European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00117.15V.0525.000
Spruch:
Den Rekursen beider Parteien wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache zu Recht erkannt, dass das Urteil insgesamt lautet:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 1.200 EUR binnen 14 Tagen zu zahlen.
2. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 5.800 EUR zu zahlen, wird abgewiesen.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei 2.265,78 EUR (darin enthalten 377,63 EUR USt) an Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 426,36 EUR (darin 71,06 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 230,11 EUR bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung (darin enthalten 38,35 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 934,27 EUR bestimmten Kosten ihres Rekurses (darin enthalten 61,51 EUR USt und 565,23 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war beim Beklagten, einem öffentlichen Notar, vom 12. 1. 2009 bis zum 15. 7. 2014 als Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung vom 11. 4. 2014 zum 15. 7. 2014.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Zahlung eines immateriellen Schadenersatzes für die erlittene persönliche Beeinträchtigung, weil sie vom Beklagten aufgrund der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und aufgrund der Religion und des Geschlechts bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses diskriminiert worden sei.
I. Zum Arbeitsverhältnis und zu den Arbeitstätigkeiten der Klägerin:
a) Zum Zeitraum 12. 1. 2009 bis zum 24. 4. 2011:
Die Klägerin arbeitete zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses beim Beklagten zunächst 30 Stunden pro Woche, in weiterer Folge war sie Vollzeitbeschäftigte.
Die Klägerin konvertierte bereits im Jahr 2005 zum Islam. Der Beklagte wusste über das Glaubensbekenntnis der Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses Bescheid. Er tolerierte es und räumte ihr von Beginn an die Möglichkeit ein, in einem separaten Raum ungestört Gebete zu verrichten. Im Lauf der Zeit vergrößerte sich das Wissen der Klägerin über den Islam im Allgemeinen und die Bedeutung des Tragens islamischer Kleidung im Besonderen. Es war ihr ein besonderes Anliegen, nicht nur während der Gebete, sondern stets fremden Männern gegenüber ein islamisches Kopftuch zu tragen.
Im Februar 2010 ersuchte die Klägerin deshalb den Beklagten, auch während der Arbeit das islamische Kopftuch tragen zu dürfen. Es war für sie beschämend und stellte ein Identitätsproblem dar, bei ihrer Arbeit das Kopftuch abnehmen zu müssen. Der Beklagte lehnte das Tragen des islamischen Kopftuchs im Notariat zunächst ab. Es ging ihm dabei nicht um den Islam, sondern um das äußere Erscheinungsbild der Klägerin. Für ihn war das Tragen des Kopftuchs mit der notariellen Tätigkeit nicht vereinbar; er befürchtete, Klienten zu verlieren. Er verlangte von allen seinen Mitarbeitern ein dezentes, neutrales Auftreten, um seine Neutralität und Objektivität als Notar zu unterstreichen und das Vertrauen der Bevölkerung in seinen Berufsstand zu wahren.
Für die Klägerin war es schwer, das islamische Kopftuch im Notariat nicht tragen zu dürfen; sie geriet deshalb immer mehr unter Druck. Sie entschied schließlich im Oktober 2010 – ungeachtet der vorhergehenden Ablehnung des Beklagten – das Kopftuch auch während der Arbeitszeit zu tragen. Sie begann damit, zunächst nur die Haare mit einem Tuch abzudecken, bis sie schließlich die muslimische Trageweise des Kopftuchs übernahm. Es kam dann zu einem weiteren Gespräch mit dem Beklagten, in dem die Klägerin nochmals auf die Wichtigkeit des Tragens äußerlicher religiöser Merkmale für sie hinwies. Als die Klägerin bei diesem Gespräch weinend das Zimmer verließ, wurde dem Beklagten klar, welcher Druck auf der Klägerin lastete. Er gestattete ihr daher das Tragen des islamischen Kopftuchs. Ab diesem Zeitpunkt trug die Klägerin auch die Abaya (islamisches Übergewand) während der gesamten Arbeitszeit.
Auf der Website des Beklagten fanden und finden sich Fotos sämtlicher Mitarbeiter; auch die Klägerin war damals mit islamischem Kopftuch und Abaya abgebildet.
b) Zum Zeitraum 25. 4. 2011 bis 3. 10. 2011:
Die Klägerin hatte in dieser Zeit vor Beginn ihres Mutterschutzes ihren Arbeitsplatz im ersten Raum des Notariats, angeschlossen an den Empfangsbereich. In diesem Raum saßen sämtliche Kanzleimitarbeiterinnen des Beklagten. Der Klientenkontakt (Empfang von Klienten, Telefonate etc) wurde zwischen den Mitarbeiterinnen aufgeteilt. Die Klägerin war in der Zeit vor ihrem Mutterschutz zunächst zwei und sodann drei Halbtage zum Klientenkontakt eingeteilt. Durch das Tragen des islamischen Kopftuchs änderte sich an der Häufigkeit des Klientenkontakts der Klägerin nichts.
Die Klägerin wurde wie die anderen Mitarbeiterinnen auch weiterhin regelmäßig als Testamentszeugin herangezogen. Sie wurde vom Beklagten nicht aufgefordert, bei dieser Tätigkeit das Kopftuch abzunehmen.
c) Zum Zeitraum 4. 10. 2011 bis 17. 5. 2012:
In dieser Zeit befand sich die Klägerin im Mutterschutz. Ihr Kind wurde am 22. 3. 2012 geboren.
d) Zum Zeitraum 18. 5. 2012 bis 21. 3. 2013:
Nach dem Ende des Mutterschutzes trat die Klägerin an den Beklagten mit der Bitte heran, während der Karenz aus finanziellen Gründen geringfügig arbeiten zu dürfen. Obwohl der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt keinen entsprechenden Bedarf hatte, beschäftigte er die Klägerin bis zum Ende ihrer Karenz am 21. 3. 2013 geringfügig mit zehn Stunden pro Woche. Die Klägerin trug damals während der Arbeitszeit das islamische Kopftuch und die Abaya. Sie wurde in dieser Zeit nicht als Testamentszeugin eingesetzt und hatte auch keinen Klientenkontakt. Grund dafür waren ausschließlich ihre geringfügige und wechselnde Arbeitszeit sowie der Umstand, dass sie in einem separaten Zimmer saß.
e) Zum Zeitraum 22. 3. 2013 bis 30. 7. 2013:
Nach dem Ende der Karenz am 21. 3. 2013 arbeitete die Klägerin beim Beklagten 20 Stunden pro Woche. Der Klägerin wurde wieder Klientenkontakt übertragen, sie wurde auch wieder als Testamentszeugin eingesetzt; beides jedoch seltener als früher. Die Einschränkungen im Klientenkontakt und beim Einsatz als Testamentszeugin waren aus Sicht des Beklagten nicht in der Religion der Klägerin begründet, sondern in ihrem äußeren Erscheinungsbild. Dieses hätte nach Meinung des Beklagten speziell in sensiblen Bereichen wie Verlassenschaften oder der Errichtung eines Testaments zu Unsicherheiten bei Klienten führen und die Unparteilichkeit seines Amtes in Frage stellen können.
II. Zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
Aufgrund einer schweren Erkrankung war die Klägerin ab 31. 7. 2013 im Krankenstand. Sie fand in dieser Zeit Hoffnung und Trost in ihrer Religion und beschäftigte sich noch mehr mit ihrem Glauben. Sie entschied sich schließlich, nunmehr auch den islamischen Gesichtsschleier (Niqab) zu tragen.
Die Klägerin teilte dem Beklagten im Dezember 2013 im Zuge der ersten Gespräche über ihre Rückkehr aus dem Krankenstand mit, dass sie in Hinkunft auch während der Arbeit im Notariat den Gesichtsschleier tragen möchte. Für den Beklagten war das Tragen eines Gesichtsschleiers aber mit der Tätigkeit in einem Notariat nicht vereinbar.
In der weiteren Korrespondenz über die Rückkehr der Klägerin im März 2014 wies der Beklagte neuerlich auf die Unvereinbarkeit des Tragens eines Gesichtsschleiers mit der Tätigkeit in einem Notariat hin und stellte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in den Raum, sollte die Klägerin auf dem Gesichtsschleier bestehen. Ihren Kompromissvorschlag, den Gesichtsschleier bei der Kommunikation mit Klienten abzunehmen, lehnte der Beklagte ab. Das laufende Auf‑ und Abnehmen des Gesichtsschleiers wäre nicht möglich gewesen, weil die Klägerin wieder im Einsichtsbereich der Klienten hätte sitzen sollen. Die Unterbringung der Klägerin in einem separaten Raum war aufgrund der notwendigen Kommunikation zwischen den Mitarbeiterinnen nicht möglich.
Der Beklagte schrieb der Klägerin das E‑Mail vom 24. 3. 2014 (Beil ./F), dessen unstrittiger Inhalt lautete:
„Liebe Frau [Klägerin],
In der Vergangenheit habe ich Sie in Ihren Bedürfnissen familiärer, finanzieller und religiöser Art in jeder erdenklichen Weise unterstützt, auch durch das Dauerexperiment ethnischer Kleidung.
