Spruch:
1.) Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Stattgebung des Unterlassungsbegehrens hinsichtlich der Klausel 3 („§ 7 Abs 3 Mitteilungen nur an die Zahlstelle") richtet, zurückgewiesen.
2.) Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.468,08 EUR (darin 244,68 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der gemäß § 29 KSchG klageberechtigte Verein macht Unterlassungsansprüche nach § 28 Abs 1 KSchG geltend. Die Beklagte ist Emittentin von Teilschuldverschreibungen und tritt dabei auch in geschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern im Sinn des § 1 KSchG. Sie verwendet bei Vertragsabschlüssen mit Konsumenten Allgemeine Geschäftsbedingungen, nämlich die „Bedingungen der Teilschuldverschreibungen RQ REOP 2007-2013". Sie verwendet in diesen AGB unter anderem folgende (- im Revisionsverfahren noch relevante -) Klauseln:
„§ 6 Zahlstelle, Zahlungen ...
§ 6 Abs 3 (Anmerkung: Dieser Absatz wird zwar nicht angefochten, aber zum besseren Verständnis wiedergegeben): „Die Zahlstelle handelt ausschließlich als Beauftragte der Emittentin und übernimmt keinerlei Verpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern. Es wird kein Auftrags- oder Treuhandverhältnis zwischen ihr und den Anleihegläubigern begründet."
„ § 6 Abs 4 Erfüllung: Die Emittentin wird durch Leistung von Zahlungen aus den Teilschuldverschreibungen an die Zahlstelle oder deren Order von ihrer Zahlungspflicht befreit. Eine Zahlung aus den Teilschuldverschreibungen gilt als rechtzeitig, wenn sie am Fälligkeitstag nicht später als 12:00 Uhr auf dem Konto der bestellten Zahlstelle einlangt." (Klausel 1)
„ § 7 Kündigung, Mitteilungen
Abs 1 (nicht angefochtener Teil: ' Kündigung durch Anleihegläubiger: Eine ordentliche Kündigung seitens der Anleihegläubiger ist unwiderruflich ausgeschlossen …')
Angefochtener Teil: „Jeder Anleihegläubiger ist jedoch berechtigt, seine Teilschuldverschreibungen zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung zum Ausgabekurs gemäß § 4 Abs 1 dieser Bedingungen zuzüglich aliquoter Verzinsung gemäß § 5 Abs 2, bis zum Tage der Kündigung zu verlangen, falls: (i) die Emittentin ihre Zahlungen einstellt oder ihre Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung allgemein bekannt gibt, oder ihren Gläubigern eine allgemeine Regelung zur Bezahlung ihrer Schulden anbietet; oder (ii) ein Gericht ein Insolvenzverfahren gegen die Emittentin eröffnet oder ein solches Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens abgelehnt wird. Das Kündigungsrecht erlischt, falls der Kündigungsgrund vor wirksamer Ausübung des Rechts gemäß Abs 2 geheilt wurde.
Abs 2) In den Fällen gemäß Abs 1 wird eine Kündigung erst wirksam, wenn bei der Zahlstelle Kündigungserklärungen von Anleihegläubigern in Nominale von mindestens 1/10 der dann ausstehenden Teilschuldverschreibungen eingegangen sind." (Klausel 2)
...
„ § 7 Abs 4 Kündigung durch die Emittentin: Die Emittentin ist berechtigt, die Teilschuldverschreibungen während der Laufzeit jeweils zum 30. Juni eines jeden Kalenderjahres, erstmalig jedoch zum 30. Juni 2009, mit Wirkung und Fälligkeit jeweils zum 1. August desselben Kalenderjahres durch Bekanntmachung gemäß § 11 der Bedingungen zu dem sich aus § 7 Abs 5 der Bedingungen ergebenden Kurs zu kündigen, mit welchem sämtliche Ansprüche des Anleihegläubigers abgefunden sind." (Klausel 4).
