OGH 9Ob31/24k

OGH9Ob31/24k23.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Dr. Wallner‑Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E*, beide vertreten durch Mag. Dieter Koch, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei R* AG, *, vertreten durch die ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung, in eventu 346.390 CHF sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 7. Februar 2024, GZ 4 R 250/23a‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00031.24K.0723.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Kläger haben mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Fremdwährungskreditvertrag abgeschlossen. Mit ihrem Hauptbegehren und dem 1.–3. Eventualbegehren begehren sie im Wesentlichen die Feststellung der Nichtigkeit dieses Kreditvertrags sowie die Feststellung der daraus ihrer Ansicht nach resultierenden rechtlichen Folgen. Mit ihrem 4. Eventualbegehren beantragen die Kläger die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen den aus dem Kreditvertrag resultierenden CHF‑Betrag Zug um Zug gegen Rückzahlung des zum Zeitpunkt des Abschlusses konvertierten Euro‑Betrags zurückzuzahlen. Dieses Begehren stützten sie auf die Nichtigkeit des zugleich mit dem Fremdwährungskreditvertrag abgeschlossenen Geldwechselvertrags.

[2] Die Vorinstanzen wiesen sämtliche Begehren ab. Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht als nicht zulässig erachtet, weil es von der gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die außerordentliche Revision der Kläger zeigt keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität auf.

[4] 1. Voranzustellen ist, dass sich die Kläger formal zwar gegen das Urteil des Berufungsgerichts im gesamten Umfang wenden. Inhaltlich befasst sich die Revision allerdings nur mit der Abweisung des auf die Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags gestützten vierten Eventualbegehrens. Eine Auseinandersetzung mit der Abweisung der übrigen Begehren erfolgt in der Revision dagegen nicht, weshalb auf diese Begehren nicht weiter einzugehen ist.

[5] 2. Soweit die Kläger dem Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung vorwerfen, übergehen sie, dass sie selbst vorgebracht haben, dass im Zuge der Kreditrückführung weitere Umrechnungsvorgänge zwischen Euro und CHF vorgesehen seien, sich also selbst auf den vom Berufungsgericht seinen rechtlichen Ausführungen zugrunde gelegten Sachverhalt berufen haben.

[6] Darüber hinaus wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt, da nicht dargelegt wird, welches konkrete Vorbringen im Rahmen einer Erörterung erstattet worden wäre.

[7] 3. Die Revision macht geltend, dass zur Nichtigkeit des (ersten) Geldwechselvertrags und dessen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Da das Berufungsgericht eine Lückenfüllung durch dispositives Recht als zulässig erachtet habe, sei es von höchstgerichtlicher Rechtsprechung (4 Ob 236/22t) abgegangen.

[8] 4.1. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof zu den Rechtsfragen im Zusammenhang mit von Banken gewährten Fremdwährungskrediten bereits in zahlreichen Entscheidungen inhaltlich Stellung genommen hat (zB 4 Ob 196/22k, 3 Ob 76/22f, 8 Ob 81/22b jeweils mwN uva).

[9] 4.2. Wird dem Kreditnehmer die Wahl eingeräumt, sich einen echten (Fremdwährungs-)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, liegt ein Angebot der Bank vor, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt daher zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu (4 Ob 15/22t [Rz 8]; 1 Ob 9/22p [Rz 9] je mwN).

[10] 5.1. Auch zur von den Klägern behaupteten Nichtigkeit des Geldwechselvertrags liegt mittlerweile Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor (vgl 3 Ob 79/24z; 5 Ob 14/24f; 6 Ob 24/24h). Die in diesen Entscheidungen enthaltenden rechtlichen Erwägungen sind auch auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar.

[11] 5.2. Nach der Rechtsprechung ist der Geldwechselvertrag über das Wechseln von Fremdwährung in Euro Kauf (RS0133254); für die Bank ist die ausländische Währung Ware, die sie gegen Zahlung von Euro (als Kaufpreis) kauft oder verkauft. Dem typischen, auch nicht juristisch geschulten Kunden ist dabei erkennbar, dass Unternehmer dies nicht umsonst machen und dass Banken bei einem Geldwechsel immer einen anderen Kurs in Ansatz bringen, je nachdem, ob sie Euro in Fremdwährung umwechseln oder umgekehrt, dass sie also mit dem Wechseln von Geld ebenso Gewinn anstreben (8 Ob 37/20d; III.3 6 Ob 154/21x [Rz 1]).

[12] 5.3. Zu welchem Preis (Kurs) eine Bank bereit ist einem Kunden den kreditierten Fremdwährungsbetrag in Euro umzuwechseln, darf sie aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen. Ein Verbot, dass Banken selbst den Markt beobachten, und anhand dessen letztlich versuchen, objektiv den aktuellen Briefkurs (Devisenkaufkurs) einzuschätzen, besteht nicht. Referenzkurse der EZB über das Verhältnis des Euro zu anderen Währungen sind nur unverbindliche Richtkurse. Dass ein hausinternes Devisenfixing bei allen Großbanken und Bankengruppen in Österreich ein Handelsbrauch ist, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte entwickelt hat, wird von den Revisionswerbern nicht in Frage gestellt und entspricht bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung (8 Ob 37/20d; III.3).