Mit dem Kopftuch können Sie Ihren religiösen Pflichten nachkommen. Das Tragen eines Gesichtsschleiers ist mit Ihrer Beschäftigung in der Notariatskanzlei aber nicht vereinbar.“
Ein weiteres E‑Mail des Beklagten an die Klägerin vom 4. 4. 2014 (Beil ./H) hatte folgenden Inhalt:
„Liebe Frau [Klägerin],
Als Dienstgeber ist es meine Aufgabe, auf branchenübliche Bekleidung zu achten. Mit Rücksicht auf Ihre Wünsche habe ich bis auf Widerruf den Ihnen wichtigen Bekleidungsstil toleriert. Den Klientenkontakt habe ich Ihnen nicht untersagt, sondern nur im Hinblick auf diesen Bekleidungsstil zwangsläufig eingeschränkt. Mangels Dringlichkeit haben wir die Frage der Bekleidung bisher nicht evaluiert, sollten dies aber vielleicht aus gegebenem Anlass tun. Gerne können wir darüber persönlich sprechen. Eine Vermummung im Rahmen des Kanzleibetriebs werde ich weder für Klienten noch für Mitarbeiterinnen zulassen.“
Seine Einladung zu einem persönlichen Gespräch nahm die Klägerin nicht wahr. Der Beklagte wäre damit einverstanden gewesen, dass die Klägerin nach der Rückkehr aus dem Krankenstand wieder das islamische Kopftuch in der Kanzlei trägt, nicht jedoch den Gesichtsschleier. Da die Klägerin auf letzteren aber nicht verzichten wollte, sprach der Beklagte am 11. 4. 2014 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 15. 7. 2014 aus. Der Grund der Kündigung lag nicht im Glaubensbekenntnis, sondern im äußeren Erscheinungsbild der Klägerin in Form des von ihr angekündigten islamischen Gesichtsschleiers. Dieser war für den Beklagten mit der Tätigkeit in einem Notariat nicht vereinbar.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden, am 31. 7. 2014 eingebrachten Klage vom Beklagten die Zahlung von 7.000 EUR an immateriellem Schadenersatz. Zinsen werden von ihr ausdrücklich nicht begehrt. Sie bekenne sich seit Jahren zum Islam und habe sich 2010 entschlossen, aufgrund ihrer Religion ein islamisches Kopftuch zu tragen. Dies habe der Beklagte nur widerwillig akzeptiert. Wegen des Kopftuchs sei die Klägerin ab 2013 nur mehr bei Klienten mit Migrationshintergrund als Testamentszeugin eingesetzt worden. Der Kundenkontakt sei auf Mandanten mit „fremdländischer Herkunft“ beschränkt worden.
Im Juli 2013 sei bei der Klägerin eine schwere Erkrankung festgestellt worden; es sei ungewiss gewesen, ob sie diese überlebe. Sie habe in dieser Zeit Trost und Hoffnung in ihrem Glauben gefunden und den Entschluss gefasst, von nun an den im Islam vorgesehenen Gesichtsschleier zu tragen. Der Beklagte habe aber das Tragen dieses Gesichtsschleiers abgelehnt und betont, dass er einen Dienstantritt der Klägerin mit Gesichtsschleier nicht akzeptieren werde. Den Vorschlag der Klägerin, den Gesichtsschleier beim Zusammentreffen mit Mandanten und bei der Verwendung als Testamentszeugin abzunehmen, habe der Beklagte abgelehnt. Die Klägerin hätte die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen auch mit Gesichtsschleier erbringen können. Das pauschale Verbot des Beklagten, am Arbeitsplatz einen Gesichtsschleier zu tragen, sei auch deshalb nicht gerechtfertigt gewesen, weil das Zimmer der Klägerin ohnehin nicht im Einsichtsbereich der Klienten gelegen sei. Diskriminierend seien auch Bemerkungen des Beklagten anlässlich der Kündigung der Klägerin gewesen, und zwar die abschätzige Bezeichnung der Religiosität der Klägerin und ihrer Bekleidung als „Dauerexperiment ethnischer Kleidung“ und als „Vermummung“.
Die Klägerin sei aufgrund ihrer Religion gemäß § 17 Abs 1 Z 6 und Z 7 GlBG bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar diskriminiert worden. Da das Verbot, einen Gesichtsschleier zu tragen, überdies nur Frauen treffe, sei die Klägerin zumindest mittelbar auch aufgrund des Geschlechts diskriminiert worden. Das Arbeitsverhältnis sei vom Beklagten nur deshalb gekündigt worden, weil die Klägerin aus religiösen Gründen einen Gesichtsschleier habe tragen wollen. Diese Beendigung sei ein massiver Eingriff gewesen, der die Klägerin zutiefst gekränkt habe. Selbst wenn es sachlich gerechtfertigt gewesen wäre, den Gesichtsschleier zu verbieten, stellten die abschätzigen Bemerkungen des Beklagten anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls eine Diskriminierung dar. Das Verhalten des Beklagten rechtfertige insgesamt eine Entschädigung von 7.000 EUR.
Der Beklagte wandte dagegen die Verjährung der Ansprüche der Klägerin gemäß § 29 GlBG ein, soweit diese vor dem Mai 2011 entstanden seien. Die Klägerin sei von ihm nicht diskriminiert worden. Er habe ohnehin das Tragen des islamischen Kopftuchs und bodenlanger Kleidung durch die Klägerin akzeptiert, ihr auch einen Raum für ihre Gebete zur Verfügung gestellt und sie auch in der von ihr gewählten Kleidung auf seiner Website gezeigt. Der Klägerin sei Kundenkontakt nicht untersagt worden, sie sei auch bis zuletzt als Testamentszeugin beigezogen worden. Der reduzierte Einsatz der Klägerin bei Klienten und als Testamentszeugin sei lediglich auf die reduzierte Arbeitszeit der Klägerin zurückzuführen gewesen.
Die Kündigung der Klägerin sei nicht wegen der Religion erfolgt. Das Tragen des islamischen Gesichtsschleiers gehöre nicht zur Religionsausübung. Gemäß § 7 Abs 2 NO übe der Notar ein öffentliches Amt aus, das dezente Kleidung verlange. Der Gesichtsschleier verhindere die Feststellung der Identität. Der Beklagte habe der Klägerin daher zurecht die Weisung erteilt, am Arbeitsplatz keinen Gesichtsschleier zu tragen. Da die Klägerin allerdings angekündigt habe, sich an diese Weisung nicht halten zu wollen und die Einladung des Beklagten zu einem persönlichen Gespräch ausgeschlagen habe, sei schließlich die Kündigung ausgesprochen worden. Die Bereitschaft der Klägerin, den Gesichtsschleier bei Kundenkontakt vorübergehend abzunehmen, sei nicht zielführend gewesen, weil alle Sekretariatsarbeitsplätze im Einsichtsbereich des Empfangs gelegen seien und daher fortlaufend Kundenkontakt gegeben sei. Ein ständiger Wechsel des Gesichtsschleiers hätte nur zur Minderung der Konzentration geführt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Ansprüche der Klägerin seien teilweise verjährt und erst ab dem 25. 4. 2011 zu prüfen. Es stehe dem Arbeitgeber frei, allgemeine Regelungen über Arbeitsbedingungen wie zB Bekleidungsvorschriften aufzustellen. Auch individuelle Weisungen des Arbeitgebers seien zulässig. Eine Diskriminierung der Klägerin während des laufenden Arbeitsverhältnisses sei nicht erfolgt, weil der Beklagte nie etwas gegen die Religion der Klägerin gehabt habe, sondern nur gegen das äußere Erscheinungsbild der Klägerin. Das Verbot des islamischen Gesichtsschleiers, der anderen kein neutrales Bild vermittle, sei sachlich gerechtfertigt gewesen. Diese Maßnahme wendete sich nicht gegen eine bestimmte Religion, sondern lediglich gegen einen bestimmten Kleidungsstil. Die vom Beklagten gewünschte „optische Neutralität“ wirke sich auf alle Religionen gleich aus und sei daher nicht diskriminierend gewesen. Daran änderte der Vorschlag der Klägerin nichts, den Schleier bei Klientenkontakt abzunehmen; sie wäre nämlich im Notariat von Klienten stets wahrgenommen worden, sie wäre auch bei Botengängen für den Beklagten nach außen in Erscheinung getreten. Da alle Mitarbeiter des Beklagten ein dezentes Erscheinungsbild haben sollten, liege bei der Klägerin auch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vor.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil über Berufung der Klägerin mit Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht verneinte eine unmittelbare Diskriminierung der Klägerin bei den sonstigen Arbeitsbedingungen bis zum Ende ihrer Karenz am 21. 3. 2013, weil bis dahin keine Einschränkung der Tätigkeiten der Klägerin wegen des Tragens des islamischen Kopftuchs oder der Abaya erfolgt sei.
Nach der Karenz der Klägerin habe der Beklagte ihr zwar weiterhin nicht das Tragen des islamischen Kopftuchs verboten. Er habe daran aber Benachteiligungen bei den sonstigen Arbeitsbedingungen geknüpft, weil er die Kundenkontakte und die Tätigkeit der Klägerin als Testamentszeugin wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes eingeschränkt habe. Dies stelle eine unmittelbare Diskriminierung der Klägerin aufgrund der Religion dar. Religiöse Kleidungsstücke seien auch solche, die nur als Ausdruck einer bestimmten Religion gedeutet werden. Sie seien damit keine neutralen Unterscheidungskriterien. Gründe iSd § 20 GlBG zur Entkräftung der von der Klägerin glaubhaft gemachten Diskriminierung habe der Beklagte nicht nachweisen können. Der weiterhin uneingeschränkte Einsatz der Klägerin mit Kopftuch im Klientenkontakt und als Testamentszeugin hätte keinen relevanten Nachteil des Beklagten iSd § 20 Abs 1 GlBG zur Folge gehabt. Auch eine konkrete Gefährdung des Beklagten sei nicht ersichtlich. Auf die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 2 GlBG könne sich ein Notar nicht berufen. In diesem Zusammenhang bejahte das Berufungsgericht auch eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen des Geschlechts, weil ganz überwiegend muslimische Frauen aus religiösen Gründen ein Kopftuch trügen.
