Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Verwirklichung des vom Berufungsgericht verneinten Entlassungsgrunds der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 dritter Fall AngG kann naturgemäß nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Wegen der Einzelfallbezogenheit stellt dies regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, soweit nicht ein grober Auslegungsfehler aus dem Grund der Rechtssicherheit zu korrigieren ist (vgl 8 ObA 67/06w; 8 ObA 84/06w; 8 ObA 52/07s; RIS-Justiz RS0105955 ua). Dies ist hier nicht der Fall. Nach den bindenden Feststellungen hat die Klägerin als kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführerin einen Sozialplan unterfertigt, weil sie der Beklagten helfen wollte, die Mitarbeiter fair zu behandeln. Der Sozialplan wurde allerdings nicht wirksam, weil neben der Klägerin kein weiterer kollektivvertretungsbefugter Prokurist der Beklagten mitunterschrieb.
Essentielles, jedem Entlassungstatbestand immanentes Merkmal ist, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers so unzumutbar ist, dass eine sofortige Abhilfe erforderlich ist (Kuderna, Entlassungsrecht² 60; 9 ObA 319/00b; RIS-Justiz RS0029009 ua). Richtig ist der Hinweis der Revisionswerberin, dass es dabei auf die Dauer der noch zur Verfügung stehenden Kündigungsfrist nicht ankommt (8 ObA 12/02a; RIS-Justiz RS0029013 ua). Dass das Berufungsgericht in seiner Beurteilung darauf hinwies, dass sich die Klägerin bei der Entlassung bereits in gekündigter Stellung befand und auch ihre Dienstfreistellung bevorstand, stellt entgegen der Annahme der Revisionswerberin nicht den tragenden Grund der Verneinung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung durch das Berufungsgericht dar. Dass es sämtliche Aspekte des vorliegenden Falls, somit auch den vorerwähnten, in seine Beurteilung einbezog, begründet keinen „groben Auslegungsfehler". Durch die Berücksichtigung der vor der Entlassung erfolgten Kündigung wurde nämlich erst klargelegt, dass der Umstand, dass die Beklagte laut ihrem erstinstanzlichen Vorbringen schon seit geraumer Zeit mit der Leistung der Klägerin nicht mehr zufrieden war, von der Beklagten nicht als entlassungswürdig angesehen wurde, sondern nur zur Kündigung führte.
Auch das Argument der Revisionswerberin, dass es bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit der Klägerin nicht auf das limitierte „rechtliche Können", sondern primär auf das fehlende „rechtliche Dürfen" ankomme, zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf. Dass eine kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführerin eine Unterschrift leistete, von der alle Beteiligten wussten, dass sie in rechtlicher Hinsicht nur eine schwebende Unwirksamkeit begründete, de facto aber bedeutungslos war, weil kein weiterer kollektivvertretungsbefugter Prokurist mitunterfertigte und damit bestenfalls Symbolwirkung hatte, unterstreicht den Einzelfallcharakter der gegenständlichen Konstellation. Bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit der weiteren Beschäftigung kann die Folgenlosigkeit der Unterfertigung durch die Klägerin nicht völlig ausgeblendet werden. Das feststehende, im Übrigen auch von der Beklagten in der Berufungsbeantwortung zugrundegelegte Motiv der Klägerin, nur einen Beitrag zur fairen Behandlung der Mitarbeiter leisten zu wollen, lässt die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten die weitere Beschäftigung der Klägerin für die Dauer der Kündigungsfrist nicht unzumutbar war, als zumindest vertretbar erscheinen. Dabei hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt, dass bei Angestellten in leitender Stellung im Allgemeinen ein strengerer Maßstab an die Vertrauenswürdigkeit anzulegen ist (8 ObA 52/07s; RIS-Justiz RS0029652 ua).
Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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