BVwG W155 1436830-1

BVwGW155 1436830-110.2.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W155.1436830.1.00

 

Spruch:

W155 1436830-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Silvia KRASA über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchteil I. des Bescheides des Bundesasylamtes gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen.

Der Beschwerde gegen Spruchteil II. des Bescheides des Bundesasylamtes wird stattgegeben. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.02.2016 erteilt.

In Erledigung der Beschwerde wird Spruchteil III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein der Volksgruppe der Hazara zugehöriger afghanischer Staatsangehöriger, schiitischen Glaubens, verließ seinen Herkunftsstaat, reiste unter der Umgebung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 24.9.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, seine Heimat im Juni 2012 verlassen zu haben und zunächst über Nimrouz, schließlich den Iran, die Türkei, und Griechenland auf dem Landweg nach Österreich gelangt zu sein. Er sei am 20.10.1986 geboren, stamme aus der Provinz XXXX, Distrikt XXXX, Dorf XXXX in Afghanistan. In seinem Heimatdorf würden noch seine Eltern und seine drei Brüder leben. Seine Schwester sei in XXXX wohnhaft. Er habe die Koranschule besucht und als Polizist gearbeitet.

Zu den Fluchtgründen befragt, antwortete der Beschwerdeführer wie folgt:

"Ich habe als Polizist gearbeitet und musste zwei bis dreimal pro Woche als Wachstreife dienen. Ich hatte eine Beziehung zu einer Paschtunin, die auch meine Nachbarin war. Ihr Name ist XXXX. Wir wurden entdeckt und deswegen herrscht für mich Lebensgefahr. Der Vater von XXXX war ein Taleb. Weil ich Angst um mein Leben hatte, musste ich fliehen. Dies ist mein einziger Fluchtgrund".

Im Falle der Rückkehr, führte der Beschwerdeführer aus, habe er Angst um sein Leben. Afghanistan sei ein islamischer Staat, eine uneheliche Beziehung werde mit dem Tode bestraft.

1.2. Am 28. 9.2012 wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigungkarte gemäß § 51 AsylG 2005 ausgefolgt.

1.3. In der Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, dass er vier Monate eine Beziehung mit einem paschtunischen Mädchen gehabt habe. Er selbst sei Hazare und habe Paschtu gelernt. Das Mädchen habe er nur beim Wasser holen gesehen. In Afghanistan könne man nicht einfach spazieren oder ins Kaffeehaus gehen. Da er gut verdient habe, habe er für sie immer Geschenke gekauft. Sie hätten oft miteinander telefoniert. An einem Nachmittag im Sommer, als es im Dorf sehr ruhig gewesen sei, habe er das Mädchen beim Fluss getroffen und dann sei etwas passiert. Die Mutter habe sie dabei erwischt. Nachdem sein Kommandant davon erfahren habe, habe dieser ihm zur Flucht geraten, weil er Schande für die Organisation und auch für das Dorf gebracht habe. Er habe sich zunächst zuhause versteckt, sein Bruder habe ihm die Reise bis Nimrouz organisiert.

Der Beschwerdeführer ergänzte sein Vorbringen, indem er über den genauen Ablauf seines Treffens mit dem Mädchen ausführte.

Der Beschwerdeführer konnte eine Bestätigung seines Arbeitgebers aus Afghanistan im Original und eine Tazkira vorlegen. Die Echtheitsüberprüfung der Dokumente ergab kein Ergebnis hinsichtlich der Authentizität.

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs.1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AslyG 2005 (Spruchpunkt I) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II) ab. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Das Bundesasylamt begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit Unglaubhaftigkeit des fluchtbezogenen Vorbringens des Beschwerdeführers aufgrund vager, unschlüssiger und nicht nachvollziehbaren Angaben.