Hingegen verneinte das Berufungsgericht eine Religionsdiskriminierung bei der Kündigung der Klägerin. Der islamische Gesichtsschleier müsse vom Beklagten vor allem deshalb nicht akzeptiert werden, weil – nach der vom Berufungsgericht ausführlich dargestellten Rechtsprechung des EGMR – die ungehinderte soziale Interaktion ein wesentlicher Wert sei, der durch eine Gesichtsverschleierung erheblich beeinträchtigt werde. Dies gelte nicht nur für das Verhältnis der Klägerin zu den Klienten des Beklagten, sondern auch für das Verhältnis der Klägerin zu ihren Arbeitskollegen und zum Beklagten als Arbeitgeber. Schon deshalb sei der Kompromissvorschlag der Klägerin, den Schleier bloß bei Klientenkontakt abzunehmen, nicht geeignet, dem Verbot des Beklagten die Rechtfertigung zu nehmen.
Das Berufungsgericht verneinte auch das Vorliegen einer Diskriminierung der Klägerin durch zwei E‑Mails des Beklagten vom 24. 3. und 4. 4. 2014. Es treffe zwar zu, dass die Würde der Klägerin durch die Formulierungen „Dauerexperiment ethnischer Kleidung“ und „Vermummung“ objektiv verletzt worden sei, denn der Beklagte wertete damit die Kleidung der Klägerin ab. Diese schriftlichen Äußerungen des Beklagten seien auch unangebracht und unerwünscht gewesen. Es fehlte jedoch an einem verpönten „Umfeld“ iSd § 21 Abs 2 Z 3 GlBG. Der Beklagte sei nämlich sonst sehr entgegenkommend gewesen. Nach diesen E‑Mails habe es auch keinen Kontakt mehr mit der Klägerin gegeben. Die Klägerin habe auch gar nicht behauptet, dass durch die Äußerungen des Beklagten ein verpöntes Umfeld für sie geschaffen worden sei.
Das Berufungsgericht erachtete das Verfahren aber als ergänzungsbedürftig, weil Feststellungen darüber fehlten, welche Wirkungen die diskriminierenden Maßnahmen des Beklagten auf die Klägerin nach der Karenz gehabt hätten. Darüber hinaus bedürfe es auch einer Aufschlüsselung des Klagebegehrens durch die Klägerin. Die grundsätzlich vorgesehene Globalbemessung des immateriellen Schadenersatzes ändere nichts daran, dass das Begehren für getrennte Sachverhalte, die unterschiedlichen Tatbeständen zuzuordnen seien, aufgeschlüsselt werden müsse.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass noch keine Rechtsprechung zur Frage der Diskriminierung aus Gründen der Religion durch Einschränkungen infolge des Tragens eines islamischen Kopftuchs und einer Verschleierung des Gesichts bei Tätigkeiten mit Kundenkontakt bestehe.
Gegen diesen Beschluss richten sich der Rekurs der Klägerin, mit dem sie die Stattgebung der Klage anstrebt, und der Rekurs des Beklagten, mit dem er die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.
Die Klägerin und der Beklagte erstatteten jeweils Rekursbeantwortungen.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse beider Parteien sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig. Beide Rekurse sind auch teilweise berechtigt.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Rekurse der Parteien bei den einzelnen Themen jeweils gemeinsam behandelt.
I. Zur Frage der Diskriminierung der Klägerin bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
1. Der Schwerpunkt des vorliegenden Verfahrens liegt auf dem Thema der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen eines islamischen Gesichtsschleiers (Niqab). Die Klägerin wendet sich in ihrem Rekurs gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ihre Kündigung wegen Nichteinhaltung des individuellen Verbots des Tragens eines islamischen Gesichtsschleiers durch den Beklagten keine verpönte Diskriminierung wegen der Religion bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei (§ 17 Abs 1 Z 7 GlBG). Für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin als Angestellte in einem Notariat sei es nach § 20 Abs 1 GlBG keine wesentliche und entscheidende Voraussetzung, keinen Gesichtsschleier zu tragen. Die Klägerin habe im Übrigen ohnehin angeboten, den Gesichtsschleier bei Kundenkontakt abzunehmen, sodass die Kündigung ein unverhältnismäßiger Eingriff gewesen sei und weniger einschneidende Maßnahmen genügt hätten. Der Beklagte habe lediglich die abstrakte Gefahr gesehen, dass die Neutralität seines Amtes durch das Tragen des Gesichtsschleiers gefährdet sei. Feststellungen, dass dieser Umstand tatsächlich die Interaktion der Klägerin mit Klienten und Arbeitskollegen beeinträchtigt hätte, habe das Erstgericht nicht getroffen, sodass die Entscheidung des Berufungsgerichts sekundär mangelhaft sei.
2.1 Gemäß § 17 Abs 1 Z 7 GlBG ist davon auszugehen, dass aufgrund der Religion niemand unmittelbar oder mittelbar bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses diskriminiert werden darf.
2.2 Der Begriff „Religion“ wird weder von der zugrundeliegenden Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (GleichbehandlungsrahmenRL) noch vom Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) näher definiert.
Religion ist nach den Gesetzesmaterialien zum GlBG nicht auf Kirchen und anerkannte Religionsgemeinschaften beschränkt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass für eine Religion zumindest ein Bekenntnis, Vorgaben für die Lebensweise und ein Kult vorhanden sein müssen. Religion umfasst jedes religiöse, konfessionelle Bekenntnis, die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft. In formaler Hinsicht handelt es sich bei Religion um ein (Glaubens‑)System, das in Lehre, Praxis und Gemeinschaftsformen die letzten (Sinn‑)Fragen menschlicher Gesellschaft und Individuen aufgreift und entsprechend den jeweiligen Heilsvorstellungen zu beantworten sucht. Der Begriff Religion ist insgesamt weit auszulegen (RV 307 BlgNR 22. GP 14; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 17 Rz 17; Windisch‑Graetz in Rebhahn, GlBG § 17 Rz 19).
2.3 Die Verfassungsbestimmung des Art 14 Abs 1 StGG 1867, RGBl 1867/142, gewährt jedermann die volle Glaubens‑ und Gewissensfreiheit. Nach der Verfassungsbestimmung (Art 149 Abs 1 B‑VG) des Art 63 Abs 2 des Staatsvertrags von St. Germain, StGBl 1920/303, haben alle Einwohner Österreichs das Recht, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten unvereinbar ist. Nach der Verfassungsbestimmung (BGBl 1964/59) des Art 9 Abs 1 EMRK, BGBl 1958/210, ist jedermann das Recht auf Glaubens‑, Gewissens‑ und Religionsfreiheit gewährleistet. Dieses Recht umfasst auch die Freiheit, seine Religion öffentlich oder privat unter Beachtung religiöser Bräuche auszuüben. Nach Art 9 Abs 2 EMRK darf die Religions‑ und Bekenntnisfreiheit nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.
2.4 Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sind die genannten Verfassungs-bestimmungen insofern als eine Einheit anzusehen, als Art 14 StGG durch Art 63 Abs 2 Staatsvertrag von St. Germain ergänzt wird und die dort genannten Schranken in Art 9 Abs 2 EMRK näher umschrieben werden (VfGH B 3028/97, VfSlg 15.394). Zu den von Art 9 EMRK geschützten religiösen Gebräuchen zählt auch das Tragen religiöser Kleidung (Frowein in Frowein/Peukert, EMRK³, Art 9 Rn 17 mwH). Auch nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Tragen eines islamischen Kopftuchs als ein religiös motivierter Akt zu werten (RIS‑Justiz RS0127397; EGMR Bsw 42393, Dahlab; Bsw 44774, Leyla Sahin = ÖJZ 2006, 424; s auch Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundes-verfassungsrecht, Art 9 EMRK [6. Lfg] Rz 18 mwH).
2.5 Ausgehend davon umfasst der in § 17 Abs 1 GlBG normierte Diskriminierungsschutz auch das Tragen religiöser Kleidungsstücke im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis (RV 307 BlgNR 22. GP 15; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 17 Rz 29). Dafür ist einerseits der schon erwähnte weite Religionsbegriff des Gleichbehandlungs-gesetzes maßgeblich, und andererseits der Umstand, dass auch das Tragen religiöser Kleidungsstücke am Arbeitsplatz grundsätzlich vom Grundrechtsschutz der Glaubens‑ und Gewissensfreiheit umfasst ist (EGMR Bsw 48420/10, Eweida ua, in: NJW 2014, 1935). Ziel des Diskriminierungsschutzes ist es, die – unmittelbar oder mittelbar – weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation aufgrund eines der vom Gesetz besonders geschützten Diskriminierungsgründe zu verhindern. Gerade aus dem Umstand, dass aus einem religiösen Kleidungsstück nach außen erkennbar die Zugehörigkeit des Trägers oder der Trägerin zu einer bestimmten Religion abzuleiten ist bzw dieses als Ausdruck einer bestimmten Religion aufgefasst wird, folgt die Anwendung des Diskriminierungsschutzes des § 17 GlBG auch in einem Fall, in dem anknüpfend an das Tragen eines solchen Kleidungsstücks eine Ungleichbehandlung im dargestellten Sinn erfolgt (Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 17 Rz 29; Windisch‑Graetz in Rebhahn, GlBG § 17 Rz 25).
