BVwG L519 1436129-1

BVwGL519 1436129-16.2.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:L519.1436129.1.00

 

Spruch:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2013, Zl. 1217.147-BAI, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 und 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005, BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wird das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt III. zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als "bP" bezeichnet), eine Staatsangehörige von Armenien brachte am 23.11.2012 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. einem Organwalter der belangten Behörde brachte die bP im Wesentlichen Folgendes vor:

Ihr Sohn halte sich in Österreich als anerkannter Flüchtling auf. Im September 2012 seien 2 KGB-Beamte zu ihr gekommen und hätten sie nach ihrem Sohn gefragt. 2 Wochen später seien die Männer wieder gekommen und hätten ihr gedroht, falls sich ihr Sohn nicht bei ihnen meldet. Im Oktober 2012 sei sie grundlos gekündigt worden, was sicherlich auch vom KGB ausgegangen sei. Im November 2012 sei sie aufgefordert worden, bei der Polizeistation zu erscheinen, wo man ihr mitteilte, dass sie wegen Diebstahls an ihrer ehemaligen Arbeitsstelle angezeigt worden ist. Erst nach ihrer Ankunft in Österreich habe ihr ihr Sohn mitgeteilt, dass er homosexuell ist und die Probleme darauf zurückzuführen seien.

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP im Wesentlichen mit folgender Begründung als unglaubwürdig:

Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Sohn der bP am 2.7.2011 die Heimat verlassen hat und der KGB erst über ein Jahr später, nämlich im September 2012 zur bP gekommen sei und nach ihrem Sohn gefragt habe. Wenn der KGB tatsächlich ein derartiges Interesse am Sohn gehabt hätte, wäre dieser bereits wesentlich früher zur bP gekommen. Auf Vorhalt habe die bP angegeben, dass sie auch nicht wisse, weshalb der KGB erst nach über einem Jahr gekommen sei.

Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb der KGB Druck auf die bP ausgeübt haben soll, wenn dieser bereits gewusst haben soll, dass der Sohn in Österreich ist. Zudem sei davon auszugehen, dass der KGB diesfalls auch wusste, wo sich der Sohn konkret aufhält und auch den entsprechenden Einfluss hätte, um ihn in Österreich zu finden. Auf Vorhalt gab die bP an, dass sie ihn zwingen hätte sollen, zurückzukommen. Dies sei jedoch nicht nachvollziehbar, weil der KGB in diesem Fall vielmehr davon ausgehen musste, dass der Sohn die bP von Armenien wegholt, bevor er zurückkehrt. Dazu habe die bP angegeben, dass sie ihre Dokumente nicht selbst beantragt habe. Sie habe jemanden gebeten, das Visum zu besorgen.

Auch die legale Ausreise mit Visum deute darauf hin, dass die bP keine Verfolgungshandlungen durch die Behörden zu befürchten hatte. Es sei zudem auch unwahrscheinlich, dass es ihr in derart kurzer Zeit gelungen ist, das Visum zu besorgen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sich die bP schon wesentlich früher darum gekümmert hat und die Ausreise geplant war.

Es könne auch nicht nachvollzogen werden, dass die bP ihrem Sohn nicht gleich erzählt habe, dass der KGB nach ihm gefragt hat, zumal die bP angab, dass sie nie gewusst habe, welche Probleme ihr Sohn in Armenien gehabt hat und warum er ausgereist ist. Wenn die bP tatsächlich derart bedroht worden wäre, wäre davon auszugehen, dass sie mit ihrem Sohn sofort darüber gesprochen hätte.

Es erscheine auch eigenartig, dass die bP die Heimat erst viel später als ihr Sohn verlassen hat und dies genau mit ihrer Kündigung zusammen fällt. Es erscheine daher nahe liegend, dass die bP die Heimat wegen der Probleme um ihren Arbeitsplatz verlassen hat. Dazu habe die bP angegeben, dass dies kein Problem dargestellt habe und sie auch eine andere Arbeit gefunden hätte.

Die bP habe vorgebracht, dass die KGB-Beamten 2 Mal bei ihr gewesen seien und nach ihrem Sohn gefragt hätten. Dies sei im September 2012 gewesen. Bis zu ihrer Ausreise im November 2012 wären diese Männer nicht mehr zu ihr gekommen. Zudem habe es nie Übergriffe auf sie gegeben. Es könne daher nicht von einer Verfolgung der bP die Rede sein, da sie nur 2 Mal nach dem verbleib ihres Sohnes gefragt wurde.

Die bP hat behauptet, wegen der Probleme ihres Sohnes gekündigt worden zu sein, wobei es sich dabei lediglich um eine Vermutung und Spekulation der bP handle. Fest stehe, dass sie gekündigt wurde, ob dies jedoch wegen ihres Sohnes gewesen ist, habe die bP hingegen nicht glaubhaft machen können. Die bP habe angegeben, gekündigt worden zu sein, da sie laut ihrer Vorgesetzten unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben sein soll. Dass man die bP über 1 Jahr nach der Ausreise ihres Sohnes nach so langer Dienstzeit wegen der Probleme des Sohnes gekündigt habe, sei unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar. Ebenso nicht nachvollziehbar sei, dass die bP nichts gegen die Kündigung unternommen hat, wenn sie sich nichts zu Schulden kommen ließ und die Kündigung ungerechtfertigt erfolgte.

Auch die Behauptung der bP, man habe ihr einen Diebstahl anhängen wollen, sei nicht nachvollziehbar. So habe sie angegeben, dass sie am 5.11.2012 zur Polizei müssen hätte. Dort habe man ihr mitgeteilt, dass sich Eltern darüber beschwert hätten, dass die bP im Kindergarten Lebensmittel gestohlen habe, die für die Kinder vorgesehen waren. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang, wie die Eltern der Kinder beurteilen hätten können, ob die bP Lebensmittel gestohlen hat. Zudem habe die bP selbst gesagt, nichts gestohlen zu haben. Es wäre daher an der bP gelegen gewesen, die Vorwürfe zu entkräften und ein Verfahren abzuwarten.

Die bP habe angegeben, dass der KGB so Druck auf ihren Sohn ausüben wollte, dass dieser wieder nach Armenien zurückkehrt. Die von der bP dazu gemachte Erklärung sei vollkommen unverständlich, zumal der KGB davon ausgehen musste, dass der Sohn nicht zurückkehrt. Die bP habe angegeben, dass ihr Sohn niemals zugelassen hätte, dass man die bP wegen ihm verurteilt und das hätten diese Personen auch gewusst. Aber mit der von der bP beschriebenen Vorgangsweise hätte der KGB jetzt nur erreicht, dass die bP auch in Österreich ist und wäre somit der ganze Aufwand umsonst gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der KGB sicher bessere und effizientere Methoden angewandt hätte, um des Sohnes habhaft zu werden. Außerdem hielten sich noch andere Familienmitglieder wie eine Tochter der bP offensichtlich ohne Probleme in Armenien auf.

Von der beantragten Zeugeneinvernahme des Sohnes sei Abstand zu nehmen gewesen, da dieser bereits zu seinen Problemen in Armenien befragt wurde und dieser in seinem Verfahren auch berücksichtigt wurden. Im Fall der bP habe der Sohn jedoch keine eigenen Wahrnehmungen, da er zu dieser Zeit bereits in Österreich war.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf die belangte Behörde ausführliche Feststellungen.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Ebenso stelle eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben der bP dar.

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass der Sohn der bP Polizeijurist gewesen sei und wegen seiner Homosexualität vom Geheimdienst erpresst worden sei, um hochrangige Personen auszuspionieren. Er sei misshandelt, widerrechtlich inhaftiert und mit dem Tod bedroht worden. Dies sei rechtskräftig als glaubhaft und asylrelevant erkannt worden, woran die belangte Behörde gebunden gewesen wäre. Dass der Sohn der bP nicht als Zeuge einvernommen wurde, stelle einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, da er durchaus über eigene Wahrnehmungen berichten hätte können, wie z.B. dass ihm die bP zunächst nichts darüber erzählt habe, dass er gesucht werde. Auch Zeugen vom Hörensagen könnten einen Beitrag zur Glaubhaftmachung leisten.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei falsch und widersprüchlich. So werde einmal davon ausgegangen, dass die bP illegal eingereist ist, dann wiederum, dass sie legal mit einem Schengenvisum in das Bundesgebiet gelangt ist.

Auch die Länderinformationen widersprächen der Beweiswürdigung: So halte es die belangte Behörde für nicht glaubwürdig, dass die bP ihre Kündigung nicht bekämpft und das Strafverfahren wegen Diebstahls nicht abgewartet hat. Die Länderinformationen enthielten hingegen Feststellungen zur Korruption bei der Polizei und Probleme in der Justiz, was bei Berücksichtigung das Verhalten der bP erklärt hätte.

