OGH 9Ob43/24z

OGH9Ob43/24z23.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Dr. Wallner‑Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*, vertreten durch Mag. Dieter Koch, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei B* AG, *, verteten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 95.994,11 EUR sA, in eventu 312.900 CHF sA abzüglich 200.000,05 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. Februar 2024, GZ 3 R 5/24s‑33, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Oktober 2023, GZ 19 Cg 32/22s‑26, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00043.24Z.0723.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.406,38 EUR (darin enthalten 567,73 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger schloss am 25. 7. 2005 mit der Beklagten einen Fremdwährungskreditvertrag in CHF im Gegenwert von 200.000,05 EUR ab. Dieser Kredit wurde 2020 getilgt.

[2] Der Kreditvertrag enthält – soweit für das Revisionsverfahren wesentlich – folgende Bestimmung:

„1. Die B* stellte Ihnen einen Fremdwährungskredit in CHF (Schweizer Franken) mit der Möglichkeit, zum Zeitpunkt einer jeden Tranchenfälligkeit in Euro zu tauschen, auf Roll‑over‑Basis im Gegenwert von maximal 200.000 EUR (in Worten ...) zur Verfügung. Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis B*‑Fixing und steht Ihnen mit Valuta vier Banktage später auf ihrem Euro‑Konto [...] zur Verfügung.“

[3] Der Kläger erhielt bei Unterzeichnung des Kreditvertrags eine Risikoinformation für Fremdwährungsfinanzierungen. Ihm war bekannt, dass ein Wechselkursrisiko besteht sowie, dass im Rahmen der Umbuchungen zwischen Verrechnungskonto und Kreditkonto ein Geldwechselvorgang durchgeführt wird. Die Beklagte verrechnete neben dem im Vertrag genannten Konvertierungsentgelt von 0,125 %, mindestens jedoch 5,80 EUR, auch 0,007 Kurspunkte bei jeder Umrechnung von EUR zu CHF als Devisenhandelsspanne und behielt sichdiese ein. Im Risikoinformationsblatt wird auf Konvertierungskosten ausdrücklich hingewiesen.

[4] Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm 95.994,11 EUR sA binnen 14 Tagen zu zahlen. Er stützt sich im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe im Vertrag intransparente und missbräuchliche Klauseln zur Verteilung des Risikos von Wechselkursschwankungen und zur Kreditrückführung, verwendet. Dies führe zur Nichtigkeit des Fremdwährungskreditvertrags. Dieser sei daher bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln. Für den Fall, dass nur der anlässlich der Kreditauszahlung geschlossene Geldwechselvertrag nichtig sein sollte, erhob er ein Eventualbegehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm 312.900 CHF sA Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrags von 200.000,05 EUR binnen 14 Tagen zu zahlen. Der Geldwechselvorgang beruhe auf intransparenten und missbräuchlichen Klauseln. Mangels Präzisierung wie und von wem der Wechselkurs gebildet werde, welches Entgelt (Aufschlag) in diesem Kurs enthalten sei, wo der Kurs abgerufen werden könne und wann umgerechnet werde, könne der durchschnittlich verständige Kreditnehmer keine Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen. Somit sei der Geldwechselvorgang bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln.

[5] Die Vorinstanzen wiesen das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil zur Frage, ob im Falle einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines zusätzlich zu einem Fremdwährungskreditvertrag abgeschlossenen optionalen Geldwechselvertrags eine Rückstellung in natura (durch Zahlung des [Buch-]Geldbetrags in ausländischer Währung Zug um Zug gegen Zahlung eines Geldbetrags in inländischer Währung) oder nur ein Ausgleich durch Wertersatz vorzunehmen sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.

[6] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass der Klage stattgegeben wird. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[7] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[8] Die Revision des Klägers ist – entgegen dem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts – nicht zulässig. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird darin nicht aufgezeigt.

[9] 1. Voranzustellen ist, dass sich der Kläger formal zwar gegen das Urteil des Berufungsgerichts im gesamten Umfang wendet. Inhaltlich befasst sich die Revision allerdings nur mit der Abweisung des auf die Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags gestützten Eventualbegehrens. Eine Auseinandersetzung mit der Abweisung des Hauptbegehrens erfolgt in der Revision dagegen nicht, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

[10] 2. Soweit der Kläger dem Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung vorwirft, übergeht er, dass er selbst vorgebracht hat, dass im Zuge der Kreditrückführung weitere Umrechnungsvorgänge zwischen EUR und CHF vorgesehen seien, er sich also selbst auf den vom Berufungsgericht seinen rechtlichen Ausführungen zugrunde gelegten Sachverhalt berufen hat.

[11] Darüber hinaus wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt, da nicht dargelegt wird, welches konkrete Vorbringen im Rahmen einer Erörterung erstattet worden wäre.

