BVwG W103 1432373-2

BVwGW103 1432373-218.4.2016

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W103.1432373.2.00

 

Spruch:

W103 1432373-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2016, Zl. 13-820687402/2080515, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 jeweils in der gültigen Fassung, § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der gültigen Fassung, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100 jeweils in der gültigen Fassung, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 05.06.2012 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.01.2013 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Antragstellers in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 idgF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Dschibuti abgewiesen. Der Antragsteller wurde in Spruchpunkt III. des Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Dschibuti ausgewiesen.

3. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.01.2013, richtete sich eine fristgerecht am 25.01.2013 eingebrachte Beschwerde.

4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2015, W221 1434373-1/28E, wurde die Beschwerde unter Spruchpunkt A. I. gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, hinsichtlich Spruchpunkt I. und unter Spruchpunkt A.

II. gemäß § 8 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, hinsichtlich Spruchpunkt II. - hinsichtlich des Herkunftsstaates Somalia - als unbegründet abgewiesen.

Die Änderung des Herkunftsstaates erfolgte aufgrund eines vom BVwG in Auftrag gegebenen Gutachtens (Sprachanalyse).

Unter Spruchpunkt A. III. wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Begründet wurde dies hinsichtlich der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wie folgt:

"Zur Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I 75/1997 idF BGBl. I 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH jeweils vom 31.03.2005, 2002/20/0582, 2005/20/0095).

Die Anerkennung des Vorliegens einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person, die als Zivilperson die Gewährung von subsidiärem Schutz beantragt, setzt nicht voraus, dass sie beweist, dass sie aufgrund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH 17.02.2009, Elgafaji, C-465/07 , Slg. 2009, I-0000, Rn 45).

Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer keine ihn konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität bzw. keine für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechende Gründe glaubhaft vorgebracht und es kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer in Somalia, insbesondere in Somaliland, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, stammt der Beschwerdeführer aus dem Nordwesten Somalias, dem Gebiet Somaliland und eine Rückkehr dorthin ist ihm möglich und zumutbar.

Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in Somalia, insbesondere in Somaliland, die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), kann im Beschwerdefall nicht angenommen werden, zumal der Beschwerdeführer angab, dass er im Restaurant seines Onkels, das nunmehr der Frau seines Onkels gehört, gearbeitet hat. Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen kann im Zusammenhalt mit dem genannten Vorbringen des Beschwerdeführers daher nicht davon ausgegangen werden, dass der 22-jährige Beschwerdeführer, der gesund und arbeitsfähig ist, in seinem Herkunftsstaat in seiner Existenz bedroht wäre. Der Beschwerdeführer war jedenfalls vor seiner Ausreise aus Somalia in der Lage, seine Lebensgrundlage zu sichern und es ist daher nicht ersichtlich und hat dies der Beschwerdeführer auch nicht dargetan, weshalb ihm dies nicht auch künftig möglich sein sollte. Zudem ist - wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt - davon auszugehen, dass sich noch Verwandte des Beschwerdeführers in seiner Herkunftsregion befinden. Daher könnte der Beschwerdeführer, zusätzlich zu seiner Selbsterhaltungsfähigkeit, auf familiäre Unterstützung zurückgreifen, welche ihn vor einer Obdachlosigkeit und existentiellen Notlage bewahren würde.

Das Vorliegen dermaßen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche in der Somalia nicht behandelbar wären und im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, wurde vom Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung der ärztlichen Bestätigung vom 16.01.2013, wonach der Beschwerdeführer an zu hohem Cholesterinspiegel und Bluthochdruck leidet, was mit Ausdauersport, Ernährungsberatung und Gewichtsabnahme behandelt werden könne - im Verfahren nicht behauptet.

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Somalia, insbesondere in Somaliland, aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden und ist daher die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen wird.

Zu Spruchpunkt II.:

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen; das vorliegende Verfahren ist ein solches.

Gemäß § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht diesfalls, so es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt, in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

Ob eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG. Diese Bestimmung wird auch sinngemäß auf die Frage anzuwenden sein, ob eine Ausweisung auf Dauer unzulässig ist. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt daher nicht vor.

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt insofern eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte".

Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 5.9.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 9.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.4.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich; 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande; 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

Eine besonders fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers während seines nur auf das Asylgesetz gestützten Aufenthaltes im Bundesgebiet kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erkannt werden: Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit Juni 2012, somit erst seit knapp über drei Jahren, beruht auf einem Antrag auf internationalen Schutz, der sich als nicht berechtigt erwiesen hat und ist auch noch zu kurz, um seinem Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet ein relevantes Gewicht zu verleihen.

Der Beschwerdeführer verfügt über Grundkenntnisse der deutschen Sprache und arbeitet seit Februar 2013 im Museum der Völker in Schwaz als Reinigungskraft, wobei er neben der Grundversorgung noch 240€ pro Monat verdient.

Insbesondere vor dem Hintergrund der erst relativ kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Rahmen der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes unterstützt wurde und wird, kann von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Hingegen hat der Beschwerdeführer den Großteil seines bisherigen Lebens in Somalia, konkret in Somaliland, verbracht, ist dort aufgewachsen und hat dort seine Sozialisation erfahren. In Somalia leben auch noch Verwandte des Beschwerdeführers. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist derzeit im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zu Somalia auszugehen.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich strafgerichtlich unbescholten geblieben ist, vermag insofern keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführer an seinem Verbleib in Österreich zu bewirken, als mangelnde Straffälligkeit die Regel sein sollte; vielmehr stellt die Begehung von Straftaten einen eigenen Grund für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dar (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Der Beschwerdeführer vermochte zum Entscheidungszeitpunkt daher keine entscheidungserheblichen integrativen Anknüpfungspunkte im österreichischen Bundesgebiet darzutun, welche zu einem Überwiegen der privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat führen könnten.

Aufgrund der genannten Umstände überwiegen in einer Gesamtabwägung derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens wiegt in diesem Fall schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet.

Es kann daher im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, dass in dem den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 ist das Verfahren daher spruchgemäß zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen."

Die dagegen erhoben Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit 01.10.2015 abgewiesen.

5. Mit Schreiben vom 14.01.2016 wurde dem BF das Recht auf Parteiengehör eingeräumt. Es wurden 22 Fragen zum Privat- und Familienleben sowie das Länderinformationsblatt zu Somaliland übermittelt.

