VwGH 98/19/0317

VwGH98/19/03174.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am 2. Mai 1972 geborenen LK in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. November 1998, Zl. 111.223/13-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §19;
AufG 1992 §6 Abs2 impl;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs5;
FrG 1997 §29;
FrG 1997 §7 Abs3;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
AsylG 1997 §19;
AufG 1992 §6 Abs2 impl;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §23 Abs5;
FrG 1997 §29;
FrG 1997 §7 Abs3;
EMRK Art8 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 10. Jänner 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Zu diesem Zeitpunkt verfügte er nach der unbedenklichen Aktenlage über eine vom Arbeitsamt Vöcklabruck für ihn ausgestellte Beschäftigungsbewilligung, gültig vom 24. Dezember 1993 bis zum 23. Dezember 1994 (OZ 34 des Verwaltungsaktes).

Mit Bescheid vom 14. November 1994 wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck diesen Antrag namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 und 7 des Fremdengesetzes 1992 (FrG 1992) ab. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 8. Juni 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 abgewiesen.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Juni 1998, Zl. 95/19/0530, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hatte, wies der Bundesminister für Inneres die Berufung neuerlich, und zwar diesmal gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe am 10. Jänner 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt, welche diesen Antrag mit Bescheid vom 14. November 1994 abgewiesen habe. Die dagegen eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juni 1995 abgewiesen worden, dieser Bescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1998 aufgehoben worden. Aufgrund der "nunmehr geltenden Rechtslage" sei der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Jänner 1994 als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten gewesen, weil der Beschwerdeführer noch nie im Besitz eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsbewilligung gewesen sei. Er sei lediglich im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 gewesen. Sein Antrag auf Asyl sei jedoch mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Dezember 1993 "rechtskräftig negativ entschieden" worden, womit auch die seinerzeitige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 ihre Gültigkeit verloren habe. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag könne im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat. Im Falle des Beschwerdeführers handle es sich um einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, den er gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus hätte stellen müssen. Aus der Aktenlage ergebe sich jedoch eindeutig, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich aufgehalten habe. Er habe nämlich den Antrag am 10. Jänner 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und dies durch seine Unterschrift beurkundet. Zudem werde die Tatsache, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, von ihm in keiner Weise bestritten. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 hätte er jedoch seinen Antrag vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen, weil er keine der für die Inlandsantragstellung genannten Voraussetzungen erfülle. Seine Vorgangsweise widerspreche auch dem in § 14 Abs. 2 FrG 1997 zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fremde die Entscheidung über ihren Antrag vom Ausland aus abzuwarten haben. § 14 Abs. 2 FrG 1997 entspreche im Wesentlichen im Inhalt dem § 6 Abs. 2 AufG. In ständiger Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof zu § 6 Abs. 2 AufG judiziert, dass die Antragstellung vor der Einreise auch für ehemalige Asylwerber - trotz eventueller Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 - von wesentlicher Bedeutung sei, und eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung zur Abweisung des Antrages führe. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Da dem Gesetzgeber des FrG 1997 - Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus den Materialien - nicht zu unterstellen sei, dass die Beweggründe zur Erlassung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 einen anderen Hintergrund hätten als diejenigen, die zur Erlassung des § 6 Abs. 2 AufG geführt hätten, kann davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 MRK, entbehrlich sei. Aus den angeführten Gründen sei der Antrag daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.

§ 6 Abs. 2, § 7 Abs. 1 und 2 sowie § 12 Abs. 1 und 4 AufG lauteten (auszugsweise) in der zuletzt maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995:

"§ 6.

...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; ...

§ 7. (1) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann ... für einen bestimmten Zeitraum durch Verordnung festlegen, dass Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bis zu einer bestimmten Anzahl in einem Wirtschaftszweig, in einer Berufsgruppe oder in einer Region bis zu einer Laufzeit von sechs Monaten als Bewilligung für den Fremden gelten, für welchen sie dem Arbeitgeber ausgestellt wurden.

