Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger wurde von der Beklagten - einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen im Raum Graz - für die Zeit ab 11. 11. 1998 als Lagerarbeiter/Staplerfahrer zu einem Stundenlohn von S 92 brutto eingestellt und ab diesem Zeitpunkt an die V***** E***** bzw die Tochterunternehmen VA ***** Motoren GmbH und V***** EnergieversorungsgmbH "überlassen"; der Tätigkeitsort war durchgehend das E*****-Werk in W*****.
Er begehrt mit der Behauptung, der für seine Beschäftigung als ungelernter Arbeitnehmer (Staplerfahrer) angemessene und ortsübliche Monatslohn sei im klagegegenständlichen Zeitraum über den ihm ausgezahlten Beträgen gelegen, die Differenz zwischen den ausgezahlten Beträgen und dem von ihm als angemessen und ortsüblich bezeichneten Lohn.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe seine Nachforderung auf der Basis eines Durchschnittslohns berechnet, sei aber durchgehend in Betrieben beschäftigt worden, auf welche der Kollektivvertrag für Arbeiter in der metallverarbeitenden- und Elektroindustrie Anwendung finde. Der angemessene ortsübliche Lohn sei daher nach diesem Kollektivvertrag zu ermitteln. Der Kläger habe nicht nur den auf ihn entfallenden Lohn, sondern sogar eine Überzahlung (S 92 statt S 90,60 pro Stunde im Jahr 1998 und S 96 statt S 92,80 pro Stunde im Jahr 1999) erhalten (Der weitere Einwand, ausbezahlte Diäten seien nicht als Aufwandsentschädigung, sondern als Lohnbestandteil zu werten, wurde im Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufrecht erhalten).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 33.237,13 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren des Klägers von S 25.399,10 brutto sA ab.
Es vertrat folgende Rechtsauffassung:
Für die Beurteilung der Angemessenheit der Entlohnung des Klägers sei nicht auf den kollektivvertraglichen Lohn des Beschäftigerbetriebs abzustellen, sondern auf das ortsübliche Entgelt am Überlasserstandort, hier also auf das im Raum Graz übliche Lohnniveau für angelernte Arbeiter (konkret: Staplerfahrer) abzustellen. Zur Ermittlung biete sich die Statistik der Wirtschaftskammer Österreich an, welche von Industrielöhnen ausgehe; wegen der möglichen Verwendung auch im schlechter entlohnten Gewerbe sei ein Abzug von 10 % zu tätigen. Im Arbeitsmarktbezirk Graz habe der monatliche Durchschnittslohn angelernter Arbeiter im Jahr 1998 20.100 brutto betragen, nach Abzug von 10 % verbleibe einschließlich anteiliger Sonderzahlungen ein Bruttobetrag von S 21.105 monatlich. Die gleiche Berechnung ergebe für das Jahr 1999, ausgehend von einem Basisbetrag von S 20.500 brutto monatlich, einen Monatslohn von S 21.525 brutto. Der sich aus der Gegenüberstellung von ausbezahltem Lohn und angemessenem Grundentgelt ergebende Differenzbetrag stehe dem Kläger zu.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil (erkennbar in seinem dem Klagebegehren stattgebenden Teil) auf und wies die Arbeitsrechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Seine Rechtsauffassung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
