Gemeinsames Wohnen von Mann und Frau muss nicht in jedem Fall dem Alleinerzieherabsetzbetrag entgegenstehen
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vertreten durch Amtsdirektorin Eva Hoffmann, betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 vom 11. Feber 2008 durch den Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 sowie betreffend den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 ebenfalls vom 30. September 2008 entschieden:
1.
Der Berufung gegen den Bescheid vom 30. September 2008 betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 vom 11. Feber 2008 durch den Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 wird Folge gegeben.
Der Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufgehoben.
Hierdurch gehört der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 11. Feber 2008 wieder dem Rechtsbestand an.
2.
Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 30. September 2008 wird gemäß § 273 BAO als unzulässig geworden zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die 1959 geborene Berufungswerberin (Bw.) wurde vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart zunächst mit Bescheid vom 11. Feber 2008 erklärungsgemäß unter Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrags zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 veranlagt.
Mit Bescheid vom 30. September 2008 wurde der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 11. Feber 2008 gemäß § 299 BAO unter Hinweis auf den Gesetzestext des § 299 Abs. 1 BAO ohne weitere Begründung aufgehoben.
Gleichzeitig erging mit Datum 30. September 2008 ein neuer Einkommensteuerbescheid 2007, welcher den Alleinerzieherabsetzbetrag nicht mehr berücksichtige. Begründend führte die Abgabenbehörde erster Instanz aus, der Alleinerzieherabsetzbetrage habe nicht berücksichtigt werden können, "da Sie im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner gelebt haben."
Mit Schreiben vom 3. Oktober 2008 erhob die Bw. - soweit ersichtlich - Berufung sowohl gegen den Aufhebungsbescheid als auch gegen den Einkommensteuerbescheid, beide vom 30. September 2008, und führte hierzu unter anderem aus:
"Da mein vorübergehender Mitbewohner in keiner Hinsicht mir oder meinem 24jährigen Sohn gegenüber irgendwelche Verpflichtungen hat, sehe ich mich nach wie vor als Alleinerzieherin.
Was hat eine Wohngemeinschaft mit der Erziehung meines Kindes zutun? Würde der § 299 Abs [1] BAO auch dann Wirkung haben, wenn diese Person eine Frau wäre oder aus mehreren Personen bestehen würde?"
Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Oktober 2008 wies das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Berufung vom 3. Oktober 2008 hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2007 unter Wiederholung der knappen Begründung des angefochtenen Bescheides als unbegründet ab.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 beantragte die Bw. ersichtlich die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung und erläuterte dies wie folgt:
"Da Sie meine Berufung und Begründung vom 3.10.2008 ohne weitere Überprüfung abgelehnt haben, habe ich mir rechtliche Auskunft eingeholt.
Definition:
§ 106 EStG (Ehe-)Partnerschaft, Punkt 3
(Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mehr als 6 Monate, mit mindestens 1 Kind, in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt.
Das österreichische Recht sieht in der Lebensgemeinschaft eine eheähnliche Gemeinschaft, welche auf Dauer angelegt ist. Eheähnlich bedeutet, dass es sich um eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft von 2 Personen verschiedenen Geschlechts handelt.
Da von diesen 3 Punkten nur einer erfüllt wird (Wohngemeinschaft), bitte ich um die nochmalige Überprüfung meines Einkommensteuerbescheides.
Begründung: Eidesstattlich gebe ich bekannt, dass Herr M.G. bei mir gemeldet ist, wir aber keine Wirtschafts- oder Geschlechtsgemeinschaft haben. Wir verfügen über kein gemeinsames Konto, noch sonst irgendwelche gemeinsamen Wirtschaftsgüter. Die Wohnung samt Inventar gehört mir allein und besitzt 3 Schlafräume, die von mir, meinem Kind und Hr. G., aufgeteilt benutzt werden.
Somit tritt der § 299 Abs. 1 BAO nicht in Kraft. Ich bitte um Beachtung und neuerliche Überprüfung meiner Angaben."
Das Finanzamt nahm hierauf Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR) vor, aus denen sich ergibt, dass der 1968 geborene M. G. bis 9. Jänner 2007 seinen Hauptwohnsitz in der Gemeinde R. hatte und seit 9. Jänner 2007 an der Adresse der Bw. in O. hauptgemeldet ist. Die Bw. hat an dieser Adresse in O. seit dem Jahr 1983 ihren Hauptwohnsitz.