3.1 Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten kommt es nicht darauf an, ob das Tragen eines Gesichtsschleiers in konkreten Religionsvorschriften des Islam (vgl dazu kritisch Souissi, Das muslimische Kopftuch im Lichte der EMRK, 12 f) eine ausreichende Grundlage hat (EGMR Bsw 48420/10, Eweida ua, Rn 82 mwN = NJW 2014, 1935 [1938]). Maßgeblich ist vielmehr, dass (auch) das Tragen des Gesichtsschleiers als Ausdruck religiöser Gebräuche und als Ausdruck einer ernsthaften Gewissensentscheidung unter dem Schutz des Art 9 EMRK steht, weil es sich dabei um die tatsächliche Übung eines bestimmten Glaubens oder eines Bekenntnisses handelt (VfGH B 3028/97, VfSlg 15.394; zum islamischen Gesichtsschleier EGMR Bsw 43835/11, SAS, Rn 56 = NJW 2014, 2925 [2926]; Lienbacher in Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte VII/1, Grundrechte in Österreich § 12 Rz 29 mwH). Das ist beim islamischen Gesichtsschleier mit länderspezifischen Unterschieden der Fall (vgl Souissi, Das muslimische Kopftuch im Lichte der EMRK, 12 f). Eine Erörterung unterschiedlich interpretierter Verse des Korans (vgl dazu einige Nachweise bei Souissi, Das muslimische Kopftuch im Lichte der EMRK, 12 f) braucht hier nicht zu erfolgen. Es besteht kein Zweifel daran, dass es jedenfalls für bestimmte Muslima beim Gesichtsschleier um eine Form geht, ihre Religion auszuüben (EGMR 1. 7. 2014, Bsw 43835/11, SAS/Frankreich, Rn 56 [NJW 2014, 2926]).
3.2 Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass Benachteiligungen wegen des Tragens religiöser Kleidungsstücke nicht als mittelbare, sondern als unmittelbare Diskriminierung (§ 19 Abs 1 GlBG) aufgrund der Religion anzusehen sind, weil religiöse Kleidungsstücke gerade keine neutralen Unterscheidungskriterien (§ 19 Abs 2 GlBG) darstellen, ist zutreffend (RV 307 BlgNR 23. GP 15; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 17 Rz 36; Windisch‑Graetz in Rebhahn, GlBG § 17 Rz 26). Dies wird vom Beklagten insofern auch nicht besonders in Frage gestellt.
3.3 Wird daher wie im Anlassfall das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gerade deshalb beendet, weil die Arbeitnehmerin ankündigt, sich seiner individuellen Weisung, während der Arbeitstätigkeit keinen islamischen Gesichtsschleier zu tragen, zu widersetzen, so ist zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand nach § 20 GlBG bezüglich einer unmittelbaren Diskriminierung (§ 19 Abs 1 GlBG) wegen der Religion vorliegt.
4.1 Der Beklagte hat sich im Zusammenhang mit dem von der Klägerin angekündigten Tragen des islamischen Gesichtsschleiers inhaltlich auf das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 20 Abs 1 GlBG berufen. Er hat dazu – unter Berufung auf die schon mehrfach erwähnte Entscheidung des EGMR Bsw 43835/11, SAS – insbesondere auch vorgebracht, dass das Tragen eines Gesichtsschleiers die Feststellung der Identität verhindere und sein Verbot auch deshalb gerechtfertigt sei, weil es der Sicherstellung der Mindestvoraussetzungen der zwischenmenschlichen Kommunikation und damit des Zusammenlebens in der Gemeinschaft diene. Vertrauen sei gerade im Berufsfeld des Beklagten ein wesentlicher Bestandteil des Kontakts. Die nicht sichtbare Identität des Gegenübers bewirke bei den Beteiligten Unsicherheit in der Kommunikation und sei daher der Vertrauensbildung abträglich.
4.1.1 Gemäß § 20 Abs 1 GlBG ist davon auszugehen, dass bei Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einem der in § 17 GlBG genannten Diskriminierungsgründe steht, also zB Religion, dann keine Diskriminierung vorliegt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt und sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Der Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung entspricht im Wesentlichen jenem des umgesetzten Art 4 Abs 1 RL 2000/78/EG .
4.1.2 Da die Nichtdiskriminierung aufgrund der Religion ein grundlegendes Prinzip des Unionsrechts darstellt (vgl Art 21 GRC, Art 10 AEUV), ist davon auszugehen, dass eine Ungleichbehandlung – in den Grenzen des Art 4 Abs 1 RL 2000/78/EG bzw § 20 Abs 1 GlBG – nur unter besonderen Umständen als zulässig angesehen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn ein bestimmtes Merkmal eine spezifische berufliche Anforderung für eine bestimmte Tätigkeit darstellt (arg „aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit“; RV 307 BlgNR 22. GP 16). Diese Anforderungen sind eng zu verstehen (Windisch‑Graetz in Rebhahn, GlBG § 20 Rz 3), sodass nur solche berufliche Anforderungen abgedeckt sind, die für die Ausführung der betreffenden Tätigkeit wesentlich und entscheidend sind (Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 20 Rz 5 mH auf EuGH Rs C‑222/84, Johnston, Rn 36, 37, 40; C‑273/97, Sirdar, Rn 23; C‑285/98, Kreil, Rn 20, jeweils zur vergleichbaren Bestimmung des Art 2 Abs 2 der Richtlinie 76/207/EWG ; vgl auch den auf diese Entscheidungen des EuGH verweisenden Erwägungsgrund 11 zur Richtlinie 2002/73/EG , wonach der Ausschluss des Anwendungsbereichs der RL auf jene berufliche Tätigkeiten beschränkt werden soll, in denen die Beschäftigung einer Person eines bestimmten Geschlechts aufgrund der Art der betreffenden speziellen Tätigkeit erforderlich ist).
4.2 Im Sinn der oben gemachten Ausführungen ist daher – bei dem grundsätzlich gebotenen engen Verständnis der Ausnahmeregelung – in einem ersten Schritt gemäß § 20 Abs 1 GlBG zu beurteilen, ob das Verbot des Tragens eines islamischen Gesichtsschleiers während der Arbeitszeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung ist, um die beruflichen Anforderungen an die Klägerin als Notariatsangestellte zu wahren.
4.2.1 Während der Beklagte der Klägerin das Tragen des islamischen Kopftuchs und der Abaya während der Arbeitszeit letztlich gestattet hat, trat er ihrer Absicht, in Hinkunft einen islamischen Gesichtsschleier zu tragen, entschieden entgegen. Mit der Einzelweisung, während der Arbeitszeit keinen Gesichtsschleier zu tragen, griff der Arbeitgeber nicht nur in die Religionsfreiheit der Klägerin, sondern auch in ihre Persönlichkeitsrechte nach § 16 ABGB und Art 8 EMRK, ihr persönliches Erscheinungsbild nach eigenem Ermessen festzulegen, ein. Auch daher braucht dieser Eingriff des Beklagten ausreichende Gründe (9 ObA 82/15x).
4.2.2 Der EGMR hat in seinem durch die Große Kammer gefällten Urteil vom 1. 7. 2014, Bsw 43835/11, SAS/Frankreich (NJW 2014, 2925), in dem es um ein allgemeines gesetzliches Verbot, den Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit in Frankreich zu tragen, ging, dem Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum zuerkannt (NJW 2014, 2929, Rn 129), solange er nur den Kern von Art 9 EMRK achtet.
4.2.3 Die – auch hier vom Beklagten geltend gemachte – Frage der Möglichkeit der Identifizierung einer Person sei aber laut EGMR nicht geeignet, ein allgemeines Verbot des Tragens des Gesichtsschleiers zu rechtfertigen, weil das Ziel der Identitätsfeststellung auch durch die einfache Verpflichtung, sich bei Bedarf zu identifizieren, erreicht werden könne (NJW 2014, 2930 f, Rn 139). Der Gerichtshof bejaht aber die Berechtigung dieses Verbots aus Gründen der gesamtgesellschaftlichen Kommunikation. Es gehöre zweifellos zu den Aufgaben eines Staats, die Voraussetzungen für das Zusammenleben der Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit zu garantieren, sodass das Verbot des Tragens eines Gesichtsschleiers gerechtfertigt sei, um zwischenmenschliche Beziehungen zu ermöglichen, die nicht durch die Verschleierung des Gesichts beeinträchtigt werden (NJW 2014, 2931, Rn 141, 142). Ein solches Verbot sei auch nicht unverhältnismäßig. Frankreich wolle die zwischenmenschlichen Beziehungen schützen, die nach seiner Ansicht nicht nur für den Pluralismus wichtig seien, sondern auch für Toleranz und offene Geisteshaltung, ohne die es die demokratische Gesellschaft nicht gebe. Es könne als Wahl einer Gesellschaft angesehen werden, ob das Tragen des Gesichtsschleiers in der Öffentlichkeit akzeptiert werde oder nicht. Das Verbot des Tragens des Gesichtsschleiers könne daher als verhältnismäßig zu dem verfolgten Ziel, die Voraussetzungen für ein Zusammenleben als Teil des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer zu erhalten, angesehen werden (NJW 2014, 2932, Rn 157).