§ 10 Abs 1 Satz 1und 2 AÜG regle das dem Arbeitnehmer unabhängig von der einzelnen Überlassung zu zahlende Grundentgelt, während Satz 3 der zitierten Bestimmung eine Regelung für die Zeit der Überlassung treffe. Für das Grundentgelt sei in erster Linie eine für den Überlasserbetrieb geltende kollektivvertragliche Regelung maßgeblich; fehle eine solche, sei auf einen möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrag abzustellen, wobei auch eine ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgelts zu berücksichtigen sei. Dabei sei auf das Lohnniveau der betreffenden, als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region abzustellen. Für die Dauer der Überlassung sei gemäß § 10 Abs 1 Satz 3 AÜG auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt, nicht aber auf die überkollektivvertraglichen Ist-Löhne, abzustellen, und zwar unabhängig davon, ob im Überlasserbetrieb ein Kollektivvertrag existiere. Ein höherer Grundentgeltanspruch bleibe aber unberührt. Der Kläger beziehe sich mit seiner Berechnung des Grundentgelts auf die in der Metallindustrie im Raum Graz gezahlten Löhne. Das Erstgericht folge dieser Argumentation im wesentlichen und berücksichtige mit dem 10 %- Abschlag nur einen möglichen Einsatz auch im Metallgewerbe im Raum Graz. Beides sei aber zu eng gefasst. Da der Kläger als Lagerarbeiter/Staplerfahrer ohne Festlegung irgendwelcher Branchen eingestellt worden sei und ein Kollektivvertrag für den Überlasserbetrieb nicht bestehe, komme es darauf an, welchen Lohn allgemein ein derartiger Arbeiter im Raum Graz als ortsüblich und angemessen zu erwarten habe. Da Staplerfahrer in den verschiedensten Branchen mit sehr unterschiedlichem Lohnniveau eingesetzt werden, sei die Ermittlung eines möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrags kaum möglich. Es sei daher darauf abzustellen, welche Branchen im Raum Graz Staplerfahrer beschäftigten und wie sich das Lohnniveau dieser Branchen zur Zeit der Einstellung des Klägers im Herbst 1998 dargestellt habe, um daraus einen Durchschnitt - allenfalls unter Anwendung des § 273 ZPO - zu ermitteln, der als angemessener ortsüblicher Lohn für einen Staplerfahrer im Raum Graz festzustellen sei. Dieser Lohn habe dann unabhängig von den einzelnen Überlassungen als Grundentgeltanspruch Geltung, was dazu führen könne, dass selbst ein auf Basis des Lohnes des Beschäftigerbetriebes vereinbarter und bezahlter Lohn zu gering gewesen sei. Dieser Grundlohnanspruch werde im fortgesetzten Verfahren nach den aufgezeigten Kriterien durch Beiziehung eines Sachverständigen für Berufskunde zu ermitteln sein.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil eine ausdrückliche Judikatur zur zu beantwortenden, als bedeutend im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG anzusehenden Rechtsfrage fehle. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Abweisung des (noch gegenständlichen) Klagebegehrens abzuändern oder es bei der Aufhebung zu belassen, aber der ersten Instanz die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung zu überbinden.
Der Kläger beantragte, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist zulässig. Zwar hat sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 ObA 226/01w und - dieser folgend - in den Entscheidungen 9 ObA 50/02x, 9 ObA 58/02y, 9 ObA 69/02s, 8 ObA 50/02i und zuletzt 9 ObA 84/02x (einschlägig hinsichtlich eines in allen Branchen einsetzbaren Hilfsarbeiters) ausführlich mit der Frage der Ermittlung des Grundentgeltes iS des § 10 Abs 1 AÜG auseinandergesetzt. Diese Entscheidungen ergingen jedoch erst nach Fällung des angefochtenen Beschlusses und wurden bislang noch nicht veröffentlicht. Der Rekurs ist aber nicht berechtigt. Im Hinblick auf die Einschlägigkeit der Vorentscheidung 9 ObA 84/02x kann im Wesentlichen auf die dortigen Erwägungen Bezug genommen werden:
"§ 10 Abs 1 AÜG, der die Ansprüche des Arbeitnehmers regelt, hat folgenden Wortlaut:
"Die Arbeitskraft hat Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, bleiben unberührt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen."