Am 25. November 2008 wurde mit der Bw. von einem Organwalter des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart eine Niederschrift aufgenommen, wonach M. G. ein Zimmer in der Genossenschaftswohnung der Bw. bewohne. Das Zimmer sei mit einem Bett, einem Kasten und einem Fernseher ausgestattet, "Bad und WC wird mitbenutzt".
Einen Mietvertrag mit Herrn G. gebe es nicht, Herr G. zahle auch keine Betriebskosten. Herr G. sei LKW-Fernfahrer von Beruf und halte sich circa 4 Tage in der Woche in der Wohnung der Bw. auf. Nach Kenntnis der Bw. sei Herr G. nur bei ihr gemeldet.
Ferner gab die Bw. niederschriftlich bekannt:
"Ich ersuche meine Berufung um folgenden Punkt zu erweitern: Sohn Gr., ..., studiert ab Oktober 2007 an der Universität in Wien, wohnt privat in 1120. Ich ersuche um Berücksichtigung des mtl. Freibetrages von 110 €."
Aktenkundig ist ferner folgende "Ergänzung zur Berufung des Einkommensteuerbescheides für 2007:
"Sachverhaltdarstellung:
Beweggründe der Unterkunftsgebung
Hr. G. und ich haben uns vor ca. 3 Jahren auf einer Tanzveranstaltung kennen gelernt. Nach mehrmaligen, zufälligen weiteren Treffen im Tanzlokal erzählte mir Hr. G. seine Lebensgeschichte, auch dass er gelernter Automechaniker ist. Da ich ein altes, des Öfteren reparaturanfälliges Auto besitze, bot mir Hr. G. an sich um mein Auto zu kümmern, das heißt, wenn etwas zu reparieren war, mir die Fehler zu sagen und manchmal auch mit meinem Auto in eine Werkstatt zu fahren. Ich bin froh so jemanden zu kennen, da ich mich mit Autos nicht so auskenne und ich jedes Mal wenn ich einer Werkstatt war eine große Rechnung bekam.
Nach einem Jahr, wir waren inzwischen gute Bekannte (Seelenverwandte) geworden, fragte mich Hr. G., ob er sich bei mir in Oberwart anmelden könne. Er könne mir keine Miete zahlen, aber er könne sich um alle handwerkliche Tätigkeiten kümmern und es sei nur für 1, 2 Jahre. Er wohnte nach einer partnerschaftlichen Trennung bei seinen Eltern in S.[Anm: Gemeinde R.] und er wolle wieder eine Eigenständigkeit aufbauen, habe aber noch Schulden aus der letzten Partnerschaft abzuzahlen. Ich sagte ihm, sofern mir keine Nachteile und Kosten entstehen, geht das für mich in Ordnung.
Tagesablauf in der Wohngemeinschaft:
Hr. G. ist LKW-Fernfahrer. Er ist von Dienstag bis Freitag in Ungarn-Deutschland und kommt Freitagnachmittag wieder nach Österreich. Samstags ist er meistens in S. um seine Familie bzw. seine Tochter zu sehen, die, seit er nicht mehr in S. wohnt, von der Kindesmutter fast jede Woche zu den Großeltern (seinen Eltern) gebracht wird und die ihm 4 Jahre den Kontakt zur Tochter verweigerte. Sonntag verbringt er in S. oder am Fußballplatz, da er aktiver Fußballer war und noch immer Mitglied im "Altherrenclub S.". Montag fährt meistens mit dem LKW in Österreich. Gegessen und geduscht wird meistens unterwegs. Hr. G. ist eher ein Nachtmensch, ich dagegen ein totaler Tagmensch. Unsere Arbeitszeiten sind sehr unterschiedlich.
Ich arbeite in B. für Dr. L, der 2 Gästehäuser, ein Institut, eine Privatordination und ein Restaurant gehören. Von Montag bis Freitag in gleitender Arbeitszeit und meist auch am Wochenende im Gästehaus oder im Restaurant. 1x in der Woche besuche ich in meiner freien Zeit meine Eltern in P.. Mein Sohn, 25 Jahre, studiert an der UNI Wien Ernährungswissenschaften und kommt nur alle 2 bis 3 Monate für eine oder zwei Nächte nach Hause. Ich unterstütze ihn mit einer monatlichen Zahlung. Dafür mache ich Überstunden, die bezahlt werden. So führen wir jeder unser eigenes Leben, reden natürlich miteinander, wenn wir zur selben Zeit in der Wohnung sind und sind uns keine Rechenschaft über unsere Freizeit schuldig.