1.5. In der fristgerecht erhobenen Beschwerde ficht der Beschwerdeführer diesen Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften an. Begründend führte aus, dass die Länderfeststellungen mangelhaft seien und führte seinerseits über die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Kabul aus. Die belangte Behörde habe sich bezüglich einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht konkret mit der Situation im Herkunftsland auseinandergesetzt. Die belangte Behörde hätte zur Feststellung kommen müssen, dass die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorkommnisse in Bezug auf Blutrache und Unstatthaftigkeit vorehelicher Beziehungen und die mangelnde Schutzfähigkeit des afghanischen Staates in den Länderfeststellungen Deckung findet. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan verlassen, weil er eine außereheliche Beziehung zu einem Mädchen hatte. Obwohl der Vater des Mädchens, ein Talib, nicht sofort Rache nahm, fürchtete er die drohende gesetzliche Bestrafung und andererseits die Rache der Familie des Mädchens. Da er Hazara sei und das Mädchen Paschtunin, sei eine Eheschließung nicht möglich. Die afghanischen Sicherheitsbehörden seien nicht gewillt bzw. nicht im Stande, dem Beschwerdeführer den notwendigen Schutz zu bieten. Selbst wenn sein Vorbringen nicht asylrelevant angesehen werden sollte, hätte ihm wegen der bestehenden Gefahr für sein Leben der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden müssen.

1.6. Am 6.6.2014 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher die belangte Behörde keinen Vertreter entsandte. In der Verhandlung wurde der Fluchtgrund eingehend erörtert. Der Beschwerdeführer wiederholte im Wesentlichen sein vor dem Bundesasylamt erstattetes Vorbringen und erklärte, aus der Provinz XXXX, Distrikt XXXX, Dorf XXXX zu stammen und bis zu seiner Ausreise dort gelebt zu haben. Seine Familienangehörigen (Eltern und Brüder) würden nach wie vor dort leben. Er habe früher in der Landwirtschaft gearbeitet, später sei als Polizist tätig gewesen. Der Beschwerdeführer schilderte seinen Arbeitsablauf und seine Dienstzeiten.

Vor seiner Ausreise habe er sich in ein paschtunisches Mädchen aus der Nachbarsfamilie verliebt. Sie hätten sich zu unbestimmten Zeiten an einem Bach, wo die Familien Wasser geholt hätten, getroffen und Telefonnummern ausgetauscht. Wenn der Vater und die Brüder des Mädchens nicht zuhause waren, habe er versucht, das Mädchen zu treffen. Eines Tages nach Dienstschluss habe er sie beim Bach getroffen und in den umliegenden Mais-und Weizenfelder sei es zum Geschlechtsverkehr gekommen. Die Mutter des Mädchens habe sie gesehen und geschrien und weiter erzählt, was passiert sei. Der Kommandant habe ihn angerufen und geraten, die Heimatregion sobald wie möglich zu verlassen, weil die Familie des Mädchens ihn töten würde. Danach habe ihn sein Bruder nach Nimrouz gefahren.

Auf die Frage, ob es keine andere Möglichkeit gegeben habe, die Angelegenheit zu bereinigen (Bußzahlungen), meinte der Beschwerdeführer, dass die Strafe für diese Tat im Normalfall die Steinigung beider Beteiligten sei. Durch diese Tat habe er sich die Paschtunen zu seinen Feinden gemacht. Es sei immer wieder zu Konflikten zwischen Hazara und Paschtunen im Heimatdorf wegen der Bewässerungsanlage gekommen. Probleme mit den unmittelbaren paschtunischen Nachbarn hätte es aber nicht gegeben. Obwohl eine eheliche Verbindung zwischen Paschtunen und Hazara kaum möglich sei, habe er gehofft, dass die Eltern des Mädchens einer solchen Verbindung zustimmen würden. Ihm und dem Mädchen sei das Risiko bekannt gewesen, dennoch hätten sie gehofft, eines Tages zusammen sein zu können. Dazu sei es aber nicht mehr gekommen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde er nicht nur von der Familie des Mädchens ,sondern auch von seiner eigenen Familie, die ihn hasse und keinen Kontakt mit ihm haben wolle, mit dem Tod bestraft werden. Das was er getan habe, würde niemand verzeihen.

Der Beschwerdeführer erstattete Vorbringen zu seiner Integration in Österreich und legte Zertifikate und Bestätigungen über die Besuche von Deutschkursen vor.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde die Staatendokumentation des Bundesasylamtes, Länderinformationsblatt Afghanistan, 28.1.2014 in das Verfahren eingebracht. Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme. Ergänzend brachte der Beschwerdeführer vor, dass er diverse Deutschkurse besucht habe und seine Zeit in Österreich positiv nutzen und Fortschritte in Bildung und Arbeit erlangen möchte. Er halte sich an die Gesetze und schätze die Behörden und das System in Österreich sehr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:

1.1.1 Allgemeines

Afghanistan ist eine islamische Republik und hat schätzungsweise 24 bis 33 Millionen Einwohner. Die afghanische Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Parlament vor, das aus einem Unterhaus und einem Oberhaus, deren Mitglieder von den Provinz- und Distriktsräten sowie vom Präsidenten bestellt werden, besteht (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013).