Widersprüchlich sei auch, dass die belangte Behörde einerseits davon ausgeht, dass die bP keinerlei finanzielle Probleme gehabt habe, andererseits aber den Verlust der Arbeitsstelle als Fluchtgrund unterstellt. Es sei auch durchaus plausibel, dass der Geheimdienst nach der Ausreise des Sohnes zunächst andere Maßnahmen gesetzt hat und sich erst danach an die bP gewandt hat. Im Übrigen habe die belangte Behörde diese "effizienteren Maßnahmen " nur kursorisch in den Raum gestellt, ohne diese näher zu beschreiben oder durch Länderfeststellungen zu untermauern.

Im Bescheid werde der armenische Geheimdienst fälschlich ständig als KGB bezeichnet, was auf eine fehlerhafte Übersetzung zurückzuführen sei.

Die belangte Behörde hätte die Gesamtsituation unter Einbeziehung der Fluchtgründe des Sohnes zu berücksichtigen gehabt. Sie wäre dann zum Ergebnis gekommen, dass die bP aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie verfolgt werde. Derartige Sippenhaftung sei bereits als asylrelevant angesehen worden. Zudem gehöre die bP zu einer besonders vulnerablen Gruppe, da sie eine ältere, allein stehende Frau mit gesundheitlichen Problemen sei.

Zu Spruchpunkt III wurde in der Beschwerde angegeben, dass die bP deutsch lerne und häufigen Kontakt zu ihrem Sohn habe.

I.4. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der beschwerdeführenden Partei handelt es sich um eine im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige verwitwete Armenierin, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt. Die beschwerdeführende Partei ist eine 57-jährige, weitgehend gesunde, arbeitsfähige Frau mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die bP hat 10 Jahre die Grundschule besucht, spricht armenisch auf muttersprachlichem Niveau und hat in Armenien zuletzt als Köchin gearbeitet. In Armenien besitzt die bP eine Eigentumswohnung.

Die bP hat einen erhöhten Blutdruck, weshalb sie aber auch bereits in Armenien Tabletten eingenommen hat.

Der Vater, 4 Schwestern sowie die Tochter leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP.

Die bP ist legal mit ihrem eigenen Reisepass und einem Schengenvisum in die Europäische Union eingereist.

Der erwachsene Sohn der bP lebt als anerkannter Flüchtling in Österreich. Ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis kam im Verfahren nicht zu Tage. Beide leben nicht im gemeinsamen Haushalt.

Die Identität der bP steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien:

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Armenien hat knapp 29.800 km² und fast 3 Millionen Einwohner, davon sind 97,9% Armenier, 1,3% Jesiden, 0,5% Russen und 0,3% andere (CIA 15.5.2013).

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Präsidialrepublik. Das Einkammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Verfassung von 1995 wurde zuletzt durch Referendum vom 27.11.2005 geändert, wodurch das Parlament mehr Rechte erhielt. Das Staatsoberhaupt, alle fünf Jahre direkt gewählt, ernennt den Ministerpräsidenten, der jedoch vom Parlament bestätigt werden muss.

Bei den Präsidentschaftswahlen am 18.2.2013 erhielt laut offiziellem Wahlergebnis der Amtsinhaber Serge Sargsyan 58,64%, der frühere Außenminister Raffi Hovhannisyan 36,75% der Stimmen.

Die Parlamentswahlen am 6.5.2012 ergaben folgende Stimmenverteilung:

Republikanische Partei 44,1%, Partei „Blühendes Armenien" 30,0%, Armenian National Congress 7,1%, Rechtsstaatspartei 5,5%, Armenisch-Revolutionäre Föderation (Daschnaken) 5,7%, Partei "Erbe" 5,8%. Dank der zusätzlich errungenen Direktmandate verfügt die Republikanische Partei über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze (69 von 131 Sitzen), bildet aber gleichwohl eine Koalition mit der Rechtsstaatspartei. Der bisherige Koalitionspartner "Blühendes Armenien" ist in die Opposition gegangen.

Ministerpräsident bleibt der parteilose ehemalige Vorsitzende der Zentralbank, Tigran Sargsyan, Außenminister ist der langjährige Botschafter Armeniens in Paris, Edward Nalbandian.

Seit 31.5.2012 ist Hovik Abrahamyan (Republikanische Partei) wieder Parlamentspräsident (AA 4.2013).

Armenien hat den Test für die Glaubwürdigkeit der Demokratiebestrebungen bestanden. Internationale Wahlbeobachter haben dem Land transparente und friedliche Wahlen bescheinigt. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die mit 350 Wahlbeobachtern vor Ort war, hatte keine großen Missstände verzeichnet. Gleichwohl beklagte die OSZE Unregelmäßigkeiten wie Wählerbeeinflussung, generelles Misstrauen in der Bevölkerung, teilweise ungenaue Wählerlisten (KAS 10.5.2012, vgl. auch OSZE 8.5.2013, Zeit 19.2.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2013): Armenien - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 5.7.2013

CIA - Central Intelligence Agency (15.5.2013): The World Factbook Armenia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html , Zugriff 5.7.2013

KAS - Konrad Adenauer Stiftung (10.5.2012): Armenier wählen Stabilität, http://www.kas.de/suedkaukasus/de/publications/30994/ , Zugriff 5.7.2013

Zeit Online (19.2.2013): OSZE Wahlbeobachter bescheinigen Armenien "Fortschritte" bei Wahl,

http://www.zeit.de/news/2013-02/19/osze-wahlbeobachter-bescheinigen-armenien-fortschritte-bei-wahl-19084214 , Zugriff 5.7.2013

OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (8.5.2013): Republic of Armenia presidential election 18 February 2013, OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1369748588_armenia.pdf ; Zugriff 5.7.2013

Sicherheitslage

Armenien verfolgt eine Außenpolitik der Komplementarität: enge strategische Partnerschaft mit Russland einerseits, gute Beziehungen zum Westen (USA, EU, NATO) andererseits.

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Bergkarabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei.

Die Beziehungen zur Türkei sind historisch schwer belastet. Der von Armenien erhobene Vorwurf des "Völkermords" an 1,5 Mio. Armeniern im Osmanischen Reich (1915/16) wird von der Türkei zurückgewiesen, die von einer weit geringeren Opferzahl ausgeht und diese den damaligen allgemeinen Kriegswirren zuschreibt. Die offizielle Annäherung zwischen den beiden Staaten liegt auf Eis. In den letzten Jahren gibt es allerdings verstärkt Annäherungsbemühungen auf Ebene der beiden Zivilgesellschaften.

Wegen der regionalen Isolation Armeniens ist das Nachbarland Iran wichtiger Handelspartner und Energielieferant und stellt neben Georgien die zweite offene Grenze dar. Gleichwohl hält sich Armenien an die bestehenden Sanktionen gegen den Iran (AA 4.2013).

Aufgrund des Bergkarabach Konflikts sollte die Grenze zu Aserbaidschan gemieden werden. In Teilen der Grenzgebiete besteht zudem Minengefahr. Abgesehen von der Konfliktregion um Bergkarabach ist die Lage im übrigen Armenien ruhig (BMeiA 5.7.2013). An der armenisch-aserbaidschanischen Grenze wurden 2012 zumindest acht Soldaten getötet (EK 20.3.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2013): Armenien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Aussenpolitik_node.html , Zugriff 5.7.2013

BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (5.7.2013): Reiseinformation - Armenien, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/armenien-de.html , Zugriff 5.7.2013

EK - Europäische Kommission (20.3.2013): Fortschrittsbericht zur Europäischen Nachbarschaftspolitik in 2012, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf ; Zugriff 11.7.2013)

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Judikative wird in der armenischen Verfassung in Kapitel 6,

Artikel 91-103 beschrieben. Die Rechtsprechung erfolgt ausschließlich an Gerichtshöfen in Übereinstimmung mit der Verfassung und den Gesetzen (Artikel 91). Die Unabhängigkeit der Gerichte wird in der Verfassung garantiert (Artikel 94, 97), wird jedoch durch Nepotismus, finanzielle Abhängigkeiten und weit verbreitete Korruption konterkariert (BAA-Analyse 31.5.2010, AA 25.1.2013).

Im Jahr 2008 wurde das Gerichtssystem neu organisiert. Neben den spezialisierten Gerichten (Zivilrechts-, Strafrechts- und Verwaltungsgerichtshöfe) gehören auch die Gerichtshöfe der allgemeinen Rechtsprechung zur ersten Instanz. Berufungsgerichte sind der Appellationsgerichtshof für Zivilrechtssachen und jener für Strafrechtssachen. Die höchste Instanz ist der Kassationshof - ausgenommen für Verfassungsrecht, hier ist der Verfassungsgerichtshof zuständig (BAA-Analyse 31.5.2010, vgl. auch AA 25.1.2013). Der Kreis der Antragsberechtigten vor dem Verfassungsgericht wurde im Rahmen der 2005 durchgeführten Verfassungsänderungen stark erweitert. Dies hat zur Folge, dass dort jeder Bürger in Fällen, die höchstinstanzlich entschieden wurden, antragsberechtigt ist (Art. 101 Punkt 6 der Verfassung) (AA 25.1.2013).