Da die Anmeldung des Hr. G. an meiner Wohnadresse für mich und meinem Sohn zum Nachteil wird und ich schon in der ersten Berufung Hr. G. als vorübergehenden Mitbewohner (es sind eh schon 2 Jahre) bekannt gab, wird er so schnell wie möglich, spätestens Ende des Jahres, ausziehen.
PS: Ich war schon 2x verheiratet und sollte ich nochmals eine "Partnerschaft" eingehen, dann möchte ich jemanden, der seine Freizeit mit mir teilt und mich achtet und verwöhnt. Alles andere hab ich schon gehabt."
Mit beim Unabhängigen Finanzsenat am 11. Dezember 2008 eingelangtem Bericht legte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die gegenständliche Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz mit dem Bemerken "Alleinerzieherabsetzbetrag bei Mitbewohner, Lebensgemeinschaft wird verneint" zur Entscheidung vor.
Der Referent richtete hierauf mit Schreiben vom 8. Jänner 2009 nachstehenden Vorhalt an das Finanzamt:
"1. Zum Alleinerzieherabsetzbetrag
Nach der Rechtsprechung äußert sich eine Lebensgemeinschaft darin, dass Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts wie Ehemann und Ehefrau zusammen leben, ohne die Ehe geschlossen zu haben. Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft sind insb. drei Kriterien maßgeblich, nämlich
1. die Eheähnlichkeit,
2. das Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft und
3. eine gewisse Dauer.
Es muss daher ein Verhältnis vorliegen, das dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Doch kann wie auch in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal weniger stark ausgeprägt sein oder fehlen. Die Gemeinschaft ist durch die gemeinsame Aufbringung des Unterhaltes, durch die gegenseitige Unterstützung der Partner und deren Obsorge füreinander gekennzeichnet. Vergleichsmaßstab sind die §§ 90 ff ABGB (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [1. 11. 2007], § 106 Anm. 6).
Gemeinsames Wohnen allein begründet auch zwischen Personen, die gemeinsame Kinder haben, noch keine Lebensgemeinschaft (VwGH 21. 5. 1996, 95/08/0147). Eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft genügt nicht (OGH 11. 9. 1986, 7 Ob 630/86).
Die "eheliche Lebensgemeinschaft" ist nicht die bloße räumliche häusliche Gemeinschaft der Ehegatten, sondern als Inbegriff der häuslichen, geistigen, seelisch-körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten der Ehegatten zu verstehen (OGH 6. 7. 1987, 8 Ob 568/87). Im Bereich des § 106 wird im Hinblick auf dessen Zweck, wirtschaftliche Belastungen auszugleichen, dem Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft besondere Bedeutung zukommen (vgl VwGH 3. 9. 1996, 95/08/0283, ua zu Notstandshilfe, und UFS [Graz], Senat 1 [Referent], 31. 10. 2006, RV/0275-G/06, mit ausführlicher Begründung).
Nach dem Vorbringen der Berufungswerberin (Bw.) liegt lediglich eine Wohngemeinschaft mit Herrn M.G. vor, ohne dass eine Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt und ohne einer Eheähnlichkeit dieses Zusammenlebens.
Das Finanzamt wird - unter Anschluss entsprechender Beweismittel - eingeladen darzustellen, aus welchen Gründen es weiterhin vom Vorliegen einer Partnerschaft i. S. d. § 33 Abs. 4 Z 2 i. V. m. § 106 EStG 1988 ausgeht.
2. Auswärtige Berufsausbildung
Mit Niederschrift vom 25. November 2008 wurde das Berufungsbegehren dahingehend erweitert, dass der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung ab Oktober 2007 für den in Wien studierenden (und dort über ein Studentenquartier verfügenden) Sohn beantragt wurde.
Feststellungen dazu fehlen bislang gänzlich.