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und 11 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban befindet sich Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Die nationale Aussöhnung mit den Aufständischen sowie die Reintegration versöhnungswilliger Mitglieder der Insurgenz bleiben weiterhin eine Grundvoraussetzung für die Schaffung eines friedlichen und stabilen Afghanistans (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).

Am Nato-Gipfeltreffen im Mai 2012 in Chicago wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012). Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012).

1.1.2 Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt unvorhersehbar, die Zivilbevölkerung trägt weiterhin die Hauptlast des Konflikts (UNAMA-Midyear Report von Juli 2013). Nachdem die Gewalt im Jahr 2011 das höchste Niveau seit dem Fall des Taliban-Regimes im 2001 - mit zahlreichen Todesopfern bei Koalitionstruppen und Zivilbevölkerung - erreicht hatte (The Guardian vom 14.9.2011), gingen die Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen 2012 bei sehr hoch bleibendem Gewaltlevel um 25% zurück, was als taktische Reaktion regierungsfeindlicher Kräfte auf den Rückzug der internationalen Truppen und keineswegs als Verlust an operationeller Fähigkeit interpretiert wurde (ANSO Quarterly Report vom Juni 2012), im Übrigen aber auch ausreichte, die zahlenmäßig durch den Rückzug bereits stark reduzierten internationalen Sicherheitskräfte weiterhin herauszufordern (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Im Frühjahr 2013 kam es erneut zur Trendwende: Die Anschläge der regierungsfeindlichen Gruppierungen sind im Vergleich zum Vorjahr wieder um 47% angestiegen, wobei das Niveau von 2011 prognostiziert wurde. Zudem nahmen militärische Konfrontationen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und afghanischen Sicherheitskräften, in denen vermehrt Zivilisten ums Leben kamen, in den ersten sechs Monaten 2013 zu (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Konstant bleibt jedenfalls eine bewusste Verlagerung der Angriffsziele von internationalen Truppen zu afghanischen Zielen (ANSO Quarterly Report vom April 2013).

Mittlerweile betrifft der Konflikt, der sich zuvor auf den Süden und Osten des Landes konzentrierte, die meisten Landesteile, insbesondere den Norden, aber auch Provinzen, die zuvor als die stabilsten im Land gegolten hatten. Die zwölf Provinzen mit den insgesamt meisten Sicherheitsvorfällen im Jahr 2012 waren Helmand, Kandahar und Urusgan (südliche Region), Ghazni, Paktika und Khost (südöstliche Region), Nangarhar und Kunar (östliche Region), Herat und Farah (westliche Region) und Kabul und Wardak (Zentralregion). Die südliche, die südöstliche und die östliche Region entwickelten sich zu einem zunehmend zusammenhängenden Kampfgebiet. In den Provinzen Kandahar, Kunar, Nangarhar, Logar und Wardak kam es im Jahr 2012 zu einem deutlich höheren Grad an Sicherheitsvorfällen als 2011 (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

1.1.2.1 Sicherheitslage im Raum Kabul

Infolge militärischer, überwiegend afghanisch geführter Operationen, starker Präsenz im Raum sowie politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen konnte eine partielle Stabilisierung in der Hauptstadt Kabul erzielt werden (Länderinformation der Staatendokumentation vom September 2013). Dennoch verüben die Taliban (einschließlich das Haqqani-Netzwerk) in Kabul weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe und demonstrieren, dass die Aufständischen überall im Land zuschlagen und selbst den "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden können, was anscheinend darauf abzielt, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und möglicher "Geldgeber" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu verbreiten (Ruttig, After the "operational pause", vom 2.6.2013).

Am 10.6.2013 griffen Angehörige der Taliban das NATO-Hauptquartier im militärischen Teil des Flughafens in Kabul an und lieferten den afghanischen Sicherheitskräften ein rund vierstündiges Gefecht; am Tag darauf verübten Taliban einen Anschlag auf den Obersten Gerichtshof in Kabul (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).