4.2.4 Überträgt man diese grundrechtlichen Wertungen des EGMR auf das hier zu beurteilende Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin, so ist zwar festzuhalten, dass es ein allgemeines Verbot, einen islamischen Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit zu tragen, in Österreich nicht gibt. Allerdings zählt es auch in Österreich zu den unbestrittenen Grundregeln zwischenmenschlicher Kommunikation, das Gesicht unverhüllt zu lassen (13 Os 83/08t; deutlich etwa auch Schmoller, Gesichtsverschleierung im Strafprozess, in GS Mayer‑Maly, 439 [459]: „Das Tragen einer Burka bzw eines Niqab etc im heutigen Europa beeinträchtigt generell jede Kommunikation zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen, die für ein beiderseits erfreuliches Zusammenleben so hilfreich wäre.“). Dies gilt auch für andere europäische Länder. So wird etwa für Deutschland zu Art 4 GG (Glaubens‑ und Gewissensfreiheit) vertreten, dass die Untersagung des Tragens eines gesichtsverhüllenden Schleiers, der die Kommunikation und Interaktion zwischen Lehrern und Schülern unmöglich mache, zulässig sei (Kokott in Sachs, Grundgesetz5 Art 4 Rn 59).
4.2.5 Der islamische Gesichtsschleier (Niqab) bedeckt – anders als das islamische Kopftuch (Hijab) – auch das Gesicht der Frau, lediglich ihre Augen sind noch zu sehen (vgl dazu Souissi, Das muslimische Kopftuch im Lichte der EMRK, 10 ff). Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Kommunikation und Interaktion besteht nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch an einem Arbeitsplatz mit Kontakt zu Kunden, Mitarbeitern und zum Arbeitgeber (Bauer/Krieger, AGG4 § 3, 104 mwH). Dies gilt auch für den Arbeitsplatz der Klägerin in einem Notariat, an dem die Kommunikation und Interaktion nicht nur mit Parteien und Klienten, sondern auch mit Mitarbeitern und dem Beklagten selbst Gegenstand der Arbeitstätigkeit der Klägerin als Notariatsangestellte ist. Die unbeeinträchtigte Kommunikation und Interaktion ist eine wesentliche und entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Klägerin die vertraglich bedungenen Arbeitstätigkeiten als Notariatsangestellte erbringen kann. Das Tragen des islamischen Gesichtsschleiers am Arbeitsplatz hindert die Klägerin an der Erbringung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung als Notariatsangestellte, weil er die notwendige Kommunikation und Interaktion der Klägerin mit Parteien, Klienten, Mitarbeitern sowie mit dem Beklagten selbst beeinträchtigt und erschwert. Die Nichtverschleierung des Gesichts ist damit aufgrund der Art der beruflichen Tätigkeit der Klägerin als Notariatsangestellte und der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung.
4.2.6 Dem Argument der Klägerin, das Erstgericht habe keine konkreten Feststellungen zur Interaktion getroffen, ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der in einer Notariatskanzlei gewöhnlich erforderlichen zwischenmenschlichen Kommunikation und Interaktion um allgemeinkundige Tatsachen iSd § 269 ZPO handelt, die einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt sind bzw ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar sind (RIS‑Justiz RS0110714). Solche Tatsachen bedürfen keines Beweises und können vom Gericht auch ohne Parteienbehauptung verwertet werden ( Rechberger in Rechberger , ZPO 4 § 269 Rz 4). Dass die Gegebenheiten im Notariat des Beklagten in Bezug auf Kommunikation und Interaktion grundsätzlich den allgemein bekannten Gegebenheiten in anderen Notariaten entsprechen, bezweifelt auch die Klägerin nicht. Es kommt insofern daher auch nicht darauf an, dass die Klägerin erst ankündigte, nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand einen Gesichtsschleier tragen zu wollen.
4.2.7 Mit seiner Weisung an die Klägerin, dass bei der Arbeit kein Gesichtsschleier getragen werden dürfe, verfolgte der Beklagte auch ein legitimes Ziel iSd § 20 Abs 1 GlBG, weil er als Arbeitgeber die Erfüllung der von der Klägerin geschuldeten Arbeitsleistungen sicherstellen darf. Daran änderte auch das Kompromissangebot der Klägerin, den Gesichtsschleier jeweils bei Klientenkontakt abzunehmen, nichts. Denn dies betrifft nur einen Teil der von ihr geschuldeten Arbeitstätigkeiten. Das Erfordernis einer unbeeinträchtigten Kommunikation und Interaktion ist aber insgesamt für alle Tätigkeiten der Klägerin erforderlich, und zwar nicht nur in Bezug auf den Klientenkontakt, sondern auch in Bezug auf den Kontakt zu den Arbeitskollegen und zum Beklagten. Dazu kommt, dass das laufende Auf- und Abnehmen des Gesichtsschleiers die Abläufe am Arbeitsplatz stören würde und auch der gebotenen Konzentration nicht förderlich wäre.
4.2.8 Die Anforderung des Beklagten, am Arbeitsplatz im Notariat keinen islamischen Gesichtsschleier zu tragen, verletzt auch nicht die von § 20 Abs 1 GlBG geforderte Angemessenheit, weil der angestrebte Zweck – die unbeeinträchtigte Ermöglichung der für die Durchführung der vertraglich vereinbarten Arbeitstätigkeiten der Klägerin erforderlichen Kommunikation und Interaktion – nur durch dieses Verbot erreicht werden kann.
4.3 Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die wegen der Weigerung der Klägerin, sich nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand an die Weisung des Beklagten halten zu wollen, ausgesprochene Kündigung keine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion darstellt, weil die von der Kündigung wegen Beharrens auf dem angekündigten Tragen eines islamischen Gesichtsschleiers grundsätzlich ausgehende unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen der Religion unter die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 1 GlBG fällt.
5. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit dem individuellen Verbot des Beklagten, einen islamischen Gesichtsschleier während der Arbeitstätigkeit zu tragen, auch geltend gemacht, dass darin auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts liege, weil nur muslimische Frauen aus religiösen Gründen den Gesichtsschleier tragen.
Auch dieser rechtlichen Überlegung der Klägerin im Zusammenhang mit der Frage einer Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht zu folgen. Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass dem Anschein nach neutrale Bekleidungsvorschriften Frauen in besonderer Weise gegenüber Männern benachteiligen können, sodass allenfalls vom Vorliegen einer mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung auszugehen ist, sofern diese Ungleichbehandlung nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (§ 5 Abs 2 GlBG). Hier fehlt es aber nach der Lage des Falls schon an einer Benachteiligung der Klägerin durch dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren. Die Kündigung der Klägerin erfolgte nämlich nach den Feststellungen nicht wegen des Verstoßes der Klägerin gegen neutrale Vorschriften, sondern wegen Verletzung einer individuellen Weisung des Beklagten an die Klägerin, am Arbeitsplatz keinen Gesichtsschleier zu tragen. Theoretischen Überlegungen zur Geschlechtsneutralität einer derartigen Weisung wäre mit dem Hinweis auf die Rechtfertigung nach § 5 Abs 2 GlBG zu begegnen, wozu zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen zum Vorliegen eines Ausnahmetatbestands iSd § 20 Abs 1 GlBG verwiesen werden kann.
6. Zur Frage der behaupteten Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist daher das rechtliche Resümee zu ziehen, dass die Klägerin vom Beklagten durch die Kündigung weder unmittelbar aufgrund der Religion, noch mittelbar aufgrund des Geschlechts diskriminiert wurde. Aus dem Titel der Beendigungs-diskriminierung gebührt daher der Klägerin keine Entschädigung für die von ihr geltend gemachte persönliche Beeinträchtigung.
II. Zur Frage der Diskriminierung der Klägerin bei den sonstigen Arbeitsbedingungen:
1. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin bis zum 21. 3. 2013 (Ende der Karenz) weder unmittelbar noch mittelbar bei den sonstigen Arbeitsbedingungen diskriminiert wurde, wird von der Klägerin nicht bekämpft, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.
2. Der Beklagte wendet sich in seinem Rekurs gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin wegen des Tragens des islamischen Kopftuchs und der Abaya im anschließenden Zeitraum 22. 3. 2013 - 30. 7. 2013 eine unmittelbare Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen aufgrund der Religion erfahren habe. Die Einschränkungen der Klägerin bei ihrer Tätigkeit im Klientenkontakt und als Testamentszeugin seien ausschließlich wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes, nicht aber wegen ihrer Religion erfolgt.
3. Diesen Überlegungen des Beklagten ist nicht beizupflichten. Gemäß § 17 Abs 1 GlBG ist davon auszugehen, dass niemand aufgrund der Religion im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden darf, insbesondere auch nicht bei den sonstigen Arbeitsbedingungen (Z 6). Mit der Generalklausel des § 17 erster Halbsatz GlBG soll sichergestellt werden, dass alle denkmöglichen Diskriminierungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis aufgrund der Religion erfasst werden. Die Aufzählung in den Z 1 bis 7 des § 17 GlBG ist demonstrativ (arg „insbesondere“), wobei den „sonstigen“ Arbeitsbedingungen der Z 6 wiederum der Charakter eines Auffangtatbestands zukommt (so schon zum völlig vergleichbaren § 3 GlBG 9 ObA 78/11b mwH). Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen nach dieser Bestimmung unter anderem auch dann vorliegen kann, wenn eine Person wegen der Religion bei der Zuweisung des konkreten Einsatzbereichs oder bei der Verteilung der Dienste benachteiligt wird (Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 3 Rz 133; vgl auch Rebhahn in Rebhahn, GlBG § 3 Rz 143 ff), ist nicht zu beanstanden.
Dass die Überlegung des Beklagten, zwischen einer Ungleichbehandlung einer Arbeitnehmerin wegen der Religion und einer – seines Erachtens nicht relevanten – Ungleichbehandlung wegen religiöser Bekleidungsstücke zu unterscheiden, der Zielsetzung des Antidiskriminierungsrechts nicht gerecht wird, wurde bereits oben bei der Beendigungsdiskriminierung behandelt.