Das Finanzamt wird - unter Anschluss entsprechender Fahrtzeitenerhebungen - ersucht darzulegen, ob seiner Ansicht nach der Pauschbetrag zusteht, wobei O. nicht als Gemeinde, von der die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar ist, in einer Verordnung genannt wird."
Seitens des Finanzamtes wurde mit Schreiben des Fachbereichs vom 3. Feber 2009 wie folgt repliziert:
"Die Vorlage der Berufung erfolgte auf ausdrücklichen Wunsch des zuständigen Allgemeinveranlagungsteams. Ich habe daher das zuständige Team ersucht, die von Ihnen angesprochene Darstellung zu verfassen. Nach Rücksprache sieht sich das Team nicht in der Lage eine entsprechende Darstellung - unter Anschluss entsprechender Beweismittel - zu erstellen.
Ich darf Sie daher ersuchen, nach Aktenlage zu entscheiden.
Bezüglich der Beantragung des Pauschbetrages für die auswärtige Berufsausbildung des Sohnes wird festgestellt, dass hiefür die Voraussetzungen jedenfalls gegeben sind. Die Fahrzeitenerhebung ergab, dass eine Fahrt zwischen O. und Wien nicht unter 90 min. möglich ist. Ein Ausdruck der Fahrzeiterhebung war aus technischen Gründen nicht möglich."
Aus dem ZMR ergibt sich, dass M. G. seit 8. Jänner 2009 wiederum in S. hauptgemeldet ist.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Berufungsgegenstand
Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Berufung vom 3. Oktober 2008 ergibt, richtet sich diese sowohl gegen den Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 als auch gegen den neuen Einkommensteuerbescheid 2007 gleichen Datums.
2. Berufung gegen den Aufhebungsbescheid betreffend Einkommensteuer 2007 vom 30. September 2008
§ 299 BAO lautet:
"§ 299. (1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.
(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."
§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 lautet:
"Einem Alleinerzieher steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerzieher ist ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe) Partner lebt."
§ 106 EStG 1988 lautet:
"§ 106. (1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a zusteht.
(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b zusteht.
(3) (Ehe)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt.
(4) Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 sind die Abs. 1 bis 3 sinngemäß anzuwenden."
Zunächst ist festzuhalten, dass die Begründung eines Aufhebungsbescheides das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen (VwGH 2. 7. 1998, 98/16/0105) und die Gründe für die Ermessensübung darzustellen (VwGH 29. 9. 1993, 92/13/0102) hat; beiden Voraussetzungen wird die Begründung des gegenständlichen Aufhebungsbescheides nicht gerecht.
Wird ein Bescheid gemäß § 299 BAO aufgehoben und wird im Begründungsteil dieses Bescheides lediglich die Bestimmung des § 299 BAO wiedergegeben, so kann auch die Darlegung des Aufhebungsgrundes im Begründungsteil des neuen Sachbescheides die fehlende Bescheidbegründung des Aufhebungsbescheides nicht sanieren, wenn im Aufhebungsbescheid nicht auf den Begründungsteil des neuen Sachbescheides verwiesen wird (vgl. UFS 7. 6. 2006, RV/0816-W/06; UFS 10. 10. 2006, RV/0557-I/06; UFS 5. 6. 2007, RV/ 0383-G/07; UFS 4. 7. 2007, RV/0005-I/05; UFS 1. 2. 2008, RV/0231-G/06; UFS 28. 3. 2008, RV/0456-L/06; UFS 27. 11. 2008, RV/2778-W/07).
Nach der Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenats ist daher schon deswegen der gegenständliche Aufhebungsbescheid aufzuheben.
Dessen unbeschadet sei noch dargestellt, dass die vom Finanzamt offenbar angenommene Rechtswidrigkeit nicht vorliegt:
Soweit in Zusammenhang mit dem gleichzeitig erlassenen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ersichtlich, dürfte das Finanzamt die Begründung für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darin sehen, dass der aufgehobene Einkommensteuerbescheid zu Unrecht den Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt, da die Bw. im Jahr 2007 mehr als sechs Monate mit einem (Ehe-)Partner gelebt habe.
Mit dieser Ansicht ist jedoch das Finanzamt - wie das an den Aufhebungsbescheid folgende Verfahren gezeigt hat - nicht im Recht:
Wie im Vorhalt des UFS vom 8. Jänner 2009 dargestellt, begründet eine Wohngemeinschaft allein keine den Alleinerzieherabsetzbetrag ausschließende eheähnliche Gemeinschaft.
