VwGH 97/21/0208

VwGH97/21/020821.5.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungsrat Dr. Hanel, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 14. November 1996, Zl. Fr-495/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen eine Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39a;
AVG §61;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §71;
FrG 1993 §17 Abs2;
FrG 1993 §41;
VwRallg;
AVG §39a;
AVG §61;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §71;
FrG 1993 §17 Abs2;
FrG 1993 §41;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 14. November 1996 gerichtet, mit welchem die mit 13. September 1996 datierte Berufung des Beschwerdeführers, eines liberianischen Staatsbürgers, gegen seine von der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf am 6. September 1996 verfügte Ausweisung aus dem Bundesgebiet gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m.

§ 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen und die mit 26. September 1996 datierte Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen wurde.

Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß gemäß § 63 Abs. 3 AVG die Berufung den Bescheid zu bezeichnen habe, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten habe. Innerhalb der Berufungsfrist sei gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz eine Berufung mit folgendem Inhalt erhoben worden:

"Ich, K, erhebe Berufung gegen den oben bezeichneten Bescheid der BH Oberpullendorf vom 6.9.1996.

Ich bekämpfe den Bescheid zur Gänze. Da es mir momentan - aufgrund meiner Inhaftierung - kein Dolmetsch zur Verfügung steht, mit dem ich meine Gründe in der gebotenen Ausführlichkeit darlegen könnte, werde ich dies innerhalb von 14 Tagen ab heute (27.09.1996) tun.

Ich stelle daher den Antrag nach Vorliegen meiner ausführlich dargelegten Gründe meinen Fall nochmals zu prüfen, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und von einer Ausweisung abzusehen.

Im Hinblick auf meine angespannte wirtschaftliche Lage ersuche ich, von der Einhebung von Stempelgebühren abzusehen (§75 Abs. 1 AVG 1991 - in Vm. §236 der Bundesabgabenordnung 1961 idgF.)"

Bei diesem Schriftsatz könne vom Vorliegen der Mindestvoraussetzung, daß zumindest erkennbar ein begründeter Berufungsantrag gestellt werden müsse, nicht gesprochen werden.

Der Bescheid der Behörde erster Instanz sei dem Beschwerdeführer am 6. September 1996 persönlich übergeben worden, das Kuvert, welches die mit 26. September 1996 datierte Berufung enthalten habe, habe den Poststempel vom 26. September 1996 getragen. Die mit 26. September 1996 datierte Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird und über welche der Verwaltungsgerichtshof wie folgt erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil der wesentliche Inhalt seiner Berufung, den Bescheid der Behörde erster Instanz zur Gänze bekämpfen zu wollen, an sich und in sich bereits auch eine Begründung darstelle. Es sei insbesondere der Aspekt zu berücksichtigen, daß sich der Beschwerdeführer zum maßgeblichen Zeitpunkt in Schubhaft befunden habe und es ihm aus diesem Grunde nicht möglich gewesen wäre, detaillierte Angaben zu machen. Dies resultiere insbesondere aus den sprachlichen Schwierigkeiten, der Beschwerdeführer sei keinesfalls in der Lage, eine inhaltlich korrekte Berufung in korrektem Deutsch zu verfassen. Die Formulierung "Ich bekämpfe den Bescheid zur Gänze" hätte jeder erkennenden Behörde klar und deutlich vor Augen führen müssen, daß er mit dem Inhalt des gegenständlichen Bescheides und seinen Grundlagen in keiner Weise einverstanden sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat nämlich die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Zwar ist es Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen, es genügt vielmehr, wenn die Berufung erkennen läßt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1981, Slg. 10.343/A, und die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, 1996, 509 ff, angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Auch hat der Verwaltungsgerichtshof weiters etwa mit Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 94/18/0902, eine Berufung mit der Formulierung "wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Vorliegens von Voraussetzungen für eine Ausweisung in meinem Fall" für ausreichend begründet angesehen. Im vorliegenden Fall fehlt aber im Unterschied dazu in dem im angefochtenen Bescheid zitierten - und insoferne von der Beschwerde unbestrittenen - Berufungsschriftsatz vom 13. September 1996 jeder fallbezogene Hinweis darauf, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides der Behörde erster Instanz und die neuerliche Prüfung seines Falles beantragt hat. Der Hinweis darauf, daß ihm aufgrund seiner Inhaftierung kein Dolmetsch zur Verfügung stehe, ist zweifelsfrei bloß darauf zu beziehen, daß er "momentan" nicht in der Lage sei, Berufungsgründe anzuführen, nicht aber etwa darauf, daß der mit dem Schriftsatz bekämpfte Bescheid der Behörde erster Instanz ohne entsprechenden Dolmetsch zustandegekommen wäre und aus diesem Grunde Berufung erhoben werde. Der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 13. September 1996 wurde daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

Soweit der Beschwerdeführer meint, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, weil der Bescheid der Behörde erster Instanz auf § 17 Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992 idgF, gestützt worden sei, § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG jedoch durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1995, G 1306/95, als verfassungswidrig aufgehoben worden sei, vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, dessen Thema ausschließlich die Frage der Zulässigkeit und der Rechtzeitigkeit der von ihm eingebrachten Berufungsschriftsätze ist, aufzuzeigen. Dies gilt auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er entgegen § 13a AVG nicht ordnungsgemäß einvernommen worden sei.

Soweit der Beschwerdeführer gegen die Zurückweisung seines mit 26. September 1996 datierten (zweiten) Berufungsschriftsatzes ins Treffen führt, daß die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 6. September 1996 in einer für ihn nicht verständlichen Sprache abgefaßt sei und es sämtliche am Verfahren beteiligte Behörden unterlassen hätten, ihn dahingehend anzuleiten und ihm die Möglichkeit zu geben, die Berufung fristgerecht einzubringen, zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Daß im Fall einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 FrG die Rechtsmittelbelehrung eines Bescheides der Behörde erster Instanz in einer für den Bescheidadressaten verständlichen Sprache abgefaßt werden müsse, ist nämlich weder dem § 61 AVG noch sonst einer Rechtsvorschrift zu entnehmen. Daß der Beschwerdeführer allenfalls infolge seiner mangelnden Sprachkenntnisse sowie aufgrund der Tatsache, daß er sich in Haft befand, nicht in der Lage war, rechtzeitig einen begründeten Berufungsantrag zu stellen, hätte für ihn allenfalls Anlaß sein können, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gemäß § 71 AVG zu stellen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1994, Zl. 93/01/1117), eine Erstreckung der Berufungsfrist wird durch derartige Umstände jedoch nicht bewirkt.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor, dies läßt bereits die Beschwerde erkennen, die daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

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