VwGH Ra 2018/19/0266

VwGHRa 2018/19/026628.6.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des N S S, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Jänner 2018, W245 2139020-1/20E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190266.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 14. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Afghanistans, auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

2 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Der Revisionswerber wendet sich unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit der Revision zunächst gegen die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz und bringt vor, das Bundesverwaltungsgericht stütze sich bei seiner Annahme, bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohe dem Revisionswerber keine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK, auf das Gutachten des Sachverständigen Mag. M. Das Gutachten sei mangelhaft, widersprüchlich, weiche von "Erfahrungssätzen der allgemeinen Lebenserfahrung" ab und stehe - insbesondere hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten junger Männer in Afghanistan - im Gegensatz zu Länderberichten, wie insbesondere den Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016.

7 Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil das Bundesverwaltungsgericht sich bei seinen Feststellungen nicht ausschließlich auf das genannte länderkundliche Gutachten, sondern tragend auch auf aktuelle Länderberichte gestützt hat, denen die Revision nicht überzeugend entgegenzutreten vermochte (vgl. in diesem Sinn VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0154-0156; 7.3.2018, Ra 2018/18/0103).

8 Die Revision zeigt auf Grundlage dieser Feststellungen nicht auf, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Einzelfall, der Revisionswerber finde - als gesunder, erwerbsfähiger Mann mit Arbeitserfahrung in Kabul und anderen Orten Afghanistans - in Kabul eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor, unvertretbar erfolgt wäre (vgl. aus der Rechtsprechung dazu etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001; VfGH 12.12.2017, E 2068/2017). Dieser Beurteilung stehen auch die in der Revision zitierten Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016 nicht entgegen (vgl. dazu näher VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118).

9 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis richtet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 4.12.2017, Ra 2017/19/0316, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht setzte sich im vorliegenden Fall nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit den - teilweise widersprüchlichen - Aussagen des Revisionswerbers vor dem Hintergrund der Länderberichte auseinander und gelangte zum Ergebnis, dass die von ihm vorgebrachten Fluchtgründe nicht glaubhaft seien. Eine Unvertretbarkeit dieser Beweiswürdigung vermag die Revision nicht darzulegen.

10 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision weiters vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach eine asylrelevante Verfolgung sich nicht bloß aus einer Einzelverfolgung, sondern auch daraus ergeben könne, dass regelmäßig Maßnahmen gegen Personen mit bestimmten Eigenschaften - hier einer ehemaligen Zugehörigkeit zu den afghanischen Streitkräften - gesetzt würden.

11 Nach den mit näherer Begründung getroffenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis hat der Revisionswerber aufgrund seiner früheren Zugehörigkeit zu den Streitkräften der afghanischen Regierung - jedenfalls in Kabul - keine Verfolgung zu befürchten. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. etwa VwGH 22.12.2016, Ra 2016/20/0351-0354, mwN). Entfernt sich der Revisionswerber - wie hier - in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 11.5.2017, Ra 2015/21/0240, mwN).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2018

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