BVwG W211 1421511-1

BVwGW211 1421511-11.2.2016

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W211.1421511.1.00

 

Spruch:

W211 1421511-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a SIMMA über die Beschwerde von XXXX StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Das Verfahren wird betreffend Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 01.04.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.04.2011 gab die beschwerdeführende Partei an, in XXXX in Nigeria geboren, Ibo und christlich zu sein. Sie habe in Nigeria von 1987 bis 1992 die Grundschule besucht und als Kraftfahrer und Busfahrer von 2003-2005 in XXXX gearbeitet. Ihre letzte Wohnadresse sei in Abia State gewesen. Die beschwerdeführende Partei sei bereits im Jahr 2005 nach Griechenland ausgereist und im März 2011 mit dem Zug von dort nach Österreich gekommen. Als Fluchtgrund gab die beschwerdeführende Partei an, im Juni 2005 als Buslenker in einen Unfall verwickelt worden zu sein. Ein Tank-Lkw sei mit ihrem Bus zusammengestoßen, der Bus sei in Flammen aufgegangen und viele Menschen seien dabei ums Leben gekommen. Sie selbst sei ebenfalls verletzt worden und habe Brandwunden am linken Arm und am linken Bein. Sie habe fünf Wochen im Krankenhaus verbracht und danach keine Arbeit mehr gehabt. Aus diesem Grund habe sie Nigeria verlassen.

In Griechenland sei die beschwerdeführende Partei vom Bruder der Person, die die Reise organisiert habe, bedroht worden, weil sie keine Drogen verkaufen wollte.

3. Am 30.08.2011 wurde die beschwerdeführende Partei von der belangten Behörde einvernommen und gab dabei soweit wesentlich an, dass sie keine persönlichen Beziehungen oder Verwandte in Österreich habe. Ihr Führerschein sei im Bus verbrannt. Sie habe in XXXX gelebt, bis sie 15 Jahre alt geworden sei. Danach sei sie nach Abia State gezogen, wo sie bis 2005 gelebt habe. Ihr Vater lebe noch in XXXX . Früher habe er in der Landwirtschaft gearbeitet.

Nach ihrem Fluchtgrund befragt gab die beschwerdeführende Partei an, einen Unfall als Busfahrer gehabt zu haben. Es seien 14 Passagiere im Bus gewesen. Ein Tankfahrzeug sei mit dem Bus kollidiert, beide Fahrzeuge haben Feuer gefangen, und nur die beschwerdeführende Partei und ein junger Bursche neben ihr haben den Unfall überlebt. Nach ca. fünf Wochen im Krankenhaus habe sie Angst gehabt, Bus zu fahren und habe nicht mehr als Fahrer arbeiten können. Sie sei in ihr Dorf zu ihrem Vater zurückgekehrt, um diesem in der Landwirtschaft zu helfen. Damit sei jedoch kein Geld zu verdienen gewesen. Der Sohn eines Freundes des Vaters würde in Lagos leben. Diesem habe ihr Vater die Geschichte der beschwerdeführenden Partei erzählt. Dieser Mann habe ihr dann versprochen, Papiere vorzubereiten, damit die beschwerdeführende Partei in Europa arbeiten könne. Dieser Mann habe sie bei einem Schrein einen Eid schwören lassen, dass sie alles tun würde, was der Mann von ihr verlange. Von ihm habe sie das Geld bekommen, um sich einen Reisepass ausstellen zu lassen. Sie habe versprechen müssen, jenem Mann € 20.000 zu geben, wenn sie in Europa sei. Am 30.09. sei sie über die Niederlande nach Griechenland gereist und habe den Bruder des Mannes dort getroffen. Jener Mann habe ihr den Reisepass abgenommen und ihr gesagt, dass sie um Asyl ansuchen solle. Jener Mann habe sie dann aufgefordert, Drogen zu verkaufen und sie an den Schwur erinnert. Ein Mann in Griechenland, dem sie alles erzählt habe, habe ihr den Weg nach XXXX gezeigt, wo sie um Asyl angesucht habe. Nach ihrer Einvernahme habe sie von Gelegenheitsarbeiten und als Straßenverkäufer gelebt. Im Jahr 2006 habe sie einen negativen Bescheid bekommen und sei aufgefordert worden, Griechenland zu verlassen. Sie sei jedoch dortgeblieben. Griechenland habe sie schließlich verlassen müssen, weil sie kein Geld, kein Dach über dem Kopf gehabt habe und vom Bruder jenes Mannes aus Lagos bedroht worden sei.

Wenn sie an Nigeria denke, fiele ihr ein, dass sie jenem Mann in Lagos das Geld noch nicht bezahlt und einen Schwur geleistet habe. Außerdem wisse sie nicht, wo sie in Nigeria starten sollte. Ihr Vater sei schon alt. In Österreich habe sie Gastfreundschaft kennen gelernt. Es könnte auch sein, dass der Schrein sie auf spirituelle Art und Weise töten würde. Erneut befragt, was der Grund für das Verlassen Nigerias gewesen sei, meinte die beschwerdeführende Partei, dass sie keine Arbeit und kein Geld gehabt habe wegen des Unfalls. Sie habe in Europa Geld verdienen wollen. Wegen des Unfalls hätte es keine negativen Konsequenzen für sie gegeben. Auf Nachfrage gab die beschwerdeführende Partei an, dass sie jetzt, nachdem sie in Europa gelebt habe, in der Landwirtschaft ihres Vaters nicht mehr arbeiten könne. Warum solle sie zurückkehren, sie sei jetzt im Paradies. Jener Mann in Lagos würde sie töten wollen, weil sie nicht gemacht habe, was er von ihr verlangt habe. Die Polizei in Nigeria sei nicht so wie in Österreich; jener Mann in Lagos würde sie schließlich finden, weil er ihre Familie kenne. Sie könne ja nicht in Nigeria leben und ihren Vater nicht sehen. Persönlich habe jener Mann in Lagos sie nicht attackiert oder bedroht. Er habe sie in Griechenland über seinen Bruder bedrohen lassen. Bis jetzt hätten sie den Vater nicht getötet. Jener Bruder in Griechenland habe ihr gedroht, nachdem sie sich geweigert habe, Drogen zu verkaufen.

Auf Nachfrage, dass all dies 2005 passiert sei, die beschwerdeführende Partei aber erst 2011 nach Österreich gekommen sei, meinte die beschwerdeführende Partei, dass sie sich versteckt habe. Sie habe den Bruder des Mannes zweimal gesehen, es sei zu einem Kampf gekommen. Leute hätten die beiden getrennt. Dies habe sich in XXXX auf der Straße ereignet, die beschwerdeführende Partei sei ja Straßenverkäufer gewesen. Auf die Frage, warum der beschwerdeführenden Partei in Nigeria etwas angetan werden würde, wenn sie sechs Jahre lang in Griechenland unbehelligt gewesen sei, meinte die beschwerdeführende Partei, dass es in Nigeria leicht sei, jemandem etwas anzutun.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II), und die beschwerdeführende Partei gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges und der Einvernahmen stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei gesund sei und Nigeria verlassen habe, weil ihre wirtschaftliche Situation angespannt gewesen sei. Das Vorbringen zur Situation im Falle einer Rückkehr werde den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt. Ein Fluchtgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden. Danach traf die belangte Behörde damals aktuelle Feststellungen zur Situation in Nigeria.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass es nachvollziehbar und glaubhaft sei, wenn die beschwerdeführende Partei vorbringe, aus wirtschaftlichen Gründen Nigeria verlassen zu haben. Für das Asylverfahren sei es nicht relevant zu klären, ob der Verkehrsunfall im Jahr 2005 den Tatsachen entspreche, da die beschwerdeführende Partei selbst angegeben habe, dass der Unfall keine Konsequenzen für sie gehabt hätte. Eine Furcht vor einer Rückkehr habe die beschwerdeführende Partei nicht plausibel machen können. Sie habe den Eindruck erweckt, eine Verfolgungsgeschichte aufbauen zu wollen. Der Sachverhalt sei vage gewesen und habe sich auf Gemeinplätze beschränkt.

5. In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei entgegen der Ansicht der Behörde die Voraussetzungen erfülle, um Asyl gewährt zu bekommen. Bei einem entsprechenden Ermittlungsverfahren sei davon auszugehen, dass es für die beschwerdeführende Partei zu einem positiven Ergebnis kommen würde. Danach verwies die Beschwerde auf allgemeine Berichte zur Situation in Nigeria. Hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluchtalternative werde gesagt, dass es zwar grundsätzlich möglich sei, staatlicher Verfolgung oder Repressalien Dritter durch Umzug in einen anderen Landesteil zu entgehen, dass dies jedoch mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sei. In der Beweiswürdigung habe die belangte Behörde keine Ausführungen betreffend die allgemeine Sicherheit getätigt. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative stehe der beschwerdeführenden Partei angesichts der katastrophalen Sicherheits-, Wirtschafts- und sozialen Lage und ihrer eigenen individuellen Entwurzelung nicht zur Verfügung. Eine Ausweisung stünde außerdem Art. 8 EMRK und den privaten und familiären Interessen der beschwerdeführenden Partei entgegen.

6. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXXX vom XXXXX wurde die beschwerdeführende Partei gemäß § 28a Abs. 1, 5. Fall und §§ 27 Abs. 1 Z 1, 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

7. Mit Schreiben vom 03.12.2015 wurden die beschwerdeführende Partei und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem nunmehr zuständigen Bundesverwaltungsgericht am 11.01.2016 unter gleichzeitiger Übermittlung aktueller Länderberichte zu Nigeria geladen.

8. Mit Schreiben vom 09.12.2015 teilte die belangte Behörde mit, aus dienstlichen und personellen Gründen nicht an der Verhandlung teilnehmen zu können. Es werde die Abweisung der Beschwerde und die Zusendung des Verhandlungsprotokolls beantragt.

9. Am 11.01.2016 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die englische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei eine mündliche Verhandlung durch. Die beschwerdeführende Partei gab während ihrer Einvernahme auszugsweise an, wie folgt (Rechtschreib- und Tippfehler durch das Bundesverwaltungsgericht berichtigt):

" [...] R: Wo haben Sie in Nigeria gelebt?

P: In XXXXX in XXXX , in Abia State. Davor habe ich im Dorf XXXXX, in Imo State gelebt.

R: Haben Sie noch Familienangehörige in Nigeria?