(2) Beabsichtigt ein Fremder, für welchen eine Beschäftigungsbewilligung aufgrund einer Verordnung im Sinne des Abs. 1 ausgestellt wurde, nach Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung weiter in Österreich zu verbleiben, so kann er vor Ablauf der Geltungsdauer einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung mit der Maßgabe stellen, dass die Antragstellung auch im Inland erfolgen kann. ...

...

§ 12. (1) Für Zeiten erhöhter internationaler Spannungen, eines bewaffneten Konfliktes oder sonstiger die Sicherheit ganzer Bevölkerungsgruppen gefährdender Umstände kann die Bundesregierung mit Verordnung davon unmittelbar betroffenen Gruppen von Fremden, die anderweitig keinen Schutz finden, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gewähren.

...

(4) Wird infolge der längeren Dauer der in Abs. 1 genannten Umstände eine dauernde Integration erforderlich, kann in der Verordnung festgelegt werden, dass für bestimmte Gruppen der Aufenthaltsberechtigten abweichend von § 6 Abs. 2 eine Antragstellung im Inland zulässig ist.

..."

Die einzigen im Jahr 1993 aufgrund § 7 Abs. 1 AufG erlassenen Verordnungen des Bundesministers für Arbeit und Soziales waren die Verordnung über die Festlegung von Bewilligungen gemäß § 7 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes, BGBl. Nr. 444/1993, und die Verordnung über die Festlegung von Bewilligungen gemäß § 7 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes für die Beschäftigung im Winterfremdenverkehr, BGBl. Nr. 793/1993. In beiden Verordnungen war jeweils in § 3 vorgesehen, dass als Bewilligungen (nach dem Aufenthaltsgesetz) nur solche Beschäftigungsbewilligungen gelten sollten, die mit einer Laufzeit von höchstens sechs Monaten erteilt wurden.

Der allgemeine Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), 525 Blg. NR 18. GP, lautete (Seite 7, auszugsweise).

"Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach diesem Gesetz muss grundsätzlich vom Heimatstaat ausgestellt werden; damit soll der Missbrauch von Besuchssichtvermerken bzw. der Berechtigung zur sichtvermerksfreien Einreise zu Besuchszwecken und insbesondere die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung eines Asylantrages verhindert werden. Jene Fremden, die sich der Möglichkeit bedienen, einen Asylantrag zu stellen, können nicht darauf zählen, bei Ablehnung des Asylantrages, einen Niederlassungsantrag zu stellen und dadurch ihre Abschiebung aus dem Bundesgebiet verhindern oder zumindest hinausschieben zu können."

§ 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 lautete (auszugsweise):

"§ 7. (1) Ein Asylwerber, der gemäß § 6 eingereist ist, ist ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Asylantrag gestellt wurde, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ... (vorläufige Aufenthaltsberechtigung). ...

...

(3) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung kommt einem Asylwerber ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu, zu dem das Asylverfahren rechtzeitig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt."

§ 7 Abs. 3, § 14 Abs. 2, § 23 Abs. 1 und 5, § 29 Abs. 1 und 4, § 31 Abs. 1 Z. 2 und 4 sowie § 112 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 7.

(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die

1. in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben oder

2. in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz

niedergelassen sind,

brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.

...

§ 14.

...

(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat;

...

§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des zweiten Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...

...

(5) Eine weitere Niederlassungsbewilligung ist auch solchen Fremden auf Antrag zu erteilen, die auf Dauer niedergelassen bleiben, für die Niederlassung aber deshalb bisher keiner Niederlassungsbewilligung bedurften, weil sie auf Grund des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zum dauernden Aufenthalt berechtigt waren... .

...

§ 29. (1) Für Zeiten eines bewaffneten Konfliktes oder sonstiger die Sicherheit ganzer Bevölkerungsgruppen gefährdender Umstände kann die Bundesregierung mit Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung davon unmittelbar betroffenen Gruppen von Fremden, die anderweitig keinen Schutz finden (Vertriebene), ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gewähren.

...

(4) Wird infolge der längeren Dauer der in Abs. 1 genannten

Umstände eine dauernde Integration erforderlich, kann in der

Verordnung festgelegt werden, dass bestimmte Gruppen der

Aufenthaltsberechtigten einen Antrag auf Erteilung einer

Niederlassungsbewilligung wirksam im Inland stellen können ... .

