VwGH Ra 2018/19/0277

VwGHRa 2018/19/027718.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und die Hofräte Mag. Stickler sowie Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, in der Revisionssache des A K, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2018, Zl. W134 2162423- 1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11;
AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §8;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190277.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem, stammt aus der Provinz Ghazni. Er stellte am 7. Mai 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit diskriminiert und von den Taliban verfolgt worden sei.

2 Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision begründet die Zulässigkeit damit, das Bundesverwaltungsgericht habe die Sicherheitslage in Afghanistan und im Besonderen in der Provinz Ghazni unzutreffend beurteilt. Angesichts des konkreten Vorbringens des Revisionswerbers zur schlechten Sicherheitslage sei nicht nachvollziehbar, warum das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den Revisionswerber gerichtete Verfolgung für nicht glaubhaft erachtet habe. Eine innerstaatliche Fluchtalternative (in Kabul) stehe dem Revisionswerber im Hinblick auf die allgemeine Versorgungslage, mangels familiärer Unterstützung und wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit nicht offen; als Hazara würde er bei der Arbeitssuche diskriminiert werden.

8 Insoweit sich die Revision dagegen wendet, dass das Bundesverwaltungsgericht die vom Revisionswerber behaupteten Fluchtgründe für nicht glaubhaft erachtet hat, ist ihr zu entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0266, mwN).

9 Eine solche Unvertretbarkeit vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist in nicht unvertretbare Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser eine individuelle Bedrohungssituation nicht glaubhaft habe machen können.

10 Mit ihren Ausführungen zur schlechten Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Revisionswerbers vermag die Revision schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, weil das Bundesverwaltungsgericht vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative u.a. in Kabul ausgegangen ist.

11 Die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, der Revisionswerber als arbeitsfähiger, junger Mann mit vierjähriger Schulbildung und Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft finde aufgrund der aufgezeigten Umstände des Einzelfalls u.a. in Kabul eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor, ist - in Bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt des angefochtenen Erkenntnisses - im Hinblick auf die insoweit einheitliche Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden (vgl. grundsätzlich VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, und VfGH 12.12.2017, E 2068/2017; betreffend Angehörige der Hazara auch bei Fehlen eines sozialen Netzwerkes vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0351; 20.4.2018, Ra 2018/18/0194; 29.5.2018, Ra 2018/20/0122; 27.6.2018, Ra 2018/18/0269; betreffend einen Angehörigen der Hazara aus der Provinz Ghazni vgl. VwGH 21.6.2018, Ra 2018/18/0343).

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Oktober 2018

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