P: Ich habe nur noch meinen Vater. Meine Mutter ist verstorben. Ich war ein Einzelkind. Mein Vater lebt noch in XXXX .

R: Stehen Sie regelmäßig mit Ihrem Vater in Nigeria in Kontakt?

P: Ja, aber nicht durchgehend, denn er hat kein Telefon und kein Netz.

R: Aber Sie können ihn erreichen und können manchmal mit ihm sprechen?

P: Ja.

R: Was haben Sie in Nigeria gemacht? Waren Sie in der Schule? Habe Sie gearbeitet?

P: Ich war Busfahrer in Nigeria. Davor war ich 6 Jahre in der Grundschule. Als ich nach Abia gekommen bin, habe ich als Busfahrer gearbeitet.

R: Können Sie sich noch erinnern, wann Sie begonnen haben, als Busfahrer zu arbeiten?

P: Ich kann mich schon erinnern, nur die genaue Zeit weiß ich jetzt nicht mehr. Ich weiß nur noch den genauen Zeitpunkt des Unfalls, das war im Juni 2005.

R: Wieso haben Sie sich dazu entschieden, Nigeria zu verlassen?

P: Das alles ist schon vor 10 Jahren passiert. Ich werde mich bemühen, mich an alles zu erinnern.

R: Erzählen Sie mir das, woran Sie sich erinnern können.

P: Ich habe im Juni 2005 als Buslenker gearbeitet. Neben mir befanden sich im Bus noch der Schaffner und 12 Fahrgäste, insgesamt sohin 14 Personen. Plötzlich kam mir ein Tanklaster entgegen, dessen Bremsen versagten. Wir haben noch versucht, auszuweichen, aber es kam zum Zusammenprall. Unser Fahrzeug wie auch der Tanklaster fingen Feuer. Ich erlitt Brandverletzungen (P zeigt auf seinen linken Arm und sein linkes Bein). Der Schaffner erlitt ebenfalls Brandverletzungen und die 12 Fahrgäste starben, denn die Fahrgäste konnten nicht mehr entkommen. Ich und der Schaffner sind aus dem Fahrzeug rechtzeitig herausgesprungen, weil wir ganz vorne waren. Anschließend wurde ich in das Krankenhaus gebracht. Ich war dann fünf Wochen im Spital. Nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte ich dann Angst, weiter als Fahrer zu arbeiten - wegen all der Erinnerungen, die noch immer bei mir im Kopf präsent waren. Deshalb bin ich dann zu meinem Vater ins Dorf XXXXX gefahren und lebte eine Zeit bei ihm. Er hat eine kleine Landwirtschaft und da habe ich ihm geholfen auf seiner kleinen Farm und davon haben wir uns auch ernährt.

Der Sohn des Freundes meines Vaters kam in dieser Zeit gerade aus Lagos zurück. Er fragte meinen Vater, was ich hier im Dorf mache, zumal er ja gedacht hatte, dass ich in der Stadt arbeite. Mein Vater hat ihm dann alles erzählt und auch gesagt, warum ich im Moment bei ihm bin. Der Sohn des Freundes meines Vaters meinte dann, dass dies kein Problem sei, er würde mir helfen und mich nach Europa bringen. Dort, so sagte er, könnte ich arbeiten und viel Geld verdienen. Ich war einverstanden, sagte ihm aber, dass ich keinerlei Geld hätte, um ihm etwas zu bezahlen. Er meinte, dass ich ihm jetzt gar nichts zahlen müsse, sondern erst dann, wenn ich in Europa bin. Er meinte, dass das Einzige, was ich tun müsse, sei, dass ich ihm nach XXXXX folgen solle. Dort könne ich dann einen Reisepass bekommen. Dort würde er mir auch ein Visum für den Reisepass besorgen. Das Visum, das er mir dann besorgte, war ein italienisches Schengenvisum. Bevor ich abreiste, musste ich aber diesem Mann gegenüber einen Eid leisten, dass ich ihm sein Geld nicht nehme, sondern mich verpflichte, ihm 20.000,-- Euro zu bezahlen. Er hat mir gesagt, dass diese Summe von 20.000,--- Euro für Europa eine kleine Summe sei und ich diese Summe binnen 6 Monaten verdient haben werde und ihn dann bezahlen kann. Mir hat das gefallen, was er mir da erzählt hat, deswegen war ich einverstanden und habe gesagt: Okay. Wir waren dann auch bei einem Stammesarzt. Dieser Stammesdoktor hat mir dann den Nagel (linke Hand Ringfinger) abgeschnitten und auch eine Haarlocke und damit dann das gemacht hat, was er zu tun hatte, ich weiß nicht genau, was, eine Art Zauber. Als er dann mit seinen Vorbereitungen fertig war, musste ich das alles in die Hand nehmen und über meinen Kopf führen und einen Eid leisten, dass ich das Geld dieses Mannes nicht verprassen, sondern ihn bezahlen werde. Der Name jenes Mannes, der mir das Visum besorgt hat (d. h. der Name des Sohnes vom Freund meines Vaters) ist J. A..

R: Haben Sie J. A. etwas bezahlt, als Sie in Europa waren?

P: Nein, denn ich habe dann nicht das gemacht, was mir sein Bruder aufgetragen hat, denn das, was mir sein Bruder auftragen wollte, war nicht das, was er mir in Aussicht gestellt hatte.

R: Der Bruder ist E. und war der Kontakt von J. A. in Griechenland?

P: Ja.

R: Das heißt, Sie haben weder E. noch J. A. etwas bezahlt?

P: Ja.

R: Sie gingen dann von Athen nach XXXX , um von E. wegzugehen, ist das wahr?

P: Ja.

R: Jetzt haben Sie in früheren Einvernahmen gesagt, dass E. Sie in XXXX gefunden und bedroht hat. Können Sie etwas darüber erzählen?

P: Ja, der erste dieser Vorfälle war im Jahr 2009. Ich habe damals Augengläser verkauft. Das war in einer Art Park. Dort waren zahlreiche Schwarze, die ebenso wie ich etwas verkauft haben, und wenn man einen Schwarzen sucht, geht man zu einer solchen Örtlichkeit, und genau dort hat er mich auch entdeckt. Er ist auf mich losgegangen und hat mich am Hals gepackt und mir gedroht, er würde mich umbringen. Er meinte, er werde mich umbringen, und wenn er mich nicht umbringen kann, wird er mich bei der Polizei mit Drogen auffliegen lassen, damit ich von der Polizei verhaftet werde. Als wir dann beide unsere Stimmen immer mehr erhoben, kamen andere Schwarze hinzu und haben uns getrennt.

R: Wie haben Sie darauf reagiert?

P: Ich habe keinerlei Reaktion gezeigt, denn erstens wusste ich, dass ich diesem Mann tatsächlich Geld schulde. Zur Polizei konnte ich nicht gehen, weil ich damals überhaupt keine Papiere hatte.

R: Haben Sie ihm dann etwas bezahlt?

P: Nein, ich habe E. nichts bezahlt, denn er lebt ja in Athen und hat nur gehört, dass ich in XXXX war und ist insgesamt zweimal zu mir gekommen, und er hat mich nicht immer von Angesicht zu Angesicht bedroht, sondern hat mir über andere Leute ausrichten lassen, dass er mich umbringen würde. Das war sicher 10 bis 15 Mal. Der letzte dieser Vorfälle war dann im Februar 2011. Das war das letzte Gespräch, das wir miteinander hatten, wo es auch zu einer Rauferei kam und ich geflohen bin. Die Situation für mich war damals sehr hart und schwierig. Ich hatte kein Geld, keine Arbeit, konnte nicht mehr dort bleiben. Nachdem die anderen Schwarzen uns voneinander getrennt haben, bin ich dann davongelaufen.

R: Hatten Sie, seit Sie in Österreich sind, mit E. oder J. A. Kontakt?

P: Nein, die wissen nicht, wo ich mich derzeit aufhalte. Mit ihnen habe ich jetzt nichts mehr zu tun.

R: Hatte J. A. Ihren Vater in den letzten Jahren nach Ihnen gefragt?

P: Ja, mein Vater erzählte mir - das war damals, als ich gerade nach Österreich gekommen bin -, dass J. A. ihn kontaktiert habe und ihm erzählt hätte, dass ich ihm sein Geld noch immer nicht bezahlt habe, und dass er mit mir abrechnen wird, wann und wo immer er mich sieht. Mein Vater hat ihm dann geantwortet, dass ich J. A. sein Geld bezahlen werde, sobald ich welches habe. So hat mein Vater mir das erzählt.

R: Und wann soll das gewesen sein?

P: Als ich ganz neu nach Österreich kam.

R: Das heißt 2011?

P: Ja, Ende 2011.

R: Gab es seitdem einen Kontakt zwischen J. A. und Ihrem Vater?

P: Mein Vater hat mir nichts dergleichen mehr erzählt.

R: Wenn Sie heute nach Nigeria zurückkehren würden, was wäre dabei Ihre größte Sorge?

P: Ich würde mir über vieles Sorgen machen. Erstens, im Norden hört man, dass es so viel Tötungen durch Boko Haram gibt, auf der einen Seite im Osten kämpfen sie für Biafra und im Westen, d. h. in der Gegend um Lagos, fordern die Yorubas die Ibos auf, zu gehen. Außerdem bin ich jetzt schon 10 Jahre in Europa. Ich wüsste nicht, wie ich in Nigeria wieder ein neues Leben führen könnte, wenn ich jetzt zurückgehe.

R: Gibt es konkret Sie betreffend eine Sorge?

P: Ja, ich persönlich habe Sorge vor J. A., wenn er von meiner Rückkehr erfährt, würde er sein Geld zurückverlangen. Außerdem habe ich diesen Eid geschworen, und wenn man einen solchen Eid bricht, gibt es spirituelle Kräfte, die einen töten können.

R: Den Eid haben Sie schon 10 Jahre lang gebrochen und es ist nichts passiert.

P: Ich habe den Eid insofern noch nicht gebrochen, als ich noch am Leben bin und ihm das Geld zahlen werde, wenn ich einmal eine Arbeit habe bzw. genug Geld, um ihm die Schulden zurückzubezahlen, und dieser spirituelle Geist, der dringt bis in das Herz. Das Problem ist, wenn ich ihm sein Geld nicht gebe, obwohl ich welches hätte.

R: Das hat aber dann mit einer Rückkehr nach Nigeria nichts zu tun, weil, ob Sie hier das Geld nicht haben oder dort das Geld nicht haben, macht keinen Unterschied. Der Zauber macht Ihnen in Nigeria unter diesen Umständen kein Problem.