Die Verfassung definiert auch die Bildung und die Aktivitäten des Justizrates. Der Rat besteht aus neun Richtern, die in einer geheimen Wahl für eine Zeitspanne von fünf Jahren von der Generalversammlung der Richter der Republik Armenien gewählt werden. Zusätzlich werden zwei Gelehrte der Rechtswissenschaften vom Präsidenten der Republik eingesetzt, zwei von der Nationalversammlung (BAA-Analyse 31.5.2010).

Ungeachtet der Bemühungen die Justiz zu reformieren, ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz gering (EK 20.3.2013).

Gerichte unterliegen weiterhin politischem Druck der Exekutive, sowie der Erwartung, dass Richter einen Angeklagten in fast allen Fällen für schuldig befinden. Dies schränkt das Recht auf einen fairen Prozess teilweise ein.

UNHCR berichtete 2011, dass der Kampf der Regierung gegen die Korruption auch negative Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Richter habe, da diese aus Angst, als korrupt gehalten zu werden, strengere Strafen verhängten.

Verfahren erfüllten üblicherweise die meisten Standards für Fairness, jedoch waren sie der Sache nach oft unfair, da viele Richter sich veranlasst sehen, gemeinsam mit den Staatsanwälten Verurteilungen zu erwirken.

Angeklagte, Strafverteidiger und die geschädigte Partei haben das Recht, gegen ein Gerichtsurteil in Berufung zu gehen, dieses Recht wird oft genutzt. Die Unschuldsvermutung ist zwar per Gesetz vorgeschrieben, jedoch wurde dieses Recht in der Praxis verletzt. Es gibt keine Jurys, ein Einzelrichter entscheidet in allen Gerichtsverfahren, außer bei Verbrechen, die mit lebenslanger Haftstrafe bedroht sind. Richtergremien entscheiden in den höheren Gerichten. Angeklagte haben das Recht, die Rechtsberatung zu wählen, der Staat ist verpflichtet, auf Antrag einen Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Außerhalb Jerewans wurde diese Verpflichtung aufgrund des Mangels an Verteidigern oft nicht eingehalten.

Wie in den vorangegangenen Jahren endeten die meisten Gerichtsverfahren mit einer Verurteilung (US DOS 19.4.2013).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

BAA-Analysen der Staatendokumentation (31.5.2010): Justizsystem in Armenien

EK - Europäische Kommission (20.3.2013): Fortschrittsbericht zur Europäischen Nachbarschaftspolitik in 2012, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf ; Zugriff 11.7.2013)

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 11.7.2013

Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt: so ist für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Hin und wieder treten aber Kompetenzstreitigkeiten auf, z.B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

Der Polizeichef füllt in Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige der Sicherheitsbehörden in Einzelfällen ihre Machtposition in privaten Streitigkeiten ausnutzen (AA 25.1.2013).

Der Polizei und dem NSD mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an Strukturen zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem und es gibt keinen unabhängigen Mechanismus für Untersuchungen von Übergriffen durch die Polizei.

Bürger können die Polizei vor Gericht in eingeschränktem Ausmaß anklagen.

Korruption bei der Polizei bleibt weiterhin ein Problem, es wurden jedoch Maßnahmen gegen einige Polizeibeamte gesetzt. Zum Beispiel wurde der ehemalige Chef der Generaldirektion für strafrechtliche Untersuchungen wegen Machtmissbrauch zu vier Jahren Haft verurteilt. Der ehemalige Chef der Verkehrspolizei wurde aufgrund von Machtmissbrauch, schwerem Diebstahl und Veruntreuung zu sechs Jahren Haft verurteilt (US DOS 19.4.2013).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 11.7.2013

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass systematisch Folter praktiziert wird. Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder glaubwürdig von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen gekommen sein soll (AA 25.1.2013).

Die meisten Fälle von Misshandlungen kamen in den Polizeistationen vor, die nicht unter öffentlicher Beobachtung standen, und nicht in Gefängnissen oder Hafteinrichtungen der Polizei, die solcher Beobachtung unterliegen (US DOS 19.4.2013).

Folteropfer können den Rechtsweg nutzen, einschließlich der Möglichkeit, sich an den Verfassungsgerichtshof bzw. den EGMR zu wenden. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind. Betroffene beschweren sich nur selten, weil sie Repressalien befürchten (AA 25.1.2013).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 11.7.2013

Korruption

Korruption bis in die höchsten Instanzen ist weiterhin ein sehr verbreitetes Problem. So sind beispielsweise bei öffentlichen Ausschreibungen sogenannte "Kickback"-Zahlungen an die ausschreibenden Behörden üblich, um Aufträge zu erhalten. Präsident Sargsyan hat die eigene Regierung im September 2012 öffentlich für ihre Tatenlosigkeit gegenüber der Korruption scharf kritisiert, was ihm jedoch als Wahlkampftaktik ausgelegt wurde (AA 25.1.2013).

Die 2011 und 2012 eingeführten Antikorruptionsmaßnahmen haben zwar zu Verbesserungen geführt, ein Durchbruch war aber 2012 nicht ersichtlich. Die Korruption sinkt langsam, doch unterminieren Korruptionsanschuldigungen bei staatlichen Institutionen das öffentliche Vertrauen in den Staat.

Die 2012 angenommenen Gesetze reduzieren das Risiko von Korruption, es mangelt jedoch an der Umsetzung.

Der Bericht der Staatengruppe gegen Korruption (Council of Europe Group of States against Corruption - GRECO) vom Dezember 2012 fiel in Bezug auf Einführung von Empfehlungen positiv aus, da Armenien 16 von 19 Empfehlungen der Staatengruppe zufriedenstellend eingeführt hat. Positiv hervorzuheben ist die Einführung einer "e-payment" Homepage, um die Kosten der Serviceleistungen zu reduzieren und den Umgang mit Bargeld von öffentlich Bediensteten zu minimieren (FH 18.6.2013, EK 20.3.2013, vgl. auch US DOS 19.4.2013).

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2012 verbesserte sich Armenien auf Platz 105 [2011 an 129. Stelle von 183 untersuchten Staaten] von insgesamt 176 untersuchten Staaten (TI 2012).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

FH - Freedom House (18.6.2013): Nations in Transit 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/file_upload/3256_1371628253_nit13-armenia-3rdproof.pdf ; Zugriff 11.7.2013

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 11.7.2013

EK - Europäische Kommission (20.3.2013): Fortschrittsbericht zur Europäischen Nachbarschaftspolitik in 2012, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf ; Zugriff 11.7.2013)

TI - Transparency International (2012): Corruption Perceptions Index 2012, http://www.transparency.org/cpi2012/results ; Zugriff 11.7.2013

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen (wie Helsinki Committee, Yerevan Press Club, Transparency International) sind registriert. Es gibt keine Berichte darüber, dass die Registrierung einer Menschenrechts- oder einer politischen Organisation abgelehnt wurde. Die Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen.

Die Arbeit der NGOs, die sich mit Themen wie Medien, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder Korruption beschäftigen, wird seitens der Exekutive nicht unterstützt. Gelegentlich werden Fälle bekannt, in denen NGOs behindert werden. So wird immer wieder berichtet, dass Menschenrechtsorganisationen der Zugang zu verwertbaren Informationen und Zahlen seitens der Behörden und Regierung erschwert wird (AA 25.1.2013, vgl. auch US DOS 19.4.2013).

Die Anforderungen für eine Registrierung von NGOs sind mühsam und zeitaufwändig, trotzdem sind etwa 3.000 NGOs beim Justizministerium registriert, auch wenn nicht alle davon aktiv sind. Armeniens Zivilgesellschaft ist dennoch lebhaft und die Anzahl der registrierten NGOs steigt weiter. Der Fokus von NGOs liegt immer mehr auf Menschenrechten und Machtmissbrauch (FH 1.2013, FH 18.6.2013)

Die Hilfeleistungen aller NGOs werden durch unterschiedlichste Projekte, aber auch direkte humanitäre Hilfe erbracht. Als Beispiele hierfür seien die Verteilung von Kleidung, Schuhen, Nahrungsmitteln, etc. angeführt. Weiter sind Fortbildungsmaßnahmen zu nennen, wie zum Beispiel Fremdsprachen- oder Computerkurse. Um die Nachhaltigkeit der Hilfe zu sichern gibt es auch spezielle Existenzaufbauprogramme, die den Menschen Möglichkeiten zur Einkommensgenerierung bieten und somit die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der Betroffenen wieder heben (siehe Kapitel 22 Grundversorgung/Wirtschaft) (BAA-Analysen 26.8.2010).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/243032/366397_de.html ; Zugriff 11.7.2013

FH - Freedom House (18.6.2013): Nations in Transit 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/file_upload/3256_1371628253_nit13-armenia-3rdproof.pdf ; Zugriff 11.7.2013

BAA-Analysen der Staatendokumentation (26.8.2010): Frauen in Armenien - Versorgungsmöglichkeiten nach Rückkehr

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 9.7.2013

Ombudsmann

Die Verfassungsänderung im November 2005 hat die Institution einer vom Parlament gewählten Ombudsperson für Menschenrechte geschaffen. De facto muss die Ombudsperson einen schwierigen Spagat zwischen Exekutive und den Rechtsschutz suchenden Bürgern vollziehen. Das Profil des derzeitigen Ombudsmanns, Karen Andreasyan, ist u.a. geprägt durch seine Bemühungen um die Stärkung der Institution sowie um die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. So sollen regionale Büros aufgebaut werden. Mit 80 NGOs wurden Memoranda of Understanding über eine vertiefte Zusammenarbeit und einen konstruktiven Dialog unterzeichnet. Im Haushalt 2012 sind insgesamt 347.790 Euro für die Arbeit des Ombudsmannes eingeplant (AA 25.1.2013).

