Spruch:
1.) Die "außerordentliche" Revision wird, soweit sie die Forderung von EUR 2.656,12 sA (2 C 115/03z des BG Schärding) betrifft, zurückgewiesen.
2.) Die außerordentliche Revision wird, soweit sie die Forderung von EUR 27.728,03 sA (2 C 114/03b des BG Schärding) betrifft, gemäß § 508 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
3.) Hinsichtlich der zu 2 C 116/03x des BG Schärding geltend gemachten Forderung über EUR 10.045,42 sA wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die klagende Partei brachte am 29. 10. 2001 insgesamt drei Darlehensklagen gegen die beklagten Parteien ein, und zwar diejenigen über (nunmehr) EUR 2.656,12 sA und (nunmehr) EUR 27.728,03 sA beim damals noch bestehenden BG Engelhartszell, diejenige über (nunmehr) EUR 10.045,42 sA beim Landesgericht Ried. Die letztgenannte Rechtssache wurde über einstimmenden Antrag der Parteien gemäß § 31a JN ebenfalls an das BG Engelhartszell delegiert.
Das Erstgericht verband alle drei Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Es gab den Klagebegehren vollinhaltlich statt.
Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung der beklagten Parteien mit der Maßgabe nicht Folge, dass es den Urteilsspruch dahin verdeutlichte, dass die Haftung der zweitbeklagten Partei für die Forderungen von EUR 27.728,03 sA und EUR 10.045,42 sA auf eine Sachhaftung - entsprechend den gegen sie gerichteten Hypothekarklagebegehren - beschränkt ist. Es sprach überdies aus, dass die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich das undifferenziert als "außerordentliche Revision" bezeichnete Rechtsmittel der beklagten Parteien.
Das Rechtsmittel erweist sich teilweise als jedenfalls unzulässig, teilweise als unzulässig mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO und teilweise fehlt es (derzeit) an einer Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofes zur inhaltlichen Erledigung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Rechtliche Beurteilung
Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung ist gemäß Abs 5 leg cit auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend. Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Person gegen eine einzelne Partei erhobene Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie im Sinne des § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. § 55 JN sieht für den Fall der Verbindung mehrerer Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung keine von diesem Grundsatz abweichende Zusammenrechnung vor (5 Ob 118/96 in RIS-Justiz RS0103237). Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass also noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre. Ein rechtlicher Zusammenhang liegt dagegen vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne dass eine Zusammenrechnung stattfindet. Bei Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist von den Klageangaben auszugehen (stRsp, zuletzt 7 Ob 84/02g). So wurde schon wiederholt ausgesprochen, dass gleichartige Leistungen zB Kreditgewährungen auf Grund verschiedener Anträge, weder in einem tatsächlichen noch in einem rechtlichen Zusammenhang stehen und dass keine Zusammenrechnung mehrerer, gesondert gewährter Darlehen stattzufinden hat (RIS-Justiz RS0037905; insb T2, T3; RIS-Justiz RS0037838, insb T10, T27, T28). Selbst eine gemeinsame Pfandbestellung vermag den nach § 55 JN erforderlichen Zusammenhang nicht zu bewirken (MGA ZPO15 § 55 JN E 27).
Liegen demnach - wie hier - die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung der einzelnen Ansprüche nicht vor, dann ist die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit für jedes Begehren getrennt zu beurteilen (RIS-Justiz RS0041602; zuletzt 2 Ob 94/01i).
Daraus folgt zunächst für die Forderung über EUR 2.656,12 sA (2 C 115/03z des BG Schärding), dass diesbezüglich gemäß § 502 Abs 2 ZPO die Revision jedenfalls unzulässig ist.
Die hinsichtlich der Klageforderung von EUR 27.728,03 sA erhobene Revision ist zwar nicht jedenfalls unzulässig, doch zeigen die Revisionswerber diesbezüglich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:
Zur angeblichen Nichtigkeit wegen widersprüchlicher Fassung des Berufungsurteiles: Entgegen der Auffassung der Revisionswerber ergibt sich aus der "Maßgabebestätigung" des Berufungsgerichtes mit ausreichender Deutlichkeit, dass das Berufungsgericht - entsprechend den jeweiligen Klagebegehren - den Spruch des Ersturteiles dahin verdeutlichen wollte, dass hinsichtlich der Forderungen von EUR 10.045,42 sA und EUR 27.728,03 sA (zusammen EUR 37.773,45) sA nur eine Sachhaftung der Zweitbeklagten ausgesprochen werden soll. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass durch den Wegfall des Wortes "insbesondere" nur hinsichtlich der Zweitbeklagten die Zahlung "bei Exekution in die verpfändeten Liegenschaften" gemeint ist, was der bei Hypothekarklagen üblichen Spruchfassung entspricht (SZ 60/47 ua). Da der Entscheidungswille des Erstgerichtes diesbezüglich, wie aus der Begründung hervorgehend, klar war, durfte das Berufungsgericht dem Urteilsspruch eine klarere und deutlichere Fassung geben, welche sich im Übrigen mit den jeweiligen Klagebegehren deckt (RIS-Justiz RS0039357).