Dieser gab folgendes an: Er habe einen Grundkurs und A1 Deutschsprachkurs besucht, jedoch keine Prüfung abgelegt. Er sei gesund und gehe einer gemeinnützigen Beschäftigung im Museum der Völker nach. Er lebe in einem Flüchtlingsheim und beziehe die Grundversorgung. Hinsichtlich des LIB zu Somaliland wurde keine Stellungnahme abgegeben.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.03.2016, Zl. 13-820687402/2080515, wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Zi 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia (Somaliland) gemäß § 46 FPG zulässig ist.

Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Festgestellt wurde im Wesentlichen, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe, er an keinen schwerwiegenden lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankungen leide und sich aktuell weder in medizinischer Behandlung befände, noch Medikamente benötige. Hinsichtlich der Situation in seinem Herkunftsstaat habe seit dem Zeitpunkt der ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Verschlechterung der allgemeinen tatsächlichen Gegebenheiten in seiner Heimat erkannt werden können. Der Beschwerdeführer sei am 06.05.2012 illegal eingereist, sei mittellos, bestreite seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der Grundversorgung und lebe in einer Flüchtlingsunterkunft. Der BF geht seit Februar 2013 einer gemeinnützigen Beschäftigung im Museum der Völker in Schwarz nach. Der Beschwerdeführer verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte in seinem Herkunftsstaat und habe nicht festgestellt werden können, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Somalia (Somaliland) eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention drohen würde oder ihm jedwede Lebensgrundlage entzogen wäre. Der Beschwerdeführer sei nicht vorbestraft und lebe von der Grundversorgung. Die Dauer seines bisherigen Aufenthaltes von über drei Jahren in Österreich gründet sich lediglich auf die Dauer des nunmehrigen negativ entschiedenen Asylverfahrens und sei der BF zudem illegal nach Österreich eingereist. Im Verfahren seien darüber hinaus keine Aspekte einer schützenswerten Integration hervorgekommen.

7. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 16.03.2016 fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben.

Es wurde beantragt festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.

Nach einer Wiederholung des Sachverhaltes bzw. den Angaben, dass er entgegen dem Sprachgutachten doch der Minderheit der Ashraf angehöre und erst in frühester Kindheit mit dem Onkel nach Somaliland übersiedelt sei, gibt dieser hinsichtlich der Rückkehrentscheidung an.

Er verweise zunächst auf das bisher im Verfahren und in der Stellungnahme vorgebrachte. Zum bestehenden Privatleben verweise er auf bereits vorgelegte Bestätigungen und Unterlagen, bzw. werde nach Erhalt weiterer diese umgehend nachreichen.

Das BVwG werde ersucht, den vorliegenden Fall noch einmal zu prüfen und festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, in eventu den erstinstanzlichen Bescheid zu beheben und zur weiteren Verhandlung an das BFA zurückzuverweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in Somalia/Somaliland, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Zur Person

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannten Personalien, ist Staatsangehöriger von Somalia.

Der Beschwerdeführer reiste am 05.06.2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat außer seinem Aufenthaltsrecht auf Grund seiner Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz keinen fremdenpolizeilichen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer wurde im Herkunftsstaat geboren und verbrachte dort die ersten 22 Jahre seines Lebens. In Österreich eignete sich der BF geringe Deutschkenntnisse an, hat jedoch keine Prüfung abgelegt. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Im Herkunftsstaat befinden sich Angehörige.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation darstellen würde.

Es konnten keine Anhaltspunkte, welche für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen, festgestellt werden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Die aktuelle Situation in Somalia/Somaliland stellt sich für Rückkehrer unter Heranziehung der erstinstanzlichen Feststellungen wie folgt dar:

Länderinformationsblatt

der Staatendokumentation

Somalia - Somaliland

1. Politische Lage

Die Republik Somaliland hat im Mai 1991 ihre Unabhängigkeit erklärt und seither Stück für Stück grundlegende Staatsstrukturen wieder aufgebaut. Die Unabhängigkeit wurde bei einer im Jahr 2001 abgehaltenen Volksabstimmung bestätigt. Während in Süd-/Zentralsomalia Kämpfe stattfanden, befand sich Somaliland auf einem Weg des Staatsaufbaus und der Demokratisierung. In den westlichen und zentralen Landesteilen sind die Fortschritte bemerkenswert. Auch wenn Somaliland seither Regierungskapazitäten aufgebaut hat und sich auf einem Weg der vollständigen Demokratisierung befindet, ist das Land international noch nicht anerkannt worden (BS 2014). Auch wenn es keine formelle Anerkennung gibt, so bestehen unterhalb der Schwelle der förmlichen Anerkennung trotzdem freundschaftliche Beziehungen zu Staaten in der Region (Äthiopien, Dschibuti) und darüber hinaus (AA 3.2014b). Gemäß Aussagen von Nicolas Kay, Leiter der UN Assistance Mission in Somalia (UNSOM) hat Somaliland in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht (UNNS 18.8.2014).

Die letzte Präsidentenwahl fand im Jahr 2010 statt. Bei der als von internationalen und lokalen Beobachtern als frei und fair erklärten Wahl gewann der gegenwärtige Präsident Ahmed Mohamed Mohamud ‚Silanyo' (USDOS 27.2.2014; vgl. AA 3.2014c). Es kam zu einer problemlosen Amtsübergabe von der Regierungs- an die Oppositionspartei (BS 2014).

Somaliland verfügt über ein Zweikammern-Parlament. Sowohl der Guurti/House of Elders als auch das Repräsentantenhaus haben jeweils 82 Abgeordnete (USDOS 27.2.2014). Die letzten Parlamentswahlen fanden in Somaliland im Jahr 2005 statt. Neuwahlen sind damit schon seit mehr als drei Jahren überfällig. Zuletzt wurden sie wieder von 2014 auf Juli 2015 (Repräsentantenhaus) bzw. 2016 (Guurti) verschoben. Begründet wurde die neuerliche Verschiebung mit Problemen bei der Wählerregistrierung, Unsicherheit und technischen Problemen (USDOS 27.2.2014). Die Vorbereitung der Wahlen erfolgt mit internationaler Unterstützung (AA 3.2014c; vgl. UNSG 25.9.2014).

Lokalwahlen wurden am 28.11.2012 durchgeführt. Die Wahlen verliefen größtenteils friedlich, allerdings kam es nach der Verkündung der Ergebnisse zu gewaltsamen Protesten, die wiederum von der Polizei mit Gewalt niedergeschlagen wurden. Dabei wurden zehn Menschen getötet (BS 2014).

Von den im Jahr 2012 registrierten neun politischen Vereinen schafften es Kulmiye, Waddani und Ucid, als eine von drei Parteien zugelassen zu werden (USDOS 27.2.2014).