Am 16.11.2013 steuerte ein vor Sicherheitskräften flüchtender Selbstmordattentäter in Kabul sein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug in ein Militärfahrzeug und tötete vier Zivilisten, einen Polizisten und einen Soldaten; 22 Personen wurden verletzt. Der Anschlag ereignete sich nahe des Zeltes der am 21.11.13 beginnenden Großen Stammesversammlung (Briefing Notes des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.11.2013). Am 11.12.2013 sprengte sich ein Selbstmordattentäter am Flughafen der Hauptstadt Kabul in unmittelbarer Nähe eines Bundeswehr-Konvois in die Luft (Briefing Notes des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16.12.2013). Am 27.12.2013 wurden bei einem mutmaßlichen Selbstmordanschlag auf einen Konvoi internationaler Truppen im Osten Kabuls mindestens 3 ausländische Soldaten und weitere Zivilisten getötet (Radio Free Europe vom 27.12.2013). Am 17.1.2014 töteten drei Angreifer bei einem Anschlag auf ein bei Ausländern beliebtes Lokal insgesamt 21 Menschen, darunter 13 Ausländer: Ein Attentäter sprengte sich vor dem gut gesicherten Eingang in die Luft, zwei weitere stürmten in das gut besuchte Lokal und schossen wahllos um sich (Bericht der APA vom 18.1.2014). Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Bus der afghanischen Armee sind am 26.1.2014 in Kabul vier Menschen und der Attentäter getötet worden. Zudem seien bis zu 22 Personen, darunter auch Kinder, verletzt worden, teilte die Polizei mit. Die Taliban bekannten sich zu der Tat (Bericht aus ORF online vom 26.1.2014).

1.1.2.2 Sicherheitslage im Osten des Landes

Im Osten des Landes wurde zwischen 16.2. und 15.5. eine 18-prozentige Zunahme von Vorfällen im Vergleich zu 2012 verzeichnet, mit einem Zustrom der Aufständischen in die Provinzen Nuristan und Badakhshan, der einen Wechsel des strategischen Fokus des Konflikts andeutet (UNSC 13.6.2013). Es gab ein klares Muster von regierungsfeindlichen Elementen, die versuchten die Kontrolle in den Grenzgebieten der Provinzen Nuristans, Kunar und Nangarhar zu bekommen. In der östlichen Region nahmen die zivilen Opfer durch Auseinandersetzungen am Boden um 52 Prozent zu. Von den Vorfällen zwischen 16.8 und 15.11 betrafen 70 Prozent die südlichen, süd-östlichen und östlichen Teile des Landes (UNSC 6.12.2013).

1.1.2.3. Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz Helmand

Die Provinz Helmand liegt im Südwesten Afghanistan und grenzt südlich an die pakistanische Provinz Belutschistan an. Rund 95 Prozent der Bevölkerung sind Pashtunen. Dazu kommen eine kleine Anzahl von Tadschiken, Hazara, Usbeken, Belutschen und sowie der religiösen Sikh-Minderheit. Die Provinz Helmand gilt als relativ unsicher (Feinstein International Center 1.2012).

Die Taliban sind in der Provinz Helmand in das soziale Gefüge eingebettet. Eine gut entwickelte PR-Strategie der Taliban bewirkt, dass die Taliban in Städten und Provinzen vorsichtig vorgehen. Infiltration geschieht nicht durch Gewalt, sondern durch Unterstützung gegen die Regierung und/oder Fremdtruppen. Sie können so in der Region Fuß fassen und erschweren es der Regierung und den ausländischen Truppen Fortschritte zu machen (New America Foundation 9.2010). Die Polizei in Helmand ist mit einer Doppelbedrohung konfrontiert: Taliban und Drogenschmuggler (BBC 16.9.2013).

Im März wurde ein Talibanführer und ein weiterer Aufständischer im Bezirk Nawah-ye Barakzai der Provinz Helmand durch afghanischen Sicherheitskräfte und Koalitionstruppen verhaftet. Dem Talibanführer wird zur Last gelegt, dass er Attacken mit IEDs, raketenbetriebenen Granaten und anderen Waffen orchestriert hat (USDOD 11.3.2013).

Im ersten Quartal des Jahres 2013 hatten sich die Vorfälle, laut ANSO, in der Provinz Helmand im Vergleich zum Vorjahr um 127 Prozent erhöht. Es wurden im ersten Quartal des Jahres 2013 325 Vorfälle registriert (ANSO 4.2013).