(§ 7 Abs 5 lautet:
„Fälligkeit per Kurs in EUR
1. August 2009 64,72
1. August 2010 71,20
1. August 2011 78,31
1. August 2012 88,50").
„§ 12 Abs 3) Versammlung der Anleihegläubiger, Änderung der Bedingungen"
(nicht angefochten sind die Abs 1 und 2:
Abs 1 Versammlungen der Anleihegläubiger: Versammlungen der Anleihegläubiger können von der Geschäftsführung der Emittentin im Bedarfsfall durch Veröffentlichung der Einladung unter Einhaltung einer Einberufungsfrist von vier Wochen ab Veröffentlichung einberufen werden. Die Einberufung hat unter Angabe der Tagesordnung zu erfolgen. Den Vorsitz in der Versammlung der Anleihegläubiger führt ein Mitglied der Geschäftsführung der Emittentin.
Abs 2 Beschlussfähigkeit: Die Versammlung der Anleihegläubiger ist beschlussfähig, wenn zumindest 25 % des ausgegebenen Anleihekapitals anwesend oder gültig vertreten sind. Sollte eine Versammlung der Anleihegläubiger dieses für die Beschlussfähigkeit erforderliche Anwesenheitsquorum nicht erreichen, ist eine neuerliche Versammlung der Anleihegläubiger mit gleicher Tagesordnung einzuberufen, die unabhängig vom anwesenden Anleihekapital beschlussfähig ist).
Angefochtener Teil:
„ Abs 3 Änderung der Bedingungen: Die Versammlung der Anleihegläubiger fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit des anwesenden oder gültigen vertretenen Nominales, wobei Nominale 100 EUR jeweils eine Stimme gewähren. Beschlüsse, die eine Änderung der Bedingungen zum Gegenstand haben, können nur auf Vorschlag der Geschäftsführung der Emittentin und nur mit einer Mehrheit von 75 % des anwesenden oder gültig vertretenen Nominales gefasst werden, wobei Nominale 100 EUR jeweils eine Stimme gewähren." (Klausel 5)
„§ 13 Anwendbares Recht, Gerichtsstand, Teilnichtigkeit ...
Abs 3 Teilnichtigkeit : Sollten irgendwelche Bestimmungen dieser Bedingungen ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so bleiben die übrigen Bestimmungen dieser Bedingungen in Kraft. ( Anmerkung: Das Unterlassungsbegehren wurde hinsichtlich dieses ersten Satzes vom Berufungsgericht rechtskräftig abgewiesen). Unwirksame Bedingungen sind dem Sinn und Zweck dieser Bedingungen entsprechend durch wirksame Bestimmungen zu ersetzen, die in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen denjenigen der unwirksamen Bestimmungen so nahe kommen wie rechtlich möglich." (Klausel 7)
Der klagende Verein begehrte mit seiner Klage die Beklagte für schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeingen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zu Grunde legt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln (- soweit im Revisionsverfahren noch relevant, wie oben erwähnt -) oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen und sich auf die vorstehend genannten Klauseln zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind. Der Kläger erhob weiters ein Veröffentlichungsbegehren.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren hinsichtlich der Klauseln 1, 3, 4, 5, 6 und 7 statt, das Begehren hinsichtlich der Klausel 2 wies es ab. Die Stattgebungen hinsichtlich der Klauseln 3 und 6 sind in Rechtskraft erwachsen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers in Ansehung der Klausel 2 statt und erweiterte die Klagestattgebung auch auf diese Klausel. In teilweiser Stattgebung der Berufung der Beklagten wies es das Klagebegehren hinsichtlich des ersten Satzes der Klausel 7 unangefochten ab. Im Übrigen bestätigte es das Ersturteil. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Gegen den klagestattgebenden Teil des Berufungsurteils wendet sich die aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Beklagten.
Zu 1.): Die Revisionswerberin übersieht, dass die Klausel 3 („§ 7 Abs 3 Mitteilungen nur an die Zahlstelle") mangels Anfechtung schon nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens war, die diesbezügliche Stattgebung durch das Erstgericht ist daher in Rechtskraft erwachsen.