Das Verhältnis zwischen Somaliland und dem Rest des Landes ist problematisch. Von einer Aussöhnung mit dem Rest Somalias im Kontext einer friedlichen und definitiven Lösung der Statusfrage sind beide Seiten noch weit entfernt. Bei dem von der Türkei unterstützten "Istanbuler Dialog" konnten allerdings atmosphärische Fortschritte zwischen den beiden Verhandlungsteams aus Hargeysa und Mogadischu erreicht werden (AA 3.2014c).

Quellen:

2. Sicherheitslage

Der in Somaliland etablierten de facto-Regierung ist es gelungen, ein für die Region durchaus bemerkenswertes Maß an Stabilität und Ordnung herzustellen (AA 3.2014c). Die Sicherheitslage in Somaliland ist im Vergleich zum Rest des Landes deutlich stabiler (ÖB 10.2014). Die UN hat für das eigene Personal die Regionen Awdal und Woqooyi Galbeed mit Gelb (medium risk), die Regionen Togdheer, Sanaag und Sool mit Orange (high risk) eingestuft (A 9.10.2014). Während also das westliche Somaliland die stabilste Region ganz Somalias ist, bleibt der östliche Teil volatil (A 17.10.2014).

Al Shabaab ist keine unmittelbare Bedrohung für Somaliland (C 18.6.2014). Es wurden keine Anschläge oder Kampfhandlungen von al Shabaab in den zentralen Teilen Somalilands verzeichnet (ÖB 10.2014).

Somaliland verfügt in den westlichen und zentralen Landesteilen über Verwaltungskapazitäten. Ohne die Möglichkeit, auf externe Finanzierung zurückgreifen zu können, bleiben diese Kapazitäten aber minimal und konzentrieren sich hauptsächlich auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit (BS 2014). Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, stellen aber kein grundlegendes Sicherheitsproblem dar (ÖB 10.2014). Die Regierung greift bei Clanstreitigkeiten vermittelnd ein, z.B. im Frühjahr 2014 (UNDP 2.5.2014b).

Die östlichen Regionen Sool, Sanaag und Cayn (teil der Region Togdheer) sind zwischen Somaliland und Puntland umstritten. Beide Entitäten beanspruchen die volle Kontrolle für sich. Allerdings haben weder Somaliland noch Puntland die tatsächliche Kontrolle über die Gebiete erlangt. In den drei betroffenen Gebieten kam es im Jahr 2013 zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen der somaliländischen Armee und lokalen Milizen. Mehr als hundert Personen verloren ihr Leben und mehr als 3.000 Menschen wurden vertrieben (BS 2014). Insgesamt kommt es an der Grenze zu Puntland (Sanaag und Sool) immer wieder zu Schusswechseln (ÖB 10.2014) mit dort beheimateten Milizen (AA 3.2014c). Bezüglich dieser Gebiete gab es im Jahr 2013 mehrere Berichte, wonach der Zugang für humanitäre Hilfe eingeschränkt war. NGOs berichteten über Einschüchterungen durch lokale Behörden (USDOS 27.2.2014).

Aufgrund des Konfliktes im Osten des Landes bleibt die Kontrolle dieser Gebiete durch Somaliland beschränkt. Insbesondere die lokale Sool-Sanaag-Cayn-Miliz (SSC) hatte in der Vergangenheit versucht, eine sowohl von Somaliland als auch von Puntland unabhängige Administration aufzubauen. Diese Administration wurde im Jahr 2012 durch den sogenannten "autonomen Staat Khatumo" ersetzt, der vorgibt, die Gebiete des Dulbahante-Clans in Somaliland und Puntland zu administrieren. Trotz eines Waffenstillstandsabkommens zwischen Teilen der SSC und der somaliländischen Regierung kam es auch weiterhin zu gewaltsamen Zwischenfällen in der Region Sool (BS 2014). In den zwischen Somaliland und Puntland umstrittenen Regionen halten die Spannungen an. Interkommunale Auseinandersetzungen um Land und andere Ressourcen haben sich verstärkt (ICRC 14.5.2014). Eine Auseinandersetzung zwischen Somaliland und Khatumo gab es etwa am 28.8.2014 in der Region Sool (UNSC 30.9.2014).

Quellen:

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Prinzipiell sieht die Verfassung Gewaltenteilung vor. Allerdings übt die Exekutive sowohl auf die Legislative als auch auf die Justiz Einfluss aus (BS 2014; vgl. USDOS 27.2.2014).

Laut Verfassung kommen drei Rechtssysteme zur Anwendung: Islamisches Recht; formales Recht; traditionelles Recht. Die Scharia-Gerichte befassen sich dabei mit Standesangelegenheiten, erlangen aber aufgrund der schnellen Verfahren auch in der somaliländischen Wirtschaft immer mehr an Bedeutung. Auch wenn formelles Recht - darunter das alte somalische Strafgesetzbuch - weiterhin zur Anwendung kommt, ist das traditionelle Recht relevanter (BS 2014).

In Somaliland gibt es funktionierende Gerichte. Es gibt auch von der UN finanzierte mobile Gerichte für abgelegene oder gefährdete Gebiete (USDOS 27.2.2014). In 37 von 52 Bezirken gibt es Gerichte, davon haben 15 einen festen Sitz; und 22 haben ernannte Richter aber keine permanenten Gerichtsgebäude. Die mobilen Gerichte bieten ihre Dienste in 25 Bezirken an (UNDP 13.8.2014).

UNDP hat somaliländische Gerichte mit Ausbildung und anderer Unterstützung versehen (BS 2014). UN-Agenturen betreiben umfangreiche Programme zur Verbesserung des Justizsektors (Richter, Staatsanwälte, Polizei) (ÖB 10.2014). Bis Ende 2013 hat alleine das Civil Service Institute 3.700 öffentlich Bedienstete in Somaliland ausgebildet. Außerdem graduierten im Jahr 2013 an der Universität in Hargeysa 338 Juristen, darunter 89 Frauen (UNDP 27.6.2014). Aus- und Weiterbildung von hunderten Richtern, Staatsanwälten, Untersuchungsbeamten und anderen öffentlich Bediensteten finden laufend statt (UNDP 13.8.2014).

Insgesamt mangelt es aber noch an ausgebildeten Richtern, Juristen bzw. selbständigen Anwälten (ÖB 10.2014). Es mangelt auch an Rechtsdokumentation (USDOS 27.2.2014) und an vollständiger territorialer Souveränität. Außerdem wird der Justiz häufig Korruption vorgeworfen und die Verfahren dauern sehr lange. Dies führt dazu, dass die Menschen oft auf die traditionelle oder islamische Justiz zurückgreifen (BS 2014).