Nach VwGH 16. 12. 2003, 2000/15/0101, spricht ein durch eine polizeiliche Meldung dokumentiertes gemeinsames Wohnen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft, und wird bei einer Wohngemeinschaft zweier verschiedengeschlechtlicher, miteinander nicht in gerader Linie verwandter oder verschwisterter Personen eine andere als eine eheähnliche Gemeinschaft unwahrscheinlich und daher prima facie zu verneinen sein (§ 167 Abs. 2 BAO), es kann aber der Steuerpflichtige die im Einzelfall größere Wahrscheinlichkeit einer atypischen Gestaltung nachweisen (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [1. 11. 2007], § 106 Anm. 7).
Nun hat die Bw. näher dargestellt, dass lediglich eine Wohngemeinschaft zwischen ihr und Herrn G. bestanden habe und Gründe gegen das Vorliegen einer darüber hinausgehenden, eheähnlichen Gemeinschaft ins Treffen geführt. Insbesondere finden sich keine Anhaltspunkte - im Hinblick auf den Zweck des Alleinerzieherabsetzbetrages, wirtschaftliche Belastungen auszugleichen - für eine Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. UFS, 31. 10. 2006, RV/0275-G/06).
Das Finanzamt hat weder dargelegt, aus welchen Gründen dem Sachvorbringen der Bw. kein Glauben zu schenken wäre, noch aus welchen Gründen weiterhin von einer Partnerschaft im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 2 i. V. m. § 106 EStG 1988 auszugehen sei. Das Finanzamt hat auch nicht weitere Beweise - etwa durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn G. - erhoben.
Der Unabhängige Finanzsenat geht daher von der Richtigkeit des Vorbringens der Bw. aus.
In diesem Fall steht der Bw. der Alleinerzieherabsetzbetrag zu.
Da somit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 11. Feber 2008 nicht die vom Finanzamt vermutete Rechtswidrigkeit anhaftet, erging der gegenständliche Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 auch deswegen zu Unrecht.
Wie der UFS in seiner Entscheidung vom 22. 9. 2008, RV/0466-F/07, überzeugend dargestellt hat, dürfen Bescheidaufhebungsgründe ebenso wie Wiederaufnahmsgründe im Berufungsverfahren nicht nachgeschoben werden.
Dem Unabhängigen Finanzsenat ist es daher verwehrt, eine erst im Rechtsmittelverfahren vorgebrachte Unrichtigkeit des Einkommensteuerbescheides vom 11. Feber 2008 - die Nichtberücksichtigung des Pauschbetrags für auswärtige Berufsausbildung nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2007 - von Amts wegen aufzugreifen.
Der angefochtene Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 war daher gemäß § 289 Abs. 2 BAO von der Berufungsbehörde ersatzlos aufzuheben.
3. Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 30. September 2008
Mit der Aufhebung des aufhebenden Bescheides (§ 299 Abs. 1 BAO) scheidet auch ein mit diesem gemäß § 299 Abs. 2 BAO verbundener, einen aufgehobenen Bescheid ersetzender Bescheid aus dem Rechtsbestand aus.
Die Aufhebung des aufhebenden Bescheides beseitigt somit vom Aufhebungsbescheid zwingend abgeleitete Bescheide (bei unlösbarem rechtlichem Zusammenhang) aus dem Rechtsbestand (vgl. zB Zorn, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren, 253 ff; Stoll, BAO, 2894 ff; Tanzer, in Holoubek/Lang, Das verfassungsgerichtliche Verfahren, 197 ff; Keppert, ecolex 2000, 65; Ritz, BAO, § 299 Rz. 62; VwGH 11.12.2003, 2003/14/0032).
Da somit der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 30. September 2008 mit dem Wegfall des Aufhebungsbescheides vom 30. September 2008 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist, wurde die Berufung gegen den neuen Einkommensteuerbescheid nachträglich unzulässig und ist daher als unzulässig geworden zurückzuweisen.
Wien, am 3. März 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 106 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Alleinerzieherabsetzbetrag, Eheähnliche Gemeinschaft, Bescheidaufhebung |