Der Ombudsmann ist zuständig für die Verteidigung der Grund- und Menschenrechte und schützt diese gegen Missbrauch von nationalen, regionalen und lokalen Beamten. Der Ombudsmann setzt auch mit Beschwerden in Bezug auf das Militär auseinander (US DOS 19.4.2013, BAA-Analysen 31.5.2010).

Jedes Individuum, ungeachtet seiner ethnischen Herkunft, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Wohnort, Rasse, Alter, politischer oder anderer Zugehörigkeit und Tätigkeiten, kann eine Beschwerde einbringen. Der Ombudsmann hat, unter anderem, folgende Möglichkeiten:

er kann ohne Einschränkungen jegliche öffentliche Einrichtung oder Organisation besuchen (z.B. militärische Einheiten, Justizvollzugsanstalten, Untersuchungshafteinrichtungen und Strafanstalten)

er kann alle notwendigen Unterlagen, Dokumente und Erklärungen von jeglicher (staatlicher oder lokal verwalteter) Einrichtung, die mit einem Fall in Zusammenhang stehen, verlangen.

Eine Beschwerde kann schriftlich oder mündlich eingebracht werden. Sie kann persönlich, per Post, per Fax oder per Email an folgende Adresse ergehen:

375002, Yerevan, Pushkin St. 56a

Tel.: (37410) 537651

ombuds@ombuds.am

Der Ombudsmann kann auch selbstständig tätig werden, wenn ihm Informationen über massive Verletzungen der Grund- und/oder Menschenrechte vorliegen, Themen von herausragender sozialer Wichtigkeit, oder auch Verletzungen von Rechten von Personen, die nicht selbst tätig werden können.

Man muss weder mit strafrechtlichen oder administrativen Maßnahmen, noch mit Diskriminierung rechnen, wenn man eine Beschwerde eingebracht hat (BAA-Analysen 31.5.2010).

Es gibt sechs regionale Büros in den Regionen Schirak, Gyumri, Gegharqunik, Vayots Dzor, Syunik, Tavush und Lori. Ebenso ist eine Hotline verfügbar mit der Nummer 116 (HRD o.D., vgl. auch EK 20.3.2013)

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 9.7.2013

BAA-Analysen der Staatendokumentation (31.5.2010): Justizsystem in Armenien

HRD - Human Rights Defender of the Republic of Armenia (o.D.):

offizielle Homepage, http://ombuds.am/en/guards/browse ; Zugriff 9.7.2013

EK - Europäische Kommission (20.3.2013): Fortschrittsbericht zur Europäischen Nachbarschaftspolitik in 2012, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf ; Zugriff 11.7.2013)

Frauen

Verfassung und Gesetze schreiben die Gleichberechtigung von Männern und Frauen fest. Die Rolle der Frau in Armenien ist gleichwohl durch das in der Bevölkerung verankerte patriarchalische Rollenverständnis geprägt. Hinweise auf geschlechtsspezifische Verfolgung gibt es nicht. Vergewaltigung - auch seitens des Ehepartners - wird strafrechtlich konsequent verfolgt, es kommt allerdings nur sehr selten zu Anzeigen. Das Gesetz verbietet sexuelle Belästigung nicht ausdrücklich, stellt jedoch einige Aspekte, z.B. anzügliche Handlungen und unsittliches Verhalten, unter Strafe. Prostitution ist, im Gegensatz zu Menschenhandel, nicht illegal. Es gibt keine glaubhaften Berichte über Zwangsheiraten (AA 25.1.2013, vgl. auch US DOS 19.4.2013).

Obwohl es in Armenien keine spezielle Unterstützung für alleinstehende Frauen gibt, haben Betroffene die Möglichkeit, staatliche Unterstützung (z.B. Familienbeihilfe) zu beantragen, oder Hilfe bei Nichtregierungsorganisationen zu suchen.

Die NGOs übernehmen viele Aufgaben, die eigentlich von politischen Parteien bearbeitet werden sollten. Da es sehr viele Hilfsorganisationen in Armenien gibt, sind natürlich auch die Tätigkeitsbereiche sehr vielfältig. Wichtige Themen sind unter anderem der Aufbau der Infrastruktur in allen Bereichen, Bildung, Gesundheit, medizinische Versorgung, Senioren, Frauen, Kinder, etc.

Bei der staatlichen Unterstützung ist vor allem das Familien-Armutsbeihilfensystem zu erwähnen. Je nach Anzahl der Kinder und Wohnort (z.B. in gebirgigen Gebieten) gibt es festgelegte Zahlungen. Das Familien-Armutsbeihilfensystem ist das größte Projekt bezüglich sozialer Sicherung durch den Staat. Weiters gibt es monetäre Transfers für Geburten und für berufstätige Frauen auch Schwangerschafts- und Mutterschaftsgeld (siehe auch Kapitel 22.1 Sozialbeihilfen) (BAA-Analysen 26.8.2010, vgl. auch IOM 8.2012, BFM 2.7.2013).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

BAA-Analysen der Staatendokumentation (26.8.2010): Frauen in Armenien - Versorgungsmöglichkeiten nach Rückkehr

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 10.7.2013

IOM - International Organisation for Migration (8.2012):

Länderinformationsblatt Armenien

BFM - Bundesamt für Migration (2.7.2013): Focus Armenien. Häusliche Gewalt: Staatlicher Schutz und nicht-staatliche Unterstützung

Grundversorgung/Wirtschaft

Das verheerende Erdbeben von 1988, die kriegerischen Auseinandersetzungen mit Aserbaidschan um die Region Bergkarabach (1992-1994), der Zusammenbruch des sowjetischen Wirtschaftssystems und die Unterbrechung der Energieversorgung in den 1990er Jahren führten zu einem fast vollständigen Zusammenbruch der armenischen Industriestruktur. Dies und die andauernde Isolation durch geschlossene Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei belasten die armenische Wirtschaft bis heute.

Der signifikante Rückgang von Exporten, Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und privaten Kapitalzuflüssen aufgrund der internationalen Finanzkrise führte zu einem akuten und hohen Zahlungsbilanzdefizit Armeniens. Seitdem haben IWF, Weltbank, EBWE, KfW sowie Russland mehr als 2 Mrd. Euro an Krediten bewilligt. 2011 war eine Erholung mit einem Wirtschaftswachstum von 4,6% zu beobachten, die sich 2012 mit einem Wachstum von 7,2% fortgesetzt hat (AA 4.2013).

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zur Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, insbesondere während der Sommermonate nur stundenweise zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird jedoch laufend verbessert.

Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2012 zufolge leben 35% der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2009: 34,1%). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt: Im Zeitraum Januar bis Oktober 2012 wurde ein Betrag von 850 Mio. USD nach Armenien überwiesen, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Steigerung von 9% ausmacht. Im Vergleich von 2008 zu 2009 war noch ein Rückgang von ca. 30% zu verzeichnen gewesen.

Das Existenzminimum beträgt in Armenien 55.327 armenische Dram (AMD) (derzeit ca. 105 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 32.500 AMD (derzeit ca. 62 Euro). Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten, dazu privaten Geschäften und Gelegenheitstätigkeiten, nach (AA 25.1.2013).

Das soziale Sicherungssystem Armeniens umfasst derzeit die folgenden Elemente:

Staatliche soziale Unterstützungsprogramme wie etwa Familienbeihilfe, Berufsunfähigkeitsrente, Altersrente und andere soziale Beihilfen, einmalige Kindesprämien und Kindergeld (bis zum Alter von 2 Jahren).

Soziale Unterstützungsprogramme für behinderte Mitbürger, Veteranen und Kinder; insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationsprogramme, häusliche Alten- und Behindertenpflege, Heime, Waisenhäuser und Internate.

Staatliche Sozialversicherungsprogramme, bestehend aus Alters- und Berufsunfähigkeitsrente sowie Beihilfen bei vorübergehender Berufsunfähigkeit und Schwangerschaft.