[12] 3. Die Revision macht geltend, dass zur Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags und dessen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Da das Berufungsgericht eine Lückenfüllung durch dispositives Recht als zulässig erachtet habe, sei es von höchstgerichtlicher Rechtsprechung (4 Ob 236/22t) abgegangen.

[13] 4.1. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof zu den Rechtsfragen im Zusammenhang mit von Banken gewährten Fremdwährungskrediten bereits in zahlreichen Entscheidungen inhaltlich Stellung genommen hat (zB 4 Ob 196/22k, 3 Ob 76/22f, 8 Ob 81/22b jeweils mwN uva).

[14] 4.2. Wird dem Kreditnehmer die Wahl eingeräumt, sich einen echten (Fremdwährungs-)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, liegt ein Angebot der Bank vor, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt daher zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu (4 Ob 15/22t [Rz 8]; 1 Ob 9/22p [Rz 9] je mwN).

[15] 5.1. Auch zur vom Kläger behaupteten Nichtigkeit des Geldwechselvertrags liegt mittlerweile Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor (vgl 3 Ob 79/24z; 5 Ob 14/24f; 6 Ob 24/24h). Die in diesen Entscheidungen enthaltenden rechtlichen Erwägungen sind auch auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar.

[16] 5.2. Nach der Rechtsprechung ist der Geldwechselvertrag über das Wechseln von Fremdwährung in Euro Kauf (RS0133254); für die Bank ist die ausländische Währung Ware, die sie gegen Zahlung von Euro (als Kaufpreis) kauft oder verkauft. Dem typischen, auch nicht juristisch geschulten Kunden ist dabei erkennbar, dass Unternehmer dies nicht umsonst machen und dass Banken bei einem Geldwechsel immer einen anderen Kurs in Ansatz bringen, je nachdem, ob sie Euro in Fremdwährung umwechseln oder umgekehrt, dass sie also mit dem Wechseln von Geld ebenso Gewinn anstreben (8 Ob 37/20d III.3; 6 Ob 154/21x [Rz 1]).

[17] 5.3. Zu welchem Preis (Kurs) eine Bank bereit ist, einem Kunden den kreditierten Fremdwährungsbetrag in Euro umzuwechseln, darf sie aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen. Ein Verbot, dass Banken selbst den Markt beobachten, und anhand dessen letztlich versuchen, objektiv den aktuellen Briefkurs (Devisenkaufkurs) einzuschätzen, besteht nicht. Referenzkurse der EZB über das Verhältnis des Euro zu anderen Währungen sind nur unverbindliche Richtkurse. Dass ein hausinternes Devisenfixing bei allen Großbanken und Bankengruppen in Österreich ein Handelsbrauch ist, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte entwickelt hat, wird vom Revisionswerber nicht in Frage gestellt und entspricht bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung (8 Ob 37/20d III.3).

[18] 5.4. Grundsätzlich stand es dem Kläger nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Berufungsgerichts frei, die Umrechnung zu einem ihm ungünstig erscheinenden Kurs abzulehnen, sich den Fremdwährungskreditbetrag auszahlen zu lassen und mit einem Dritten einen Geldwechselvertrag zu besseren Konditionen abzuschließen (8 Ob 37/20d III.3; 6 Ob 154/21x Rz 2). Ein Recht der Bank zur einseitigen willkürlichen Festlegung des Wechselkurses besteht ohnedies nicht (4 Ob 3/22b Rz 21) und eine willkürliche oder unsachliche Berechnung des Wechselkurses durch die Beklagte hat das Verfahren nicht ergeben.

[19] 6.1. Der Kläger erhielt im Zug der Zuzählung des Fremdwährungskreditbetrags die Höhe des verkauften und im Gegenzug erworbenen Währungsbetrags konkret mitgeteilt. Er disponierte über den ihm zur Verfügung gestellten EUR-Betrag, ohne Einwände gegen den Wechselkurs zu erheben. Dass dieser von der Beklagten selbst gebildet wurde, war für ihn aufgrund des Hinweises auf das bankinterne Fixing klar; Die Risikoaufklärung verweist auf Konvertierungskosten (Differenz zwischen Devisengeldkurs und Devisenbriefkurs) sowie anfallende Spesen.