Radio Free Europe berichtete allerdings im April 2013, dass nach jahrelangem Blutvergießen, eine leichte Ruhe in Helmand eingekehrt ist. Große Teile der Provinz - einst ein Hafen für Taliban Aufständische - konnte aus der Kontrolle der Kämpfer gebracht werden. Die täglichen Schusswechsel und Straßenbomben in Helmand haben sich verringert und die Entwicklung kommt voran: Schulen werden gebaut, Straßen geteert und Geschäfte eröffnen. Lokale Wahlen konnten abgehalten werden. Dies gab der Regierung die Möglichkeit ihre Präsenz in entlegene Gebiete auszudehnen (RFE 23.4.2013).

Laut UN ist allerdings der Bezirk Sangin in der Provinz Helmand eines der umstrittensten Gebiete des Landes (UNSC 6.9.2013).

Im September wurde eine hochrangige Polizistin in der Provinz bei einem Angriff durch Rebellen getötet, nur zwei Monate nachdem ihre Vorgängerin ermordet worden war (BBC 16.9.2013; vgl. The Guardian 15.9.2013; The Daily Mail 17.9.2013).

1.1.3 Menschenrechte

Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden, können willkürlichen Festnahmen (inklusive Inhaftierung ohne Anklage) sowie Misshandlungen durch internationale Truppen oder durch afghanische Behörden ausgesetzt sein (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Was Repressionen Dritter anbelangt, geht die größte Bedrohung der Menschenrechte von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich hierbei meist um Anführer von Milizen, die nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Urheber von Menschenrechtsverletzungen praktisch keinen Einfluss und kann sie weder kontrollieren noch ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des desolaten Zustands des Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben Menschenrechtsverletzungen daher häufig ohne Sanktionen. Immer wieder kommt es zu Entführungen, die entweder politisch oder finanziell motiviert sind (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).

Regierungsfeindliche Kräfte greifen systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und internationalen humanitären Hilfs- und Entwicklungsakteure unterstützen bzw. mit diesen verbunden sind. Zu den primären Zielen solcher Anschläge zählen u.a. politische Führungskräfte, Lehrer und andere Staatsbedienstete, ehemalige Polizisten und Zivilisten, die der Spionage für regierungstreue Kräfte bezichtigt werden. Auch afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, werden von Taliban bedroht und angegriffen. In Gebieten, die ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen, nutzen regierungsfeindliche Kräfte Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Rekrutierungsmaßnahmen auf der Grundlage von Zwang. Personen, die sich einer Rekrutierung widersetzen, sind gefährdet, der Spionage für die Regierung angeklagt und getötet oder bestraft zu werden (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Personen, denen Verstöße gegen die Scharia - wie Apostasie, Blasphemie, freiwillige, gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Ehebruch - vorgeworfen werden, sind nicht nur der Gefahr ihrer Verfolgung, sondern auch der gesellschaftlichen Ächtung und Gewalt durch Familienangehörige, andere Mitglieder ihrer Gemeinschaften, die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte ausgesetzt. Dies gilt sowohl für Frauen als auch für Männer (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013). UNHCR geht davon aus, dass eine interne Schutzalternative in den vom aktiven Konflikt betroffenen Gebieten unabhängig davon, von wem die Verfolgung ausgeht, nicht gegeben ist (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

1.1.4 Justiz und (Sicherheits‑)Verwaltung

Verwaltung und Justiz funktionieren nur sehr eingeschränkt. Neben der fehlenden Einheitlichkeit in der Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia und Gewohnheitsrecht), werden auch rechtsstaatliche Verfahrensprinzipien nicht regelmäßig eingehalten. Trotz bestehender Aus- und Fortbildungsangebote für Richter und Staatsanwälte wird die Schaffung eines funktionierenden Verwaltungs- und Gerichtssystems noch Jahre dauern (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).

Richterinnen und Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen sowohl seitens lokaler Machthaber, Beamten aber auch Familienangehörigen, Stammesältesten und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt, was ihre Unabhängigkeit schwerwiegend beeinträchtigt. Die Urteile zahlreicher Gerichte basieren auf einem Gemisch von kodifiziertem Recht, Schari'a, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Gerichtsprozesse entsprechen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Verfahren. Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards; sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Trinkwasser und Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht festzustellen. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013). Blutfehden können zu lang anhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Pashtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Racheakte nicht an Frauen und Kinder verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann die Blutfehde ruhen, bis die Familie des Opfers sich in der Lage sieht, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters durch das formale Rechtssystem schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre eigenen parallelstaatlichen Justizsysteme eingerichtet. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer äußerst strikt ausgelegten Interpretation der Shari'a; die von ihnen ausgeführten Bestrafungen umfassen auch Hinrichtungen und körperliche Verstümmelungen und werden von UNAMA teilweise als Kriegsverbrechen eingestuft (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).