In Somaliland sind ansatzweise rechtsstaatliche Grundsätze im Strafrecht zu beobachten. Dazu gehört das Bemühen, eine diskriminierende Strafverfolgung und -zumessung möglichst zu vermeiden. Strafprozessuale Verfahrensrechte werden in Somaliland und Puntland eher beachtet als in den übrigen Landesteilen (E 6.2013). Vor somaliländischen Gerichten gilt generell die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf rechtliche Vertretung. Verteidiger dürfen Zeugen befragen und einberufen und es gibt ein Recht auf Berufung. Für Angeklagte, die einer schweren Straftat bezichtigt werden, gibt es eine kostenlose Rechtsvertretung. Außerdem gibt es im Land kostenlose Rechtsberatung (Legal Aid Clinic) (USDOS 27.2.2014), etwa von UNDP unterstützte. Letztere berieten im 1. Quartal 2014 990 Personen (UNDP 2.5.2014a), im 2. Quartal 2014 1.055 Personen, darunter auch Flüchtlinge, Asylwerber, IDPs und Minderheitenangehörige (UNDP 13.8.2014).

Allerdings gibt es - wie erwähnt - Berichte darüber, dass es vor allem in hochrangig politischen und sicherheitsrelevanten Fällen zu Einflussnahme durch die Exekutive oder die Politik kommt (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

4. Sicherheitsbehörden

Aus Sicht der Botschaft kann davon ausgegangen werden, dass sich der staatliche Schutz in Somaliland besser darstellt als in Süd-/Zentralsomalia (ÖB 10.2014). Die somaliländische Polizei untersteht dem somaliländischen Innenministerium (USDOS 27.2.2014). Das UNDP hat alleine bis Ende 2013 zur Ausbildung von 5.000 Polizisten in Somaliland beigetragen. Das UNDP zielte in seiner Arbeit auch auf die Stärkung institutioneller und technischer Kapazitäten der somaliländischen Polizei ab. Menschenrechte und Gleichstellung sollen gefördert werden. Dazu wurden u.a. 150 Polizistinnen neu rekrutiert (UNDP 27.4.2014). Insgesamt funktionieren Polizei und Regierungsinstitutionen in den zentralen Teilen Somalilands einigermaßen gut, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014).

Die genaue Größe der Polizei von Somaliland ist unklar, inkl. Justizwache und Verkehrspolizei könnten es bis zu 50.000 Mann sein.

Es gibt bei der Polizei einige Spezialeinheiten: die Special Protection Units (SPUs), die für die Sicherheit der im Lande tätigen Ausländer verantwortlich sind; die Resistant Reaction Unit (RRU), eine Alarmeinheit (u.a. auch als Entschärfungsdienst eingesetzt); und Einheiten für den Schutz des Staatsoberhauptes und anderer hochrangiger Personen (SR 31.5.2012). Die Sicherheitskräfte dürften in der Lage sein, mit kleineren Bedrohungen oder Krisen umzugehen. Die aktuelle Regierung hat die Gehälter der staatlichen Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahren um 100 Prozent erhöht (ÖB 10.2013).

Quellen:

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Somaliländische Sicherheitskräfte begingen willkürliche Tötungen, z. B. am 13.5.2013 als in Burco auf zivile Demonstranten gefeuert wurde. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor; betroffen sind hier v.a. Personen, die der Unterstützung von al Shabaab bezichtigt werden, als auch Journalisten. Straftaten durch Sicherheitskräfte werden selten untersucht, es herrscht eine Kultur der Straflosigkeit (USDOS 27.2.2014).

Der aktuelle Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums meldet bezüglich Somaliland keine Vorfälle von Folter oder Verschwindenlassen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

6. Korruption

Korruption und auf den Clans basierte Patronage-Netzwerke durchdringen alle Ebenen der Verwaltung. Vor allem unter dem vorigen Präsidenten war Korruption besonders verbreitet. Mittlerweile gibt es aber Zeichen der Besserung (BS 2014). Es gibt nunmehr einen nationalen Rechnungsprüfer und eine Anti-Korruptions-Kommission, die vom Präsidenten ernannt werden (USDOS 27.2.2014). Es kam zur Verurteilung zweier Behördenmitarbeiter und zur Entlassung einiger Richter (BS 2014).

Quellen:

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Internationale und lokale NGOs können in Somaliland im Allgemeinen ohne größere Einschränkungen agieren (USDOS 27.2.2014). Es gibt zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft, etwa für Frauen, Jugendliche, Berufsgruppen etc. Die Regierung lädt Repräsentanten der Zivilgesellschaft regelmäßig zu Beratungen ein (BS 2014).

Quellen:

8. Ombudsmann

Die Arbeitsfähigkeit der Somaliland Human Rights Commission wird durch eingeschränkte Ressourcen und die Unerfahrenheit der Mitglieder gehemmt (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

9. Wehrdienst

Es gibt keine Wehrpflicht (E 6.2013).

Noch immer werden große Teile des insgesamt kleinen somaliländischen Budgets der Armee überantwortet. Diese besteht aus ca. 35.000 zivilen und militärischen Angehörigen. Die Armee verfügt zwar lediglich über veraltete Ausrüstung, ist im Unterschied zu anderen Sicherheitskräften in Somalia allerdings gut organisiert (BAA 25.7.2013).

Es gibt nur vereinzelt Berichte über Kinder in den Reihen der somaliländischen Armee (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Somaliländische Sicherheitskräfte begingen willkürliche Tötungen; auch willkürliche Verhaftungen kommen vor. Betroffen sind hier v.a. Personen, die der Unterstützung von al Shabaab bezichtigt werden, aber auch Journalisten (USDOS 27.7.2014).

Insbesondere in Folge der friedlichen Machtübergabe nach den Präsidentschaftswahlen 2010 hat die Menschenrechtslage insgesamt, ausgehend von einem äußerst niedrigen Niveau, einige Fortschritte gemacht (E 6.2013). In den Zentren von Somaliland herrscht im Wesentlichen Rechtsstaatlichkeit und die Polizei und andere Behörden arbeiten halbwegs gut. In den abgelegen Gebieten des Landes sorgen lokale Autoritäten für Recht und Ordnung. In diesem Kontext bleiben Frauen-, Kinder- und Minderheitenrechte oft unzureichend gewährleistet (BS 2014).