...

§ 31. (1) Fremde halten sich regelmäßig im Bundesgebiet auf,

...

2. wenn sie auf Grund ... einer Verordnung für Vertriebene

(§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind, oder

...

4. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."

Der allgemeine Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 - FrG), 685 Blg.

NR 20. GP, lautet (Seite 53, auszugsweise):

"Antragstellung

Der Grundsatz der Auslandsantragstellung des geltenden Rechtes

wird beibehalten. Anträge auf Einreise- oder Aufenthaltstitel sind

vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen.

..."

Der besondere Teil der Erläuterungen zur oben wiedergegebenen

Regierungsvorlage, lautet (Seiten 59 bzw. 64, auszugsweise):

"Zu § 7:

...

Demzufolge ist niedergelassen, wer einerseits einen Wohnsitz begründet und anderererseits den animus domiciliandi hat. Die Niederlassung besteht aus einem physischen und einem psychischen Element. Der Fremde lässt sich physisch nieder, um bis auf weiteres diesen Ort als einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen (familiär, beruflich, wirtschaftlich, sozial) zu gestalten. ...

...

Zu § 14:

...

Abs. 2 enthält den Grundsatz, dass der Antrag zur Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen ist, und - als Ausnahme - unter welchen Voraussetzungen ein Antrag im Inland gestellt werden kann. Eine Antragstellung im Inland ist demnach dann möglich, wenn es sich um eine weitere Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungsbewilligung handelt oder der Fremde bislang zu seiner Niederlassung keines Aufenthaltstitels bedurfte. ..."

§ 19 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) lautet (auszugsweise):

§ 19. (1) Asylwerber, die sich ... im Bundesgebiet aufhalten,

sind vorläufig zum Aufenthalt berechtigt, es sei denn, ihr Antrag wäre wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. ...

...

(4) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung endet, wenn das Asylverfahren eingestellt oder rechtskräftig abgeschlossen ist. ..."

2.

Durch die Aufhebung des den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Jänner 1994 erledigenden Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 8. Juni 1995 mit hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1998, Zl. 95/19/0530, trat die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des erwähnten Bescheides befunden hatte. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Jänner 1994 war insofern am Tag des Inkrafttretens des FrG 1997, dem 1. Jänner 1998, bei den Verwaltungsbehörden anhängig. Der Beschwerdeführer verfügte unbestritten noch nie über einen Aufenthaltstitel. Dass eine allfällige vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 (oder früher nach dem Asylgesetz 1991) keinen Aufenthaltstitel darstellt, an den durch eine weitere Niederlassungsbewilligung angeknüpft werden kann, ergibt sich aus § 23 Abs. 1 und Abs. 5 FrG 1997. Da der Beschwerdeführer weder über eine Niederlassungsbewilligung verfügte noch nach dem Asylgesetz 1997 zum dauernden Aufenthalt berechtigt war, kam die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung für ihn nicht in Frage. Die belangte Behörde wertete seinen offenen Antrag vom 10. Jänner 1994 daher zu Recht als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, für dessen Beurteilung § 14 Abs. 2 FrG 1997 maßgeblich war.

§ 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 enthält eine dem § 6 Abs. 2 erster Satz AufG vergleichbare Regelung. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. März 1999, 98/19/0269, näher ausgeführt hat, war im Verständnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 2 erster Satz AufG diese Bestimmung als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung einer Bewilligung nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde. Ebenso hatte der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass für die Beurteilung der in § 6 Abs. 2 AufG umschriebenen Erfolgsvoraussetzung ungeachtet des Zeitpunktes der Antragstellung die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2356, 2357).