P: Der spirituelle Geist kann sich überall hinbewegen und hinbegeben.

R: Was tun Sie hier in Österreich? Haben Sie Hobbies, besuchen Sie einen Deutschkurs, arbeiten Sie?

P: Ich arbeite nicht, weil ich keine Arbeitspapiere habe. Ich habe einen Deutschkurs besucht und auch ein Zeugnis.

R: Können Sie dieses bitte vorlegen, ein solches befindet sich nämlich nicht im Akt.

P legt vor: Den ÖIF-Test Niveaustufe A2 vom xx.xx.2013, sowie Deutschkursbesuchsbestätigungen, die Geburtsurkunde des Sohnes (geb. am xx.xx.2015), die Geburtsurkunde der P aus Nigeria, ausgestellt am xx.xx.2013, und den negativen Bescheid aus Griechenland. Kopien werden zum Akt genommen.

R: Wie kommen Sie zur Geburtsurkunde aus dem Jahr 2013?

P: Ich habe eine E-Mail hingeschickt.

R: Können Sie mir auf Deutsch erzählen, ob Sie irgendwelche Hobbies haben?

P (antwortet auf Deutsch): Meine Hobbies Fußball schauen, Sport machen, laufen. Ich mag singen.

R: Seit 2013 haben Sie nicht mehr viel an Ihrem Deutsch gearbeitet.

P: Nein, ich denke auch, dass ich bei der Arbeit, zum Beispiel in einer Fabrik, nicht mehr Deutsch brauchen werde.

R: Besuchen Sie regelmäßig eine Kirche?

P: Ja, eine Pfingstkirche. Meine Pfingstkirche ist am XXXX in xxxx, mit dem Bus xx erreichbar.

R: Sie machen keine freiwilligen Arbeiten und verkaufen auch kein XXXX ?

P: (antwortet auf Deutsch): Doch, ich habe das XXXX verkauft.

R: Haben Sie eine Bestätigung dafür?

P: Ich kann Ihnen nur meinen Ausweis zeigen.

P legt die Lizenz vor, welche bis xx/2015 gültig ist.

R: Sind Sie nach wie vor mit Y.Y. in einer Lebensgemeinschaft?

P: Ja.

R: Leben Sie in einer gemeinsamen Wohnung?

P: Ja, das ist ein Zimmer, wo wir zusammen wohnen.

R: Sie, Ihre Freundin und das Baby wohnen gemeinsam?

P: Ja.

R: Was sind Ihre Pläne für Österreich, wenn Sie hierbleiben würden? Was würden Sie tun wollen, wenn Sie hier einen Aufenthaltstitel bekämen?

P: Das erste, was ich tun würde, hätte ich Dokumente, wäre, mich um eine Arbeit umzusehen, um für meine Frau und meinen Sohn sorgen zu können.

R: Und welche Arbeit?

P: Ich könnte ausmalen. Elektrisch kenne ich mich nicht so gut aus, aber ich würde das gerne lernen und auch jeden anderen Beruf. Ich könnte alle anderen Berufe außer Elektrik leicht erlernen. Ausmalen kann ich schon. Das würde ich ganz leicht erlernen können. [...]"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Asylantrags vom 01.04.2011, der Einvernahmen der beschwerdeführenden Partei durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie durch das Bundesasylamt, der Beschwerde vom 21.09.2011 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.09.2011, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 11.01.2016 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:

1.1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ein männlicher Staatsangehöriger Nigerias, die am 01.04.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.

1.1.2. Die beschwerdeführende Partei ist in Imo State, im Dorf XXXX , geboren, ging sechs Jahre lang zu Grundschule und zog später nach XXXX in Abia State, um dort als Busfahrer zu arbeiten.

Ihr Vater lebt nach wie vor in Umurudu in Imo State von einer kleinen Landwirtschaft.

Die beschwerdeführende Partei steht unregelmäßig mit ihrem Vater in Kontakt.

1.1.3. Die beschwerdeführende Partei ist gesund.

1.1.4. Die beschwerdeführende Partei bestand den ÖIF-Test Deutsch Niveau A2 am XXXX und spricht und versteht etwas Deutsch. Sie besuchte zwischen 2011 und 2013 mehrere Deutschkurse. Sie verfügt über einen Ausweis zum Verkauf einer regionalen Straßenzeitung und besucht eine christliche Kirche in XXX.

Die beschwerdeführende Partei brachte vor, in Österreich zB gerne als Maler und Anstreicher arbeiten zu wollen; sie würde aber auch andere Berufe lernen wollen.

Die beschwerdeführende Partei bezieht teilweise Leistungen aus der Grundversorgung.

1.1.5. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde die beschwerdeführende Partei gemäß § 28a Abs. 1, 5. Fall und §§ 27 Abs. 1 Z 1, 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

1.1.6. Die beschwerdeführende Partei lebt mit einer Staatsangehörigen Kameruns - X.Y. - in einer Lebensgemeinschaft in XXX. Dem Paar wurde am XXXX ein Sohn geboren.

Beschwerdeverfahren betreffend X.Y. und das gemeinsame Kind sind ebenfalls am BVwG anhängig. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 01.02.2016 zu den Zahlen W221 1423733-1 und W221 2120201-1 wurden diese Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkte I.) und betreffend X.Y. das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt II. zu W221 1423733-1), bzw. der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt III. zu W211 2120201-1).

1.2. Es wird festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei im Juni 2005 in XXXX in einen Unfall mit ihrem Bus und einem Tank-LKW verwickelt war, bei dem sie auch Brandverletzungen erlitt. Sie verbrachte einige Zeit im Krankenhaus, bevor sie nach XXXX zu ihrem Vater zurückging und in dessen Landwirtschaft mitarbeitete. Wegen dieses Unfalls wurden in Nigeria keine Ermittlungs- oder Verfolgungshandlungen die beschwerdeführende Partei betreffend vorgenommen.

Mithilfe eines " XXXX " (oben auch "J.A.") reiste die beschwerdeführende Partei im Jahr 2005 von Nigeria über die Niederlande nach Griechenland aus, wo sie von 2005 bis 2011 lebte. Im Jahr 2006 ging sie von Athen nach XXXX und lebte und arbeitete dort als Straßenhändler, unter anderem an Orten, wo sich Straßenhändler regelmäßig aufhielten.

Nicht festgestellt wird jedoch, dass "J.A." oder sein Bruder " XXXX " (oben auch "E.") die beschwerdeführende Partei oder ihren Vater in Nigeria oder Griechenland wegen einer angeblichen Geldschuld von €

20.000.- bedrohten.

Nicht festgestellt wird weiter, dass der beschwerdeführenden Partei im Falle einer Rückkehr nach Nigeria wegen eines Juju-Zaubers Gefahr droht.

1.3. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nach Nigeria in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

1.4. Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei über private Interessen in Österreich verfügt. Nicht festgestellt wird jedoch, dass eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche private und familiäre Integration der beschwerdeführenden Partei in Österreich vorliegt.

2. Länderberichte zur relevanten Situation in Nigeria

Im Folgenden werden die wesentlichen Informationen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben:

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Stand 14.07.2015:

1. Politische Lage

Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 28.11.2014; vgl. AA 6.2015a; vgl. GIZ 6.2015a). Die Bundesstaaten verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 6.2015a).

Mit der Wahl Olusegun Obasanjos im Jahr 1999 war Nigeria zur Demokratie zurückgekehrt und verfügt seitdem über ein Mehrparteiensystem. Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog), und orientiert sich insgesamt am System der USA. Dem starken Präsidenten, der auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 28.11.2014; vgl. AA 6.2015a). Es dominieren der direkt gewählte Präsident und die direkt gewählten Gouverneure. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität und häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Polizei und Justiz werden ebenfalls vom Bund kontrolliert (AA 28.11.2014).

Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich bei den meisten der ca. 50 kleineren Parteien an Führungspersonen. Loyalitäten gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe bzw. gegenüber Personen gehen anderen Loyalitäten vor; entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 28.11.2014).

Im Hinblick auf die 2015 stattfindenden Präsidentschaftswahlen haben sich die vier Oppositionsparteien CPC, ACN, ANPP und APGA zu einer neuen Oppositionspartei namens "All Progressive Congress" (APC) zusammengeschlossen (GIZ 6.2015a; vgl. AA 28.11.2014). Damit formierte sich erstmals seit 1999 eine ernstzunehmende Konkurrenz zur PDP (AA 28.11.2014). Die APC verfolgte das Ziel, 2015 die Regierung unter Goodluck Jonathan und die PDP als Regierungspartei abzulösen. Darüber hinaus gab es zunehmend Flügelkämpfe innerhalb der PDP, in Folge dessen sich sieben von 23 PDP-Gouverneuren (der insgesamt 36 Gouverneure Nigerias) von der Partei abgespalten haben. Sie kritisieren v.a., dass dieser das Problem mit Boko Haram bislang nicht in den Griff bekommen und auch in Bezug auf die im Land vorherrschende Armut und den ausgeprägten Analphabetismus keine adäquaten politischen Maßnahmen eingeleitet habe (GIZ 6.2015a).

69 Mio. registrierte Wähler/innen waren am 28.3.2015 dazu aufgerufen, ihre Stimme einem der Präsidentschaftskandidaten von 14 politischen Parteien Nigerias zu geben. Gewählt wurde in 115.000 Wahllokalen in 36 Bundesstaaten sowie der Hauptstadt Abuja. Nachdem bekannt geworden war, dass die Stimmabgaben in einigen Wahlbezirken nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnten, entschied die unabhängige nigerianische Wahlkommission INEC, die Wahlen bis Sonntag, den 29.3.2015, zu verlängern. Trotz der Bedrohung durch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram war die Wahlbeteiligung hoch. Tausende Nigerianer warteten - trotz technischer Pannen mit der neu eingeführten elektronischen Wähler-Registrierung - geduldig, bis sie schließlich ihre Stimme abgeben konnten (GIZ 6.2015a).