Zu 2.):
Im Übrigen ist die Revision zulässig, aber nicht berechtigt:
Von folgenden, vom Obersten Gerichtshof im Verbandsprozess in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen (zuletzt 3 Ob 12/09z) ist auszugehen:
1. Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er seinen Verträgen zu Grunde legt, oder hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, kann nach § 28 Abs 1 KSchG auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Verbot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart wurde.
2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Dabei ist einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit" zu berücksichtigen. Weicht eine Klausel vom dispositiven Recht ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (stRsp; zuletzt 3 Ob 12/09z). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RIS-Justiz RS0014676; zuletzt 3 Ob 12/09z).
Die Ausnahme von der in § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle - die Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten - ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben. Die im dispositiven Recht geregelten Modalitäten der Hauptleistung, also vor allem Ort und Zeit der Vertragserfüllung, fallen nicht unter diese Ausnahme (RIS-Justiz RS0016908; RS0016931). Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder ausfüllen, unterliegen ebenfalls der Inhaltskontrolle (6 Ob 253/07k; 3 Ob 12/09z).
3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Durch diese Bestimmung wurde die Vertragsklausel-Richtlinie 93/13/EWG umgesetzt und damit ausdrücklich das sogenannte Transparenzgebot für Verbrauchergeschäfte normiert. Diese soll dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren. Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden (stRsp; zuletzt 3 Ob 12/09z). Es soll verhindert werden, dass der Verbraucher durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird (SZ 2002/153 ua). Daraus kann sich konkret eine Verpflichtung zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkungen einer Klausel sonst unklar bliebe (RIS-Justiz RS0115219).
4. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klausel im „kundenfeindlichsten" Sinn zu erfolgen. Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (stRsp; zuletzt 3 Ob 12/09z). Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als „eigenständig" im Sinn des § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks. Es können vielmehr auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Es kommt darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (SZ 2006/125; 3 Ob 12/09z).
Vorweg ist dem generellen Argument der Beklagten, dass dem Anlegerschutz durch Bestimmungen des KMG und WAG ausreichend Rechnung getragen werde, Folgendes entgegenzuhalten:
Die Beklagte bestreitet gar nicht, dass ihre Teilschuldverschreibungen auch im Rahmen von Verbraucherverträgen gezeichnet werden. Eine teleologische Reduktion von Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes kommt aber nicht allgemein in Betracht, um entgegen der Typisierung durch das Gesetz allenfalls auf eine im Einzelfall abgeschwächte Ungleichgewichtslage abzustellen (RIS-Justiz RS0065288). Auch ist nicht nachvollziehbar, dass der generelle Schutz des KSchG bei Konsumenten, die Wertpapiere ankaufen, geringer ausfallen sollte, als bei anderen Verbrauchergeschäften. Dass dabei ein im Sinn der zitierten Rechtsprechung atypisches Geschäft vorliege, kann nicht unterstellt werden.
Die Beurteilung der einzelnen, im Revisionsverfahren noch strittigen Klauseln erfolgt in der aus der Klage ersichtlichen Reihenfolge und Nummerierung.
Klausel 1 (§ 6 Abs 4 der AGB):
„Erfüllung: Die Emittentin wird durch Leistung von Zahlungen aus den Teilschuldverschreibungen an die Zahlstelle oder deren Order von ihrer Zahlungspflicht befreit. Eine Zahlung aus den Teilschuldverschreibungen gilt als rechtzeitig, wenn sie am Fälligkeitstag später als 12:00 Uhr auf dem Konto der bestellten Zahlstelle einlangt."
Der Kläger beanstandet diese Klausel als Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB: Während sich die Emittentin durch Zahlung an einen Gehilfen, auf dessen Auswahl die Anleihegläubiger keinen Einfluss haben, von ihrer Schuld befreie und somit den Anleihegläubigern ein zusätzliches Liquiditätsrisiko aufgebürdet werde, stehen diese in keinerlei Rechtsverhältnis zur Zahlstelle und könnten daher im Falle einer Weigerung oder einer Insolvenz der Zahlstelle nicht mehr auf die Emittentin greifen.