4. Hier steht nun fest, dass es nach der Karenz der Klägerin zu Einschränkungen der Tätigkeiten der Klägerin im Klientenkontakt und als Testamentszeugin (jedenfalls auch) wegen des äußeren Erscheinungsbildes der Klägerin, also wegen des Tragens des islamischen Kopftuchs und der Abaya, kam. Die Behauptung des Rekurswerbers, dass sich diese Einschränkungen ausschließlich auf den „chronologischen Ablauf der Tätigkeit der Klägerin“ bezogen hätten, findet in den Feststellungen keine Grundlage. Dies gilt auch für die weitere Behauptung des Beklagten, dass die Tätigkeit der Klägerin als Testamentszeugin nicht Bestandteil ihres Arbeitsvertrags gewesen wäre.
5. Dass es sich bei der Betrauung mit Tätigkeiten im Klientenkontakt und als Testamentszeuge um bei Notariatsangestellten beliebte abwechslungsreiche Tätigkeiten im Notariat handelt, ist hier ebenso wenig strittig wie der Umstand, dass die Einschränkung einer Mitarbeiterin in diesem Bereich als Benachteiligung und Zurücksetzung gegenüber den anderen Mitarbeitern empfunden wird. Nach der Lage des Falls ist daher von einer unmittelbaren Benachteiligung der Klägerin bei den sonstigen Arbeitsbedingungen aufgrund der Religion – vorbehaltlich der auch hier gebotenen Prüfung des Vorliegens eines Ausnahmetatbestands iSd § 20 GlBG – auszugehen. Dass die Religion (religiöse Bekleidung) für die Benachteiligung der Klägerin bei den sonstigen Arbeitsbedingungen nur mitursächlich war, steht der Bejahung des vom GlBG geforderten Zusammenhangs nicht entgegen (8 ObA 8/09y; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 17 Rz 8; § 21 Rz 9).
6. Damit bedarf es einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine unmittelbare Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen wegen der Religion im konkreten Fall deshalb zu verneinen ist, weil einer der in § 20 Abs 1 oder 2 GlBG genannten Ausnahmetatbestände vorliegt, auf die sich der Beklagte in seinem Rekurs beruft.
6.1 Auch im vorliegenden Zusammenhang ist zunächst zu prüfen, ob das vom Beklagten für den uneingeschränkten Klientenkontakt und für die uneingeschränkte Betrauung als Testamentszeugin vorausgesetzte Nichttragen des islamischen Kopftuchs und der Abaya aufgrund der Art der Berufstätigkeit der Klägerin als Notariatsangestellte oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung iSd § 20 Abs 1 GlBG darstellt. Der Beklagte führt dazu in seinem Rekurs aus, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein könne, wenn es dafür objektive Gründe gebe, die einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens dienen. Der sich aus § 7 Abs 2 NO ergebende gesetzliche Auftrag des Notars, der auch als Gerichtskommissär tätig zu sein habe, sei ein solches „wirkliches Bedürfnis“, verlange diese Bestimmung doch, dass der Notar unparteilich und objektiv sei. Dies rechtfertige, dass auch die Mitarbeiter in einem Notariat die gebotene Unparteilichkeit und Objektivität durch ihr Auftreten, wozu auch die Bekleidung zähle, zum Ausdruck brächten.
6.1.1 Richtig ist, dass der Notar in seiner Amtsführung unabhängig und unparteilich zu sein hat (Wagner/Knechtel, NO6 § 7 Rz 1; 9 Ob 30/07p, RIS‑Justiz RS0112237). Zu diesem Zweck enthält § 7 NO auch eine weitgehende Inkompatibilitätsbestimmung und sieht Einschränkungen für Nebentätigkeiten des Notars vor (näher dazu Wagner/Knechtel, NO6 § 7 Rz 6 ff), die sich allerdings nicht an die Klägerin als Notariatsangestellte, sondern an den Beklagten als Notar richten. Die Klägerin hat mit Zustimmung des Beklagten einige Jahre lang ihre Arbeitstätigkeit ohne Einschränkungen mit islamischem Kopftuch und Abaya ausgeübt. Dass darin ein Verstoß des Beklagten gegen das Gebot der Unparteilichkeit des § 7 NO zu sehen gewesen wäre, wurde nicht behauptet. Aus den Feststellungen ergibt sich auch kein Hinweis auf eine Gefährdung der Unparteilichkeit des Beklagten durch die Klägerin infolge Tragens des islamischen Kopftuchs und der Abaya im Dienst.
6.1.2 Aus unbestimmten „Erwartungen von Klienten“ ist für den Beklagten nichts zu gewinnen, zumal das Antidiskriminierungsrecht bezweckt, allfällige Vorurteile zu überwinden. Maßstab nach § 20 Abs 1 GlBG für den vorliegenden Fall sind nicht diffuse Vorbehalte, sondern dass das Nichttragen des islamischen Kopftuchs und der Abaya eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung einer Notariatsangestellten sein muss. Dass dies hier nicht der Fall ist, ist schon daraus zu sehen, dass die Klägerin vom Beklagten mehrere Jahre lang ohne Einschränkungen und offenbar auch ohne besondere Beanstandungen umfassend als Notariatsangestellte eingesetzt wurde. Für den diesbezüglichen Meinungsumschwung des Beklagten nach der Karenz der Klägerin fehlen nachvollziehbare Gründe. Ist der Ausnahmetatbestand nach § 20 Abs 1 GlBG nicht erfüllt, ist aus Überlegungen des Beklagten zur „Treuepflicht“ der Klägerin nach Lage des Falls nichts zu gewinnen.
6.2 Gemäß § 20 Abs 2 GlBG, auf den sich der Beklagte auch beruft und der Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG umsetzt, liegt – soweit hier relevant – eine Diskriminierung aufgrund der Religion in Bezug auf berufliche Tätigkeiten innerhalb von Kirchen oder anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, nicht vor, wenn die Religion dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Dieser Tatbestand sieht schon nach seinem Wortlaut eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot wegen der Religion nur in Bezug auf berufliche Tätigkeiten innerhalb von Kirchen oder anderen öffentlichen oder privaten Organisationen vor, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen beruht.
6.2.1 Der Beklagte erkennt in seinem Rechtsmittel selbst, dass der Wortlaut dieser Voraussetzungen auf ein Notariat nicht zutrifft. Sein Argument, dass ein Notariat aber eine Organisation sei, deren Ethos auf dem Grundsatz der Objektivität und der strikten Unparteilichkeit beruht, ist nicht zielführend. Maßgebend ist nach § 20 Abs 2 GlBG nicht irgendein Ethos, sondern nur ein Ethos, der auf religiösen Grundsätzen fußt (Windisch‑Graetz in Rebhahn, GlBG § 20 Rz 11). Dieser ist bei einem Notariat, nicht zuletzt auch aufgrund der vom Beklagten immer wieder betonten Neutralität und Abgrenzung von der Religion, nicht einschlägig.
6.2.2 Während es bei Kirchen kaum Streit geben dürfte, dass diese unter § 20 Abs 2 GlBG fallen, mag es bei anderen (öffentlichen oder privaten) Organisationen im Einzelfall Klärungsbedarf geben, ob deren Ethos auf religiösen Grundsätzen beruht (vgl auch § 132 Abs 1 ArbVG; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 20 Rz 10 ff). Bei Notariaten gibt es diesen Klärungsbedarf allerdings nicht, weshalb die in diesem Zusammenhang erfolgte Anregung des Beklagten auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 267 AEUV nicht aufzugreifen ist, weil die richtige Anwendung des Unionsrechts hier offenkundig ist (vgl RIS‑Justiz RS0082949). Soweit sich der Rekurswerber in diesem Zusammenhang auf das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Vorabentscheidungsverfahren Rs C‑157/15, Achbita, beruft, ist für ihn daraus schon deshalb nichts zu gewinnen, weil er der Klägerin gerade nicht verbot, ein islamisches Kopftuch und eine Abaya am Arbeitsplatz zu tragen.
7. Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nach ihrer Karenz im Zeitraum 22. 3. 2013 - 30. 7. 2013 einer unmittelbaren Diskriminierung wegen der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 17 Abs 1 Z 6 GlBG ausgesetzt war, weil sie wegen des Tragens des islamischen Kopftuchs und der Abaya im Vergleich mit anderen Arbeitnehmerinnen vom Beklagten im Klientenkontakt und bei der Ausübung der Tätigkeit als Testamentszeugin zurückgesetzt wurde.
8.1 Der Beklagte wendet sich in seinem Rekurs auch gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin wegen des von ihr getragenen islamischen Kopftuchs auch mittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden sei. Er führt dazu zusammengefasst aus, dass es sich bei der grundsätzlichen Anforderung eines „dezenten“ Erscheinungsbildes nicht um eine konkrete Bekleidungsvorschrift handle, sodass schon daher keine Diskriminierung vorwerfbar sei. Ein dezentes Erscheinungsbild werde von Frauen wie Männern gleichermaßen erwartet.
8.2 Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Die Klägerin hat nämlich in erster Instanz lediglich vorgebracht, dass sie durch das Verbot des Beklagten, einen islamischen Gesichtsschleier zu tragen, auch wegen des Geschlechts mittelbar diskriminiert worden sei, weil nur Frauen einen solchen trügen (ON 6, ON 12). Ein Vorbringen, dass die Klägerin (auch) im Zusammenhang mit dem Tragen des islamischen Kopftuchs oder der Abaya einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts ausgesetzt gewesen sei, hat sie nicht erstattet. Den diesbezüglich überschießenden rechtlichen Überlegungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit der Mehrfachdiskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen fehlt es daher an einer entsprechenden Grundlage. Dies spielt aber letztlich nur bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung eine (hier nur geringe) Rolle (§ 26 Abs 13 GlBG), zumal die Klägerin auch beim Gesichtsschleier die allfällige mittelbare geschlechtliche Diskriminierung nur als eher theoretischen Aspekt deponierte, aber nicht behauptete, dass gerade die Mehrfachdiskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer besonderen Verstärkung ihrer persönlichen Beeinträchtigung geführt habe. Am Vorliegen einer Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen (wegen der Religion) ändert dies natürlich nichts.