Quellen:

11. Meinungs- und Pressefreiheit

Auch wenn es keine systematische Zensur gibt, wurde die Meinungsfreiheit in den vergangenen Jahren manchmal sehr eingeschränkt (BS 2014). Menschen müssen mit entsprechenden Repressalien rechnen, wenn sie Kritik an der Regierung üben. Dies betrifft v.a. Kritik mit Bezug auf Korruption. Es kam im Jahr 2013 auch zur Verhaftung von Regierungskritikern. Journalisten üben Selbstzensur (USDOS 27.2.2014). Gemäß Angaben der Somaliland Journalist Association wurden im Jahr 2013 mehr als 20 Journalisten in Haft genommen. Außerdem wurden Medieneinrichtungen geschlossen, z. B. Kalsan TV am 22.7.2013 (USDOS 27.2.2014; vgl. BS 2014). Im Jahr 2012 waren noch 79 Journalisten verhaftet worden (USDOS 19.4.2013).

Private Radiosender sind in Somaliland auch weiterhin verboten. Der einzige offizielle FM-Sender gehört der Regierung. Allerdings beziehen die Menschen Informationen auch aus dem somalischen Programm von BBC und Voice of America (USDOS 27.2.2014) und darüber hinaus gibt es in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten im Osten weitere Radiosender (BS 2014).

Dahingegen gibt es zahlreiche private Zeitungen und mehrere Fernsehstationen. Der Zugang zum Internet ist uneingeschränkt möglich (BS 2014).

Quellen:

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Grundsätzlich garantiert die Verfassung Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Es gibt auch viele Vereine im Land (BS 2014). Trotzdem wird die Vereinigungsfreiheit in Somaliland eingeschränkt.

Auch die Versammlungsfreiheit wurde manchmal eingeschränkt: Im Jahr 2013 kam es zur Tötung von zumindest einem zivilen Demonstranten (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

12.1. Opposition

Laut Verfassung sind nur jeweils drei Parteien gleichzeitig zu einer Wahl zugelassen (USDOS 27.2.2014). Diese in der Verfassung festgehaltene Regel soll der Verbreitung von Clan-Parteien einen Riegel vorschieben. Gegenwärtig sind noch Vertreter von Kulmiye, Udub und Ucid im Repräsentantenhaus vertreten. Bei den Lokalwahlen 2012 verlor die Udub ihren Status zu Gunsten der Wadani-Partei. Damit sind bei den nächsten Wahlen Kulmiye, Ucid und Wadani als wahlwerbende Parteien zugelassen. Die Demokratie wird in Somaliland sehr ernst genommen (BS 2014).

Trotzdem war es in den letzten Jahren immer wieder zu Einschüchterungsmaßnahmen seitens der Regierung gegen Anhänger der Opposition gekommen. Insbesondere duldet diese es nicht, wenn die einseitig erklärte Unabhängigkeit der Republik Somaliland in Frage gestellt wird. Aus Somaliland stammenden Vertretern im somalischen Parlament bzw. in der Regierung wurden Repressionen für den Fall ihrer Rückkehr angedroht; sie werden als Landesverräter angesehen (E 6.2013).

Quellen:

13. Haftbedingungen

Der Strafvollzug in Somaliland kann mit westlichen Standards nicht verglichen werden, wenngleich unter der aktuellen Regierung seit 2010 merkbare Verbesserungen erzielt wurden. Ein andauerndes Problem ist aber das Fehlen von Einrichtungen für den Jugendstrafvollzug (ÖB 10.2013).

UN Office on Drugs and Crime (UNODC) arbeitet eng mit den Behörden in Hargeysa und Mandera zusammen, um Ausbildungsmöglichkeiten für Häftlinge und die Verbesserung der Lebensbedingungen in Gefängnissen zu erzielen (ÖB 10.2014). Das UNODC bildet somaliländisches Gefängnispersonal aus (USDOS 27.2.2014). Großbritannien hat derweil den Bau eines neuen Gefängnisses in Hargeysa unterstützt (UKFCO 10.4.2014).

Das Gesetz gestattet es Häftlingen, bei den Justizbehörden Beschwerden vorzubringen. Außerdem gestattet die Regierung unabhängigen sowie UN-Organisationen den Besuch von Haftanstalten. Auch das sogenannte Prison Conditions Management Committee, in welchem auch Ärzte und Repräsentanten der Zivilgesellschaft vertreten sind, besuchte Gefängnisse (USDOS 27.7.2014). Das ICRC hat ein Abkommen mit der somaliländischen Regierung geschlossen und konnte erstmals Gefangene in Haftanstalten besuchen. Die Behandlung und die Lebensbedingungen der Häftlinge wurden beobachtet (ICRC 14.5.2014).

Quellen:

14. Todesstrafe

Im Jahr 2013 wurden in Somaliland 28 Todesurteile vollstreckt, alle für begangene Mordtaten (AI 27.3.2014).

Quellen:

15. Religionsfreiheit

Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion und verbietet die Konversion zu einer sowie die Missionierung für eine andere Religion. Dies, obwohl die Verfassung auch die Glaubensfreiheit feststellt. Somaliland setzt das Verbot der Missionierung auch effektiv durch. So wurde z.B. im März 2013 ein kenianischer Angestellter der UN aufgrund der Anschuldigung der Verbreitung christlicher Literatur in seine Heimat deportiert (USDOS 28.7.2014).

Es liegen außerdem Berichte über die gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund des Glaubens und der Glaubensausübung vor. Der soziale Druck, mit dem sunnitischen Islam verbundene Traditionen zu befolgen, ist groß (USDOS 28.7.2014).

Quellen:

16. Minderheiten und Clanstruktur

Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und lsaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

• Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und JubbaRegionen), Marehan (Süd-Jlentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

• Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

• Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

• Die lsaaq sind der Hauptclan Somalilands.

• Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Vibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USD05 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den CIan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter

(EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert.

Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Cianschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Die linguistische Situation in Somalia ist relativ homogen. Neben der als Standard-Somali festgelegten nordöstlichen Varietät gibt es aber regionale Dialekte. Die Grenze nördlicher und südlicher Varietäten verläuft durch die Region Mudug. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Hauptvarietäten ist gut dokumentiert und kann generell mittels Sprachanalyse festgestellt werden. Auch feinere Unterscheidungen innerhalb der beiden Hauptvarietäten sind möglich (EASO 8.2014).

Somali selbst unterscheiden oftmals zwischen Maxaa-tiri, einer Sammlung regionaler

Varietäten, die generell verstanden werden, und Maay-tiri, den regionalen Dialekten in den

Regionen Bay, Bakool, Gedo, Middle Jubba und Lower Shabelle (EASO 8.2014).