Die Beklagte wendete ein, dass diese Vorgangsweise Marktstandard sei und als Zahlstelle ein österreichisches Kreditinstitut fungiere, dessen Bonität sicher besser sei als die der Emittentin. Eine Auszahlung durch die Emittentin selbst sei nicht zumutbar. Überdies könnten sich die Anleihegläubiger als Begünstigte aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter auch direkt an die Zahlstelle wenden.
Das Erstgericht erachtete die Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Insbesondere werde zusätzlich ein Insolvenzrisiko eines Dritten auf die Anleihegläubiger überwälzt.
Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Wenngleich die Einschaltung einer Zahlstelle nicht per se sittenwidrig sei, so sei doch darin eine gröbliche Benachteiligung zu sehen, dass sich die Emittentin durch Zahlung an die Zahlstelle zur Gänze von ihrer Schuld befreien könne, während die Anleihegläubiger in keinem Rechtsverhältnis zur Zahlstelle stehen und daher auf deren Auszahlungswilligkeit angewiesen seien. Zusätzlich werde den Anleihegläubigern zum Insolvenzrisiko der Emittentin noch dasjenige einer Zahlstelle aufgebürdet.
Der Oberste Gerichtshof teilt die Rechtsauffassung der Vorinstanzen.
Die in der Revision aufgestellte Behauptung, dass eine derartige Klausel Marktstandard sei, entbindet das Gericht nicht von der Prüfung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Die Beklagte vermag nicht darzulegen, warum es notwendig sein sollte, dass sich die Emittentin durch Zahlung an die Zahlstelle zwar zur Gänze von ihrer Schuld befreit, andererseits aber den Gläubigern überhaupt kein Recht (sei es auch von der Beklagten abgeleitet) gegenüber der Zahlstelle eingeräumt wird. Das Argument, die Anleihegläubiger könnten aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter gegen die Zahlstelle vorgehen, geht an der Vereinbarung vorbei, dass die Zahlstelle ausschließlich als Beauftragte der Emittentin handelt und keinerlei Verpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern übernimmt (§ 6 Abs 3 der AGB). Der Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB gebietet daher die Untersagung dieser Klausel.
Klausel 2 (§ 7 Abs 1, 2 der AGB):
Abs 1) ... Jeder Anleihegläubiger ist jedoch berechtigt, seine Teilschuldverschreibungen zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung zum Ausgabekurs gemäß § 4 Abs 1 dieser Bedingungen, zuzüglich aliquoter Verzinsung gemäß § 5 Abs 2, bis zum Tage der Kündigung zu verlangen, falls: (i) die Emittentin ihre Zahlungen einstellt oder ihre Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung allgemein bekannt gibt, oder ihren Gläubigern eine allgemeine Regelung zur Bezahlung ihrer Schulden anbietet; oder (ii) ein Gericht ein Insolvenzverfahren gegen die Emittentin eröffnet oder ein solches Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens abgelehnt wird. Das Kündigungsrecht erlischt, falls der Kündigungsgrund vor wirksamer Ausübung des Rechts gemäß Abs 2 geheilt wurde.
Abs 2) In den Fällen gemäß Abs 1 wird eine Kündigung erst wirksam, wenn bei der Zahlstelle Kündigungserklärungen von Anleihegläubigern in Nominale von mindestens 1/10 der dann ausstehenden Teilschuldverschreibungen eingegangen sind.
Der Kläger erachtet diese Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil darin eine unzulässige Einschränkung einer - sonst immer möglichen - vorzeitigen Auflösung durch die Anleihegläubiger aus wichtigem Grund liege, der Kündigungsgrund in Wirklichkeit aussichtslos sei und überdies die Wirksamkeit von einem bestimmten Quorum abhängig sei.