Beschäftigungsprogramme einschließlich Arbeitslosenunterstützung, berufliche Weiterbildung für Arbeitslose und öffentliche (oder vergleichbare) Arbeiten.

Ein System mit Privilegien für bestimmte Bevölkerungsgruppen, die 1999 unter besonders problematischen Lebensbedingungen zu leiden hatten. Dieses System umfasst derzeit einige Privilegien; vornehmlich für Veteranen des 2. Weltkriegs (und vergleichbare Gruppen) im Rahmen der (internationalen) GUS-Abkommen. In der Mehrzahl kommen Dienstleister in den Genuss dieser Privilegien. Für den Zeitraum von 2006 bis 2015 sind keine weiteren Privilegien geplant (IOM 8.2012).

Verfahren zur Existenzgründung

Heute realisieren zahlreiche internationale Organisationen und Wohlfahrtsverbände Projekte zur Förderung der Existenzgründung von Flüchtlingen und Heimkehrern.

Armenian Relief Society (Wohltätigkeitsfonds)

Dieses Programm konzentriert sich auf wirtschaftliche Stärkung der Frauen. Die ARS bietet Frauen die nötigen Schulungen, um selbständiger zu werden und gleichzeitig die lokale Produktivität zu steigern. Gespendete Näh- und Stickmaschinen ermöglichen die Herstellung von Kleidung und kunsthandwerklichen Erzeugnissen. Öfen und Getreidemühlen fördern die Lebensmittelproduktion. Darüber hinaus finanzierte die ARS die Gründung von "Talin Optic" und "ARS Optic", zwei profitablen Brillenglas-Unternehmen, die Kunden in zwei Stunden bedienen und Arbeitsplätze schaffen.

Micro-Enterprise Development-Projekt:

Seit 1997 bemüht sich das Micro-Enterprise Development (MED)-Projekt, die wirtschaftliche Selbständigkeit benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu steigern und die Integration von Heimkehrern (Asylbewerber, Opfer des Menschenhandels), Flüchtlingen und Vertriebenen durch Schulungen zur Gründung von Mikrounternehmen, Darlehen und Beschäftigungsmöglichkeiten zu vereinfachen.

Benachteiligte Personen und insbesondere Frauen sind ebenfalls eine Zielgruppe, deren Selbstständigkeit gefördert werden muss, um den Migrationsdruck zu mindern. Das MED ist in und um Jerewan, Gyumri, Vanadzor, Ashtarak, Spitak, Abovian und Byureghavan aktiv.

91% der beobachteten Darlehensnehmer berichteten von einer Verbesserung der Lebensqualität aufgrund des erhöhten Einkommens oder Vermögens.

UMCOR/AREGAK (Zentrum für nachhaltige garantierte finanzielle Unterstützung)

Ein Mikrokreditprogramm.

Das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten (USDA) trifft eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung und Steigerung der Selbstständigkeit in Armenien. Diese Aktivitäten dienen in der Hauptsache dazu, armenischen Herstellern in der Landwirtschaft zu helfen, ihre Produktivität und die Qualität ihrer Produkte und Waren zu verbessern.

Unterstützung für Unternehmensgründer

Diese finanzielle Unterstützung wird Arbeitslosen gewährt, damit sie ein Unternehmen gründen und offiziell anmelden können. Ziel der Unterstützung ist es, Menschen darin zu bestärken, sich als Unternehmer selbständig zu machen und so langfristig Arbeitsplätze zu schaffen. Arbeitslose und Behinderte können an diesem Programm teilnehmen.

Mit Hilfe der finanziellen Unterstützung aus diesem Programm kann sich die Person als Unternehmer registrieren lassen, oder eine Firma, die sie gegründet hat, anmelden. Für die Teilnehmer des Programms stehen professionelle Weiterbildungsangebote bereit. Um an dem Programm teilzunehmen muss ein Businessplan in zweifacher Ausführung bei dem zuständigen lokalen Arbeitsamt eingereicht werden. Dann wird die finanzielle Unterstützung für die Anmeldung als Unternehmer oder eines Unternehmens ausgezahlt.

Mehr Informationen zur Unterstützung für Unternehmensgründer sind bei den lokalen Arbeitsämtern erhältlich (IOM 8.2012).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (4.2013): Armenien - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Wirtschaft_node.html ; Zugriff 8.7.2013

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

IOM - International Organisation for Migration (8.2012):

Länderinformationsblatt Armenien

Sozialbehilfen

Familienbeihilfen

Als bedürftig registrierte Familien können Familiensozialhilfe erhalten, sofern die errechnete Bedürftigkeit einen von der Regierung der Republik Armenien im Jahr 2005 festgelegten (und noch immer gültigen) Schwellenwert von 34,00 Punkten überschreitet.

Einmalige Beihilfen

Können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate von dem Amt geprüft. Die Summe beträgt 6.000 AMD (entsprechend dem Leistungsgrundbetrag).

Alleinstehende Frauen

können eine Familienbeihilfe erhalten, wenn sie die entsprechende Punktzahl erreichen. Derzeit gewährt die armenische Regierung dieser Bevölkerungsgruppe keine Sozialleistungen.

Renten

Personen, die 63 Jahre (bei Frauen beginnt der Grundrentenanspruch mit 59) und älter sind und mindestens 5 Jahre gearbeitet haben, erhalten Anspruch auf eine Altersrente. Darüber hinaus besteht für Frauen eine Alterstabelle, nach der sich das Alter bis zur Anspruchsberechtigung pro Jahr um 6 Monate erhöht, bis das 63. Lebensjahr erreicht wurde. Frauen haben daher im Jahr 2006 mit 59,5 Jahren, im Jahr 2007 mit 60 Jahren und im Jahr 2008 mit 60,5 Jahren einen Rentenanspruch.

Personen im Alter von 55 Jahre, die 25 Jahre gearbeitet und hiervon 15 Jahre besonders schwere Arbeit geleistet haben, können eine Vorzugsrente beanspruchen. Die armenische Regierung hat eine Liste der betreffenden Positionen und Tätigkeiten veröffentlicht. Bis zum Erreichen des Rentenalters besteht eine Alterstabelle. So hatten Männer beispielsweise im Jahr 2004 mit 54,5 Jahren, im Jahr 2005 mit 55 Jahren und Frauen im Jahr 2004 mit 49,5 Jahren, im Jahr 2005 mit 50 Jahren und im Jahr 2006 mit 50,5 Jahren einen Rentenanspruch.

Personen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben und aufgrund einer Initiative des Arbeitgebers gekündigt wurden (mit Ausnahme bei Austritten aufgrund von Verstößen gegen Arbeitsvorschriften) und innerhalb von 30 Tagen nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei dem zuständigen Arbeitsamt einen Antrag gestellt haben, erfüllen die Voraussetzungen um eine Rente zu erhalten.

Im Fall einer Berufsunfähigkeitsrente für die Altersgruppe ab 30 Jahre muss die betreffende Person mindestens 5 Arbeitsjahre vorweisen können.

Das staatliche Rentenversicherungssystem umfasst:

1) Altersrenten

2) Renten bei langer Dienstzeit

3) Berufsunfähigkeitsrente

4) Versicherungsrente für Familien, die den Haushaltsvorstand verloren haben

Diese Renten basieren auf den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen und stellen das Arbeits-, Versicherungs- und Rentensystem dar.

Arbeitslosenunterstützung

Als arbeitssuchend gelten alle Personen ab 16 Jahren, die sich ungeachtet ihrer Beschäftigung bei den staatlichen Arbeitsämtern arbeitssuchend melden. Der Status des Arbeitssuchenden wird allen arbeitslosen Jobsuchern zuerkannt, die das arbeitsfähige Alter erreicht haben und keine gesetzlichen Leistungen beziehen, sofern sie mindestens 1 Jahr gearbeitet haben und sich bei dem Arbeitsamt anmelden.

Gemäß den von der armenischen Regierung vorgegebenen Verfahren kann Arbeitslosen, deren Zahlungsanspruchsfrist abgelaufen ist, sowie Arbeitssuchenden, die nicht als arbeitslos gelten und daher gemäß diesem Gesetz keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, finanzielle Hilfe gewährt werden. Bezüglich der Anspruchsberechtigung und der Höhe der Arbeitslosenunterstützung:

Die armenische Regierung bestimmt den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung.

Auf Initiative des Arbeitgebers und mit Ausnahme in Fällen, in denen der Mitarbeiter aufgrund von unentschuldigtem Fehlen oder Verstoß gegen die Arbeitsvorschriften entlassen wurde, erhalten Personen, die sich beim Arbeitsamt innerhalb von 30 Tagen arbeitssuchend melden, den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung.

Mitarbeiter, die selber gekündigt haben oder die die Anforderungen des Gesetzes nicht erfüllen, erhalten 80% des Grundbetrags der Arbeitslosenunterstützung.

Personen, die aufgrund eines Verstoßes gegen die Arbeitsvorschriften entlassen werden, erhalten 60% des Grundbetrags der Arbeitslosenunterstützung (IOM 8.2012).

