VwGH Ra 2022/09/0052

VwGHRa 2022/09/005222.9.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A B in C, vertreten durch Mag.a Petra Laback, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 27/5/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 15. März 2022, LVwG‑408‑93/2021‑R10, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
GewO 1994 §111 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090052.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin betreibt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Bludenz (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) die „X Appartements“ (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof).

2 Mit Schreiben vom 27. April 2020 beantragte die Revisionswerberin im Hinblick auf die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 14. März 2020 betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS‑CoV‑2 im gesamten Bezirk, Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 13/2020, Ersatz für ihren (während der Geltungsdauer dieser Verordnung entstandenen) Verdienstentgang für den Zeitraum vom 16. bis 27. März 2020 gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG).

3 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 6. Juli 2021 erhobenen Beschwerde keine Folge. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte es für nicht zulässig.

4 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zugrunde, dass die Revisionswerberin diese „X Appartements“ in Form einer bewilligungsfreien Privatzimmervermietung betrieben habe, welche nicht vom Anwendungsbereich des § 111 Abs. 1 Z 1 der GewO 1994 und ebensowenig der Gewerbeordnung an sich erfasst sei; damit habe sie auch nicht der von der Revisionswerberin anspruchsbegründend herangezogenen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Bludenz unterlegen, mit der (in deren § 2 Abs. 1) auf Grund des § 20 EpiG die Schließung von Beherbergungsbetrieben (§ 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) im gesamten Bezirk Bludenz angeordnet wurde und sei der entstandene Vermögensschaden nicht durch die im § 32 Abs. 1 Z 1 bis 7 EpiG aufgezählte Maßnahme entstanden.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

6 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision als unbegründet sowie den Zuspruch von Aufwandersatz.

7 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision zunächst vor, es liege keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, was unter den in der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 14. März 2020 verwendeten Begriff „Beherbergungsbetrieb“ zu subsumieren sei. Darüber hinaus moniere die Revisionswerberin einen Widerspruch zu einer näher zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 16.12.2021, Ra 2021/09/0214), aus welcher die Revision einzelne Rechtssätze zitiert.

10 Dem ist zu erwidern, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile zu einem beinahe wortidenten Zulässigkeitsvorbringen im Beschluss vom 9. August 2022, Ra 2022/09/0068, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen wird, bereits ausgeführt hat, dass die von § 2 Abs. 1 der gegenständlichen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Bludenz angeordnete Betriebsschließung nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut nur „Beherbergungsbetriebe (§ 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994)“, also nur solche, für die es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe bedarf, umfasst. Liegt daher keine Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 vor, scheitert die Geltendmachung eines Verdienstentgangs bereits am Vorliegen eines gemäß § 20 EpiG beschränkten oder gesperrten Unternehmens oder ‑ für den Fall, dass für den Beherbergungsbetrieb eine Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erforderlich wäre ‑ daran, dass es sich mangels Gewerbeberechtigung bei dem Vermögensnachteil nicht um einen solchen aus einem für den Anspruchsteller zulässigen Erwerb handelt. Der zugrundeliegende Sachverhalt betraf ebenfalls einen ohne Vorliegen einer Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 betriebenen Beherbergungsbetrieb im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Bludenz.

11 Wenn die Revisionswerberin überdies zur Zulässigkeit ihrer Revision vorbringt, das Verwaltungsgericht habe trotz ausdrücklichen Antrags keine mündliche Verhandlung durchgeführt, gelingt es ihr auch damit nicht, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen: Wie das Verwaltungsgericht ‑ nach dem Akteninhalt ‑ zutreffend annahm, stellte die Revisionswerberin in ihrer Beschwerde gerade eben keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Im Übrigen wurde auch weder eine Tatsachen‑ noch eine Rechtsfrage aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. dazu u.a. VwGH 16.2.2022, Ra 2021/09/0252 bis 0253).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher mit dem gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassenden Beschluss zurückzuweisen.

13 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

14 Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. September 2022

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