Wie sich aus den unter Pkt. 1 wiedergegebenen Erläuterungen zum FrG 1997 ergibt, sollten die Grundsätze des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG durch § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 übernommen werden. Die oben wiedergegebenen Rechtssätze haben daher auch für die Auslegung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 Geltung. Auch diese Norm ist folglich als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. März 1999).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag nicht vom Ausland aus gestellt hat. Soweit er sich auf eine zulässige Inlandsantragstellung nach § 7 Abs. 1 und 2 AufG beruft, ist ihm entgegenzuhalten, dass seine im Zeitpunkt der Antragstellung gültige Beschäftigungsbewilligung für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten ausgestellt war, demnach nicht als Bewilligung im Sinne des § 3 der beiden im Jahr 1993 vom Bundesminister für Arbeit und Soziales erlassenen Durchführungsverordnungen zu § 7 Abs. 1 AufG gewertet werden kann. Eine Inlandsantragstellung des Beschwerdeführers wäre demnach - entgegen dem Beschwerdevorbringen - schon auf der Grundlage des AufG nicht zulässig gewesen. Aus diesem Grund war auch die Ausstellung einer weiteren Niederlassungsbewilligung nicht etwa deshalb möglich, weil der Beschwerdeführer auf Grund der für ihn ausgestellten Beschäftigungsbewilligung über einen einer Niederlassungsbewilligung gleichzuhaltenden Aufenthaltstitel im Sinne des § 23 Abs. 1 FrG 1997 verfügte.

Da der Beschwerdeführer seinen gegenständlichen Antrag nicht vom Ausland gestellt hat, wäre die Abweisung dieses Antrages durch die belangte Behörde nur dann zu Unrecht erfolgt, wenn der Beschwerdeführer ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen wäre. Dies ist jedoch aus folgenden Gründen nicht der Fall:

Gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz kann der Antrag im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat. Da der Beschwerdeführer nicht bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat, käme eine Inlandsantragstellung für ihn nur dann in Frage, wenn davon gesprochen werden könnte, dass er bereits niedergelassen war und bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte.

Unstrittig ist im vorliegenden Fall weiters, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers im Zeitpunkt seiner Antragstellung bereits rechtskräftig abgewiesen worden war. Sollte der Beschwerdeführer vor der Abweisung seines Asylantrages über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 verfügt haben, käme eine Inlandsantragstellung für ihn schon deswegen nicht in Frage, weil er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hätte. In Frage steht daher, ob der Beschwerdeführer, der nach der Feststellung der belangten Behörde vor der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 verfügte, im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 zur Inlandsantragstellung berechtigt war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 erster Satz AufG die Auffassung vertreten, dass abgewiesene Asylwerber, und zwar unabhängig davon, ob sie jemals über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 verfügten oder nicht, nicht zur Inlandsantragstellung berechtigt waren (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zlen. 96/19/1860 bis 1862). Dies ergab sich nicht nur aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 erster und dritter Satz AufG, sondern auch ausdrücklich aus den unter Pkt. 1 wiedergegebenen Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz.

§ 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 enthält demgegenüber keine ausdrückliche Bezugnahme auf abgewiesene Asylwerber. Aus den unter Pkt 1 wiedergegebenen Erläuterungen zu § 7 Abs. 3 und § 14 Abs. 2 FrG 1997 ergibt sich aber, dass die hier in Rede stehende Ausnahmebestimmung für die Zulässigkeit einer Inlandsantragstellung voraussetzt, dass ein Fremder "bislang zu seiner Niederlassung keines Aufenthaltstitels bedurfte". Daraus ist zu entnehmen, dass eine Inlandsantragstellung nur in denjenigen Fällen zulässig ist, wo eine - in welcher Rechtsform immer begründete - Aufenthaltsberechtigung einen Fremden zur Niederlassung, somit zur Begründung eines Mittelpunktes seiner Lebensbeziehungen in familiärer, beruflicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht, berechtigt. Eine derartige Berechtigung ist im Falle von Fremden, die nur über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach asylrechtlichen Vorschriften, nunmehr nach § 19 des Asylgesetzes 1997, verfügen, die sich also aufgrund dieser Berechtigung nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens, somit zu einem von ihnen im Regelfall nicht vorhersehbaren Zeitpunkt, im Bundesgebiet aufhalten dürfen, nicht gegeben.

