Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 25. November 1997 betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, zurück. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides im wesentlichen aus, die Berufung des Beschwerdeführers laute wie folgt:
"Sehr geehrte Bezirkshauptmannschaft!
Ich, Uke DODA, geb.: am 13.03.1973 erhebe Einspruch gegen den Bescheid 11-F-57828-1997 vom 25. November 1997.
Grund: Wegen Unglaubigkeit.
Weitere Stellungnahme jederzeit möglich.
Mit freundlichen Grüßen
DODA Uke"
Weiters führte die belangte Behörde aus, gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1991 habe die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richte, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Es werde demnach eine Darstellung, ob und aus welchen Gründen die Partei den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes oder hinsichtlich der Beurteilung der Rechtslage bekämpfe, gefordert. Die Berufung sei nur dann gesetzmäßig erhoben worden, wenn sie einen Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung enthalte. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer als Berufungsgrund "Unglaubigkeit" angeführt. Daraus sei nicht ersichtlich, was im Bescheid der Erstbehörde "unglaubwürdig oder unglaublich oder dgl." sei. Vielmehr habe die Erstbehörde in ihrem Bescheid die Angaben des Beschwerdeführers zur Fluchtbegründung als unglaubwürdig dargestellt. Sie habe sich dabei im wesentlichen auf die Ausführungen der Asylbehörde gestützt. In der Rechtsmittelbelehrung habe die erstinstanzliche Behörde ausdrücklich auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages hingewiesen. Es liege daher kein verbesserungsfähiger Formmangel vor. Die Bestimmungen des § 63 AVG 1991 könnten von der Behörde "weder abgeändert noch nachgesehen werden".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Erstattung
einer Gegenschrift die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde wird im wesentlichen darauf gestützt, daß die oben angeführte Berufung entgegen der Ansicht der belangten Behörde eine - wenn auch sehr kurze - Begründung enthalte. Die Berufung sei daher sehr wohl geeignet, den Bescheid der ersten Instanz einer meritorischen Überprüfung zuzuführen und sie hätte daher bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften nicht zurückgewiesen werden dürfen.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Diese gesetzliche Bestimmung verlangt somit eine Darstellung der Partei, ob und aus welchen Gründen sie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes oder hinsichtlich der Beurteilung der Rechtsfrage bekämpft (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 95/21/1161, mwH.). Zwar ist bei der Beurteilung der für ein zur meritorischen Behandlung geeignetes Rechtsmittel im Gesetz aufgestellten Voraussetzungen eine streng formalistische Auslegung nicht vorzunehmen. Gleichwohl muß aus der Berufung zumindest erkennbar sein, aus welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 95/21/1161). Es genügt, wenn die Berufung erkennen läßt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997, Zl. 97/21/0208, und die weitere dort angeführte hg. Rechtsprechung).
Daß der Beschwerdeführer mit der Erhebung der als "Einspruch" bezeichneten Berufung eine Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides auf eine für ihn günstige Entscheidung anstrebt, ist offensichtlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0129).
In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde eine Begründung, mit der "Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung" geltend gemacht wurde, als nicht ausreichend angesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0946). Gleichfalls als unzureichend wertete der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. Mai 1997, Zl. 97/21/0208, eine Berufungsbegründung, in der der Berufungswerber anführte, den Bescheid zur Gänze zu bekämpfen und den Antrag stellte, nach Vorliegen der ausführlich dargelegten Gründe seinen Fall nochmals zu prüfen, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und von einer Ausweisung abzusehen. Der Gerichtshof sprach dazu aus, es fehle jeder fallbezogene Hinweis darauf, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides der Behörde erster Instanz beantragt habe. Hingegen sah der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 94/18/0902, eine Berufung mit der Formulierung "wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Vorliegens von Voraussetzungen für eine Ausweisung in meinem Fall" für ausreichend begründet an. Gleichfalls als ausreichend begründet betrachtete er eine Berufung, in welcher der Berufungswerber (gegen einen Ausweisungsbescheid) anführte, nach Sierra Leone geflohen zu sein, vor zwei Monaten sei auch dort Bürgerkrieg ausgebrochen und er habe fliehen müssen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 95/21/1161).
Das Begehren im vorliegenden Fall, der erstinstanzliche Bescheid möge "wegen Unglaubigkeit" aufgehoben werden, kann gerade noch als fallbezogener Hinweis darauf angesehen werden, aus welchen Gründen die Aufhebung des Bescheides der Behörde erster Instanz beantragt wurde. Diese Behörde hatte nämlich - ihre ausführlichen Erwägungen zusammenfassend - ihre Entscheidung damit begründet, daß den gesamten Angaben des Beschwerdeführers zur Flucht die Glaubwürdigkeit abgesprochen werde. Indem nun der Beschwerdeführer - wenn auch mit mißglückter Formulierung - in seiner Berufung auf eine Unglaubwürdigkeit verweist, kann daraus mit ausreichender Sicherheit entnommen werden, daß er die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde über die Unglaubwürdigkeit seiner Angaben bekämpft (und damit seine Angaben als glaubwürdig darstellt).
Die belangte Behörde unterlag daher, indem sie die Berufung des Beschwerdeführers mangels Vorliegens eines begründeten Berufungsantrages zurückwies, einem Rechtsirrtum, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Oktober 1998
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