III. Zur Frage der Diskriminierung der Klägerin infolge der E‑Mails des Beklagten vom 24. 3. und 4. 4. 2014:
1. Die Klägerin brachte im Verfahren erster Instanz vor, auch durch die in diesen beiden E‑Mails enthaltenen Bemerkungen des Beklagten wie „das Dauerexperiment ethnischer Kleidung“ und „Vermummung“ diskriminiert worden zu sein, selbst wenn es sachlich gerechtfertigt gewesen wäre, den Gesichtsschleier zu verbieten. Das Erstgericht traf zwar zu diesen E‑Mails keine Feststellungen. Ihr – oben bereits wiedergegebener – Inhalt steht jedoch zwischen den Parteien außer Streit. Der Beklagte stellt dies auch nicht in Frage. Er meint jedoch abschwächend, mit dem Ausdruck „ethnische Kleidung“ nur zum Ausdruck gebracht zu haben, dass die Klägerin entgegen der Anforderung, sich dezent zu kleiden, farbenfrohe Kleidung bevorzugt habe. Mit „Vermummung“, was nur ein Synonym für „Verschleierung“ sei, sollte die Unvereinbarkeit jeglicher Verhüllung im öffentlichen Raum zum Ausdruck gebracht werden.
2. Die Klägerin macht in ihrem Rekurs geltend, dass der Beklagte entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts mit diesen E‑Mails für die Klägerin durchaus ein verpöntes Umfeld iSd § 21 Abs 2 Z 3 GlBG geschaffen habe, sodass sie dadurch diskriminiert worden sei.
3. Richtig ist, dass gemäß § 21 Abs 1 Z 1 GlBG eine Diskriminierung nach § 17 GlBG auch dann vorliegt, wenn eine Person vom Arbeitgeber selbst belästigt wird. Eine Belästigung liegt gemäß § 21 Abs 2 GlBG dann vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 GlBG, etwa der Religion, im Zusammenhang steht, gesetzt wird, die die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt (§ 21 Abs 2 Z 1 GlBG), die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist (§ 21 Abs 2 Z 2 GlBG) und die ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt (§ 21 Abs 2 Z 3 GlBG).
4.1 Das Berufungsgericht – und nun auch die Klägerin – übergehen allerdings bei ihren diesbezüglichen Überlegungen, dass sich die Klägerin in erster Instanz im Zusammenhang mit den E‑Mails des Beklagten vom 24. 3. und 4. 4. 2014 nicht auf den Tatbestand der Belästigung nach § 21 GlBG gestützt hat, sondern nur Diskriminierungen nach § 17 Abs 1 Z 6 und 7 GlBG geltend gemacht hat. Sie hatte daher auch keinen Grund, ein besonderes Vorbringen zu einem durch Belästigung beeinträchtigten Umfeld iSd § 21 Abs 2 Z 3 GlBG zu erstatten.
4.2 Auch wenn sich die Klägerin nicht auch noch auf eine Belästigung wegen der Religion stützte, sind die abfälligen Bemerkungen des Beklagten in den beiden E‑Mails über die religiöse Bekleidung der Klägerin nicht zu vernachlässigen.
Die Klägerin ging nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen offenbar von der Überlegung aus, dass die beanstandeten Bemerkungen des Beklagten kurz vor der Kündigung ohnehin in der Entschädigung für eine allfällige Beendigungsdiskriminierung aufgehen würden. Sie seien jedoch diskriminierend, selbst wenn der Beklagte den Gesichtsschleier zurecht untersagt hätte. Damit meinte die Klägerin offensichtlich die den E-Mails innewohnende Bestärkung der von ihr neben der Beendigungs-diskriminierung auch geltend gemachten Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen. Diese Überlegung der Klägerin ist hier durchaus schlüssig, denn nicht nur die Einschränkung der Klägerin beim Kundenkontakt und als Testamentszeugin hatte letztlich ihre (Mit‑)Ursache in der religiösen Kleidung der Klägerin, sondern auch die abfälligen Bemerkungen des Beklagten in den beiden E-Mails.
Die abschwächenden Erklärungen des Beklagten überzeugen in diesem Zusammenhang nicht. Der Ausdruck „Dauerexperiment“ machte sich über die religiöse Überzeugung der Klägerin lustig. Auch wenn hier von „ethnischer“ Kleidung die Rede ist, ist klar, dass es dem Beklagten nicht um die ethnische Zugehörigkeit der Klägerin, sondern um deren religiöse Kleidung (Religion) ging. Dass der Ausdruck „Vermummung“ gegenüber einer Muslima im vorliegenden Zusammenhang negativ besetzt ist, bedarf keiner besonderen Erörterung. Dies wurde auch vom Berufungsgericht zutreffend erkannt. Auch wenn in einem Initiativantrag (IA 680/A 21. GP) zur Novelle BGBl I 2002/127 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl 1953/98 (WV), von der Einführung eines „Vermummungsverbots“ die Rede war, vermied der Gesetzgeber letztlich diesen Ausdruck, sondern sprach nur vom bei Versammlungen verbotenen „Verhüllen oder Verbergen der Gesichtszüge“, um die Wiedererkennung zu verhindern (§ 9 Abs 1 Z 1 VersammlungsG 1953).
Zusammenfassend bestärken somit die abfälligen Bemerkungen des Beklagten in den E‑Mails vom 24. 3. und 4. 4. 2014 das Motiv der Diskriminierung der Klägerin bei den sonstigen Arbeitsbedingungen.
IV. Zur Aufschlüsselung des Klagebegehrens:
1. Das Berufungsgericht hat das Verfahren als ergänzungsbedürftig angesehen, weil von der Klägerin im konkreten Fall unterschiedliche Diskriminierungstatbestände behauptet worden seien, sodass diesbezüglich eine Aufschlüsselung des Klagebegehrens erforderlich sei. Dieser Rechtsansicht treten beide Parteien in ihren Rekursen entgegen und machen geltend, dass immaterieller Schadenersatz nach dem GlBG im Rahmen einer Globalbemessung geltend zu machen sei. Dazu ist auszuführen:
2. Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung jeder von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen ziffernmäßig bestimmt und individualisierbar sein muss (RIS‑Justiz RS0031014). Dies gilt grundsätzlich auch im Fall des Zusammentreffens mehrerer Ansprüche auf ideellen Schadenersatz (zB Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung, RIS‑Justiz RS0031014 [T1]; vgl 14 Ob 188/86). Ein Kläger kann daher in der Regel nicht bloß einen Pauschalbetrag geltend machen und es dann dem Gericht überlassen, ihm diesen aus der einen oder der anderen von mehreren vorgetragenen unterschiedlichen Sachverhaltsgrundlagen zuzuerkennen (Danzl, Verfahrensrechtliche Durchsetzung [von Verkehrsunfall-schäden] – worauf ist zu achten?, ZVR 2014/247, 493). Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung allerdings in jenen Fällen, in denen das Verlangen nach Angabe sämtlicher unselbständiger Teilpositionen bzw Einzelforderungen als Überspannung des Gebots der Präzisierung zu beurteilen ist, wenn sich ein auf einen einheitlichen Anspruchsgrund gestütztes Begehren aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzt, die während eines längeren Zeitraums aufgelaufen sind (RIS‑Justiz RS0037907). Handelt es sich um gleichartige Ansprüche können sie zu einem einheitlichen Begehren zusammengefasst werden; ein auf diese Weise geltend gemachter einheitlicher Gesamtschaden bedarf dann keiner weiteren Aufschlüsselung (3 Ob 258/09a mwH).
3. Hier können unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Gleichbehandlungsrechts ähnliche Überlegungen gelten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das GlBG grundsätzlich gegen Diskriminierungen aus verschiedenen Gründen (zB Religion) in verschiedenen Situationen des Arbeitsverhältnisses (zB bei den sonstigen Arbeitsbedingungen) wendet. Für jede einzelne Situation trifft das GlBG in den §§ 12, 26 gesonderte Rechtsfolgenanordnungen. Dabei findet sich immer wieder auch eine Entschädigung der diskriminierten Person für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
In den §§ 12 Abs 13, 26 Abs 13 GlBG wird klargestellt, dass auf eine allfällige Mehrfach-diskriminierung – darunter wird die Diskriminierung einer Person aufgrund eines Sachverhalts aber aufgrund mehrerer Diskriminierungsgründe (zB Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit) verstanden (RV 415 BlgNR 23. GP 7) – bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung Bedacht zu nehmen ist. Damit ist aber auch klargestellt, dass in diesem Fall die Ansprüche nicht kumulativ nebeneinander bestehen (RV 415 BlgNR 23. GP 7; Windisch‑Graetz, Probleme der Mehrfachdiskriminierung in der Arbeitswelt, DRdA 2005, 238 [242 f]).