Für dieses Ergebnis spricht nicht nur der Umstand, dass der Gesetzgeber, hätte er von der Erfolgsvoraussetzung der Auslandsantragstellung auch für abgewiesene Asylwerber (mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens) nach dem Aufenthaltsgesetz abgehen wollen, dies zumindest in den Materialien zum FrG 1997, in Abkehr von seiner ausdrücklich betonten Übernahme des Grundsatzes der Auslandsantragstellung, zum Ausdruck gebracht hätte, sondern auch eine systematische, § 29 FrG 1997 einbeziehende Auslegung.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 sind nämlich nicht nur (wie in Z. 4) bestimmte Asylwerber, sondern auch solche Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, die aufgrund einer Verordnung für Vertriebene gemäß § 29 zum Aufenthalt berechtigt sind. Dieses vorübergehende Aufenthaltsrecht gemäß § 29 Abs. 1 FrG 1997 ist seiner Art nach der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 vergleichbar. Wollte man die in § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 enthaltene Wortfolge "wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und ... bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte" so verstehen, dass darunter alle Personen fallen, die über eine, wenn auch nur vorläufige (bzw. vorübergehende) Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet verfügten, so wäre es unerklärlich, weshalb der Gesetzgeber des FrG 1997 es für nötig befunden hat, in § 29 Abs. 4 FrG 1997 ausdrücklich festzuschreiben, dass in einer Verordnung für Vertriebene - wie schon nach § 12 Abs. 4 AufG - ausnahmsweise die Möglichkeit der Inlandsantragstellung eingeräumt werden darf. Da dem Gesetzgeber im Zweifelsfall nicht zugesonnen werden kann, Entbehrliches geregelt zu haben, muss daraus gefolgert werden, dass ohne die in § 29 Abs. 4 FrG 1997 ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, die Zulässigkeit einer Inlandsantragstellung einzuräumen, eine solche Inlandsantragstellung für Vertriebene nicht bereits nach § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 zulässig ist. Bedurfte es aber für die Einräumung der Möglichkeit der Inlandsantragstellung für Vertriebene einer ausdrücklichen Verordnungsermächtigung, so ergibt sich für Personen, die vor der Abweisung ihres Asylantrages über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügten, dass auf sie § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 nicht anwendbar sein kann. In Ermangelung einer dem § 29 Abs. 4 FrG 1997 vergleichbaren Regelung ist für solche Personen daher § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 uneingeschränkt maßgeblich.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass für abgewiesene Asylwerber, auch wenn sie bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügten, die Möglichkeit einer Inlandsantragstellung gemäß § 14 FrG 1997 - wie bereits nach § 6 Abs. 2 AufG - nicht offensteht. Mangels Unterscheidung im Gesetz gilt dies auch für Antragsteller, deren Asylanträge bereits vor dem Inkrafttreten des FrG 1997 abgewiesen worden waren.

Die Abweisung des unbestritten im Inland gestellten Antrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dieses Ergebnis erweist sich auch im Hinblick auf Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seiner ständigen Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 AufG darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 in § 6 Abs. 2 AufG bereits auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich dafür entschieden hatte, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde kam daher - unter dem Gesichtspunkt eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers nach dem Asylgesetz 1991 - nicht in Betracht. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hatte, sind beim Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur zum AufG nicht entstanden. Die in den Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz zum Ausdruck kommende Zielvorstellung des Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erschien, verbot es, Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des nach Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG war nach dieser Rechtsprechung - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - durch Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Diese Überlegungen haben, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, aufgrund der Identität der gesetzgeberischen Wertungen auch für die Rechtslage nach dem FrG 1997 Geltung. Auch das FrG 1997 nimmt auf die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG erwähnten Fälle des Verlustes des Asyls Bedacht, wenn es in § 23 Abs. 5 anordnet, dass eine weitere Niederlassungsbewilligung auch solchen Fremden auf Antrag zu erteilen ist, die auf Dauer niedergelassen bleiben, für die Niederlassung aber deshalb bisher keiner Niederlassungsbewilligung bedurften, weil sie aufgrund des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zum dauernden Aufenthalt berechtigt waren.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Februar 2000

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