Die Beklagte hält dem entgegen, dass auch diese Klausel Marktstandard sei und den Anleihegläubigern bei Wegfall dieser Klausel kein Nutzen erwachse.
Dem entgegnete der Kläger, es werde der Eindruck erweckt, dass, weil eine ordentliche Kündigung nicht möglich sei (Satz 1 der Bestimmung), auch vorzeitige Auflösungen aus wichtigem Grund auf die zwei genannten Gründe beschränkt seien.
Das Erstgericht wies das diese Klausel betreffende Klagebegehren ab. Die Erwähnung eines bestimmten Kündigungsrechts sei nicht nachteilig. Die außerordentliche Auflösung aus wichtigen Gründen sei dadurch nicht ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil ab und gab der Klage auch diesbezüglich statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass aus dem maßgeblichen Kontext der Eindruck entstehe, dass auch eine außerordentliche Kündigung auf die zwei genannten Gründe eingeschränkt werde. Die im Rahmen einer Verbandsklage gebotene „kundenfeindliche" Auslegung gehe zu Lasten der Beklagten.
In der Revision hält die Beklagte ihren Standpunkt aufrecht. Durch die genannten besonderen Kündigungsgründe würden andere außerordentliche Auflösungsgründe nicht ausgeschlossen, „zur Rechtssicherheit" seien nur diese beiden Gründe angeführt worden.
Wie vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt (§ 510 Abs 3 ZPO), ist im Verbandsklageverfahren die „kundenfeindlichste" Auslegung zur Beurteilung maßgeblich. Bei Anwendung dieses Grundsatzes ergibt sich im Kontext tatsächlich der Eindruck, dass nicht nur ordentliche Kündigungen überhaupt ausgeschlossen sind, sondern überdies auch eine außerordentliche Auflösung nur aus den ausdrücklich genannten Gründen zulässig ist. Darin ist eine gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB zu sehen.
Klausel 4 (§ 7 Abs 4 der AGB):
Kündigung durch die Emittentin: Die Emittentin ist berechtigt, die Teilschuldverschreibungen während der Laufzeit jeweils zum 30. Juni eines jeden Kalenderjahres, erstmalig jedoch zum 30. Juni 2009, mit Wirkung und Fälligkeit jeweils zum 1. August desselben Kalenderjahres durch Bekanntmachunggemäß § 11 der Bedingungen zu dem sich aus § 7 Abs 5 der Bedingungen ergebenden Kurs zu kündigen, mit welchem sämtliche Ansprüche des Anleihegläubigers abgefunden sind.
Der Kläger sieht darin einerseits eine unsachliche Bevorzugung der Emittentin, da den Anleihegläubigern eine vorzeitige Kündigung der Hochrisikopapiere nur in der Krise der Emittentin eingeräumt werde (siehe die bekämpfte Klausel 2), während die Emittentin durch vorzeitige Kündigung die eigene Rendite, die erwartet werde, beeinflussen könne. Auch sei § 864a ABGB anzuwenden, weil das Produkt im Prospekt mit 10 % Durchschnittsrendite beworben werde, diese aber gerade durch eine vorzeitige Kündigung seitens der Emittentin nicht mehr gewährleistet sei. Weiters liege ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG vor.
Die Beklagte wendete ein, dass der Mindestzinssatz von 7 % selbst bei vorzeitiger Kündigung durch die Emittentin eine ausreichende Risikoabdeckung darstelle. Auch gestalte sich diese Klausel zum Vorteil der Anleihegläubiger, wenn nämlich der erwartete Erfolg der Emittentin bei Investitionen nicht eintrete und die Anleihegläubiger somit nicht die ganze Laufzeit abwarten müssten. Auch liege kein Ungleichgewicht vor, weil dem Lösungsrecht der Emittentin das Recht des jederzeitigen Verkaufs der Inhaber der Teilschuldverschreibungen gegenüberstehe. Weiters wurde das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 864a ABGB und § 6 Abs 2 Z 1 KSchG bestritten.