Wird nun wie im vorliegenden Fall von der Klägerin einerseits eine Mehrfachdiskriminierung (Religion, Geschlecht) bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, andererseits eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen wegen Religion, im Ergebnis also eine mehrmalige Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht, so kann die diskriminierte Person schon aufgrund der gesonderten Rechtsfolgenanordnungen im GlBG die einzelnen Ansprüche auch gesondert geltend machen. Sie wird aber bei der Diskriminierung aus demselben Grund (hier: Religion) und soweit es jeweils nur um die Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung in verschiedenen Situationen geht, ohne Überspannung der Anforderungen dazu häufig gar nicht oder nur sehr schwer in der Lage sein und deshalb zu einer pauschalen Bemessung ihrer insgesamt erlittenen persönlichen Beeinträchtigung schreiten. Letzteres war auch hier der Fall, was vom Beklagten auch nicht weiter angezweifelt wird. Der vom Berufungsgericht verlangten Aufschlüsselung des Klagebegehrens bedarf es daher nach Lage des vorliegenden Falls nicht.
V. Zur Entscheidung in der Sache:
1. Erweist sich die Streitsache insgesamt als entscheidungsreif, so hat der Oberste Gerichtshof auch im Fall des Rekurses gegen einen Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsbeschluss des Berufungsgerichts gemäß § 519 Abs 2 Satz 3 ZPO in der Sache selbst durch Urteil zu erkennen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
2. Nach den Verfahrensergebnissen ist davon auszugehen, dass die Klägerin wegen der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 17 Abs 1 Z 6 GlBG vom Beklagten diskriminiert wurde, und zwar im Zusammenhang mit der in den E‑Mails des Beklagten ausdrücklich bestärkten einschränkenden Zuweisung von Arbeiten. Ihr steht daher gemäß § 26 Abs 6 GlBG eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung zu. Da für Ansprüche nach dieser Bestimmung gemäß § 29 Abs 1 GlBG die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1486 ABGB gilt und die diskriminierenden Handlungen nicht mehr als drei Jahre vor der Klageeinbringung (31. 7. 2014) liegen, spielt Verjährung hier keine Rolle.
3.1 Die Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung war gemäß § 26 Abs 14 GlBG zu bemessen. Danach muss durch die Entschädigung die Beeinträchtigung der diskriminierten Person tatsächlich und wirksam ausgeglichen werden. Die Entschädigung muss der erlittenen Beeinträchtigung angemessen sein und (weitere) Diskriminierungen verhindern.
Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der inhaltsgleichen Bestimmung des § 12 Abs 14 GlBG in der Entscheidung 9 ObA 87/15g ausführlich auseinandergesetzt. Danach gilt auch für den Anwendungsbereich des § 26 Abs 14 GlBG, dass die betroffene Person in die Lage versetzt werden soll, sich als Ausgleich für die durch die Beeinträchtigung entstandenen Unlustgefühle auf eine andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen verschaffen zu können. Die für die Höhe der Entschädigung gemäß § 26 Abs 14 GlBG maßgebliche Beeinträchtigung der betroffenen Person (ihre Betroffenheit) kann nur subjektiv beurteilt werden und ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Objektiv ist die Angemessenheit der Entschädigung und ihre präventive Funktion zu beurteilen.
3.2 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht hier kein weiterer Ergänzungsbedarf. Vorbringen und Feststellungen sind durchaus ausreichend, um die Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung der Klägerin zu bemessen. Danach ist der vorliegende Fall dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin – wenn auch nach einigen Diskussionen mit dem Beklagten – am Arbeitsplatz das islamische Kopftuch und die Abaya trug. Dies funktionierte auch einige Jahre ohne besondere Probleme. Nach der Rückkehr aus der Karenz kam es aber für die Klägerin wieder zu einem merkbaren Rückschritt, als der Beklagte zwar seine Zustimmung nicht zurücknahm, aber die Klägerin nur mehr eingeschränkt im Klientenkontakt und als Testamentszeugin verwendete. Dass das islamische Kopftuch und die Abaya vom Beklagten nur mehr eingeschränkt toleriert wurden, wurde nicht zuletzt in der Diskussion um den Gesichtsschleier deutlich, den der Beklagte zufolge Vorliegens des Ausnahmetatbestands des § 20 Abs 1 GlBG zwar zurecht nicht zuließ, aber festhielt, der „Bekleidungsstil“ der Klägerin würde jedenfalls „zwangsläufig“ zur Einschränkung des Klientenkontakts führen. Er habe ohnehin bisher das „Dauerexperiment ethnischer Kleidung“ unterstützt.
3.3 Nach all dem besteht kein Zweifel, dass die Einschränkungen der Klägerin bei den übertragenen Aufgaben zu einer – bestärkt durch die in den beiden E‑Mails zum Ausdruck gebrachte abfällige Bewertung der religiösen Bekleidung – persönlichen Beeinträchtigung der Klägerin führten, die gemäß § 26 Abs 6 GlBG durch eine Entschädigung auszugleichen ist.
Bei deren Bemessung ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in erster Instanz betonte, dass sie besonders durch die von ihr als diskriminierend empfundene Kündigung sehr verletzt worden sei. Da ihr nun in Bezug auf die von ihr geltend gemachte Beendigungsdiskriminierung gerade nicht gefolgt wurde und die Klägerin bei der Diskriminierung zulässig von einer Gesamtbetroffenheit ausging, die sie pauschal mit 7.000 EUR bewertete, ist klar, dass davon nur ein eher kleinerer Teil für die Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen zu veranschlagen ist. In Bezug darauf war einerseits zu berücksichtigen, dass die Klägerin einige Monate lang von den Einschränkungen im Klientenkontakt und als Testamentszeugin betroffen war; andererseits war von den Einschränkungen aber offensichtlich nur ein kleiner Teil ihrer Aufgaben insgesamt betroffen. Auf ein Verschulden des Beklagten kommt es im Rechtsfolgensystem des GlBG, soweit nicht Gegenteiliges normiert ist (zB für die Belästigung durch Unterlassen der Abhilfe nach § 21 Abs 1 Z 2 GlBG), grundsätzlich nicht an (RV 307 BlgNR 22. GP 18; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 8 mwN). Dennoch ist bei der Bemessung zu berücksichtigen, dass die Einschränkungen der Klägerin im Klientenkontakt und als Testamentszeugin nicht bloß „passiert“ sind, sondern vom Beklagten gewollt waren, was er durch seine beiden E-Mails bekräftigte (siehe zur Bemessung der Höhe des Schadenersatzes auch § 7j BEinstG; 9 ObA 18/08z).
3.4 Bei einer Gesamtbetrachtung aller dieser Umstände und unter Bedachtnahme auch darauf, dass der Entschädigung nach § 26 Abs 14 GlBG auch präventive Funktion zuzukommen hat, erscheint im vorliegenden Fall ein Entschädigungsbetrag für die erlittene persönliche Beeinträchtigung der Klägerin in Höhe von 1.200 EUR als angemessen.
4. Zusammenfassend sind die Rekurse beider Parteien insoweit berechtigt, als sie sich gegen den Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsbeschluss des Berufungsgerichts richten. In der Sache selbst ist jedoch weder dem Begehren der Klägerin auf vollständigen Zuspruch von 7.000 EUR noch dem Begehren des Beklagten auf vollständige Abweisung des Klagebegehrens zu folgen. Dem Klagebegehren ist mit 1.200 EUR Folge zu geben; das Mehrbegehren der Klägerin in Höhe von 5.800 EUR ist hingegen als unbegründet abzuweisen. Da die Klägerin in ihrer Klage ausdrücklich ausgeführt hat, keine Zinsen zu begehren, waren solche auch nicht zuzuerkennen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Im Hinblick auf die Änderung der Entscheidung in der Hauptsache war die Kostenentscheidung neu zu fassen. Die Klägerin ist mit lediglich rund 17 % ihres Begehrens durchgedrungen, sodass sie grundsätzlich dem Beklagten 66 % der Kosten des Verfahrens zu ersetzen hat.
Die im Verfahren erster Instanz von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die Kostennote des Beklagten sind berechtigt. Die Urkundenvorlagen des Beklagten vom 29. 8. und 31. 10. 2014 dienten nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil diese Urkunden mit den an denselben Tagen eingebrachten Schriftsätzen (Einspruch vom 29. 8. 2014 und Beweisantrag vom 31. 10. 2014) vorgelegt hätten werden können (§ 22 RATG). Ein Kostenersatz für Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis gebührt gemäß § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO nicht. Bei der Berechnung der Kosten des Beklagten war die der Klägerin gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO entsprechend ihrem Obsiegen anteilig zuzuerkennende Pauschalgebühr zu berücksichtigen.
Die Berufung im Kostenpunkt (Kostenrekurs) der Klägerin gegen das Ersturteil war nicht zu behandeln, weil mit der gegenüber dem Ersturteil erfolgten Abänderung in der Hauptsache – anders als im Falle der Wiederherstellung des Ersturteils – auch die bekämpfte Kostenentscheidung endgültig beseitigt wurde (9 ObA 201/90; 3 Ob 12/09z). Auch im Berufungsverfahren war die der Klägerin gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO entsprechend ihrem Obsiegen anteilig zuzuerkennende Pauschalgebühr bei der Berechnung des Ersatzanspruchs des Beklagten zu berücksichtigen.
Im Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof haben beide Parteien Rechtsmittel erhoben, sodass zwei Kostenentscheidungen zu treffen sind (Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 406).
Die Klägerin hat infolge ihres nur teilweise erfolgreichen Rekurses dem Beklagten 66 % der Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen. Bei der Berechnung der Kosten des Beklagten war die der Klägerin gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO entsprechend ihrem Obsiegen anteilig zuzuerkennende Pauschalgebühr zu berücksichtigen.
Der Beklagte obsiegte mit seinem Rekurs im Umfang von 83 % seines Rechtsschutzantrags, sodass ihm 66 % der Kosten des Rekurses und 83 % der Barauslagen zu ersetzen waren.
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