Quellen

IOM - International Organisation for Migration (8.2012):

Länderinformationsblatt Armenien

Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos (AA 25.1.2013).

Mit dem Regierungserlass 643-N vom 29.04.2010 wurden neue Mechanismen zur Bereitstellung kostenloser medizinischer Versorgung im Rahmen des staatlichen Programms entwickelt, die eine flexiblere finanzielle Unterstützung der Gesundheitseinrichtungen in den ländlichen und abgelegenen Regionen der Republik ermöglichen sollen.

Ein neues Entlohnungssystem für medizinisches Personal in Krankenhäusern wurde entworfen und 2011 eingeführt.

Die Sanierung der primären Gesundheitsversorgung war 2010 eine der gesetzten Prioritäten. Auf dem Gebiet der spezialisierten Gesundheitsversorgung wurden neue qualitative und technische Standards entwickelt und 2010 für 4 Fachbereiche eingeführt:

Kardiologie, Neurologie, abdominale Chirurgie und Gastroenterologie. Dies stellt qualifiziertere Serviceleistungen für den Patienten sicher.

Für die Weiterentwicklung der dem Gesundheitssystem angehörenden Fachleute wurden im Jahr 2010 insgesamt 110 Ärzte aus Nagorno Karabach und 200 Ärzte aus den Regionen im Rahmen eines staatlichen Programmes kostenlos geschult.

Das Volumen der Medikamente, die im Rahmen des staatlichen Programmes an die medizinischen Einrichtungen ausgeliefert wurden, wurde 2010 erhöht. Die Regierung stellte für Medikamente 2,6 Mrd. Dram aus dem Staatsbudget bereit (IOM 8.2012).

Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und billig verkauft werden. Importierte Medikamente (z.B. von Bayer, Gedeon Richter oder Solvay) sind überall erhältlich und ebenfalls erheblich billiger; für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich. Die Medikamentenpreise steigen weiter an, die Preise variieren hierbei von Apotheke zu Apotheke (AA 25.1.2013).

Das rechtliche Rahmenwerk des Gesundheitssystems wurde 2010 ebenfalls verbessert. Neue Zusätze zum Gesetz über die mentale Gesundheitsversorgung ("RA Law on Mental Health Care") wurden 2010 aufgenommen.

Die Abläufe und Anforderungen für die Lizenzierung von Ärzten und Krankenschwestern sind überarbeitet und die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen entsprechend geändert worden.

25 sanitär-hygienische Normen und Standards wurden entwickelt und staatlich anerkannt.

Im Rahmen inter-institutioneller und zwischenstaatlicher Abkommen kooperierte das armenische Gesundheitsministerium aktiv mit der Russischen Föderation, den USA, der Schweiz, OXFAM, Save the Children, World Vision, der Weltbank und dem Global Fund zur Verbesserung der medizinischen Dienstleistungen in Armenien und zur Entwicklung und Sanierung des Gesundheitssystems in den Regionen und ländlichen Gebieten (IOM 8.2012).

Die primäre medizinische Versorgung ist größtenteils noch immer wie zu Sowjet-Zeiten organisiert. Diese Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldsher-Stationen erbracht. Das Verhältnis der Ärzte zur Einwohnerzahl beträgt ein Arzt pro 1 200 bis 2 000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder.

Es gibt 500 Behandlungszentren oder Feldsher-Stationen - eine in jeder Stadt. Die Dienstleistungen werden üblicherweise von Krankenschwestern geleitet und umfassen: Grundversorgung für Kinder und Erwachsene, Schwangerschaftsversorgung, Entwicklungsuntersuchungen bei Kindern, Verschreibung von Medikamenten, Erste Hilfe, 24-Stunden-Notfalldienst, Hausbesuche und Präventivdienste wie etwa Impfungen und einfache Gesundheitsaufklärung.

Alle Fälle, die die Kapazitäten des ländlichen Gesundheitsnetzwerks übersteigen, werden an die regionalen Polikliniken oder direkt an ein Krankenhaus überwiesen.

Des Weiteren stehen 37 autonome Polikliniken zur Verfügung. Viele dieser Polikliniken beschäftigen Primärmediziner einschließlich Kinderärzte, praktische Ärzte und Geburtshelfer/Gynäkologen sowie Krankenschwestern und Hebammen.

Die Kliniken bieten üblicherweise ambulante Pflege für Erwachsene und ältere Menschen. Zu den weiteren Leistungen zählen Wochenbett-, Geburts-und Vorgeburtspflege, Pädiatrie, grundlegende Untersuchungen und Verschreibung aller Medikamente sowie kleinere chirurgische Eingriffe. Die Kliniken bieten im Allgemeinen auch Atteste bei Erkrankungen, Rehabilitation, 24-Stunden-Notdienste, Hausbesuche, Impfungen und Gesundheitsaufklärung. Präventivmaßnahmen werden auf verschiedene Weise angeboten. Impfprogramme werden seit langem erfolgreich in Klinken der medizinischen Grundversorgung angeboten und von dem epidemiologischen Gesundheitsnetzwerk überwacht.

Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Eriwan vorbehalten ist.

Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Eriwan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist.

Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Reformen haben den Patienten bereits die freie Wahl des Arztes garantiert. Das Recht der freien Arztwahl sollte auch die Qualität der Behandlung verbessern, da das Einkommen des Arztes jetzt die Anzahl der von ihm behandelten Patienten reflektiert. Das Ergebnis dieser Änderungen sollte auch das organisatorische Klima verändern. Für die Ärzte besteht jetzt ein höherer Anreiz, die Patienten zufriedenzustellen.

Angesichts der heutigen Situation des Landes sind die physischen Bedingungen der Polikliniken oftmals unzureichend. Die Ausstattung der Polikliniken und andere Sachanlagen sind beschädigt oder verschlissen. Es sind nicht genügend Finanzmittel vorhanden, um neue und moderne Technologien anzuschaffen oder die alten Geräte wieder instand zu setzen. Für das Personal besteht wenig Anreiz, die Patienten mit Respekt zu behandeln. Die Gehälter sind sehr niedrig und das Personal wird nur selten pünktlich bezahlt. Die Haupteinnahme der Gesundheitseinrichtungen stammt immer noch aus den Patientengebühren und inoffiziellen Zahlungen.

Es wird geschätzt, dass 25% der gesamten jährlichen Kosten des Gesundheitswesens vom Staat, 15% von humanitären Hilfsorganisationen und 60% von den Patienten getragen werden. Anstatt für ein Mitversicherungs-oder Selbstbeteiligungssystem hat sich das Gesundheitsministerium für die Einführung eines Systems entschieden, bei dem die Patienten die vollständigen Behandlungskosten selber direkt an die medizinische Einrichtung zahlen. Dieses System war zudem aufgrund der Einschnitte im staatlichen Haushalt für das Gesundheitssystem erforderlich.

Die Krankenhäuser haben Preise für alle Interventionen festgelegt und eine Kostenliste veröffentlicht, die vom Gesundheitsministerium überwacht wird. Patienten haben jetzt die Möglichkeit, die medizinische Einrichtung nach eigenem Ermessen und finanziellen Möglichkeiten auszuwählen. Es wird erwartet, dass Krankenhäuser Tagessätze für die Unterbringung und Verpflegung berechnen (Bett, Bettenpflege, Wasser, Dusche, Toilette etc. einschließlich Verpflegung, die die Patienten normalerweise selber mitbringen müssen) und Pauschalbeträge erheben, die ein Mindestpaket an Untersuchungen, Röntgenaufnahmen und Medikamenten enthalten. Zusätzliche Leistungen werden je nach Aufwand berechnet und Patienten zahlen für die meisten Leistungen mit Ausnahme der Standardleistungen selber.

Ambulante Dienste werden pro Arztbesuch berechnet. Zusätzliche Untersuchungen oder Prozeduren werden zusätzlich in Rechnung gestellt. Alle Medikamente werden von den Patienten selber bezahlt. Medizinische Hilfen und Prothesen werden von den Patienten bezahlt, sofern diese nicht in eine der bezuschussten Kategorien (Behinderte, Senioren etc) fallen (IOM 8.2012).

Quellen

IOM - International Organisation for Migration (8.2012):

Länderinformationsblatt Armenien

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

BAMF (27.6.2011): IOM Individualanfrage ZC129

BAMF (15.4.2011): IOM Individualanfrage ZC79

BAMF (29.5.2012): IOM Individualanfrage ZC105

BAMF (28.2.2012): IOM Individualanfrage ZC41

IOM Armenien (24.2.2012): Anfragebeantwortung

IOM - International Organisation for Migration (8.2012):

Länderinformationsblatt Armenien

WHO - World Health Organisation (2011): Mental Health Atlas 2011 - Armenia,

http://www.who.int/mental_health/evidence/atlas/profiles/arm_mh_profile.pdf ; Zugriff 8.7.2013

Behandlung nach Rückkehr

Aufgrund fehlender finanzieller Mittel gibt es zurzeit kein staatliches Programm zur Vorbereitung auf die Unterbringung von Heimkehrern in Armenien. Eine vorübergehende Unterkunft (maximal 2 Monate) kann den Flüchtlingen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, von der Migrationsbehörde der Republik Armenien zur Verfügung gestellt werden. Jeder Fall wird jedoch ausführlich geprüft und die endgültige Entscheidung über die Bereitstellung der Unterkunft erfolgt nach dem Kollegialprinzip (IOM 8.2012).