Daneben gibt es bestimmte Minderheiten, die andere Sprachen sprechen: Swahili (Kibajuni, Chimwiini), Oromo (z.B. af-Garre) oder Mushunguli. Generell kann aufgrund der Dominanz der somalischen Sprache aber davon ausgegangen werden, dass auch Sprecher einer Minderheitensprache über Sprachkenntnisse in Somali verfügen (EASO 8.2014).

Quellen:

16.1. Minderheiten und kleine Clan Gruppen

Es gibt unterschiedliche Kategorien von Minderheiten: ethnische und religiöse sowie jene, die als Berufskasten bezeichnet werden. Ethnische und religiöse Minderheiten haben einen unterschiedlichen kulturellen und/oder sprachlichen Hintergrund als die Somali der großen Clans. Die Berufskasten haben den gleichen Hintergrund wie die Clans, praktizieren jedoch spezifische Berufe (EASO 8.2014).

Außerdem sind auch Angehörige von somalischen Clans dann als Minderheit zu qualifizieren, wenn sie in einem Gebiet leben, das mehrheitlich von einem anderen CIan bewohnt ist (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem CIan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein (EASO 8.2014). Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als CIan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sah, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010).

Quellen:

16.2. Aktuelle Situation

Folter, Vergewaltigung, Entführung mit Lösegelderpressung sowie von Plünderung betroffen. Außerdem leben viele Minderheitenangehörige in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung (USDOS 27.2.2014). Angehörige von Minderheitenclans werden nicht systematisch verfolgt, wohl aber im täglichen Leben benachteiligt (ÖB 10.2014).

Einzelne Minderheiten leben unter schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (ÖB 10.2014). Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede. Gesellschaftliche Diskriminierung durch die Hauptclans kommt vor. So werden etwa die Bantu manchmal als adoon (Sklaven) bezeichnet (EASO 8.2014).

Für Berufskasten sind gesellschaftliche Interaktionen nur beschränkt möglich (EASO 8.2014). Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USD05 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Die vier größten Clans dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft. Dementsprechend sind die politischen Parteien, die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2014). Auch wenn Minderheiten in Regierung und Parlament vertreten sind, bleibt ihre Stimme schwach und - meist - ungehört (EASO 8.2014). In den meisten Gebieten schließen die lokal dominierenden Clans Angehörige anderer Clans von der Partizipation an der Verwaltung aus, und es kommt zu Diskriminierung in den Bereichen Arbeit und Justiz sowie beim Zugang zu öffentlichen Diensten (USDOS 27.2.2014). Selbst in Arbeitsbereichen, die zuvor oft den Minderheiten zugeschrieben worden sind, werden heute Angehörige der Hauptclans bevorzugt (EASO 8.2014). Dabei gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es z.B. in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Ashraf, die den Digil/Mirifle nahestehen, könnten aufgrund der Tatsache, dass sie einen von al Shabaab nicht anerkannten religiösen Status haben, zum Ziel der Islamisten werden. Insgesamt gibt es aber keine aktuellen Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Sheikhal oder Ashraf (EASO 8.2014).

Den Benadiri wiederum ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben. Sie verfügen zwar über ökonomische Macht, nicht aber über politische. So sind etwa alle District Commissioners in Mogadischu Angehörige der Mehrheitsclans (B 10.2014).

Andererseits gibt es in Mogadischu heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr (UKHO 9.4.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der CIan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B

10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.netJfile_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf ,

Zugriff 30. 10.2014

Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CC) [2014] UKUT 442 (IAC),

http://www.bailiLorg/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 22. 10.2014

16.3. Minderheiten in Somaliland

Minderheitenschutz besteht offiziell nicht, d.h. Angehöriger verschiedener Minderheiten (v.a. Bantu, Äthiopier) sind weiterhin Marginalisierung sowie sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung (kein Arbeitsmarktzugang) ausgesetzt. Eine aktive "Verfolgung" findet allerdings nicht statt (ÖB 10.2014).

In der Regierung gibt es keinen Angehörigen einer Minderheit. Der stellvertretende Vorsitzende der Somaliland Human Rights Commission gehört einer Minderheit an, außerdem hat der Präsident einen eigenen Berater für Minderheitenprobleme (USDOS 27.2.2014). Minderheitenangehörige können sich in vom UNDP unterstützten Rechtshilfezentren juristisch beraten lassen (UNDP 2.5.2014a; vgl. UNDP 13.8.2014).

Xeer-Verhandlungen zwischen Minderheitengruppen und großen Clans sind in Somaliland möglich. Die Minderheit hat die Möglichkeit, ein Xeer-Abkommen zurückzuweisen. Im Gegensatz gibt es keine Möglichkeit, den Minderheiten eine vereinbarte Auszahlung zu verweigern. Allerdings üben starke Clans auf Minderheiten Druck aus. Dann können sich Minderheiten auch an ein Gericht wenden. Eine internationale Organisation gibt an, dass in der Regel Verhandlungen zwischen Minderheitengruppen und großen Clans fair ablaufen, allerdings könne Erpressung vorkommen. Minderheitengruppen können sich in Somaliland mit einem großen Clan assoziieren. In diesem Fällen führt der "Mutterclan" die Verhandlungen für die Minderheitengruppe (MV 30.11.2012).

Quellen:

17. Bewegungsfreiheit

Zivilisten können sich in Somaliland frei bewegen und sich niederlassen. Allerdings gibt es bei den vom Konflikt betroffenen Gebieten Einschränkungen. Das somaliländische Innenministerium gibt an, dass die lange Grenze mit Äthiopien unkontrollierbar sei und es hier viel Grenzverkehr gebe (MV 18.10.2012). Somaliland hat allerdings Vertretern der somalischen Bundesregierung die Einreise verweigert - auch solchen, die eigentlich aus Somaliland stammen. Außerdem hat Somaliland verhindert, dass traditionelle Älteste nach Mogadischu reisen können, um an föderalen Prozessen mitzuwirken (USDOS 27.2.2014).

Innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen mit Sicherheit. Üblicherweise genießen Somalis den Schutz ihres eigenen Clans, d.h. in dessen Gebiet sind sie grundsätzlich in Sicherheit. Relativ sichere Gebiete sind weiterhin Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2014). Gegner der somaliländischen Regierung können grundsätzlich in den Osten Somalilands oder nach Puntland in Nordostsomalia ausweichen (E 6.2013).