Der Oberste Gerichtshof legt dies in ständiger Rechtsprechung (SZ 64/161; SZ 64/162; zuletzt etwa 9 ObA 195/01v und 8 ObA 28/01b) dahin aus, dass mit Satz 1 und 2 der Bestimmung der gemäß § 10 Abs 1 AÜG schon vor Überlassung zwischen Überlasser und Arbeitskraft unabhängig von der einzelnen Überlassung zu vereinbarende Anspruch inhaltlich geregelt wird (Grundentgelt), während Satz 3 eine ergänzende Regelung für die Zeit der Überlassung trifft (Beschäftigerentgelt). Dabei wurde stets daran festgehalten, dass für das Grundentgelt außerhalb der Überlassungszeiten sowie jenes im Sinne der Sätze 1 und 2 in erster Linie ein für den Überlasserbetrieb geltender Kollektivvertrag im Sinne des Satzes 2 maßgeblich ist. Nur dann, wenn kein Kollektivvertrag für den Überlasserbetrieb besteht, ist der Grundanspruch nach Satz 1 zu bestimmen. Dabei ist dann nicht nur auf einen "möglichen sacheinschlägigen Kollektivvertrag", sondern auch auf eine ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes zur Feststellung des angemessenen ortsüblichen Entgeltes im Sinne des Satzes 1 abzustellen. Für die Ortsüblichkeit wurde dabei auch bereits wiederholt festgehalten, dass nicht auf die Ortsgemeinde, sondern auf die als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommende Region abzustellen ist. Dieser so festgestellte Grundentgeltanspruch ist dem Arbeitnehmer als Untergrenze jedenfalls gesichert, und zwar auch dann, wenn er in einem Beschäftigerbetrieb eingesetzt wird, bei dem ein Kollektivvertrag ein niedrigeres Mindestentgelt vorsieht (DRdA 2001/4 [Schindler]).
Die Rechtsauffassung, dass bei Ermittlung des angemessenen ortsüblichen Entgelts im Sinne des § 10 Abs 1 erster Satz AÜG auf einen möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrag sowie auf die ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes abzustellen ist, ist in der Lehre auf Kritik gestoßen (vgl. vor allem Schrammel, Zum Grundlohnanspruch überlassener Arbeitskräfte, ecolex 2001, 252; sowie Schindler, Der Entgeltanspruch bei Arbeitskräfte-Überlassung, RdW 2000/735). Der Oberste Gerichtshof hat jedoch nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dieser Kritik an seiner Rechtsauffassung festgehalten (siehe im Detail 8 ObA 226/01w und die oben zitierten Folgeentscheidungen) und sieht sich aus den in den 8 ObA 226/01w angestellten Überlegungen auch durch die Argumente der Rekurswerberin nicht veranlasst, hievon abzugehen. Da unstrittig ist, dass im hier zu beurteilenden Fall im fraglichen Zeitraum für den Überlasserbetrieb kein Kollektivvertrag zur Anwendung kam, ist daher der hier strittige Grundentgeltanspruch nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG unter Heranziehung eines möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrages und einer ortsüblichen Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region zu prüfen. Zur Frage, wie dabei konkret vorzugehen ist, hat der OGH in 8 ObA 226/01w Folgendes ausgeführt:
"Auszugehen ist vom wahren Willen der Parteien über die in Aussicht genommene Art der Arbeitsleistung, die der Leiharbeitnehmer zu erbringen hat. Dabei wird zu berücksichtigen sein, inwieweit entsprechende Berufsausbildungen, Berufserfahrungen und Vorkenntnisse Bedeutung haben und ob eine Einschränkung auf die Tätigkeit in bestimmte Branchen vorgesehen ist.
Auf dieser Grundlage ist dann festzustellen, von welchen Kollektivverträgen - sei es im Bereich des Gewerbes oder der Industrie (ist doch hier im Überlasserbetrieb [Gewerbe] typischerweise keine Tätigkeit zu verrichten, die ein geeigneter Anknüpfungspunkt sein könnte) - diese "Art der Arbeitsleistung" so erfasst ist, dass die größtmögliche Übereinstimmung der aufgezählten Parameter festgestellt werden kann."