Rückkehrer werden nach Ankunft in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt.

Es gibt keine Berichte darüber, dass Personen, die im Ausland politisch aktiv waren, nach ihrer Rückkehr nach Armenien Repressionen erfahren haben. (AA 25.1.2013).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

IOM - International Organisation for Migration (8.2012):

Länderinformationsblatt Armenien

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der bP in ihrem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und war das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die Feststellungen zur Person der bP ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen. Aufgrund des vorliegenden armenischen reisepasses der bP konnte auch deren Identität festgestellt werden.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten -immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen -allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werdenaufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig ist.

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation einer beschwerdeführenden Partei und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten --z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Weiter ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [nunmehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn diese zum Ergebnis kommt, dass das Vorbringen der bP zu ihren Fluchtgründen nicht glaubhaft ist.

II.2.5. In Ergänzung zu den Ausführungen der belangen Behörde wird seitens des erkennenden Gerichts Folgendes erwogen:

Maßgeblich gegen eine tatsächliche Verfolgung der bP spricht bereits der Umstand, dass sie auf legalem Weg mit ihrem eigenen Reisepass samt Schengenvisum aus Armenien ausgereist ist. Wäre sie tatsächlich im Visier irgendwelcher Geheimdienste gestanden, hätte sie gerade bei der von ihr gewählten Ausreiseform (Luftweg) damit rechnen müssen, im Rahmen der Grenzkontrolle gefasst zu werden. Im Fall asylrelevanter Verfolgung widerspricht es auch jeglicher Lebenserfahrung, dass sich jemand noch die Zeit nimmt, um sich ein Visum zu besorgen. Zudem wäre es nahe liegend gewesen, dass die bP im Falle tatsächlicher Verfolgung in ihrem Heimatstaat im ersten EU-Staat, den sie betritt, bereits um Schutz ersucht, was im Fall der bP Tschechien bzw. Italien gewesen wäre. Auch nach ihrer Ankunft in Österreich wartete die bP noch fast 2 Wochen zu, bevor sie um internationalen Schutz ersucht hat.

Soweit die bP in ihrer Beschwerde ausführt, nicht vom KGB, sondern vom Nationalen Sicherheitsdienst verfolgt worden zu sein, und dass es sich dabei um einen Übersetzungsfehler handle, ist ihr entgegen zu halten, dass ihr sämtliche mit ihr aufgenommenen Niederschriften rückübersetzt wurden, sie nichts daran zu beanstanden fand und letztlich die inhaltliche Richtigkeit mit ihrer Unterschrift bestätigt hat. Die Frage nach Verständigungsproblemen hat die bP explizit verneint. Zudem hat auch der Sohn in seinem Asylverfahren behauptete, vom KGB verfolgt worden zu sein.

Der Sohn der bP ist im Juli 2011 in das Bundesgebiet eingereist. Laut bP seien erstmals im September 2012 die Beamten des KGB zu ihr gekommen. Wie das BAA zutreffend festgestellt hat ist es absolut unglaubwürdig, dass diese Beamten im Fall eines tatsächlichen Interesses am Sohn der bP nicht schon wesentlich früher nach ihm bzw. seinem Aufenthaltsort gefragt haben sollten. Zudem ist nicht plausibel, welches Interesse der KGB nach so langer Zeit noch an einem homosexuellen einfachen Polizeibeamten gehabt haben sollte.

Dass ihre Kündigung mit dem Fall ihres Sohnes zusammenhängt, stellt eine von der bP in den Raum gestellte Vermutung dar. So ist es durchaus plausibel, dass sie - wie sie bei ihrer Einvernahme am 14.5.2013 selbst angegeben hat - aus Personaleinsparungsgründen bzw. wegen unentschuldigten Fernbleibens von ihrer Arbeitsstelle gekündigt wurde. Beweise oder eine nachvollziehbare Erklärung dafür, dass der Geheimdienst hinter der Kündigung steckt, konnte die bP hingegen nicht liefern. In diesem Zusammenhang äußerte die bP auch, dass ihr Sohn Jurist sei, was aber dessen eigenen Angaben widerspricht, wonach er öffentliches Sicherheitsorgan war und lediglich die Grundschule und eine berufsbildende höhere Schule besucht hat.

Es ist auch weder plausibel noch nachvollziehbar, dass die bP von der Homosexualität ihres Sohnes und den angeblich damit in Zusammenhang stehenden Problemen erst in Österreich erfahren haben will. Wenn sie schon bei dessen Ausreise keine Kenntnis davon gehabt haben sollte, wäre es doch nur nahe liegend, dass sie ihn am Telefon gefragt hätte, was denn der Geheimdienst von ihm will und dass dieser nach seinem Aufenthaltsort gefragt hat, zumal bei Geheimdiensten - wie aus den Medien hinlänglich bekannt ist - auch damit zu rechnen ist, dass sie jemanden auch im Ausland aufspüren können. Es wäre somit nahe liegend gewesen, dass die bP ihren Sohn nach dem ersten Erscheinen der Geheimdienstmitarbeiter gewarnt hätte. Es ist auch nicht plausibel, weshalb der Sohn der bP dieser nicht schon in Armenien seine angebliche Homosexualität gebeichtet haben sollte, zumal sie jetzt in Österreich offenbar auch kein Problem mit dieser Neigung ihres Sohnes hat.

Ebenso ist der der bP angeblich unterstellte gewerbsmäßige Diebstahl von Lebensmitteln an ihrem Arbeitsplatz nicht glaubhaft. Hätte es tatsächlich derartige Vorwürfe von Eltern gegeben, müssten schriftliche Unterlagen wie z.B. Anzeigen, Einvernahmeprotokolle, etc. vorliegen. Wenn die bP deswegen zur Polizei vorgeladen wurde, müsste auch darüber eine Niederschrift bzw. ein Beschuldigteneinvernahmeprotokoll vorliegen. Derartiges wurde von der bP allerdings bis heute nicht beigebracht.

Wenn die bP in ihrer Beschwerde moniert, dass die belangte Behörde an die Feststellungen im rechtskräftigen Bescheid des Sohnes gebunden ist, ist dazu festzustellen, dass diese Feststellungen von der belangten Behörde ohnedies nie in Frage gestellt wurden. Vielmehr handelt es sich aber bei Asylverfahren um Einzelfallentscheidungen, in denen jeweils gesondert die persönliche Glaubwürdigkeit eines Asylwerbers zu beurteilen ist. Von einer zeugenschaftlichen Einvernahme des Sohnes wurde ebenfalls zu Recht Abstand genommen, da dieser keine persönlichen Wahrnehmungen zum Vorbringen der bP hat und Angaben eines "Zeugen vom Hörensagen" subjektiv gefärbt sind.

Das Bundesverwaltungsgericht kann entgegen den Beschwerdeausführungen auch nicht erkennen, dass aufgrund der Neigung des Sohnes der bP eine Bedrohungslage für die gesamte Familie in Armenien besteht, zumal sämtliche weiteren Familienmitglieder außer der bP offenbar nach wie vor völlig unbehelligt und problemlos in Armenien leben können. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie des Sohnes der bP scheidet daher ebenso aus.

Den Beschwerdeausführungen ist zwar insofern zu folgen, dass die bP legal in das Bundesgebiet eingereist ist. Allerdings ist schon festzuhalten, dass sie das diesbezügliche befristete Visum unter Vorspiegelung falscher tatsachen erschlichen hat, indem sie verschleierte, dass sie gar nicht vorhat, Österreich bzw. die EU wieder zu verlassen.

Nicht zutreffend ist die in der Beschwerde vertretene Ansicht, die Länderinformationen würden der Beweiswürdigung widersprechen. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass Korruption in der armenischen Polizei sowie lange Gerichtsverfahren immer noch ein erhebliches Problem darstellen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die armenischen Sicherheitsbehörden grundsätzlich nicht fähig oder willig wären, bei Kenntniserlangung von strafbaren Handlungen Schutz zu gewähren. Zudem gibt es auch die Möglichkeit, sich an den Ombudsmann oder NGOs zu wenden. Ein Widerspruch kann insofern nicht erkannt werden.