Der Herausforderer Muhammadu Buhari von der Partei APC ging als Sieger aus der Präsidentschaftswahl hervor. Er erhielt 15,42 Mio. Stimmen und gewann in 21 Bundesstaaten insgesamt 54,9 % der Stimmen. Der amtierende Präsident Goodluck Jonathan von der Peoples Democratic Party (PDP) hingegen siegte in 15 Bundesstaaten und der Hauptstadt Abuja, konnte aber insgesamt nur 12,85 Mio. Stimmen gewinnen und unterlag somit um 2,57 Mio. Stimmen gegenüber seinem Herausforderer Buhari. Der abgewählte Amtsinhaber Goodluck Jonathan räumte seine Niederlage sofort ein, gratulierte Buhari noch am gleichen Tag per Telefon zu seinem Wahlsieg und rief seine Anhänger dazu auf, das Ergebnis ebenfalls zu akzeptieren und Ruhe zu bewahren. Mit dieser Geste konnte Goodluck Jonathan Unruhen und Gewalt im Land verhindern, die bei den vorangegangenen Wahlen mehreren Hundert Menschen das Leben gekostet hatte (GIZ 6.2015a; vgl. BBC 1.4.2015).

Neben dem Präsidenten wählten die Nigerianer am 28.3.2015 auch die beiden Kammern des Parlaments, den Senat mit 109 Senatoren und das Repräsentantenhaus mit 360 Abgeordneten. Großer Gewinner der Parlamentswahlen war auch hier der APC mit 61 von 109 Sitzen im Senat und 214 von 360 Abgeordneten im Repräsentantenhaus. Damit dominiert der APC zukünftig sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus (GIZ 6.2015a).

Am 11.4.2015 wurden die Gouverneure und Landesparlamente in 29 der 36 Bundesstaaten gewählt. In den restlichen sieben Bundesstaaten hatten die Wahlen bereits in den Monaten zuvor stattgefunden. Die PDP stellte bis zu diesen Wahlen die Gouverneure in 21 Bundesstaaten, verlor nun aber zum ersten Mal die wichtigsten Bundesstaaten im Norden des Landes, so z.B. die Bundesstaaten Katsina, Kaduna und Bauchi. Auch wenn die PDP 2015 nach wie vor in sieben Bundesländern, insbesondere der Ölregion Rivers State, gewinnen konnte, stellen die Wahlen die größte Niederlage für die PDP seit der Ende der Militärherrschaft im Jahre 1999 dar (GIZ 6.2015a).

Der APC, Partei des neu gewählten Präsidenten Muhammadu Buhari, stellte bisher 14 Gouverneure. Buhari-s APC gewann 2015 fünf Bundesstaaten hinzu und stellt künftig insgesamt 19 Gouverneure. Dieser Erfolg vergrößert den politischen Spielraum des neu gewählten Präsidenten Muhammadu Buhari (GIZ 6.2015a).

Am 29.5.2015 wurde Muhammadu Buhari offiziell in sein Amt eingeführt. Mit seiner Vereidigung wurde der erste demokratische Machtwechsel zwischen regierender Partei und Oppositionspartei in der Geschichte Nigerias seit der Unabhängigkeit im Jahre 1960 vollzogen (GIZ 6.2015a; vgl. BBC 29.5.2015).

Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen nicht zu unterschätzenden, wenn auch weitgehend informellen Einfluss. Sie gelten als moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein (AA 6.2015a).

Fast im ganzen Norden Nigerias ist das System der LGA kollabiert. Große Teile kamen unter Kontrolle von Milizen und lokalen "Strongmen", die den politischen und sozio-ökonomischen Raum ausfüllen. Dies führte zur Vertiefung lokaler und regionaler Missstände (BS 2014).

Quellen:

2. Sicherheitslage

Es gibt in Nigeria keine Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 28.11.2014). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta. Während Spannungen und Gewalt im Nordosten und im Middle Belt in den vergangenen Jahren zugenommen haben, gingen sie im Nigerdelta seit 2009 zurück (DACH 2.2013).

Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 16.6.2015).

Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi, in den nördlichen Teil von Plateau State (Jos und Umgebung) sowie nach Kano, Kaduna, Katsina, Gombe, Jigawa, Zamfara, Kebbi, Sokoto und Kogi (AA 8.5.2015). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 16.6.2015). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie in die Stadt Warri (UKFCO 16.6.2015).

Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 16.6.2015). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Sokoto, Zamfara, Kebbi, die Stadt Jos und die LGAs Riyom und Barkin (Plateau), die Region Okene (Kogi), die restlichen Gegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers und Akwa Ibom sowie in nach Abia (UKFCO 16.6.2015). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 8.5.2015).

In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 16.6.2015) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 28.11.2014).

Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations stechen folgende 9 nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl (< 500 in 48 Monaten) an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Adamawa, Benue, Borno, Kaduna, Kano, Nasarawa, Plateau, Taraba, Yobe. Folgende 14 Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl (>100 in 48 Monaten) hervor: Akwa Ibom, Cross River, Ebonyi, Ekiti, Enugu, Imo, Jigawa, Kebbi, Kwara, Niger, Ondo, Osun, Oyo, Sokoto (CFR 2015). Beim OSAC werden die Bundesstaaten Adamawa, Bauchi, Borno, Gombe, Kaduna, Kano, Plateau, Taraba, Yobe und das FCT als von der Gewalt durch Boko Haram betroffen geführt. Ethnische Gewalt betrifft v.a. Plateau, Bauchi, Benue, Kaduna und Nasarawa. Für folgende 25 Bundesstaaten wird weder ethnische Gewalt noch Gewalt durch Boko Haram berichtet: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Cross River, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Jigawa, Katsina, Kebbi, Kogi, Kwara, Lagos, Niger, Ogun, Ondo, Osun, Oyo, Rivers, Sokoto, Zamfara (OSAC 21.7.2014).

Quellen:

2.1. Nigerdelta

Das Nigerdelta, welches die Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River umfasst, sorgt mit seinen Öl- und Gasreserven für 95 Prozent der Exporterlöse Nigerias (DACH 2.2013).

Die Lage im Nigerdelta ist derzeit relativ stabil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen und Piraten bleibt aber ein Risiko(AA 6.2015b). Entführungen sind besonders häufig im Nigerdelta und südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra. Politiker, Reiche und Ausländer waren die häufigsten Opfer (FH 28.1.2015).

Von 2000 bis 2010 entwickelten sich im Nigerdelta militante Gruppen, die den Anspruch erhoben, die Rechte der Deltabewohner zu verteidigen und die Forderungen auf Teilhabe an den Öleinnahmen auch mittels Gewalt gegenüber der Regierung durchzusetzen. Die wichtigsten Gruppierungen wurden die Niger Delta People's Volunteer Force (NDPVF) und die Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) (AA 28.11.2014). Bis zum Amnestieangebot im Jahr 2009 hat vor allem die MEND in der Region den bewaffneten Kampf gegen die Regierung geführt. Die MEND verübte selbst noch im Oktober 2010 Angriffe und Attentate (DACH 2.2013).

Mit dem im Juli 2009 vom damaligen Präsidenten Yar'Adua verkündeten Amnestieangebot für die Militanten im Nigerdelta ist seiner Regierung bei der Lösung des Konflikts ein bedeutender Schritt und ein überraschender Erfolg gelungen: Alle bekannten Milizenführer nahmen das Amnestieangebot an. Ein Reintegrationsprogramm für 20.000 ehemalige Kämpfer hat Mitte 2010 begonnen. Der ehemalige Präsident Jonathan, selbst aus dem Ölstaat Bayelsa stammend, setzt das Amnestieprogramm fort. Allerdings kündigten die Milizenführer Henry Okah und John Togo die Amnestie 2010 wieder auf. Der mutmaßliche MEND-Führer Henry Okah, sitzt derzeit in Südafrika in Haft und wurde dort im Januar 2013 verurteilt. Als Reaktion auf seine Verurteilung drohte MEND in drastischen Worten mit Anschlägen in ganz Nigeria (AA 28.11.2014). Bislang wird die Amnestievereinbarung aber weitgehend eingehalten, so dass Kriminalität und Gewalt im Süden merklich zurückgegangen sind. Allerdings steigen Kriminalität und Gewalt im Süden in letzter Zeit wieder an (AA 6.2015a). Bis Ende 2012 haben

26.368 ehemalige Militante vom Amnestieprogramm profitiert. Viele der ehemaligen Militanten haben eine Arbeitsausbildung oder Stipendien erhalten (USDOS 19.4.2013).

Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelt es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen und der Staatsgewalt, als auch um Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Interessen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind bis heute teils unter Kontrolle von separatistischen und kriminellen Gruppen. Teile des unzugänglichen Gebiets stellen weiterhin einen weitgehend rechtsfreien Raum dar, in dem die Einflussmöglichkeiten staatlicher Ordnungskräfte begrenzt sind (AA 28.11.2014). Das UK Home Office berichtet, dass laut DefenceWeb ein Joint Task Force (JTF) errichtet wurde, um den Terrorismus und andere Bedrohungen im Niger-Delta zu bekämpfen (UKHO 9.6.2015).

Das kostspielige Amnestieprogramm im Nigerdelta hat zwar die Gewalt reduziert, die strukturellen Probleme (Armut, Korruption, Umweltverschmutzung, Straffreiheit bei politischer Gewalt) wurden aber nicht angegangen (BS 2014; vgl. HRW 21.1.2014). Im Juni 2013 hat die Regierung angekündigt, dass das Amnestieprogramm im Jahr 2015 endgültig beendet werde. Sie hat auch zugegeben, dass ihre eigene Unfähigkeit, für die ausgebildeten ehemaligen Rebellen eine Arbeit zu finden oder einen anderen Plan zu erstellen, die Region potentiell gefährlicher machen werde (HRW 21.1.2014). Es gibt jedoch Berichte, dass Präsident Buhari angekündigt hat, dass das Amnestieprogramm weiter fortgeführt werden soll (TG 4.6.2015; vgl. Punch 5.6.2015).

Quellen:

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz vor (AA 28.11.2014; vgl. FH 28.1.2015). Sie unterscheidet zwischen Bundesgerichten, Gerichten des Hauptstadtbezirks sowie Gerichten der 36 Bundesstaaten. Letztere haben die Befugnis, per Gesetz erstinstanzliche Gerichte einzusetzen. Mit Einführung der erweiterten Scharia-Gesetzgebung in neun nördlichen Bundesstaaten sowie den überwiegend muslimischen Teilen dreier weiterer Bundesstaaten haben die staatlichen Schariagerichte strafrechtliche Befugnisse erhalten. Bundesgerichte, die nur staatlich kodifiziertes Recht anwenden, sind der Federal High Court (Gesetzgebungsmaterie des Bundes, Steuer-, Körperschafts- und auch Verwaltungssachen), der Court of Appeal (Berufungssachen u.a. der State Court of Appeal und der State Sharia and Customary Court of Appeal) sowie der Supreme Court (Revisionssachen, Organklagen). Der Rechtsweg von der ersten Instanz (Magistrate Court) bis zum Supreme Court ist grundsätzlich eröffnet (AA 28.11.2014). Für Militärangehörige gibt es eigene Militärgerichte (USDOS 25.6.2015).