[20] 6.2. Warum die Konvertierungsklausel in Bezug auf die (erstmalige) Auszahlung des Fremdwährungskreditbetrags in EUR nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG missbräuchlich sein soll, zumal sie insoweit kein einseitiges Preisänderungsrecht des Unternehmers vorsieht und der Kläger den EUR‑Betrag erhalten hat, den er wollte, wird aus den Revisionsausführungen nicht klar. Eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB kann schon deshalb nicht vorliegen, weil die Klausel (jedenfalls in Bezug auf den Geldwechselvertrag) die Hauptleistung betrifft. Die vom Revisionswerber zum Nachweis der Missbräuchlichkeit zitierte Judikatur zur Unwirksamkeit von Entgeltänderungsklauseln nach dem – hier nicht anwendbaren – ZaDiG (vgl RS0129620) betrifft andere Sachverhalte und ist nicht einschlägig. Dass Art 3 Abs 3 iVm Anhang Z 2 lit c RL 93/13/EWG (Klauselrichtlinie) Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen vom Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Pendants zu den hier (allenfalls) einschlägigen Bestimmungen des KSchG in Anhang Z 1 lit j und lit l der Klauselrichtlinie ausnimmt, sei nur ergänzend erwähnt (vgl hiezu auch Kietaibl, FX‑Kredit: Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei Nichtigkeit des Geldwechselvertrags, ÖBA 2023, 708 [710]). Weshalb das Berufungsgerichts von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen wäre, ist daher nicht zu erkennen.

[21] 7.1. Die Frage der ausreichenden Transparenz der Konvertierungsklausel bedarf keiner vertieften Erörterung, weil es der Anwendung dieser Klausel auf den (ersten) Geldwechselvertrag gar nicht bedarf.

[22] 7.2. Der Kläger kannte nach den Feststellungen sowohl den ihm zur Verfügung gestellten Fremdwährungsbetrag in CHF als auch den Wechselkurs. Auch welchen um diesen Fremdwährungsbetrag als Kaufpreis (gerundeten) EUR-Betrag er erwerben wollte, war ihm klar. Auch über das zu verrechnende Konvertierungsentgelt war er informiert. Allenfalls bestehende diesbezügliche Unklarheiten ändern nichts daran, dass er sowohl den zu erwerbenden Betrag in EUR als auch den dafür aufzuwendenden Kaufpreis in CHF und dementsprechend auch die angefallenen Spesen wusste. Transparenzfragen stellen sich in diesem Zusammenhang daher nicht.

[23] 8.1 Soweit die Revision mit einzelnen zur Frage der (Un-)Zulässigkeit der Lückenfüllung durch dispositives Recht in Verbraucherverträgen ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs sowie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dazu argumentiert, erübrigt sich mangels Relevanz für die gegenständliche Entscheidung eine nähere Auseinandersetzung damit. In der Entscheidung 3 Ob 76/22f, wurde eine vergleichbare Konvertierungsklausel als ausreichend transparent gewertet. Die Entscheidung 4 Ob 236/22t, die aufgrund der Vorabentscheidung durch den EuGH zu C‑625/21 (Gupfinger Einrichtungsstudie GmbH) erging, befasste sich mit Vertragslücken, die aufgrund des zwingenden Entfalls einer missbräuchlichen Vertragsklausel entstehen, die nicht durch dispositives Recht geschlossen werden dürfen, und ist nicht einschlägig. Auch des angeregten Vorabentscheidungsersuchens bedarf es aus diesem Grund nicht.

[24] 8.2. Die Frage, ob es sich beim (ersten) Geldwechselvertrag anlässlich der Umwechslung der Kreditvaluta und den weiteren Geldwechselverträgen anlässlich der Zinszahlungen um rechtlich selbständige Verträge handelt und letztere daher bei der Rückabwicklung des ersten Geldwechselvertrags nicht zu berücksichtigen wären, kann ebenfalls dahinstehen, weil es darauf für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falls nicht ankommt.

[25] 9. Damit stellt sich aber auch die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob der Eintritt eines erheblichen Wechselkursverlustes seit der Konvertierung, den der darüber aufgeklärte Verbraucher als Kreditnehmer im Rahmen einer bewussten Spekulationsentscheidung bei Eingehen der Geschäftsbeziehung in Kauf nahm und der die Bereicherungsschuldnerin bei Bejahung einer Pflicht zur Verschaffung des Geldbetrags in ausländischer Währung erheblich stärker als ein Wertersatz belasten würde, eine Rückstellung des konvertierten Geldbetrags in natura ausschließt, nicht.

[26] 10. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[27] 11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Zur Bemessungsgrundlage kann auf die ausführliche Begründung des Berufungsgerichts verwiesen werden. Bereits das Berufungsgericht hat dargelegt, dass zur Umrechnung eines in Fremdwährung bestehenden Streitgegenstands auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz abzustellen ist. Richtig ist auch, dass auf einen amtlichen Devisenkurs nicht mehr abgestellt werden kann, da ein solcher nicht mehr existiert. Da beide Parteien im Revisionsverfahren aber von einem EUR‑Betrag gemäß § 6 RATG von annähernd der gleichen Höhe ausgehen, kann dieser der Kostenberechnung zugrunde gelegt werden.

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