Innerhalb der Polizei sind Korruption, Machtmissbrauch und Erpressung - ebenso wie in der Justiz - endemisch (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013). Die Afghanische Nationale Polizei (ANP) gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, die inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front kämpfen, werden auch künftig auf internationale Unterstützung sowie Beratung und Ausbildung angewiesen sein. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stellt die hohe Ausfallquote dar: Rund 35% der Angehörigen der Afghanischen Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Die Desertionsrate in der Armee wird nur noch von jener der ANP übertroffen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).

1.1.5 Versorgungslage

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es an vielen Orten an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser.

Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen landesweit aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. Dies führt dazu, dass Afghanistan weiterhin zu den Ländern mit der höchsten Mütter- und Kindersterblichkeitsrate der Welt gehört (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).

1.1.6 Rückkehrfragen

Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013). Gemäß UNHCR waren rund 40% der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60% der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).

Bei der Rückkehr von Frauen, Kindern, alten Menschen oder Alleinerziehenden stellt die Reintegration in ein religiöses und sozial traditionelles Umfeld oft eine Herausforderung dar (Bericht von IOM vom Oktober 2012). Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).

UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen (Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011).

Die traditionelle erweiterten Familien- und Gemeinschaftsstrukturen der afghanischen Gesellschaft bilden weiterhin den vorwiegenden Schutz- und Bewältigungsmechanismus, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Infrastruktur nicht so entwickelt ist. Afghanen sind auf diese Strukturen und Verbindungen zum Zweck der Sicherheit und des wirtschaftlichen Überlebens, einschließlich des Zugangs zur Unterkunft und eines angemessenen Niveaus des Lebensunterhaltes angewiesen.

Alleinstehende Männer und Kernfamilien können unter gewissen Umständen ohne Unterstützung von Familie oder Gemeinschaft in städtischen oder semi-urbanen Gegenden mit entwickelter Infrastruktur und unter effektiver Kontrolle der Regierung leben. (UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 24.03.2011).

Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art stoßen, wenn sie außerhalb des Familienbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen. Bei Rückkehrern ohne oder nur mit geringer Ausbildung ist das Problem noch größer, da es nicht genügend Programme für Rückkehrer gibt. Rückkehrer (aus dem westlich geprägten Ausland) können in ihrer Umgebung auf übersteigerte Erwartungen bezüglich ihrer finanziellen Möglichkeiten treffen, so dass von ihnen für Leistungen überhöhte Preise gefordert werden. Eine Ansiedelung in Kabul, Mazar-i Sharif, Jalalabad und Herat ist grundsätzlich auch für Personen ohne Beziehungen möglich, sofern sie über die nötigen finanziellen Mittel verfügen. Für mittellose Männer ohne persönliche Anknüpfungspunkte ist das nur unter großen Schwierigkeiten möglich. Für Frauen ohne männliches Familienoberhaupt ist dies gänzlich unmöglich. Bei Rückkehrern ohne abgeschlossene Ausbildung ist das Problem noch größer, da es nicht genügend Programme für Rückkehrer gibt. (BVwG - Afghanistan-Vortrag am 20.2.2014).

1.2 Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, ledig, der Volksgruppe der Hazara zugehörig, schiitischen Glaubens, in Österreich nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes und hat gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde, sieht das Gericht keinen Grund an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen zu zweifeln. Er hat schlüssig und widerspruchsfrei angegeben, einer Verfolgung durch seine Familie sowie durch die Familie eines paschtunischen Mädchens, mit dem er - ohne mit ihr verheiratet zu sein - Geschlechtsverkehr hatte, ausgesetzt zu sein.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zur aktuellen Situation in der Islamischen Republik Afghanistan stützen sich auf die oben angeführten, dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebrachten und der belangten Behörde amtsbekannten, Quellen. Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, der die beschwerdeführende Partei weder mündlich noch schriftlich substantiiert entgegengetreten ist, besteht für das Gericht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

2.2 Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen Zugehörigkeit, Herkunftsprovinz, Arbeitssituation sowie den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und im Ergebnis glaubhaften Angaben. Seine strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Der Beschwerdeführer konnte Dokumente vorlegen, aus denen sich seine Identität und sein Arbeitsverhältnis ergeben. Keinen Widerspruch erkennt das Gericht in der Schilderung des Fluchtgrundes durch den Beschwerdeführer. Er konnte vielmehr detailreich den Ablauf der Geschehnisse schildern. Das Gericht geht daher von der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt somit in gegenständlicher Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 6.10.1999. Zl. 99/01/0279, mwN).