Laut Bundesverfassung wird die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte seit 1999 im Hinblick auf die Entscheidung über das anzuwendende Rechtssystem "Common Law" oder des "Customary Court Law"-Systems durch Gesetze der Gliedstaaten festgestellt. Einzelne Bundesstaaten haben "Sharia Courts" neben "Common Law" und "Customary Courts" geschaffen. Mehrere Bundesstaaten, einschließlich die gemischt konfessionellen Bundesstaaten Benue und Plateau, haben Scharia- Berufungsgerichte eingerichtet. Bedingt durch die drei einander mitunter widersprechenden Rechtssysteme und aufgrund der schlechten Bezahlung, Überlastung und fehlenden Infrastruktur ist Korruption im Justizbereich verbreitet (ÖBA 7.2014).

Die höheren Gerichte sind relativ kompetent und unabhängig. Doch selbst sie bleiben politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt (FH 28.1.2015). In der Realität ist die Justiz der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen und der Wirtschaft ausgesetzt. Unterbesetzung, Unterfinanzierung und Ineffizienz verhindern, dass die Justiz ausreichend funktionieren kann. Außerdem fehlt es den Gerichten oftmals an Ausrüstung, Ausbildung und Motivation, um den eigenen Aufgaben nachzukommen. Vor allem auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) versuchen Politiker die Justiz zu beeinflussen (USDOS 25.6.2015). Zusätzlich ist die Justiz von endemischer Korruption geprägt (HRW 29.1.2015; vgl. USDOS 25.6.2015). Wohl gibt es auf Bundesebene strikte Voraussetzungen und Ansprüche für Richter. Allerdings fehlt es auf Bundesstaats- und Bezirksebene an Aufsichtsmöglichkeiten, und dies führt zu Korruption und Misswirtschaft in der Justiz (USDOS 25.6.2015).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das bestehende System benachteiligt jedoch tendenziell Ungebildete und Arme, die sich weder von Beschuldigungen freikaufen noch eine Freilassung auf Kaution erwirken können. Zudem ist vielen eine angemessene Wahrung ihrer Rechte auf Grund von fehlenden Kenntnissen selbst elementarster Grund- und Verfahrensrechte nicht möglich. Auch der Zugang zu staatlicher Prozesskostenhilfe ist in Nigeria beschränkt: Das Institut der Pflichtverteidigung wurde erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 28.11.2014). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; NHRC; Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 28.11.2014).

Das Recht auf ein zügiges Verfahren wird zwar von der Verfassung garantiert, ist jedoch kaum gewährleistet. Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu Familienangehörigen wird nicht immer ermöglicht (AA 28.11.2014).

Dauerinhaftierungen ohne Anklage oder Urteil, die sich teils über mehrere Jahre hinziehen, sind weit verbreitet. 67-70 Prozent der in nigerianischen Gefängnissen inhaftierten Personen sind Untersuchungshäftlinge, die auf ihren Prozess warten (AA 28.11.2014; vgl. USDOS 25.6.2015). Die Untersuchungshaft ist oftmals länger als die maximal zu erwartende gesetzliche Höchststrafe des jeweils in Frage stehenden Delikts (AA 28.11.2014). Darüber hinaus bleiben zahlreiche Häftlinge auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen in Haft, weil ihre Vollzugsakten unauffindbar sind (AA 28.11.2014; vgl. USDOS 25.6.2015). Mehrmals kündigte die Regierung an, Aktionen zur Überprüfung der Inhaftierten durchzuführen und Gefängnisinsassen ohne ersichtlichen Inhaftierungsgrund freizulassen, allerdings ohne messbaren Erfolg (AA 28.11.2014).

Quellen:

4. Sicherheitsbehörden

Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken Nigerian Police Force (NPF) (AA 28.11.2014). Die NPF untersteht dem Generalinspektor der Polizei. Er ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Ihm unterstehen in jedem Bundesstaat Assistenten zur Leitung der Polizeikräfte. Bundesstaaten dürfen gemäß Verfassung über keine eigenen Sicherheitskräfte verfügen. In Notsituationen kann die Bundespolizei jedoch dem Gouverneur eines Staates unterstellt werden (USDOS 25.6.2015). Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein (AA 28.11.2014).

Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 28.11.2014). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des DSS, das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die NPF, das State Security Service (SSS) und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 25.6.2015). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 7.2014).

Die NPF und die Mobile Police (MOPOL) zeichnen sich hingegen durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, Willkür und geringen Diensteifer aus (ÖBA 7.2014). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 28.11.2014). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee. Zum Beispiel wurden Armee sowie Joint Task Force- bzw. Special Task Force-Einheiten entsandt:

in den Bundesstaat Nassarawa, um den Ausbruch ethno-religiöser Gewalt einzudämmen; in die Bundesstaaten Bauchi, Borno, Kano, Kaduna, Plateau und Yobe, um den Angriffen der Boko Haram zu entgegnen (USDOS 25.6.2015; vgl. AA 28.11.2014). Im Norden wurde mittlerweile die bis August 2013 maßgebliche Joint Task Force Restore Order (JTF-RO) überhaupt durch die 7. Nigerianische Armeedivision abgelöst (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

5. Religionsfreiheit

Verfassung, Gesetze und Richtlinien sehen Religionsfreiheit vor. Die Regierung verhinderte jedoch nicht Inhaftierungen und Einschränkungen gegenüber religiösen Gruppen, die von einigen einzelstaatlichen- und lokalen Regierungsstellen ausgeübt wurden (USDOS 28.7.2014). Im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Religionsfreiheit ein Grundpfeiler des Staatswesens. Die Bundesregierung achtet auf die Gleichbehandlung von Christen und Muslimen, zum Beispiel bei der Finanzierung von Gotteshäusern und Wallfahrten. Sie unterstützt den Nigerian Inter-Religious-Council, der paritätisch besetzt ist und die Regierung in Religionsangelegenheiten berät. Ähnliche Einrichtungen wurden auch in mehreren Bundesstaaten erfolgreich eingeführt (AA 28.11.2014).

Die Umsetzung der verfassungsmäßig gesicherten Religionsfreiheit gestaltet sich schwierig (GIZ 4.2015b). Einzelne Bundesstaatsregierungen, Einzelpersonen und Gruppen außerhalb der Regierung verletzten manchmal das Gebot der Religionsfreiheit (USDOS 28.1.2014). In der Praxis bevorzugen Bundesstaaten in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion (ÖBA 7.2014).

Die Toleranz gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften und religiösen Gruppen ist auf lokaler Ebene und in der Bevölkerung teilweise nur unzureichend ausgeprägt. Eine Ausnahme sind die Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen seit Generationen auch Mischehen zwischen Moslems und Christen verbreitet sind. In einigen Bundesstaaten ist die Lage der jeweiligen christlichen bzw. muslimischen Minderheit dagegen problematisch. Beispiel hierfür sind die Auseinandersetzungen zwischen alteingesessenen christlichen Gruppen und seit 1900 zugezogenen muslimischen Gruppen im zentralnigerianischen Jos im Januar 2010 und seit Januar 2014, die zu blutigen Konfrontationen mit insgesamt über 1.000 Toten und mehreren hundert Verletzten führten. Hier wie anderswo liegen den lokalen religiösen Auseinandersetzungen jedoch vor allem wirtschaftliche, soziale und ethnische Konflikte zugrunde (AA 28.11.2014). Insgesamt gelingt es der Regierung nicht, kommunale Gewalt effektiv einzudämmen. Nur gelegentlich wurden Vergehen untersucht und Schuldige verurteilt (USDOS 28.7.2014).

Es gibt Berichte über gesellschaftliche Vergehen oder Diskriminierung aufgrund der religiösen Orientierung, des Glaubens oder aufgrund der Religionsausübung. Es kann zur Ächtung aber auch zur Bedrohung von Konvertiten - sowohl Christen als auch Muslime - kommen (USDOS 28.7.2014).

Generell können jene Personen, die sich vor Problemen hinsichtlich der Religionsfreiheit oder vor Boko Haram fürchten, entweder staatlichen Schutz oder aber eine innere Relokationsmöglichkeit in Anspruch nehmen (UKHO 12.2013). Eine aktuelle und auf das gesamte Bundesgebiet von Nigeria bezogene Verfolgungsgefahr kann keinesfalls festgestellt werden (BVwG 25.2.2014).

Quellen:

5.1. Religiöse Gruppen

In Nigeria sind rund 50 Prozent der Bevölkerung Muslime, 40-45 Prozent Christen und 5-10 Prozent Anhänger von Naturreligionen (CIA 13.5.2015; vgl. GIZ 4.2015b). Der Norden ist überwiegend muslimisch, der Süden überwiegend christlich bzw. "christlich-animistisch" (AA 28.11.2014). Allerdings gibt es im Norden, wo die moslemischen Hausa-Fulani überwiegen, auch signifikante Anteile christlicher Bevölkerung. In Zentralnigeria, in Abuja und in den südwestlichen Yoruba-Bundesstaaten halten sich die Anteile an Muslimen und Christen die Waage (USDOS 28.7.2014).

Die Moslems sind größtenteils sunnitisch bzw. sufitisch. Die Minderheiten an Schiiten und Salafisten wachsen stetig (USDOS 28.7.2014). Zwei Strömungen des Islam sind vertreten: die Bruderschaft der Qadiriyya in Sokoto und der Tijaniyya, der alteingesessenen Hausa in Kano. Beide sind Varianten des sunnitischen Islam. Seit der nigerianischen Unabhängigkeit sind viele islamische Gemeinschaften entstanden, d.h. wie bei den Christen auch, passte sich der Islam den afrikanischen Traditionen u. a. mit der Entstehung neuer islamischer Sekten an (GIZ 4.2015b).

Das Christentum unterteilt sich in Katholiken (13 Prozent), Protestanten (15 Prozent) und synchretistische afrikanische Kirchengemeinschaften (17 Prozent) - einer Vermischung von traditionellen Religionen und Freievangelisten, meistens Mitglieder evangelikaler und pentekostaler Kirchen. Über tausend dieser neuen afrikanischen Kirchengemeinden mit mehreren Millionen Mitgliedern gibt es bereits in Nigeria, Tendenz steigend. Dabei sind die meisten dieser Kirchen stark profitorientiert (GIZ 4.2015b).