Der Kläger brachte ergänzend vor, dass bei einer vorzeitigen Kündigung selbst das Erreichen einer 7%igen Verzinsung unrealistisch sei, weil die Beklagte außer Acht lasse, dass bereits bei Anschaffung der Papiere ein 5%-Aufschlag vom Nominalwert zu zahlen sei. Dieser Aufschlag wurde von der Beklagten nicht qualifiziert bestritten.
Das Erstgericht sah einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil den Anleihegläubigern kein Äquivalent zum Kündigungsrecht der Beklagten eingeräumt werde.
Das Berufungsgericht bestätigte diesbezüglich die Klagestattgebung und bejahte ebenfalls einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Wenn die Beklagte nach zwei Jahren von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch mache, werde nicht einmal ein Zinssatz von 7 % erreicht, sondern im Hinblick auf den 5 %-Zuschlag bei der Ausgabe ein solcher von effektiv nur 4,421 %. Die Emittentin habe dadurch die Möglichkeit, den eigenen Gewinn zu maximieren, wenn sie keine höhere Rendite bei voller Laufzeit auszahlen müsse. Die Veräußerungsmöglichkeit der Inhaberpapiere durch die Anleihegläubiger beeinflusse das Verhältnis zur Emittentin nicht.
In der Revision hält die Beklagte ihren Standpunkt aufrecht.
Es trifft zwar zu, dass die Emittentin durch vorzeitige Kündigung auch mögliche Risken einer Weiterveranlagung abfangen kann. Dies ändert aber nichts daran, dass es im Belieben der Emittentin liegt, auf den Erfolg eigener Investitionen zu ihren eigenen Gunsten zu reagieren. Den Anleihegläubigern ist diese Möglichkeit nicht gegeben. Ihr Weiterverkaufsrecht (an Dritte!) stellt daher kein Äquivalent zur Kündigungsmöglichkeit der Emittentin dar. Zu Recht sind daher die Vorinstanzen von einer gröblichen Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB ausgegangen.
Klausel 5 (§ 12 Abs 3)
Änderung der Bedingungen: Die Versammlung der Anleihegläubiger fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit des anwesenden oder gültig vertretenen Nominales, wobei Nominale 100 EUR jeweils eine Stimme gewähren. Beschlüsse, die eine Änderung der Bedingungen zum Gegenstand haben, können nur auf Vorschlag der Geschäftsführung der Emittentin und nur mit einer Mehrheit von 75 % des anwesenden oder gültig vertretenen Nominales gefasst werden, wobei Nominale 100 EUR jeweils eine Stimme gewähren.
Der Kläger sieht darin eine gröbliche Benachteiligung: Die Initiative für eine Gläubigerversammlung sei ausschließlich der Emittentin vorbehalten, der auch ein ausschließliches Vorschlagsrecht zukomme. Wenn es ihr gelinge, ein entsprechendes Quorum zu erlangen, könne sie damit auch unzumutbare Vertrags- bzw Leistungsänderungen durchsetzen. Dem hielt die Beklagte entgegen, dass sie zwar selbst das Vorschlagsrecht habe, Änderungen aber nur die Anleihegläubiger selbst beschließen könnten. Diese treffe ja keine Verpflichtung entsprechende Beschlüsse zu fassen. Sowohl das Quorum von 25 % als auch das Erfordernis dreier Viertel des anwesenden und gültig vertretenen Nominales seien ausreichend.
Das Erstgericht folgte der Argumentation des Klägers und sah in dieser Klausel einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB.
Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts; auch zentrale Vertragsbedingungen könnten durch Initiative der Emittentin zum Nachteil der Minderheit geändert werden.