Die Hauptstadt Mogadischu beherbergt viele tausende Flüchtlinge aus dem ganzen Land. Allerdings ist die Aufnahmefähigkeit für Binnenvertriebene begrenzt und wie auch sonst überall besteht für die Flüchtlinge keine Grundversorgung, außer jene, die durch internationale Organisationen gewährleistet wird (v.a. in Puntland und Somaliland) (ÖB 10.2014).

Quellen:

17.1. Meldewesen

Somaliland verfügt über ein einigermaßen funktionierendes Behördennetz, allerdings bestehen auch hier nur wenige bis rudimentäre staatliche Aufzeichnungen und Personenregister (ÖB 10.2014). Spitals- aber auch Hausgeburten werden in Somaliland registriert. Allerdings kommt es aufgrund eingeschränkter Kapazitäten und des vorherrschenden nomadischen Lebensstils auch vor, dass Geburten nicht registriert werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine Person deshalb von öffentlichen Diensten wie z.B. Bildung ausgeschlossen werden würde (USDOS 27.2.2014).

Die Dokumentensicherheit in Somaliland gestaltet sich daher grundsätzlich nicht sehr viel besser als im übrigen Somalia. Die von Somaliland ausgestellten Pässe werden international nicht anerkannt (ÖB 10.2014).

IOM führt ein Pilotprojekt zur Erstellung eines Zivilregisters (Erfassung von Geburten, Todesfällen, Eheschließungen) durch, dieses Projekt befindet sich derzeit allerdings noch in der Anfangsphase. In Hinblick auf die Wahlen 2015 in Somaliland wird an der Einführung eines einheitlichen Wahlregisters gearbeitet (ÖB 10.2014).

Quellen:

18. Grundversorgung/Wirtschaft

In Somaliland, wo ein gewisser Grad an Stabilität erreicht wurde, sind durchweg bessere Indikatoren als in Süd-/Zentralsomalia zu verzeichnen. Mehr Mütter überleben Schwangerschaft und Geburt, mehr Kinder gehen zur Schule, mehr Menschen haben Zugang zu Trinkwasser und medizinischer Versorgung (AA 3.2014a).

Binnenhandel und Export unterliegen kaum staatlichen Regulierungen. Der somaliländische Shilling ist verhältnismäßig stabil (BS 2014). Der Handel über den Seehafen Berbera und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt (AA 3.2014a).

Die Arbeitsmarktlage bleibt jedoch mit einer offiziellen Arbeitslosenrate von 80-92 Prozent weiterhin äußerst angespannt, die Mehrheit der Menschen - sowie die in Somaliland aufhältigen IDPs - lebt daher in großer Armut (ÖB 10.2013). Die Lebensbedingungen für Rückkehrer, die nicht über familiäre oder andere soziale Bindungen bzw. größeres eigenes Vermögen verfügen sind extrem schwierig (E 6.2013).

Da Somaliland international nicht anerkannt worden ist, erhält es von den OECD-Staaten auch nur eingeschränkt Unterstützung. Trotzdem stehen grundlegende Verwaltungsdienste zur Verfügung, z.B. die grundlegende Infrastruktur oder Behörden. Zur Finanzierung tragen die Diaspora, NGOs und UN-Organisationen bei. Insgesamt fehlt es Somaliland aber an finanziellen Ressourcen, um ein Wohlfahrtssystem zu finanzieren (BS 2014).

Quellen:

19. Medizinische Versorgung

Eine medizinische Grundversorgung wird vor allem in den sichereren nördlichen Landesteilen, durch internationale Hilfsorganisationen gestellt (E 6.2013). Somaliland hat ein relativ strukturiertes Gesundheitssystem, das zum großen Teil von den Gesundheitsbehörden verwaltet wird. Es gibt staatlich und privat (z.B. von NGOs) betriebene Krankenhäuser. Im Jahr 2010 gab es in Somaliland 160 Gesundheitsstationen, 83 Mutter-Kind-Kliniken, 8 Regional- bzw. Bezirksspitäler und ein Referenzspital (WHO 2012). Die Gesundheitsversorgung konzentriert sich auf urbane Zentren und wird von Privaten oder von internationalen Organisationen organisiert (BS 2014). Die Gesundheitseinrichtungen in ländlichen Gebieten sind in schlechtem Zustand; es mangelt an Ausrüstung, Nachschub und qualifizierten Arbeitskräften (UNOCHA 15.2.2013).

Es gibt viele unterernährte Kinder in Somaliland. UNICEF empfängt jede Woche mehrere schwer unterernährte Kinder. Die Organisation betreibt vier Stabilisierungszentren, wo Kinder unter fünf Jahren betreut werden. Außerdem verfügt UNICEF über 66 permanente Ambulatorien und über 372 Ambulatorien, die von mobilen Teams betreut werden (UNICEF 19.3.2014).

Viele Patienten, welche mit bestimmten Kategorien von Krankheiten und Verletzungen oder als Angehörige besonderer Personengruppen das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen, werden gratis behandelt.

Darunter fallen: Tuberkulose, HIV, Geisteskrankheiten, Behinderungen, ältere Personen, Mutter-Kind-Vorsorge, Angehörige von Sicherheitskräften und Häftlinge (DACH 5.2010).

Quellen:

20. Rückkehr

Nach Somaliland - in geringerem Ausmaß auch nach Puntland - kehren dem Vernehmen nach bisweilen Flüchtlinge bzw. anerkannte Asylbewerber zurück, unter ihnen in Einzelfällen auch wohlhabende und gut ausgebildete. In Somaliland und Puntland gab es in den letzten Jahren mehrfach Projekte zur Wiedereingliederung von Rückkehrern, die u.a. vom UNHCR durchgeführt werden. Mit Hilfe dieser Programme sind zwischen 1991 und 2007 ca. eine Million Menschen nach Somaliland und Puntland zurückgekehrt. Da Doppelzählungen und/oder mehrfache Ein- und Ausreisen kaum ausgeschlossen werden können, sind diese Angaben jedoch nicht gesichert (E 6.2013).

IOM unterhält ein eigenes Rückkehrprogramm für Somaliland und beurteilt die Rückkehr nach Somaliland als durchaus möglich. Ein systematisches Auffangnetz für Rückkehrer besteht allerdings nicht. Arbeitsmöglichkeiten gibt es allenfalls im Infrastruktur- und Baubereich (ÖB 10.2014).