Quellen:

5.2. Naturreligionen und Juju

Im nigerianischen Englisch bezieht sich der Begriff "Juju" auf alle religiösen Praktiken, die mehr oder weniger auf traditionellem Animismus basieren. Die Angst vor okkulten Kräften ist selbst bei christlichen und muslimischen Gemeinden sehr verbreitet (DACH 2.2013). Die traditionellen Religionen erleben derzeit eine Art Renaissance. Je nach Volksgruppe glaubt man an Erdgeister, Wassergötter, Ahnengeister, Gottheiten, Magie und Zauberei. Ausgeprägt bei den Volksgruppen im Süden Nigerias ist der "Juju-Glaube", in dessen Zentrum Juju als magische Zauberkraft steht. Erscheinungsformen sind Juju-Wälder, Juju-Flüsse, Juju-Pflanzen, Juju-Bäume oder auch Gegenstände wie Amulett und Talisman. Trotz der Akzeptanz von Christentum und Islam sucht die breite Mehrheit der nigerianischen Bevölkerung im Juju Schutz vor fremden Mächten. Die nominelle Zugehörigkeit zu einer etablierten Religion bedeutet für viele Nigerianer/innen keineswegs die Aufgabe ihrer traditionellen Religion (GIZ 4.2015b).

Quellen:

6. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Allerdings schränken Sicherheitsbeamte die Bewegungsfreiheit durch Ausgangssperren ein. Dies betrifft v.a. die Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa. Auch in den Bundesstaaten Bauchi, Kano, Kaduna, Kogi und Plateau wird durch Ausgangssperren die Bewegungsfreiheit immer wieder eingeschränkt. Es gibt auch weiterhin illegale Straßensperren und Kontrollpunkte, bei welchen Polizisten Geld von Reisenden verlangen. Sicherheitsbeamte wenden weiterhin übermäßige Gewalt an Kontrollpunkten und Straßensperren an (USDOS 25.6.2015).

Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen (USDOS 25.6.2015). Prinzipiell sollte es einer Person, die von nicht-staatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Natürlich müssen die jeweiligen persönlichen Umstände beachtet werden (UKHO 12.2013; vgl. UKHO 9.6.2015). Es ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine fortgesetzte Durchmischung der Wohnbevölkerung auch der "Kern"-Staaten der drei Hauptethnien (Hausa, Yoruba, Igbo) durch Wanderungsbewegungen sowie aufgrund inter-ethnischer Heirat stattgefunden hat. So ist insbesondere eine starke Nord-Südwanderung, mit den sichtbaren Zeichen von vielen neuen Moscheen, feststellbar, wodurch Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind. Es bestehen daher innerstaatliche Fluchtalternativen (ÖBA 7.2014).

Grundsätzlich besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann allerdings mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, in dem keine Mitglieder ihrer Familie bzw. erweiterten Verwandtschaft oder der Dorfgemeinschaft leben: Angesichts der anhaltend schwierigen Wirtschaftslage und der Bedeutung großfamiliärer Bindungen in der nigerianischen Gesellschaft ist es für viele Menschen praktisch unmöglich, an Orten, in denen kein solches soziales Netz besteht, erfolgreich Fuß zu fassen. Für alleinstehende Frauen besteht zudem die Gefahr, bei einem Umzug in die Großstadt von der eigenen Großfamilie keine wirtschaftliche Unterstützung mehr zu erhalten. Mit dem Umzug geht regelmäßig ein weitreichender Verlust der Bürgerrechte einher, da die meisten Bundesstaaten Zuwanderer aus anderen Gebieten von politischer Teilhabe und staatlichen Unterstützungen ausschließen (AA 28.11.2014).

Lokale Regierungen diskriminieren regelmäßig ethnische Gruppen, die in ihrem Gebiet nicht einheimisch sind. Dies nötigt gelegentlich Personen dazu, in jene Regionen zurückzukehren, aus denen ihre ethnische Gruppe abstammt. Bundesstaats- und Lokalregierungen bedrohen und diskriminieren manchmal Angehörige nicht indigener Ethnien, damit diese wegziehen. Es kommt auch zur Zerstörung von Wohngebäuden (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

6.1. Meldewesen

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden (AA 28.11.2014; vgl. ÖBA 7.2014). Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 7.2014).

Im "Sheriffs and Civil Process Act" Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen (ÖBA 7.2014).

Quellen:

7. Grundversorgung/Wirtschaft

Das solide Wirtschaftswachstum der letzten Jahre (6 bis 8 Prozent) war neben den positiven Entwicklungen in den Banken-, Telekommunikations- und Agrarsektoren auch auf die hohen Öleinnahmen zurückzuführen, die in den letzten Monaten allerdings stark zurückgegangen sind. Der für solche Fälle eingerichtete Excess Crude Account, in dem die Regierung einen Teil der Einnahmen aus dem Ölexport zurücklegt, ist inzwischen weitgehend aufgebraucht. Im Mai 2011 hat die Regierung außerdem den Staatsfonds Sovereign Wealth Fund geschaffen, der sich ebenfalls aus Öleinnahmen speist und zur Finanzierung wichtiger Infrastrukturmaßnahmen dienen soll (AA 6.2015b). Ab 2004 nutzte Nigeria den Ölgewinn, um seine Schulden zu bezahlen. Im Rahmen der wirtschaftlichen Reformen der Regierung Obasanjo konnte das Land 2005 mit dem Pariser Club, also den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass um 18 Mrd. US-Dollar von insgesamt 30 Mrd. US-Dollar aushandeln. Im Gegenzug zahlte die nigerianische Regierung 12 Mrd. US-Dollar zurück. Damit ist Nigeria das erste afrikanische Land, das gegenüber dem Pariser Club schuldenfrei geworden ist (GIZ 4.2015c).

Seit 2014 gilt Nigeria als die größte Volkswirtschaft Afrikas. Laut einer im April 2014 veröffentlichten Statistik des National Bureau of Statistics (NBS) übertraf Nigeria das Bruttoinlandsprodukt Südafrikas. Die zentralen Treibkräfte der nigerianischen Wirtschaft, die als Grundlage dieser Berechnung dienten, sind - neben der Ölindustrie - die Unterhaltungsindustrie (Nollywood), die Informationstechnologie und der Handel. Mit einem Wachstum des BIP von mehr als 6% im Jahr gehört Nigeria zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften des Kontinents (GIZ 4.2015c; vgl. AA 6.2015b).

Nigeria ist der zehntgrößte Erdölproduzent der Welt und der größte Erdölproduzent Afrikas. Über 70% der Staatseinnahmen und 90% der Exporterlöse stammen aus der Erdöl- und Erdgasförderung. Neben den Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügt Nigeria über umfangreiche natürliche Ressourcen (z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine und Posphat), die gesamtwirtschaftlich gesehen jedoch von geringer Bedeutung sind (GIZ 4.2015c) und 14 Prozent des Bruttoinlandprodukts generieren sich aus den Erdölgeschäften (AA 6.2015b).

Neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 28.11.2014). Der Reichtum Nigerias ist das Öl, doch über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. In ländlichen Gegenden beträgt der Anteil über 90 Prozent (AA 6.2015b). Der Sektor erwirtschaftete 2013 etwa 35,4 Prozent des BIP. Produziert werden Nahrungsmittel für den Eigenbedarf sowie Kakao, Erdnüsse, Kautschuk, Cassava, Yam für den Export (GIZ 4.2015c). Nigeria ist Afrikas größter Yam- und Augenbohnenproduzent und der weltweit größte Produzent von Maniok (Kassava) (AA 6.2015b).

Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt von kleinen Anbauflächen - in der Regel in Subsistenzwirtschaft - mit Größen von einem bis 5 Hektar (AA 6.2015b). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 4.2015c). Die Maisproduktion wurde - durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 6.2015b). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus. (ÖBA 7.2014).

Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) macht nur 23,7 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert (GIZ 4.2015c). Haupthindernis für die industrielle Entfaltung ist die unzureichende Infrastrukturversorgung (Energie und Transport) (GIZ 4.2015c; vgl. AA 28.11.2014). Von insgesamt 200.000 Straßenkilometer landesweit sind ca. 50 Prozent instandsetzungsbedürftig. Die Eisenbahnlinie Lagos-Kano (ca. 1.300 km) wurde 2013 mit chinesischer Hilfe modernisiert (GIZ 4.2015c).

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2014). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2014; vgl. AA 28.11.2014) und vom informellen Handel sowie (Subsistenz‑) Landwirtschaft. Die Wirtschaftsreformen der letzten Jahre haben zwar zu einer makroökonomischen Konsolidierung geführt - Nigerias Wirtschaft setzte auch 2013 ihr robustes Wirtschaftswachstum von ca. sieben Prozent fort - aber die Lage der breiten Bevölkerung noch nicht verbessert (AA 28.11.2014).

Mindestens 20 Millionen junge Menschen sind arbeitslos. Der Staat und die Bundesstaaten haben nur zögerlich damit begonnen, diesbezüglich Programme umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2014). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 4.2015b).

Verschiedene Studien haben ergeben, dass mehr als 80 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung Nigerias arbeitslos sind und dass 60 Prozent der Arbeitslosen Abgänger der Haupt- oder Mittelschule ohne Berufsausbildung sind (IOM 8.2014). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 7.2014).

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension. Von der arbeitenden Bevölkerung, die etwa 80 Millionen Menschen beträgt, sind etwa 6 Millionen bei irgendeiner Altersvorsorge registriert (TE 25.10.2014). Bis September 2012 waren nur 5,2 Millionen Nigerianer beim Contributory Pension System registriert, lediglich 55.000 Pensionisten erhielten Auszahlungen (BS 2014). Dies versucht die Regierung zu ändern und im Juli 2014 gab es eine neue Gesetzesreform (TE 25.10.2014).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 4.2015c). Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei (AA 28.11.2014).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. So wird für eine rund 30 cm lange Yam-Wurzel, von der sich eine erwachsene Person zwei Tage lang ernähren kann, je nach Region und Saison ein Preis von 150-400 Naira berechnet (0,75 bis 2 Euro).

Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt und pro Teller - je nach Gericht - zwischen 200 Naira für Peppersoup und 450 Naira für Garri mit Gemüse verdienen kann. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Preise für Seminar und zwei Zuchttiere liegen bei 15.000-25.000 Naira (75-150 Euro). Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10% des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 7.2014).