Die Entscheidung 8 ObA 226/01w betraf einen Elektromonteur, der unter Berücksichtigung seiner facheinschlägigen Ausbildung beschäftigt werden sollte, wobei aber keine Einschränkung auf bestimmte Branchen feststellbar war. Daran anknüpfend führte der Oberste Gerichtshof weiter aus:
"Daher wird im Folgenden zu beurteilen sein, in welchen Kollektivverträgen auf die Tätigkeit von Elektromonteuren überhaupt konkret abgestellt wird. Primär ist auf diese speziell auf den Typus und die Art der Arbeitsleistung abstellende Kollektivverträge Bedacht zu nehmen (typische Kollektivverträge). Nur dann, wenn diese nicht vorhanden oder nicht repräsentativ sind, auf jene Kollektivverträge, die diese Art der Arbeitsleistung nur indirekt erfassen. Das bedeutet, dass also etwa dann, wenn die Leiharbeitskraft allgemein für Reinigungsarbeiten aufgenommen wird, primär auf den Kollektivvertrag für das Reinigungsgewerbe abzustellen ist und nur dann, wenn kein solcher bestehen würde, auf andere Kollektivverträge, die diese Tätigkeit ebenfalls (indirekt) erfassen.
Bestehen auf einer dieser beiden Ebenen (typische Kollektivverträge oder nur indirekt diese Art der Tätigkeit erfassende Kollektivverträge) mehrere Kollektivverträge, so ist darauf abzustellen, ob einer dieser Kollektivverträge deutlich mehr Arbeitnehmer mit dieser "Art der Arbeitsleistung" erfasst als die anderen Kollektivverträge; dann ist dieser maßgeblich. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist der Durchschnitt aus diesen kollektivvertraglichen Ansätzen zu bilden. Eine analoge Heranziehung der Regelungen des § 9 ArbVG - auch dies wurde als eine Möglichkeit in der Literatur erörtert (vgl Schindler aaO) - kommt nicht in Betracht. Von einer entsprechend klaren Gliederung, wie sie § 9 ArbVG für Betriebe oder Unternehmen voraussetzt, kann hier nicht ausgegangen werden. Auch kann es nicht auf die Zufälligkeit geringfügiger Schwankungen auf dem einschlägigen Arbeitsmarkt ankommen, sodass dann im Sinne der "Maßgeblichkeit" nach § 9 Abs 3 ArbVG einmal der eine und dann der andere Kollektivvertrag heranzuziehen wäre. Es ist also nur dann auf "einen" Kollektivvertrag abzustellen, wenn dieser in seiner Bedeutung deutlich überwiegt. Sind in einem Kollektivvertrag mehrere Einstufungen möglich, so ist sinngemäß vorzugehen.
Wurden nun in der oben dargestellten Weise der oder die sacheinschlägigen Kollektivverträge gefunden, so ist das ortsübliche Entgelt, also die Frage der ortsüblichen Überzahlung, zu ermitteln. Dafür ist in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region festzustellen, wie jene Arbeitnehmer, die in diesen Kollektivverträgen Tätigkeiten der "Art der Arbeitsleistung" der Leiharbeitnehmer verrichten, über dem Kollektivvertrag entlohnt werden. Dabei ist jedoch nicht nur ein Durchschnittswert festzustellen, sondern unter Ausschaltung von extremen Abweichungen, die Bandbreite, in der diese Überzahlung erfolgt. Diese Bandbreite zeigt dann auch die Untergrenze des angemessenen Entgeltes im Sinne des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG, die bei der gemeinsamen Festlegung des Entgeltes entsprechend § 11 Abs 1 Z 1 AÜG zu beachten ist. Soweit das nach § 11 Abs 1 Z 1 AÜG festgelegte Entgelt gegen diese Untergrenze verstößt, steht dem Arbeitnehmer die Möglichkeit offen, diese Vereinbarung gemäß § 879 ABGB anzufechten, indem er den Beweis dafür antritt, dass das festgelegte Entgelt außerhalb der Bandbreite im Sinne des § 10 Abs 1 erster Satz AÜG liegt. Zur Vermeidung der Schwierigkeiten bei dieser Entgeltermittlung werden beide Vertragsparteien bei der Einschätzung dieser Bandbreite regelmäßig nicht nur auf die eigenen Erfahrungen, sondern auch auf die Erfahrungen der gesetzlichen und freiwilligen kollektivvertragsfähigen Interessenvertretungen zurück- greifen können."