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. So ist dem Herkunftsstaat eine Verfolgung sowohl dann zuzurechnen, wenn sie von dessen Organen direkt gesetzt wird, als auch, wenn der Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, die von anderen Stellen ausgehende Verfolgungshandlung hintan zu halten (vgl. VwGH vom 6.10.1998, Zl. 96/20/0287; 23.07.1999, Zl. 99/20/0208).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH vom 21.1.1999, Zl. 98/18/0394; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233, mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH vom 17.6.1993, Zl. 92/01/1081; 14.3.1995, Zl. 94/20/0798).

Der Beschwerdeführer bringt schlüssig vor, von der Familie eines Mädchens bedroht zu werden, mit dem er Geschlechtsverkehr hatte. Eine solche Bedrohung entfaltet keine Asylrelevanz.

Die behauptete Verfolgung gründet sich lediglich auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer durch den behaupteten außerehelichen Geschlechtsverkehr gegen Normen und Werte verstoßen hat, nicht aber auf einen in der GFK genannten Grund der Rasse, Nationalität, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen einer politischen Gesinnung.

Die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe ist auszuschließen (soziale Gruppe der Männer, die außerehelichen Geschlechtsverkehr hatten und dadurch gegen paschtunisches Gewohnheitsrecht verstoßen , gibt es nicht), weil unter Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe eine nicht sachlich gerechtfertigte Repression verstanden wird, welche nur Personen trifft, welche sich durch ein gemeinsames soziales Merkmal auszeichnen, welche also nicht verfolgt würden, wenn sie dieses Merkmal nicht hätten. Nach herrschender Auffassung könne eine soziale Gruppe nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (VwGH vom 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479). Danach würde jeder, welcher gegen (strafrechtliche) Normen verstieße, bereits Mitglied einer sozialen Gruppe sein. Der Beschwerdeführer wird auch nicht aus familiären Gründen verfolgt, sondern deswegen, weil er eine außereheliche Beziehung eingegangen ist. Es kommt daher auch nicht eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie in Betracht (vgl. einen ähnlich gelagerten Fall AsylGH vom 23.9.2013, Zl. C4 417.184-1/2011/4E).

Dass es sich bei der außerehelichen Beziehung etwa um einen Ausdruck seiner politischen oder religiösen Gesinnung gehandelt habe, oder ihm auch nur ein solcher unterstellt würde, dafür besteht im gegenständlichen Fall kein Anhaltspunkt (vgl. UBAS 19.11.2007, 227.784/0/18E-IV/11/02 sowie den diesbezüglichen Beschluss des VwGH vom 28.4.2010, 2008/19/0148-5). Eine ihm unterstellte oppositionelle politische Gesinnung ist auch vor dem Hintergrund nicht anzunehmen, da die Bedrohung von der Familie des Mädchens ausgeht und es sich daher um eine rein private Verfolgung handelt (vgl. einen anders gelagerten Fall, wo die Taliban auf jemanden aufmerksam wurden, der gegen die moralischen Wertvorstellungen verstoßen hatte und ihm daher von den Taliban eine feindliche politische Gesinnung unterstellt wurde: VwGH vom 19.11.2010, Zl. 2008/19/0206).

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, und auch keine Hinweise dafür bestehen, dass sich aus der allgemeinen Situation allein diesbezüglich etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe.

Eine Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara bzw. zur schiitischen Religionsgemeinschaft hat weder der Beschwerdeführer substantiiert vorgebracht noch haben sich hierfür Hinweise aus den in das Verfahren eingebrachten oder sonstigen aktuellen Länderberichten ergeben (vgl. etwa UK Home Office, Country of Origin Information Report, 15.2.2013, S. 187 ff und 206 ff; Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4.6.2013, S. 9 f).

Da sich sohin weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

Zu Spruchpunkten II und III:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.2.2004, Zl. 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095).