Nach fast fünfeinhalb Jahren Laufzeit ist mit Ende Dezember 2014 das AVRR Nigeria Projekt ausgelaufen. Insgesamt gab es fünf Projektphasen, die erste startete am 01. September 2009. Im Laufe dieser fünf Phasen konnten 198 Rückkehrer/innen bei ihrer freiwilligen Rückkehr und Reintegration unterstützt werden. Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer/innen, nämlich 182, war männlich; 16 waren Frauen. Im Laufe der letzten fünfeinhalb Jahre haben das IOM Landesbüro für Österreich und die beiden Missionen vor Ort intensiv miteinander zusammengearbeitet (IOM 3.2015). 90 Prozent der Befragten freiwilligen Rückkehrer gaben an, dass sie seit der Rückkehr ihre sozialen Kontakte zu Freunden und Verwandten wieder aufbauen konnten (IOM 24.5.2013).

Auch wenn die Lage in Nigeria regional instabil ist, kann im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK für Rückkehrer nach Nigeria schlechthin - etwa aufgrund eines Bürgerkrieges oder einer Hungersnot - gesprochen werden (BVwG 25.2.2014).

Quellen:

8. Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 7.2014).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen vor allem aus Spanien, Italien, Irland (bestehende Rückübernahmeabkommen) sowie Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Schweden, meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zurückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 28.11.2014).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 28.11.2014). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen keine Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 7.2014).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die Drogenpolizei (NDLEA) überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33". Vor dem Hintergrund, dass die Sicherheitskräfte Verdächtige misshandeln oder extra-legal töten, statt sie vor Gericht zu stellen, lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass Polizei und Militär auch Dekret 33 noch als Legitimationsgrundlage für Repressalien sehen, trotz dessen offizieller Nichtanwendung (AA 28.11.2014). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 7.2014).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 28.11.2014).

Quellen:

3. Beweiswürdigung:

3.1. Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben der beschwerdeführenden Partei sowie aus ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der beschwerdeführenden Partei nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der beschwerdeführenden Partei als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Die Antragstellung und der weitere Verfahrensgang ergeben sich aus der Aktenlage.

3.2. Die Feststellung zur Herkunft aus Imo State, zum Schulbesuch, zum Umzug nach Abia und zur Berufstätigkeit als Busfahrer, zum Aufenthalt des Vaters, zu dessen Landwirtschaft und zum Kontakt zu diesem gründen sich auf den gleichbleibenden und diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Partei im Laufe des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand beruht auf den Angaben der beschwerdeführenden Partei und dem Fehlen medizinischer Unterlagen.

Die Feststellungen zum ÖIF Zertifikat, zu den Deutschkursen, zum Ausweis betreffend den Verkauf einer Straßenzeitung und zum Kirchenbesuch basieren ebenfalls auf den Angaben der beschwerdeführenden Partei und auf den vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung fußt auf einem Auszug aus dem Strafregister vom 01.12.2015.

Die Feststellungen zur Lebensgemeinschaft mit einer Staatsangehörigen aus Kamerun, zum gemeinsamen Wohnsitz und zur Geburt des gemeinsamen Kindes basieren auf Auszügen aus dem Zentralen Melderegister betreffend die beschwerdeführende Partei und ihre Lebensgefährtin, die vorgelegte Geburtsurkunde und das Verhandlungsprotokoll zur Zl. W221 1423733 betreffend das Beschwerdeverfahren der Lebensgefährtin.

3.3. Das Vorbringen betreffend den Unfall mit dem Bus und dem Tank-LKW und die darauffolgenden Verletzungen, den Krankenhausaufenthalt und die Rückkehr nach XXXX schildert die beschwerdeführende Partei gleichbleibend und offensichtlich betroffen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens hat. Ebenso meinte die beschwerdeführende Partei, dass sich aus diesem Unfall in Nigeria keinerlei behördlichen Ermittlungs- oder Verfolgungshandlungen ergeben haben, was ebenfalls geglaubt wird.

Das Bundesverwaltungsgericht kann auch noch für plausibel halten, dass ein "J. A." eine Ausreise organisiert haben will und er und sein Bruder "E." den Plan hatten, die beschwerdeführende Partei in Griechenland für sie arbeiten zu lassen, damit diese angebliche Schulden aus der Ausreise resultierend zurückzahlen könne.

Nicht mehr glaubhaft, weil nicht nachvollziehbar und zu vage, ist jedoch das Vorbringen, dass von "J. A." oder "E." eine Gefahr für die beschwerdeführende Partei ausgehen soll.

Dazu ist auszuführen, dass die beschwerdeführende Partei nach ihren eigenen Angaben zwischen 2006 und 2011 in XXXX als Straßenhändler arbeitete, und zwar an einem Ort, wo sich regelmäßig viele Straßenhändler aufhalten würden. Sie selbst meinte in der Verhandlung im Wortlaut: "... und wenn man einen Schwarzen sucht, geht man zu so einer Örtlichkeit,...". Dort habe "E." sie einmal im Jahr 2009 und einmal im Jahr 2011 entdeckt und bedroht. In Hinblick darauf, dass sich die beschwerdeführende Partei offenbar in XXXX nicht im eigentlichen Sinne vor "E." versteckte, sondern bereits zwischen 2006 und 2009 unbehelligt, und dann wieder nach dem Vorfall zwischen 2009 bis 2011 weiterhin unbehelligt als Straßenverkäufer an Orten arbeitete, wo sich regelmäßig Straßenverkäufer aufhalten würden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass von "E." eine reelle und ernstzunehmende Gefahr ausgegangen ist, der beschwerdeführenden Partei entweder körperlich etwas anzutun oder sie, wie angedroht, mit einer falschen Angabe den griechischen Behörden zu übergeben. Eine von "E." tatsächlich ausgehende Bedrohung wegen des Nichtbezahlens der Kosten für die Reise oder der Weigerung, als Drogenhändler zu arbeiten, kann daher aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht abgeleitet werden:

sie lebte sechs Jahre in Griechenland; "E." wusste offensichtlich, wo; sie versteckte sich nicht im eigentlichen Sinne vor ihren Schleppern und kann aus dieser Zeit von keiner ernstzunehmenden Bedrohung durch "E." oder "J. A." berichten.

"J. A." war angeblich der Sohn eines Freundes des Vaters der beschwerdeführenden Partei; so habe auch der Vater der beschwerdeführenden Partei "J. A." erzählt, welche Probleme diese nach dem Unfall gehabt habe. Aus dieser Konstellation lässt sich ableiten, dass "J. A." den Vater der beschwerdeführenden Partei kennt und weiß, wo dieser zu finden ist. Der Vater der beschwerdeführenden Partei lebt heute nach wie vor - seit zehn bzw. elf Jahren - unbehelligt in Imo State bei seiner Landwirtschaft. Im Lichte dieses Sachverhalts erscheint die angebliche Drohung, die "J. A." dem Vater gegenüber Ende 2011 ausgesprochen haben soll, konstruiert. Seit Ende des Jahres 2011 habe ihr Vater ihr auch von keinen weiteren Vorfällen berichtet. Für ein reales, maßgeblich wahrscheinliches Bedrohungsszenario durch "J. A." im Falle einer Rückkehr nach Nigeria fehlen im gegenständlichen Vorbringen aktuelle Hinweise. Das Bundesverwaltungsgericht hält es daher nicht für glaubhaft, dass "J. A." tatsächlich im Jahr 2011 an den Vater der beschwerdeführenden Partei herangetreten sein soll, noch, dass von "J. A." oder "E." tatsächlich eine Bedrohung für den Vater der beschwerdeführenden Partei oder für diese selbst ausgeht.

Zusammenfassend ist dazu zu sagen, dass die angeblichen Drohungen durch "J. A." oder "E." konstruiert wirken und es dem Bundesverwaltungsgericht so erscheint, dass die beschwerdeführende Partei bemüht war und ist, ein asylrelevantes Vorbringen zu erstatten. Diesem angeblichen Bedrohungsszenario fehlt es an Nachvollziehbarkeit und Plausibilität.

Ob die beschwerdeführende Partei tatsächlich einen Juju-Zauber hinsichtlich des zu schuldenden Geldes abgelegt hat, kann nicht festgestellt werden, spielt aber im Endeffekt auch deshalb keine Rolle, weil die beschwerdeführende Partei selbst in der mündlichen Verhandlung anführte, dass der Juju Zauber ihr erst dann gefährlich werden würde, wenn sie Geld haben und ihre Schulden trotzdem nicht begleichen würde. Eine eventuelle Gefährdung wäre daher, wenn überhaupt, auf ein von der beschwerdeführenden Partei selbst zu steuerndes Verhalten zurückzuführen.

3.4. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Das Bundesverwaltungsgericht legt seiner Entscheidung die unter Punkt 2. wiedergegebenen Teile jener Länderinformationen zu Grunde.

Der beschwerdeführenden Partei wurden die Länderberichte unter 2. mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zugeschickt. Eine Stellungnahme zu diesen wurde weder schriftlich noch mündlich in der Verhandlung erstattet.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Rechtsgrundlagen zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren, und somit auch das gegenständliche, zu Ende zu führen.

Zu A)

4.2. Zu Spruchpunkt I. 1. Teil:

Rechtsgrundlagen:

4.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

4.2.2. Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt mithin nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2003, Zl. 2001/20/0011).

Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; vom 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH vom 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können jedoch im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes befindet.

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

4.2.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann mithin nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, "The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN sowie VwGH vom 20.09.2004, Zl. 2001/20/0430).

Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

4.2.4. Die beschwerdeführende Partei beschrieb im Rahmen der mündlichen Verhandlung ihre Sorgen im Falle einer Rückkehr zuerst eher allgemein und erklärte, dass es zu Tötungen durch Boko Haram und zu Kämpfen der Biafra und zwischen den Yorubas und den Ibos käme. Auch sei die beschwerdeführende Partei bereits zehn Jahre aus Nigeria weg und wüsste nicht, wie sie dort ein neues Leben führen sollte.

Diesen Befürchtungen fehlt es am Vorbringen einer konkreten, individuellen, maßgeblichen und aktuellen Verfolgungsgefahr aus Gründen der Ethnie, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, weshalb sie für eine asylrechtliche Überprüfung nicht geeignet sind.