Die Revision gibt die schon bisher ins Treffen geführten Argumente wieder und beruft sich insbesondere darauf, dass in Deutschland ähnliche Regelungen bestünden, wie sie in dieser Klausel vorgesehen seien. Sie verweist auf das deutsche „Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen" in der bis vor kurzem geltenden Fassung, insbesondere dessen § 11. Dabei übersieht sie, dass in § 11 Abs 1 dieses Gesetzes ausdrücklich festgelegt war, dass die Aufgabe oder Beschränkung von Rechten der Gläubiger, insbesondere die Ermäßigung des Zinsfußes oder die Bewilligung einer Stundung, von der Gläubigerversammlung höchstens für die Dauer von drei Jahren oder nur zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beschlossen werden kann. Darüber hinaus bleibt unbeachtet, dass nach § 3 des deutschen Schuldverschreibungsgesetzes aF die Versammlung zwar vom Schuldner einberufen wurde, jedoch auch die Gläubiger, deren Schuldverschreibungen zusammen den 20. Teil des Gesamtbetrags der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen erreichten, oder ein von der Gläubigerversammlung bestellter Vertreter der Gläubiger die Einberufung verlangen konnten.
Im Übrigen wurde das von der Beklagten ins Treffen geführte deutsche Schuldverschreibungsgesetz gerade wegen erkannter Unzulänglichkeiten im Bereich der Gläubigerrechte einer Änderung unterworfen; es sieht in der seit 31. Juli 2009 geltenden Fassung eine detaillierte Regelung hinsichtlich der zu treffenden Beschlüsse vor (§ 5 ff).
Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin ist eine mögliche Einflussnahme durch die Emittentin keineswegs unrealistisch, zumal die Emittentin selbst Teilschuldverschreibungen erwerben und auch selbst halten kann (§ 10 Abs 2 letzter Satz der AGB).
Dem alleinigen Initiativ- und Vorschlagsrecht der Emittentin steht auf Seiten der Anleihegläubiger kein Äquivalent gegenüber, sodass von einer gröblichen Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB auszugehen ist.
Klausel 7 (§ 13 Abs 3 der AGB):
Teilnichtigkeit ... Unwirksame Bestimmungen sind dem Sinn und Zweck dieser Bedingungen entsprechend durch wirksame Bestimmungen zu ersetzen, die in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen denjenigen der unwirksamen Bestimmungen so nahe kommen wie rechtlich möglich.
Der Kläger sieht darin eine unklare oder unverständliche und damit gemäß § 6 Abs 3 KSchG verpönte Klausel. Die Beklagte wendete ein, dass eine „salvatorische Klausel" zulässig sei und nur einen Zustand herstelle, wie er sich allgemein bei einer Teilnichtigkeit ergebe. Das Erstgericht sah einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG. Während das Berufungsgericht im (hier nicht mehr relevanten) ersten Satz keinen Verstoß sah, bestätigte es die Klagestattgebung hinsichtlich des zweiten Satzes dieser Klausel, weil diese gegen § 6 Abs 3 KSchG verstoße.
Die Revision verteidigt diese Klausel mit dem Hinweis, dass nur auf diese Weise bei Teilnichtigkeiten der gesetzliche Zustand wieder hergestellt werden kann. Bei hochspekulativen Anlagen könnten nicht Maßstäbe von Versicherungs- oder Mietverträgen herangezogen werden, ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG sei somit nicht gegeben.
Der Revision ist entgegenzuhalten, dass, wie schon eingangs erwähnt, allein der Umstand, dass es sich um hochspekulative Papiere handelt, die Schutzwirkung des Konsumentschutzgesetzes nicht unterlaufen kann. Wenn sich die Beklagte auch an Konsumenten wendet, muss sie sich gefallen lassen, dass auch die für diesen Personenkreis geschaffenen Schutzgesetze Anwendung finden.
Zuletzt wurde eine ähnliche Klausel vom Obersten Gerichtshof (3 Ob 12/09z) als gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstoßend beurteilt. An dieser Rechtsauffassung ist auch hier festzuhalten. Für den Konsumenten ist die für den Fall der Teilnichtigkeit angekündigte Vertragsänderung nicht vorhersehbar, dies wird auch durch die Formulierung „so nahe ... wie rechtlich möglich" nicht genauer spezifiziert.
Der Revision war daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)