An dieser Rechtsauffassung ist ebenfalls festzuhalten. Der im Gegensatz dazu von der Revisionswerberin eingenommene Standpunkt, bei Ermittlung des angemessenen ortsüblichen Entgelts im Sinne des § 10 Abs 1 erster Satz AÜG sei ausschließlich auf die tatsächlichen Lohnverhältnisse im Gewerbe der Arbeitskräfteüberlasser abzustellen, wurde ebenfalls bereits in der Entscheidung 8 ObA 226/01w mit überzeugender Begründung verneint. Dazu wurde vor allem ausgeführt, dass es ja gerade Ziel des § 10 Abs 1 AÜG ist, die Festlegung des Entgeltes nicht von dem Willensentschluss der einzelnen Arbeitnehmer abhängig zu machen, zumal es in der arbeitsrechtlichen Lehre geradezu als typisch für die Verhandlungssituation des potentiellen Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber angesehen wird, dass dem Arbeitnehmer bei der Vertragsgestaltung weniger Einflussmöglichkeiten zukommen, weshalb auch regelmäßig einseitig zwingende, an tatsächliche Umstände anknüpfende Regelungen vorgesehen werden (vgl dazu etwa RdW 2001/463; Tomandl in Tomandl/Schrammel, Arbeitsrecht4 1, 109; Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsverhältnisses, 76; Spielbüchler/Grillberger, Arbeitsrecht I4 250; Firlei, Flucht aus dem Arbeitsrecht, DRdA 1987, 271; Schauer, Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Arbeitnehmereigenschaft, RdW 1997, 732 ff)." (Ende des Zitats 9 ObA 84/02x)
Die in der Entscheidung 8 ObA 226/01w dargelegten Grundsätze haben auch im hier zu beurteilenden Fall Anwendung zu finden, der jedoch dadurch geprägt ist, dass die Parteien bei ihrer Übereinkunft über die Art der Arbeitsleistung wohl auf einen Einsatz als Staplerfahrer (mit Prüfung), sonst aber offenbar auf keinerlei Berufsausbildung, Berufserfahrungen und Vorkenntnis abgestellt und vereinbart haben, dass der Kläger ohne Einschränkung auf bestimmte Branchen als Lagerarbeiter beschäftigt werden kann. Dies hat zur Folge, dass in Wahrheit jeder Kollektivvertrag, der die Honorierung von Staplerfahrertätigkeiten regelt, als sacheinschlägig iS der vorstehenden Ausführungen anzusehen ist. Damit erweist sich der Ansatz des Berufungsgerichtes, dass letztlich nur auf die tatsächlichen Löhne der im Raum Graz beschäftigten Staplerfahrer abgestellt werden kann, grundsätzlich als zutreffend. Er ist allerdings im Sinne der dargelegten Grundsätze dahin zu präzisieren, dass aus diesen tatsächlich gezahlten Löhnen nicht ein exakter Durchschnittswert sondern - unter Ausschaltung extremer Abweichungen - die Bandbreite der als ortsüblich anzusehenden Entlohnung von Staplerfahrern zu ermitteln ist. Diese bildet die Untergrenze des angemessenen Entgelts im Sinne des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG, die der tatsächlich vereinbarte Grundlohn nicht unterschreiten darf. Dass sich der Kläger bei der von ihm vorgenommenen Bezifferung auf den Ist-Lohn der eisen- und metallverarbeitenden Branche gestützt hat, verbietet es nicht, (in der hier dargestellten Weise) auf die in allen Branchen gezahlten Staplerfahrerlöhne im Raum Graz abzustellen, ohne gegen § 405 ZPO zu verstoßen. Der Kläger hat sich mit seinem Vorbringen in schlüssiger Weise auf seinen Anspruch auf das angemessene Entgelt iS des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG gestützt. Dass er - von einer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung ausgehend - dieses Entgelt unrichtig beziffert, hindert nicht, ihm das richtig ermittelte Entgelt - sofern es in seiner Bezifferung Deckung findet - zuzusprechen.
Wie das Erstgericht die zur Beurteilung des angemessenen Entgelts iS des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG iS der hier vertretenen Rechtsauffassung erforderlichen Tatsachen feststellt, wird es - auf der Grundlage der insofern gestellten und zu stellenden Beweisanträge - selbst zu beurteilen haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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