Zur angeblich fehlenden Rechtsprechung betreffend wichtige Gründe zur Auflösung von Kreditverträgen im Sinne der AGBKr Punkt 36 und 37: Nach der zu diesen AGB-Bestimmungen bereits ergangenen Rechtsprechung sind bei den die Vertrauenswürdigkeit des Bankkunden beeinträchtigenden, beispielhaft aufgezählten Tatsachen der wesentlichen Verschlechterung des Vermögens und der erheblichen Vermögensgefährdung nicht so sehr juristische Maßstäbe, als vielmehr wirtschaftliche Gesichtspunkte und die Verkehrsauffassung bestimmend (RIS-Justiz RS0105348). Maßgebend für die Beendigung der Geschäftsbeziehung aus wichtigen Gründen, insbesondere wegen Eintritts einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage und die sofortige Fälligstellung der Salden ist, dass dem Kreditinstitut nach Abschluss der einzelnen Darlehensverträge bzw Kreditverträge Umstände bekannt wurden, die das Vertrauen erschütterten. Es kommt dabei nicht darauf an, dass sich die Entwicklung von einem ganz bestimmten Tag auf einen anderen bestimmten Tag ändert, sondern es ist nur die Gesamtentwicklung von Bedeutung (RIS-Justiz RS0052565). Zieht man nun in Betracht, dass zwei andere Kredite vom Darlehensnehmer überhaupt nicht mehr bedient werden konnten, diesbezüglich Anerkenntnisurteile ergingen und Exekutionsversuche keinen bzw nur unmaßgeblichen Erfolg hatten, der Erstbeklagte überdies weiteren Exekutionsführungen durch andere Gläubiger ausgesetzt war, so ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, wonach in diesem Einzelfall ein wichtiger Grund zur Fälligstellung auch anderer Darlehensforderungen gegeben war, jedenfalls vertretbar.
Zum angeblichen Rechtsmissbrauch: Zwar kann Rechtsmissbrauch schon dann vorliegen, wenn unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund stehen und daher andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten bzw wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen Teiles ein krasses Missverhältnis besteht (RIS-Justiz RS0026271, insb T24), doch trifft die Beweislast denjenigen, der sich auf Rechtsmissbrauch beruft, wobei selbst relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch zu Gunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag geben, weil demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt (RIS-Justiz RS0026271 T26). Einen solchen Beweis haben die beklagten Parteien augenscheinlich nicht erbracht. Insbesondere vermögen die Revisionswerber nicht darzulegen, woraus sich eine Verpflichtung der Klägerin ergebe, einer Umschuldung mit Pfandrechtsverschiebungen zuzustimmen.
Zur angeblichen Aktenwidrigkeit: Eine vom Berufungsgericht vorgenommene Wertung oder Schlussfolgerung kann nie den Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit bilden. Insbesondere liegt eine Aktenwidrigkeit nicht darin, wenn einzelne Beweisergebnisse auch andere tatsächliche Schlussfolgerungen zugelassen hätten (RIS-Justiz RS0043256, insb T4).
Soweit das Berufungsgericht die seinerzeit zwischen Klägerin und zweitbeklagter Partei getroffene Vereinbarung nicht in dem extensiven Sinne auslegt, wie es die Beklagten wünschen, liegt auch darin eine jedenfalls vertretbare Auslegung eines Vertrages, der keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
Was letztlich die gesondert zu betrachtende Klageforderung über EUR 10.045,42 sA anlangt, sind diesbezüglich die Voraussetzungen des § 502 Abs 3 ZPO, nämlich eines zwar EUR 4.000,- -, nicht aber eines EUR 20.000,- - übersteigenden Entscheidungsgegenstandes gegeben. In diesen Fällen ist, wenn die Revision für nicht zulässig erklärt wurde, auch keine außerordentliche Revision zulässig, sondern es ist lediglich im Wege des Abänderungsantrages nach § 508 ZPO und einer damit verbundenen ordentlichen Revision Abhilfe beim Berufungsgericht zu suchen. Die Vorlage der "außerordentlichen" Revision der beklagten Parteien direkt an den Obersten Gerichtshof widerspricht dieser Rechtslage. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofes ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben. Dies gilt auch, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz keinen Antrag im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO auf Abänderung des Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser (allfällige) Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist.
Das Erstgericht wird daher - im Umfang der Klageforderung über EUR 10.045,42 sA - das nicht jedenfalls unzulässige Rechtsmittel der beklagten Parteien gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Rechtsmittelschriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (3 Ob 186/01a uva).
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