Quellen:

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Herkunftsstaat/zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers ergeben sich aus den angeführten aktuellen Berichten anerkannter staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen bzw. Organisationen und bieten ein in inhaltlicher Hinsicht grundsätzlich übereinstimmendes und ausgewogenes Bild, sodass insgesamt kein Grund besteht, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Auch von Seiten des BF wurde den zur Kenntnis gebrachten Erkenntnisquellen nicht entgegengetreten.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zum Privat- und Familienleben einschließlich allfälliger Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich beruhen im Wesentlichen auf den diesbezüglichen Angaben im Asylverfahren, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der Beschwerde.

Im gegenständlichen Verfahren war der Sachverhalt aus dem bisherigen Ermittlungsergebnis in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen als geklärt anzusehen, weshalb eine mündliche Erörterung der Beschwerdesache unterbleiben konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8.Hauptstück des FPG (Z. 3).

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes ? BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.

Zu A)

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit Juni 2012 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist weder Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen noch Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Ferner erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Asylverfahren nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Der Beschwerdeführer befindet sich gemeinsam mit seiner Ehefrau und Kindern im Bundesgebiet. Die Genannten sind aufgrund des Ergebnisses der individuellen Antragsprüfung im selben Umfang wie der Beschwerdeführer von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bedroht, weshalb eine Rückkehrentscheidung ? zeitgleich mit den genannten Familienangehörigen vollzogen ? keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens darstellt und es daher auch keiner Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf.

Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist

(Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof ? unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen ? darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gericht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).

Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, S. 282ff).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

Geht man im vorliegenden Fall - trotz der relativ kurzen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH vom 26.6.2007, 2007/01/0479, in welchem eine rund dreijährige Aufenthaltsdauer als jedenfalls nicht so lange, als dass sich aus dieser eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat ableiten ließe, erachtet wurde)? von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Übereinstimmung mit dem Bundesamt, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten des Beschwerdeführers aus und würde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen.

Der Beschwerdeführer stellte am 05.06.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sein bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet war ihm bis jetzt nur durch diesen Antrag auf internationalen Schutz möglich und musste ihm bekannt sein, dass die damit verbundene sogenannte vorübergehende Aufenthaltsberechtigung lediglich ein Aufenthaltsrecht nur für die Dauer des Asylverfahrens darstellt. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich der Beschwerdeführer nicht darauf verlassen konnte, sein Leben auch nach Beendigung des Asylverfahrens in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit mehr als drei Jahren im Bundesgebiet, worin kein Zeitraum gesehen werden kann, der für sich genommen schon eine maßgebliche Integration mit sich bringt. Dieser Aufenthalt im Inland war dem Beschwerdeführer, wie erwähnt, lediglich auf Grund seines Antrages erlaubt, der sich als unberechtigt erwiesen hat, und war daher immer prekär. Darüber hinaus verfügt er über keinen Aufenthaltstitel.

Der Beschwerdeführer, hat zwar zwei Deutschkurse (Anfängerkurs, A1-Kurs) besucht, jedoch keinerlei Prüfungen abgelegt.

Der BF hat keinerlei Angehörige im Bundesgebiet. Daraus resultiert wiederum eine beträchtliche Relativierung der privaten Interessen des BF am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet.

Das Bundesverwaltungsgericht kann aber auch sonst keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Somalia/Somaliland erkennen. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht, er beherrscht die einheimische Sprache, sodass auch eine Resozialisierung an keiner Sprachbarriere scheitern und vor diesem Gesichtspunkt unmöglich erscheinen würde.

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers wird also möglich sein. Seine im Herkunftsstaat aufhältigen Verwandten - lt. eigenen Angaben auch Ehefrau - werden die Wiedereingliederung im Herkunftsstaat erleichtern können. Individuelle Umstände, die eine außerordentliche Integration und Aufenthaltsverfestigung des Beschwerdeführers erkennen lassen würden, hat der BF nicht vorgebracht.

Unüberwindliche Schwierigkeiten oder unzumutbare Härten sind daher in einer Rückkehr des Beschwerdeführers, nicht zu erblicken.

Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 6. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).

Der Beschwerdeführer wäre nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19. 2. 2009, 2008/18/0721, VwGH 4. 6. 2009, 2009/18/0138) nur dann unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK in weiterer Folge zu einer Legalisierung des Aufenthaltes vom Inland aus berechtigt, wenn eine rasche bzw. sofortige Erteilung einer (humanitären) Niederlassungsbewilligung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffes in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- oder Familienleben erforderlich wäre. Die angeführten persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich stellen jedoch nach den oben dargestellten Kriterien in der Judikatur des EGMR keine besonderen Umstände im Sinne des Art. 8 EMRK dar, die es ihm unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen.

Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Obigen Erwägungen zufolge sind daher auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde sowohl in Bezug auf den Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abgewiesen.

Im gegenständlichen Fall kann auch aktuell gesehen keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention erkannt werden.

Es ergeben sich nach dem gepflogenen Ermittlungsverfahren keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat den hier relevanten Gefahren ausgesetzt wäre, noch liegen "außergewöhnliche Umstände" (‚exceptional circumstances') im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK vor, die eine Abschiebung aus anderen - etwa gesundheitlichen - Gründen als unzulässig erscheinen lassen würden (vgl. EGMR 2. 5. 1997, D. v. The United Kingdom, Appl. 30.240/96; EGMR 27. 5. 2008, N. v. The United Kingdom, Appl. 26.565/05 bzw. VwGH 23. 9. 2009, 2007/01/0515).

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte im gegenständlichen Verfahren vor folgendem Hintergrund unterbleiben:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde ? zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes-oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der VfGH äußerte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 und stellte dazu klar: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde" (VfGH 14.03.2012, Zl. U 466/11).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG ist der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.?3.?2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.?1.?2003, 2002/20/0533; 12.?6.?2003, 2002/20/0336, zur Anwendbarkeit auf das AsylG 2005 vgl. VwGH 11.?6.?2008, 2008/19/0126; VwGH 28.?6.?2011, 2008/01/0456).

Zuletzt sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigt, wobei das Anführen weiterer ? das Gesamtbild lediglich abrundender, für die Beurteilung jedoch nicht ausschlaggebender ? Argumente in diesem Zusammenhang nicht schadet (vgl. VwGH 18.?6.?2014, 2014/20/0002-7). Im Übrigen findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Gründe bzw. Integrationsaspekte.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Die beweiswürdigenden Ausführungen im gegenständlichen Erkenntnis weichen in ihren entscheidungsrelevanten Teilen inhaltlich nicht von jenen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ab und beinhalten überdies keine rechtlich relevanten Neuerungen.

Überdies wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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