4.2.5. Wenn die beschwerdeführende Partei darüber hinaus vorbringt, dass sie sich vor "J. A." dahingehend fürchte, weil dieser sein Geld zurück verlangen würde, so geht auch aus diesem Vorbringen kein eigentlich asylrelevanter Verfolgungsgrund hervor. Dass geschuldetes Geld auch zurückverlangt werden kann, begründet keine maßgebliche Gefahr einer Verfolgung.

Wenn jedoch mit diesem Vorbringen eine Befürchtung vor Vergeltung und eine Bedrohung der körperlichen Integrität zum Ausdruck gebracht werden sollte, so hat das Bundesverwaltungsgericht oben in der Beweiswürdigung unter 3.3. dargestellt, dass es für diese Befürchtung keine plausible Grundlage gibt: bereits in den fünf - sechs Jahren in Griechenland ging von "E." keine ernsthafte Bedrohung betreffend die beschwerdeführende Partei aus, noch setzte "J. A." diese über ihren Vater in Nigeria maßgeblich unter Druck. Eine tatsächlich bestehende maßgeblich wahrscheinliche und aktuelle Verfolgungsgefahr durch Privatpersonen, wie "J. A." oder "E." kann daher nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit angenommen werden.

4.2.6. Von einer vom Juju-Zauber ausgehenden maßgeblichen Verfolgungsgefahr geht das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht aus. Aber auch einer subjektiven Furcht der beschwerdeführenden Partei steht entgegen, dass nach ihrem Vorbringen eine Gefahr durch den Zauber dann schlagend werden soll, wenn sie ihre Schulden "J. A." gegenüber nicht begleichen würde, obwohl sie das Geld hat. Eine solche Furcht muss eigentlich von der Aufenthaltsregion unabhängig sein, bzw. ist ihr durch die beschwerdeführende Partei selbst dahingehend leicht zu begegnen, als sie auch in Nigeria in der Lage sein würde, "J. A." sein Geld zurück zu bezahlen, wenn sie Geld verdient. Eine asylrelevante Verfolgung kann daher aus dieser Furcht nicht abgeleitet werden.

4.2.7. Andere asylrelevante Gründe wurden im Verfahren nicht vorgebracht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.

4.2.8. Im Ergebnis liegt daher ein maßgebliches und aktuelles Verfolgungsrisiko aus einem der Gründe, die in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, im gegenständlichen Fall nicht vor, weshalb der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids nicht stattzugeben war.

4.3. Zu Spruchpunkt I., 2. Teil:

Rechtsgrundlagen:

4.3.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a AsylG nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

4.3.2. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

4.3.3. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 ist ein Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt.

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Fremden betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

4.3.4. Die beschwerdeführende Partei ist in Imo State geboren, besuchte sechs Jahre lang die Grundschule, arbeitete als Busfahrer in XXXX , Abia State und ist gesund und arbeitsfähig. Ihr Vater lebt nach wie vor bei seiner eigenen Landwirtschaft in Imo State.

4.3.5. Im Verfahren kamen keine Umstände hervor, nach denen eine Rückkehr der beschwerdeführenden Partei nach Nigeria Art. 2 oder 3 EMRK oder Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates ("Qualifikationsrichtlinie") verletzen würde.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf zu verweisen, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass die beschwerdeführende Partei nicht in den Süden des Landes zurückkehren könnte (siehe VfGH, 27.09.2014, E 54/2014-15).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass das Leben in Nigeria Schwierigkeiten für die beschwerdeführende Partei mit sich bringen könnte. Insbesondere wird anerkannt, dass die beschwerdeführende Partei bereits mehr als zehn Jahre nicht mehr in Nigeria gelebt hat. Dennoch kann nicht erkannt werden, dass ihr im Falle einer Rückkehr dort die nötigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, zumal die beschwerdeführende Partei in Nigeria sechs Jahre lang die Schule besuchte, dort hauptsozialisiert ist und bereits als Busfahrer ihren Lebensunterhalt verdiente. Sie verfügt nach wie vor über ihren Vater in Nigeria, mit dem sie in Kontakt steht und der eine eigene - kleine - Landwirtschaft betreibt. Es ergeben sich daher keine Hinweise darauf, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nicht in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verdienen. Schließlich bleibt ihr unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen oder sich in Nigeria an eine karitative Organisation zu wenden.

4.3.6. Im Ergebnis kann daher ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK im Falle einer Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Nigeria nicht erkannt werden, und war ihrer Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides daher nicht stattzugeben.

4.4. Zu Spruchpunkt II.:

4.4.1. Wie bereits oben angeführt sind gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht somit in jedem Übergangsverfahren nach Abs. 19 leg. cit., in dem es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt (Z 1), zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend.

Ob eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG, die lauten:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben der Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürgerinnen oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

4.4.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Ausweisung, nicht erst deren Vollzug einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt (vgl. die bei Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S 344 zitierte Judikatur des VfGH).

Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (in Folge "EGMR") als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Ziels verhältnismäßig sein.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des bzw. der Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Der Begriff des "Familienlebens" besteht unabhängig vom nationalen Recht (EGMR, Marckx/Belgien, 13. Juni 1979, Serie A Nr. 31 , §§ 31 und 69). Folglich gilt, dass die Frage, ob ein "Familienleben" besteht, im Wesentlichen eine Frage der Tatsachen ist und von den tatsächlich bestehenden engen familiären Bindungen abhängt (K./Vereinigtes Königreich, Nr. 11468/85, Kommissionsentscheidung vom 15. Oktober 1986, DR 50). Der Begriff "Familie" in Artikel 8 bezieht sich nicht allein auf eheliche Verbindungen, sondern kann auch andere de facto "Familienbande" mitumfassen, wenn die Parteien außerhalb einer Ehe zusammenleben (EGMR, Johnston und andere/Irland, 18. Dezember 1986, Serie A Nr. 112, § 56).

4.4.3. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Hinsichtlich eines Familienlebens führt die relevante Rechtsprechung die folgenden Grundsätze an: Im Rahmen der Interessensabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bindungen der beschwerdeführenden Partei zu einer Partnerin und zu einem Kind zu einem Zeitpunkt entstanden sind, zu dem sie nicht mit einem ständigen Weiterverbleib im Bundesgebiet rechnen durfte, zumal sie nach der erstinstanzlichen Abweisung ihres Asylantrags von einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatus ausgehen musste. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (siehe VwGH, 31.01.2013, 2011/23/0519, aber auch hinsichtlich des letzten Satzes:

VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012 und VwGH, 20.12.2012, 2011/23/0472).

Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

4.4.4. Die beschwerdeführende Partei ist mittlerweile vier Jahre und ca. acht Monate in Österreich aufhältig, wobei die Dauer des Beschwerdeverfahrens ihr nicht zuzuordnen ist.

Die beschwerdeführende Partei besuchte Deutschkurse und absolvierte das ÖSD Niveau A2 Diplom im Jahr 2013. Sie versteht und spricht etwas deutsch, wovon sich die erkennende Richterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen konnte.

Die beschwerdeführende Partei besucht eine christliche Kirche in XXXX , besitzt einen Ausweis zum Verkauf einer regionalen Straßenzeitung und sieht gerne beim Fußball zu. Sie treibt auch gerne Sport.

4.4.5. Die beschwerdeführende Partei lebt mit einer Staatsangehörigen Kameruns in einer aufrechten Lebensgemeinschaft. Das Paar lebt seit XXXX an einer gemeinsamen Adresse. Am XXXX wurde der gemeinsame Sohn geboren.

Die Lebensgefährtin der beschwerdeführenden Partei, X.Y., stellte in Österreich ebenfalls einen Asylantrag; Beschwerden von X.Y. und vom gemeinsamen Kind waren am BVwG anhängig. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 01.02.2016 zu den Zahlen W221 1423733-1 und W221 2120201-1 wurden diese Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkte I.) und betreffend X.Y. das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt II. zu W221 1423733-1), bzw. der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt III. zu W211 2120201-1).

4.4.6. In Hinblick auf die mittlerweile beinahe fünfjährige Dauer ihres Aufenthalts in Österreich sind die Integrationserfolge der beschwerdeführenden Partei überschaubar. Ihre Deutschkenntnisse sind seit dem Ablegen des A2-Diploms nicht weiter voran geschritten und bemühte sich die beschwerdeführende Partei nicht weiter darum, diese in den letzten beiden Jahren zu verbessern.

Schließlich muss sie sich ihre strafrechtliche Verurteilung aus dem Herbst 2015 vorhalten lassen, die das Gewicht ihrer privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich schmälern muss. In Hinblick auf die davor bereits jahrelange Unbescholtenheit ist diese Verurteilung besonders bedauerlich.

In Bezug auf die Lebensgefährtin und das Kind der beschwerdeführenden Partei ergingen mit heutigem Datum insoferne gleichlautende Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, als dass auch in diesen beiden Fällen die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurden. Jedenfalls muss jedoch an dieser Stelle angemerkt werden, dass die beschwerdeführende Partei ihr aktuelles Familienleben in Österreich begründete, als weder sie noch ihre Lebensgefährtin von einem Verbleib in Österreich ausgehen konnten, was sich auf das Gewicht ihrer Interessen an der Fortführung ihres Familienlebens in Österreich auswirkt.

4.4.7. Diesen Überlegungen steht außerdem gegenüber, dass die beschwerdeführende Partei in Nigeria aufwuchs, dort die Schule besuchte und arbeitete und immer noch über ihren Vater in Imo State verfügt. Obwohl sie bereits mehr als zehn Jahre aus Nigeria weg ist, kann nicht gesagt werden, dass sie dorthin über keinerlei Bindungen mehr verfügt.

4.4.8. Im Ergebnis muss anerkannt werden, dass die Interessen der beschwerdeführenden Partei - private, wegen des Aufenthalts von mehr als viereinhalb Jahren, und familiäre in Hinblick auf ihre Partnerin und ihr Kind - in Hinblick auf ihre strafrechtliche Verurteilung, auf ihre unbestreitbar immer noch bestehenden Bindungen nach Nigeria sowie hinsichtlich des Status der Verfahren betreffend die Lebensgefährtin und das Kind der beschwerdeführenden Partei die starken öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen nicht überwiegen. Eine Rückkehrentscheidung ist daher zum heutigen Zeitpunkt nicht auf Dauer unzulässig, weshalb gemäß den Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 20 AsylG das Verfahren daher spruchgemäß zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung zu den relevanten Rechtsfragen wurden unter den Punkten 4.2. bis 4.4. wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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