Der Schutzbereich des Artikels 3 EMRK umfasst nicht nur Fälle, in denen der betroffenen Person unmenschliche Behandlung (absichtlich) zugefügt wird. Auch die allgemeinen Umstände, insbesondere unzulängliche medizinische Bedingungen im Zielstaat der Abschiebung können - in extremen Einzelfällen - in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK fallen. Allgemein ist der Rechtsprechung des EGMR zu entnehmen, dass "allein" schlechtere oder schwierigere (auch kostenintensivere) Verhältnisse in Bezug auf die medizinische Versorgung nicht ausreichen, um - in Zusammenhang mit einer Abschiebung - in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu reichen. Dazu sei - jeweils - das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erforderlich. Der EGMR betonte weiters im Fall Bensaid gg. Vereinigtes Königreich, dass auf die "hohe Schwelle" des Artikels 3 besonders Bedacht zu nehmen sei, wenn der Fall nicht die "direkte" Verantwortung eines Vertragsstaates (des abschiebenden Staates) für die Zufügung von Leid betreffe (vgl. Putzer, Leitfaden für Asylrecht² (2011) Rz 196, mwH).

Eine Verletzung des Artikels 3 EMRK ist im Falle einer Abschiebung nach der Judikatur des EGMR, der sich die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts angeschlossen haben, jedenfalls nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. hiezu EGMR ‚ U 2.5.1997, D vs. United Kingdom, Nr. 30240/96; EGMR E 31.5.2005, Ovdienko Iryna and Ivan vs. Finland, Nr. 1383/04 sowie VfGH vom 6.3.2008, Zl. B 2400/07, mwH).

Anhand der in das Verfahren eingeführten Länderdokumente und der aktuellen Medienberichterstattung hat sich die Sicherheitslage in der afghanischen Provinz XXXX deutlich verschlechtert. In der steigenden Zahl von Zwischenfällen mit zivilen Opfern zeigt sich eine zunehmende Verfestigung der Gewaltsituation im alltäglichen Leben. Die Ausweitung des Konflikts zwischen Sicherheitskräften einerseits und den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen andererseits tragen auch zu einer Einschränkung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung und Bildungseinrichtungen dar.

Als interne Fluchtalternative könnte allenfalls Kabul in Betracht kommen. Existenzmöglichkeiten am Ausweichort sind aber von den persönlichen Umständen des Betroffenen und der jeweils aktuellen Sicherheits- und Versorgungslage abhängig. Eine Rückkehr kommt sohin nur dann in Betracht, wenn der betreffende Afghane in der Lage ist, sich sofort und aus eigenen Mitteln oder auf Grund von bestehendem Familienanschluss in einem hinreichend sicheren Ort ein sicheres Rückzugsgebiet vor allem für die Nacht zu schaffen. Zumal der Beschwerdeführer in Kabul weder über ein familiäres noch über ein soziales Netzwerk verfügt, wäre er im Falle einer Rückkehr vorerst auf sich alleine gestellt und jedenfalls gezwungen, sich einen Wohnraum zu suchen, ohne jedoch ausreichende Kenntnisse über die infrastrukturellen Gegebenheiten zu haben. Wie sich auch anhand der ins Verfahren einbezogenen Länderdokumente zeigt, stellt sich die Versorgung mit Wohnraum, aber auch mit Nahrungsmitteln insbesondere für alleinstehende Rückkehrer meist nur unzureichend dar. Eine staatliche Unterstützung ist zudem anhand der derzeitigen politischen Lage in Afghanistan unwahrscheinlich. Sohin ist es - auch unter Beachtung der höchstgerichtlichen Judikatur (siehe beispielsweise VfGH 12.09.2013, U 1842/2012; 13.09.2013, U 1513/2012-8) - dem Beschwerdeführer nicht zumutbar, in seine Heimat zurückzukehren, da er für den Fall einer Abschiebung nach Afghanistan auch mangels eines sozialen Netzes in eine aussichtslose Situation kommen würde, sodass diese im Blickwinkel des Artikels 3 EMRK unzulässig ist.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Dem Beschwerdeführer war daher gleichzeitig mit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung in der gesetzlich vorgesehenen Dauer zu erteilen.

Da der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des im Spruch bezeichneten Bescheides stattzugeben war, war Spruchpunkt III. dieses Bescheides pro forma (ersatzlos) zu beheben.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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