Normen
BDG 1979 §51 Abs2;
BDG 1979 §52 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090210.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1963 geborene Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. August 2018 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen (in der Folge: DK), mit dem gegen den Revisionswerber ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, weil er der Weisung des Personalamtes, sich am 9. März 2018 einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen, nicht nachgekommen sei, indem er sich zwar zum Termin eingefunden, seine Mitwirkung an der fachärztlichen Untersuchung aber verweigert habe, wodurch er ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei, und sohin unter Verdacht stehe, seine Dienstpflichten, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979) sowie sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und daran mitzuwirken (§§ 51 Abs. 2 und 52 Abs. 2 BDG 1979), schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben, als unbegründet abgewiesen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.
3 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Hat das Verwaltungsgericht, wie im vorliegenden Fall, im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. VwGH 20.6.2016, Ra 2016/09/0071; 25.1.2016, Ra 2015/09/0144).
6 Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 21.3.2018, Ra 2018/09/0017). In diesen gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/09/0008).
7 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
8 Unter der Überschrift "Zulässigkeit nach Art. 133 Abs. 4 B-VG" vermengt der Revisionswerber in seinem Vorbringen über mehrere Seiten Revisionsgründe mit Zulässigkeitsvorbringen. Ein Zulässigkeitsvorbringen, das sich in weiten Teilen auf nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung beschränkt, ist darauf hin zu prüfen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG konkretbehauptet wird (vgl. VwGH 27.6.2017, Ra 2017/10/0076). Auf Vorbringen zur Revisionsbegründung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist hingegen nicht einzugehen, selbst wenn es als Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision bezeichnet ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0238).
9 Wiederholt wird als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht. Mit der bloßen Behauptung, eine bestimmte Auffassung des Verwaltungsgerichtes widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision jedoch nicht gesetzmäßig ausgeführt, schon weil nicht konkret angegeben wird, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht abgewichen sei (vgl. VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0144; 6.10.2015, Ra 2015/02/0187). Soweit in diesem Zusammenhang an mehreren Stellen ohne nähere Ausführungen das Vorliegen von Verfahrensmängeln behauptet wird, legt der Revisionswerber auch nicht konkret dar, welche Verfahrensmängel im Revisionsfall aus welchen Gründen relevant sein sollen.
10 Wenn der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen mehrfach äußert, es seien noch Ermittlungen hinsichtlich der Verdachtsgründe notwendig gewesen, um rechtswirksam einen Einleitungsbeschluss fassen zu können, ist ihm die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen ist, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Einleitungsbeschluss begrenzt sohin regelmäßig den Umfang des vor der DK stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist.
11 Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebenso wenig muss im Einleitungsbeschluss das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden (vgl. zu alldem etwa VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0047; 28.3.2017, Ra 2017/09/0008; 21.6.2000, 99/09/0012).
12 Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre. Vor diesem Hintergrund kann dem Verwaltungsgericht auch nicht entgegen getreten werden, wenn es die Einleitung des Disziplinarverfahrens durch die DK als rechtmäßig erachtet. Eine Klärung der genauen Umstände, etwa wie die Befragung durch die Ärztin abgelaufen ist, ist in diesem Verfahrensstadium nicht erforderlich. Auch die Klärung der Frage, ob der Revisionswerber eine Dienstpflichtverletzung begangen hat, hat erst im Disziplinarverfahren zu erfolgen. Daran vermag das Vorbringen des Revisionswerbers, das Verhalten seines Dienstgebers sei kausal für seine Erkrankung gewesen, nichts zu ändern.
13 Der Revisionswerber bringt in der "Zulässigkeitsbegründung" der Revision darüber hinaus - wiederum wiederholt - vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, von welchem Arzt ein Beamter "hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit" untersucht werden dürfe, ob eine Untersuchung gemäß § 52 BDG 1979 nur durch einen Amtsarzt durchgeführt werden dürfe, und in welchem Umfang diese Untersuchung stattfinden dürfe.
