European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0090OB00061.17M.1128.000
Spruch:
I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird wie im Kopf der Entscheidung ersichtlich berichtigt.
II. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zu I. Die Bezeichnung der beklagten Partei war infolge des über die vormalige Beklagte eröffneten Insolvenzverfahrens (***** LGZ Graz) wie im Spruch ersichtlich von Amts wegen richtigzustellen (§ 235 Abs 5 ZPO; RIS‑Justiz RS0039713). Eine Umstellung des Leistungs- in einen Feststellungsanspruch ist im Rahmen der Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nicht vorzunehmen (s RIS‑Justiz RS0065967 [T4, T5]).
Zu II.1. Fragen der Vertragsauslegung können nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen, wenn die Vorinstanzen ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt haben (RIS‑Justiz RS0042936; RS0042776; RS0043415). Das ist hier nicht der Fall.
Nach der hier strittigen Vertragsklausel (Pkt 4, 3. Abs) sind im Fall der – aus welchem Grund immer – vorzeitigen Vertragsauflösung die bisher von der Leasingnehmerin geleisteten Zahlungen als Mietzahlungen zu betrachten. Das Berufungsgericht bezog diese Klausel nach der Vertrauenstheorie auf die Zahlung der vereinbarten Leasingraten. Die Beklagte – die die jeweiligen Leasingraten nur zu einem Bruchteil zahlte – hält dem lediglich den Wortlaut der Klausel entgegen, womit sie jedoch weitere maßgebliche Auslegungskriterien übergeht (Vertrauenstheorie; objektive Beurteilung der Sachlage aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers, s RIS-Justiz RS0017884; RS0014160). Insbesondere zeigt sie zur Erwägung des Berufungsgerichts, dass es sonst auch bei jeder noch so geringen Zahlung zu einer Schuldbefreiung der Beklagten käme, keine Interessenlage auf, die für ihren Standpunkt sprechen könnte. Ein unvertretbares und deshalb korrekturbedürftiges Auslegungsergebnis des Berufungsurteils liegt nicht vor.
2. Die Beklagte meint weiter, infolge von Rechtsmängeln des Immobilienleasingvertrags zur Minderung des Leasingentgelts berechtigt gewesen zu sein.
Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach dem Grad und der Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts (RIS-Justiz RS0021324), was ebenso nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist und damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft (RIS‑Justiz RS0021324 [T3]; RS0108260 [T2]).
Weder der Zulassungsbeschwerde noch den Feststellungen ist zu entnehmen, inwiefern die Unterlage „Vorgaben für einen Projektwerber“ (raumordnerisches Gutachten, laut dem die Abtretung von Wegen in das öffentliche Gut unabdingbar sei) dem Projekt der Beklagten entgegenstand. Die Klägerin hat der Beklagten keine bestimmte Nutzungsmöglichkeit zugesichert, sondern war vielmehr mit jeder Nutzung einverstanden, mag sie das Vorhaben der Beklagten auch gebilligt haben. Die Beklagte hatte sich vertraglich verpflichtet, „keine wie immer gearteten Rechte und Ansprüche aus … der Verwendbarkeit, Widmung und Beschaffenheit des Leasinggegenstandes gegen die Leasinggeberin zu stellen“. Die Einholung der notwendigen behördlichen Bewilligungen oblag ihr. Um eine Sondernutzung hatte sie nicht schriftlich angesucht. Die allfällige Neuregelung der Wanderwegsituation (Begehbarkeit des Areals am Rande) war noch vor Vertragsabschluss besprochen worden. Gründe für die Herabsetzung des Leasingentgelts wegen eines bei Vertragsabschluss nicht bekannten Rechtsmangels liegen hier nicht vor.
3. Weitere Revisionsgründe zeigt die Zulassungsbeschwerde nicht auf. Zu den Revisionsausführungen wird lediglich angemerkt:
Auch ob Sittenwidrigkeit vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die nicht aufzugreifen ist, wenn das Berufungsgericht bei dieser Entscheidung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat (RIS‑Justiz RS0042881 [T8]). Auch das ist hier angesichts dessen, dass ein (vermeintliches) Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein noch keine Sittenwidrigkeit begründet (RIS‑Justiz RS0016476) und die Beklagte aufgrund der jederzeitigen Kündbarkeit des Vertrags auch nicht in ihrer wirtschaftlichen Freiheit beeinträchtigt war, nicht der Fall. Zum Tatbestand des Wuchers vermisste schon das Berufungsgericht entsprechendes Vorbringen.
Auch zu ihrem Vorbringen, dass die Liegenschaft in der Vorrangzone Grünzone (§ 5 REPRO) liege, hat das Berufungsgericht substanziiertes Vorbringen in erster Instanz vermisst. Dies wird in der Revision nicht widerlegt.
4. Die Erwägungen der Beklagten zu einem äußeren Tatbestand dahin, dass eine neue Vereinbarung hinsichtlich der Aussetzung bzw Herabsetzung der Leasingraten getroffen worden sei, gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, der lediglich auf eine Verwendungszusage jenes Bürgermeisters schließen lässt („Verständnis“ für die Beklagte, er werde sich „einsetzen“).
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen, ohne dass die Zurückweisung einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).
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