Normen
FSG 1997 §26 Abs2;
FSG 1997 §26 Abs2a;
FSG 1997 §7 Abs3 Z3;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem nach Durchführung einer Ortsaugenscheinverhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis entzog das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 2017 bestätigend, der Revisionswerberin die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für die Dauer von sechs Monaten. Für dieselbe Zeitdauer wurde der Revisionswerberin untersagt, von einer ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, die Revisionswerberin habe am 19. Juni 2016 gegen 4.10 Uhr ihren PKW auf einer näher bezeichneten Landestraße gelenkt. Vor der Kreuzung dieser Straße mit einer näher bezeichneten Bundesstraße sei sie nach links ausgeschert und habe ihr Fahrzeug an einem unmittelbar vor ihr fahrenden PKW links vorbei gelenkt, wobei sie den Fahrstreifen jenseits der dort befindlichen Verkehrsinsel benützt habe. Das Vorschriftszeichen "Halt", das aus ihrer Fahrtrichtung vor der Kreuzung angebracht sei, habe sie nicht beachtet, vielmehr sei sie mit unverminderter Fahrgeschwindigkeit von etwa 50 km/h in die Kreuzung eingefahren. Dabei sei es zu einem Zusammenstoß mit einem im Querverkehr befindlichen Fahrzeug gekommen. Die beiden Fahrzeuglenker seien nicht fahruntauglich gewesen, insbesondere auch nicht alkoholisiert. Das Einfahren in die unübersichtliche Kreuzung mit einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 50 km/h, ohne anzuhalten, noch dazu auf dem falschen Fahrstreifen, zudem bei Dunkelheit und unter Missachtung des Verkehrszeichens "Halt" könne nicht anders als ein Verhalten gewertet werden, das geeignet sei, besonders gefährliche Verhältnisse im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 3 FSG herbeizuführen. Der Revisionswerberin sei zwar zu konzedieren, dass sie ihr gefährliches Verhalten wohl nicht vorsätzlich gesetzt habe. Da aber schon Fahrlässigkeit ausreiche, um besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, müsse ihr der schwere Fahrfehler dennoch zugerechnet werden. Die Annahme eines "Blackouts", also eines "Aussetzers", bei der Revisionswerberin werde als Begründung wohl zutreffen, allerdings müsse von einer Fahrzeuglenkerin verlangt werden, dass sie ein Fahrzeug nur dann lenke, wenn sie vorausschauend in der Lage sein werde, über die gesamte Fahrtstrecke die notwendige Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, also nicht etwa wegen Übermüdung sich der Gefahr eines Sekundenschlafs oder einer sonstigen Unkonzentriertheit aussetze.
3 Die belangte Behörde sei folglich zutreffend davon ausgegangen, dass das Verhalten der Revisionswerberin an sich geeignet im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 3 FSG gewesen sei, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Gemäß § 26 Abs. 2a FSG betrage hiefür die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate.
4 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die Beschlüsse VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001; 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).
7 2.2.1.1. Die (außerordentliche) Revision führt zur Zulässigkeit zunächst aus, es gebe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein "Blackout" oder "Aussetzer" geeignet sei, als Verhalten bewertet zu werden, das an sich geeignet sei, besonders gefährliche Verhältnisse im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 3 FSG herbeizuführen.
8 Damit zeigt die Revision jedoch nicht auf, dass die Behandlung der Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhinge, der gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
9 2.2.1.2. Gemäß § 7 Abs. 3 Z 3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges u.a. durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen (der in der Z 3 ebenfalls erfasste Fall besonderer Rücksichtslosigkeit kann im Revisionsfall außer Betracht bleiben). Gemäß § 26 Abs. 2a FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 3 genannten Übertretung die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen, sofern nicht - was im Revisionsfall ebenfalls nicht von Bedeutung ist - gemäß § 26 Abs. 2 FSG eine längere Entziehungsdauer auszusprechen ist. Eine Wertung des Verhaltens hat aufgrund des zwingenden Charakters des § 26 Abs. 2a FSG zu entfallen (vgl. VwGH 11.5.2016, Ra 2016/11/0062; 15.12.2016, Ra 2016/11/0170.)
10 Voraussetzung für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z 3 FSG ist zunächst, dass die betreffende Person eine Übertretung von Verkehrsvorschriften zu verantworten hat. Im Revisionsfall ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Revisionswerberin bei ihrer Annäherung an die Kreuzung und dem Einfahren in dieselbe mehrere Vorschriften der StVO 1960 übertreten hat, und zwar jedenfalls die Vorschriften über das Vorbeifahren (§ 17 StVO 1960), über den Vorrang und das Anhalten vor einem Verkehrszeichen "Halt" (§ 19 Abs. 4 StVO 1960) und über die Anpassung der Fahrgeschwindigkeit (§ 20 StVO 1960). Anders als die Revision vermeint, hat das Verwaltungsgericht mit seinen Ausführungen in der Begründung, wonach ein "Blackout" oder ein "Aussetzer" für den schweren Fahrfehler der Revisionswerberin anzunehmen sei, nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Revisionswerberin eine mangelnde Zurechnungsfähigkeit zuzubilligen sei. Es hat damit nur hervorgehoben, dass die in Rede stehenden Übertretungen auch fahrlässig begangen werden können und einer Lenkerin auch dann zur Last fallen, wenn sie sich auf die Fahrt mit dem PKW in den Morgenstunden eingelassen hat. Dass es insofern von den Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, wird in der Revision nicht behauptet.
11 2.2.2. Bereits die belangte Behörde hat sich bei ihrer Einschätzung, dass das in Rede stehende Fahrmanöver der Revisionswerberin an sich geeignet gewesen sei, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, auf ein Gutachten eines Amtssachverständigen berufen, in dem detailliert die Sichtverhältnisse und die Reaktionszeiten eines Lenkers auf der (bevorrangten) Bundesstraße dargestellt waren. Die Revisionswerberin ist diesen Feststellungen während des gesamten Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, auch in der Ortsaugenscheinverhandlung, nicht mit konkretem sachverhaltsbezogenen Vorbringen entgegengetreten, sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, im Rahmen einer Rechtsbehauptung die herbeigeführten Verhältnisse als nicht an sich besonders gefährlich zu bezeichnen. Angesichts der nicht bestrittenen, auf dem Sachverständigengutachten beruhenden Feststellungen der belangten Behörde, die sich das Verwaltungsgericht nach Durchführung der Verhandlung am Ort des Geschehens zu eigen gemacht hat, zeigt das Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, die gegenständliche Kreuzung als unübersichtlich zu qualifizieren, sondern eigene Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen treffen müssen, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Dass das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung der Kreuzung als unübersichtlich und des Fahrmanövers der Revisionswerberin, die dabei mehrere Vorschriften der StVO 1960 übertreten hat, als geeignet, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, eine unvertretbare Einzelfallbeurteilung (vgl. zB VwGH 27.6.2017, Ra 2017/12/0043; 13.9.2017, Ra 2017/12/0062) getroffen hätte, ist - nicht zuletzt nach Ausweis der Akten des Verfahrens - nicht ersichtlich (vgl. zum Erfordernis der bloß abstrakten Eignung, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, zB VwGH 23.3.2004, 2002/11/0135, zur Qualifikation des Einfahrens in unübersichtliche Kreuzungen bei Vorliegen weiterer Umstände als Herbeiführung besonders gefährlicher Verhältnisse etwa schon VwGH 4.5.1965, 1142/64; 9.3.1979, 3172/78).
12 2.2.3. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 21. November 2017
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