14 Dazu ist der Revisionswerber zunächst auf
§ 52 Abs. 2 zweiter Satz BDG 1979, wonach Fachärzte heranzuziehen sind, wenn dies zur zuverlässigen Beurteilung des Gesundheitszustandes des Beamten erforderlich ist, sowie auf
§ 51 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. zu verweisen, wonach der Beamte (sinngemäß) soweit zumutbar an einer ärztlichen Untersuchung mitzuwirken hat. Aus den in § 52 BDG 1979 verwendeten Worten "Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung" (Abs. 1) und "sind Fachärzte heranzuziehen" (Abs. 2) kann entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht abgeleitet werden, dass nach dieser Bestimmung nur eine Untersuchung bei einem Amtsarzt, nicht aber bei einem anderen Arzt angeordnet werden dürfte (vgl. etwa auch VwGH 5.7.2006, 2005/12/0164; 24.6.2009, 2006/09/0108; ein vom Revisionswerber für seinen Standpunkt angeführter Erlass aus 1951 stammt im Übrigen aus der Zeit vor der Geltung des BDG 1979).
15 Nach der hg. Rechtsprechung dient die Mitwirkungspflicht des Beamten der Feststellung seiner Dienstfähigkeit. Eine Verletzung dieser Mitwirkungspflicht wird vom Gesetzgeber als ein Fall einer nicht gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst eingestuft, weil der Nachweis, ob die geltend gemachte bescheinigte krankheitsbedingte Abwesenheit vom Dienst tatsächlich gerechtfertigt war, aus Gründen, die in der Sphäre des Beamten liegen, von der Dienstbehörde nicht geführt werden kann. Die Dienstbehörde wiederum wird durch § 52 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 ermächtigt bzw. nach dem dritten Satz dieser Bestimmung auch verpflichtet, den Gesundheitszustand des unter Berufung auf eine Krankheit abwesenden Beamten durch eine ärztliche Untersuchung überprüfen zu lassen. Damit soll es letztlich der Dienstbehörde ermöglicht werden, die von ihr zu entscheidende Rechtsfrage der Dienstfähigkeit im dargestellten Sinn, deren Lösung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts im Regelfall die Heranziehung entsprechender medizinischer Sachverständiger erforderlich macht, zu klären und die jeweiligen nach dem Prüfungsergebnis allenfalls gebotenen dienstrechtlichen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. VwGH 29.3.2012, 2011/12/0095). Die Beurteilung des Rechtsbegriffes der "Dienstunfähigkeit" obliegt sohin der Dienstbehörde, die diese Beurteilung auf Grund von ärztlichen Sachverständigengutachten vorzunehmen hat (vgl. VwGH 13.12.2007, 2005/09/0130). Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht im Revisionsfall von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre.
16 Der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage, in welchem Umfang eine Untersuchung stattfinden dürfe und welche Informationen an die Dienstbehörde weitergegeben werden dürfen, mangelt es bereits an der Relevanz, weil nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes gar keine Untersuchung vorgenommen werden konnte. Außerdem ist noch einmal auf die bereits zitierte ständige Rechtsprechung zum Einleitungsbeschluss zu verweisen. Eine genaue Klärung der Umstände ist, wie bereits ausgeführt, in diesem Verfahrensstadium noch nicht erforderlich.
17 Nicht nachvollziehbar ist für den Verwaltungsgerichtshof, weshalb der Revisionswerber die Ansicht vertritt, dass es sich "in Wirklichkeit" um eine Eignungs- und Folgeuntersuchung nach § 56 ASchG gehandelt habe, zumal der Revisionswerber auch nicht bestreitet, eine Weisung gemäß § 52 Abs. 12 BDG 1979 erhalten zu haben. Auch insofern zeigt der Revisionswerber nicht die Zulässigkeit der Revision auf.
18 Der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, bewirkt im Übrigen nicht ihre Erheblichkeit iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 20.9.2018, Ro 2018/09/0001; 13.12.2016, Ra 2016/09/0099).
19 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.
20 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. Jänner 2019
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