abschiebung am 20.07.2016 vereitelte, aktuell erhebliche Fluchtgefahr, welche - prognostisch gesehen - die Sicherung der Außerlandesbringung am 16.08.2016 mittels Schubhaft, und nur mittels Schubhaft, notwendig erscheinen lassen.
Da diese fremdenpolizeiliche Maßnahme lange vor Ende der Schubhafthöchstdauer verwirklicht werden kann, die Beschwerdeführerin auch aktuell haftfähig ist und sonst keine besonderen die Haft betreffenden Umstände substantiiert vorgebracht wurden, erweist sich die Anhaltung in Schubhaft bis zum neuerlichen Abschiebetermin als verhältnismäßig.
Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Zu Spruchpunkt III. und IV. (Kostenbegehren):
In der Frage des Kostenanspruches - beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22
(1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:
§22 (1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Be schwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(1) Dem Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.
Hinsichtlich der konkreten Höhe des "Ersatzes ihrer Aufwendungen" sind §35 Abs. 4 und 5 iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) maßgeblich.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."
§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 lautet:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.
In diesem Sinne war der Verwaltungsbehörde Kostenersatz im Umfang des § 1 Z 3 und Z 4 VwG-Aufwandersatzverordnung, also in der Höhe von € 426,20, zuzusprechen.
In logischer Konsequenz zu Spruchpunkt III. war daher das Kostenbegehren der Beschwerdeführerin als unterlegener Partei (im Sinne des § 35 Abs. 3 VwGVG) auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 VwGVG zu verwerfen (Spruchpunkt IV.).
Zu Spruchpunkt IV. (Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu den Spruchpunkten I. und II. zu entnehmen ist, warf der gegenständliche Fall vor dem Hintergrund der bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Die Revision war daher in Bezug auf diese Spruchpunkte nicht zuzulassen.
Aufgrund der eindeutigen Rechtslage, die Frage des Kostenersatzes betreffend, war die Revision aber auch diesbezüglich - Spruchpunkt III. und IV. - nicht zuzulassen.
Im Zusammenhang mit dem Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei eindeutiger Rechtslage, wie auch im Falle von Spruchpunkt III., ist auf die diesbezügliche Entscheidungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes - z.B. Ra 2015/03/0041, vom 03.07.2015 mit weiteren Nachweisen - hinzuweisen:
"Auch dann, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist (Hinweis B vom 28. Mai 2014, Ro 2014/07/0053, B vom 27. August 2014, Ra 2014/05/0007, B vom 1. September 2014, Ra 2014/03/0028, B vom 24. September 2014, Ra 2014/03/0027, sowie B vom 16. Oktober 2014, Ra 2014/21/0045), sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (Hinweis B vom 24. September 2014, Ro 2014/03/0061, und E vom 24. April 2015, Ra 2015/17/0005)."
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