Sofern in der Beschwerde seitens der bP moniert wird, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde weder plausibel noch schlüssig sei, wird festgestellt, dass nach Ansicht des ho. Gerichts die belangte Behörde ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der bP ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel daran aufgekommen wären. Von der bP wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch die belangte Behörde ausgeht. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der bP ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.3. Prüfungsumfang, Übergangsbestimmungen

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gem. § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des § 75 Abs. 19 AsylG in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht gem. § 75 Ab. 20 AsylG in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

Zu A) (Spruchpunkt I)

II.3.5. Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) ...

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

..."

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorlieben der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten somit aus.

II.3.6. Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. ...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

..."

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtssprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in ein paar Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Bei der bP handelt es sich um eine mobile, weitestgehend gesunde, arbeitsfähige Frau. Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Auch steht es der bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Sie stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten. Ebenso hat sie noch ihre Eigentumswohnung und somit eine Unterkunft.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Soweit die bP ihren Gesundheitszustand thematisiert (Bluthochdruck) hat sie selbst angegeben, deswegen auch bereits in Armenien Tabletten eingenommen zu haben, weshalb nicht zuletzt auch in Einklang mit den Länderfeststellungen, von einer Behandelbarkeit auszugehen ist.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist somit davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

II.3.7. Behebung von Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides

Aufgrund von § 10 AsylG idF des von der belangten Behörde zum Entscheidungszeitpunkt anzuwendenden BGBl I 67/2012 wurde die Ausweisung der bP in deren Herkunftsstaat verfügt.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr aufgrund der Übergangsbestimmung gem. § 75 Abs. 20 AsylG zu entscheiden, ob im gegenständlichen Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig oder ob das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. ...

2. ...

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. ...

5. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz war abzuweisen. Es liegt daher ab Erlassung dieses Erkenntnisses kein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet mehr vor.

Im gegenständlichen Fall kommt der bP kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht zu.

Bei Ausspruch der Ausweisung könnte ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK).

Zum Prüfungsumfang des Begriffes des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Im Bundesgebiet hält sich außer der bP noch deren erwachsener Sohn als anerkannter Flüchtling auf. Beide wohnen nicht im gemeinsamen Hauhalt und ergaben sich im Ermittlungsverfahren auch keine Hinweise auf irgenwelche Abhängigkeiten oder ein besonderes Naheverhältnis. Die bP lebt in einer Flüchtlingsunterkunft und bezieht Grundversorgung.

Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit November 2012 im Bundesgebiet auf. Sie reiste mit ihrem Reisepass und einem erschlichenen Schengenvisum in das Bundesgebiet ein. Nachweise für den Besuch eines Deutschkurses liegen nicht vor.

Die Ausweisung stellt somit einen Eingriff in das Recht auf das Privatleben dar.

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:

Auch

Bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).

Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

Die bP ist seit ca. 15 Monaten in Österreich aufhältig. Sie reiste mit einem erschlichenen Schengenvisum in das Bundesgebiet ein und konnte ihren weiteren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätte sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre sie seit dem Ablauf des Schengenvisums rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde.

Die bP verfügt über die bereits beschriebenen familiären bzw. privaten Anknüpfungspunkte

Die bP begründete ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages in rechtsmissbräuchlicher Absicht. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der familiären Anknüpfungspunkte ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.

Die beschwerdeführende Partei ist -in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, hat hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und war im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen.

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wäre bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätte. Nachweise für den Besuch eines Deutschkurses wurden nicht vorgelegt.

Die bP verbrachte den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurde dort sozialisiert, gehört der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennt sich zum dortigen Mehrheitsglauben und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätte. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es der bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Die bP ist strafrechtlich unbescholten.

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Die bP reiste mit einem erschlichenen Schengenvisum in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

Der bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige Einreise mit dem erschlichenen Schengenvisum den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall den Weg der legalen Niederlassung gewählt hätte.

Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Forbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste femdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Standes des seitens des erkennenden Gerichts durchzuführenden Ermittlungsverfahrens kann daher insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer, der als äußerst niedrig anzusehenden Integration und des deutlichen Überwiegens der öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes nicht festgestellt werden, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Es war daher das Verfahren gem. § 75 Abs. 20 AsylG zur (weiteren) Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

II.3.8. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

oder

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Was das Vorbringen der bP in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe. Auch tritt die bP in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

Auch ergibt sich im gegenständlichen Fall aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei, dass das Vorbringen der bP zur Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht (21 Abs 7 2. Alt. BFA-VG). Aus der im Klammerausdruck zitierten Bestimmung ist im Umkehrschluss erschließbar, dass eine Verhandlung bei fehlendem Vorliegen der 1. Alt. leg. cit unter Beachtung des § 24 VwGVG nur dann zu erfolgen hat, wenn nicht zweifelsfrei feststeht, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn sich das Vorbringen der bP als wahr erweist, bzw. nach der Durchführung der entsprechenden Ermittlungen (noch) Restzweifel an der Unwahrheit des vorgebrachten ausreisekausalen Sachverhalt bestehen, welche nur dadurch beseitigt werden können, indem sich das Gericht ein persönliches Bild von der bP macht bzw. offene Fragen nur durch persönliche Befragung der bP in einer öffentlichen Verhandlung durch das erkennende Gericht geklärt werden können, da sonstige Umstände, die diese Zweifel hervorrufen, auch ohne die Durchführung einer Verhandlung ermittelt werden können.

Der Gesetzgeber verwendet hier mit dem Begriff "zweifelsfrei" sichtlich eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, bzw. § 18 (1) 5 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen war, bzw. einer Beschwerde gegen abweisende Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt werden kann, wenn "das Vorbringen ... zu einer Bedrohungssituation offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 21 Abs 7 2. Alt. BFA-VG - womit die erweiterte Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung iSd § 51 Abs. 7 2. Alt AsylG 2005 idF BGBl 67/2012 beibehalten werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen (in diesem Sinne versteht sichtlich auch der VwGH den Begriff "zweifelsfrei [vgl. do. Erk. vom 21.2.2013, 2011/23/0647 mwN]. Eine Vielzahl von Rechtsätzen, in welchen der VwGH den Begriff "zweifelsfrei" im Wesentlichen in seiner Bedeutung in gleicher Weiser verwendet kann dem Rechtsinformationssystem des Bundes entnommen werden [vgl.

http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vwgh&Entscheidungsart=Undefined&Sammlungsnummer=&Index=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False&GZ=&VonDatum=&BisDatum=08.01.2014&Norm=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=50&Suchworte=zweifelsfrei&Position=251 ]).

Soweit die bP nochmals die persönliche Einvernahme beantragt, wird festgestellt, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahme (das in diesen Einvernahmen erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahmen wurde in entsprechenden Niederschriften, denen die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit sie die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtige. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.

Im gegenständlichen Fall steht schon aufgrund der sich aus den bisherigen Ermittlungen ergebenden objektiven Faktenlage fest, dass sich das Vorbringen der bP als zweifelsfrei nicht den Tatsachen entsprechend erweist. Es bleiben keinerlei Restzweifel, welche das erkennende Gericht nur dadurch beseitigen kann, indem es sich einen persönlichen Eindruck von der bP verschafft oder offene Fragen nur durch (eine weitere) persönliche Befragung der bP geklärt werden können. Eine Verhandlung konnte daher auch aufgrund des § 21 Abs. 7

2. Alt. BFA-VG unterbleiben (vgl. neben der bereits zitierten Judikatur Erk. d. AsylGH Gz. E10 265.923-1/2008-24E, eine dagegen eingebrachte Beschwerde an den VfGH wurde von diesem mit Beschluss vom 8.6.2010, U 916/10-4 abgelehnt).

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass gem. ständiger Judikatur des VfGH (vgl. etwa Erk. v. 15.10.2004, GZ G237/63 ua) Art. 6 EMRK im Asylverfahren nicht zur Anwendung kommt (vgl. auch EGMR 5.10.2000, Fall Maaouia, Appl. 39.652/98).

Weiters wird darauf hingewiesen, dass sich auch aus keiner sonstigen unionsrechtlichen Norm, wie etwa aus Art. 39 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verhandlungspflicht für den gegenständlichen Fall ableiten lässt, zumal diese Bestimmung keine lückenlose Verhandlungspflicht des dort geforderten Tribunals oder Gerichts, welches über den dort genannten Rechtsbehelf entscheidet, fordert, sondern schreibt diese Bestimmung viel mehr die Entscheidung durch ein solches Tribunal oder Gericht -ggf. auch ohne die Durchführung einer Verhandlung- vor.

Letztlich ergibt sich auch aus dem auf Asylverfahren anwendbaren Art. 47 der Grundrechtecharta der Europäischen Union im gegenständlichen Fall keine Verhandlungspflicht (Erk. d. VfGH U 466/11-18, U 1836/11-13).

II.3.9 Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ausgesetzt wäre. Im Übrigen war die Rechtssache gem. § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht auch nicht hervor, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Auch legt das ho. Gericht in seinen Ausführungen in Bezug auf das Absehen einer mündlichen Verhandlung die bereits beschriebenen Tatbestandsmerkmale im Lichte der ebenfalls zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH aus.

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