[13] 5.4. Grundsätzlich stand es den Klägern nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Berufungsgerichts frei, die Umrechnung zu einem ihnen ungünstig erscheinenden Kurs abzulehnen, sich den Fremdwährungskreditbetrag auszahlen zu lassen und mit einem Dritten einen Geldwechselvertrag zu besseren Konditionen abzuschließen (8 Ob 37/20d III.3; 6 Ob 154/21x Rz 2). Ein Recht der Bank zur einseitigen willkürlichen Festlegung des Wechselkurses besteht ohnedies nicht (4 Ob 3/22b Rz 21) und eine willkürliche oder unsachliche Berechnung des Wechselkurses durch die Beklagte hat das Verfahren nicht ergeben.

[14] 6.1. Die Kläger erhielten im Zug der Zuzählung des Fremdwährungskreditbetrags die Höhe des verkauften und im Gegenzug erworbenen Währungsbetrags konkret mitgeteilt. Sie disponierten über den ihnen zur Verfügung gestellten Euro‑Betrag, ohne Einwände gegen den Wechselkurs zu erheben. Die Risikoaufklärung verweist darauf, dass die Kreditvaluta zum aktuellen Devisen-Geldkurs in Euro konvertiert wird sowie, dass damit Devisenkommissionen und Spesen verbunden sind. Weiters wird auf Manipulationsgebühren und Konvertierungsgebühr hingewiesen.

[15] 6.2. Warum die Konvertierungsklausel in Bezug auf die (erstmalige) Auszahlung des Fremdwährungskreditbetrags in Euro nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG missbräuchlich sein soll, zumal sie insoweit kein einseitiges Preisänderungsrecht des Unternehmers vorsieht und die Kläger den Euro‑Betrag erhalten haben, den sie wollten, wird aus den Revisionsausführungen nicht klar. Eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB kann schon deshalb nicht vorliegen, weil die Klausel (jedenfalls in Bezug auf den Geldwechselvertrag) die Hauptleistung betrifft. Die vom Revisionswerber zum Nachweis der Missbräuchlichkeit zitierte Judikatur zur Unwirksamkeit von Entgeltänderungsklauseln nach dem – hier nicht anwendbaren – ZaDiG (vgl RS0129620) betrifft andere Sachverhalte und ist nicht einschlägig. Dass Art 3 Abs 3 iVm Anhang Z 2 lit c RL 93/13/EWG (Klauselrichtlinie) Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen vom Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Pendants zu den hier (allenfalls) einschlägigen Bestimmungen des KSchG in Anhang Z 1 lit j und lit l der Klauselrichtlinie ausnimmt, sei nur ergänzend erwähnt (vgl hiezu auch Kietaibl, FX‑Kredit: Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei Nichtigkeit des Geldwechselvertrags, ÖBA 2023, 708 [710]). Weshalb das Berufungsgerichts von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen wäre, ist daher nicht zu erkennen.

[16] 7.1. Die Frage der ausreichenden Transparenz der Konvertierungsklausel bedarf keiner vertieften Erörterung, weil es der Anwendung dieser Klausel auf den (ersten) Geldwechselvertrag gar nicht bedarf.

[17] 7.2. Die Kläger kannten nach den Feststellungen sowohl den ihnen zur Verfügung gestellten Fremdwährungsbetrag in CHF als auch den Wechselkurs. Auch welchen um diesen Fremdwährungsbetrag als Kaufpreis (gerundeten) Euro‑Betrag sie erwerben wollten, war ihnen klar. Auch über das zu verrechnende Konvertierungsentgelt und die Devisenhandelsspanne waren sie informiert. Allenfalls bestehende diesbezügliche Unklarheiten ändern nichts daran, dass sie sowohl den zu erwerbenden Betrag in Euro als auch den dafür aufzuwendenden Kaufpreis in CHF und dementsprechend auch die angefallenen Spesen wussten. Transparenzfragen stellen sich in diesem Zusammenhang daher nicht.

[18] 8.1 Soweit die außerordentliche Revision mit einzelnen zur Frage der (Un-)Zulässigkeit der Lückenfüllung durch dispositives Recht in Verbraucherverträgen ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs sowie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dazu argumentiert, erübrigt sich mangels Relevanz für die gegenständliche Entscheidung eine nähere Auseinandersetzung damit. In der Entscheidung 3 Ob 76/22f, wurde eine vergleichbare Konvertierungsklausel als ausreichend transparent gewertet. Die Entscheidung 4 Ob 236/22t, die aufgrund der Vorabentscheidung durch den EuGH zu C‑625/21 (Gupfinger Einrichtungsstudie GmbH) erging, befasste sich mit Vertragslücken, die aufgrund des zwingenden Entfalls einer missbräuchlichen Vertragsklausel entstehen, die nicht durch dispositives Recht geschlossen werden dürfen, und ist nicht einschlägig. Auch des angeregten Vorabentscheidungsersuchens bedarf es aus diesem Grund nicht.

[19] 8.2. Die Frage, ob es sich beim (ersten) Geldwechselvertrag anlässlich der Umwechslung der Kreditvaluta und den weiteren Geldwechselverträgen anlässlich der Zinszahlungen um rechtlich selbständige Verträge handelt und letztere daher bei der Rückabwicklung des ersten Geldwechselvertrags nicht zu berücksichtigen wären, kann ebenfalls dahinstehen, weil es darauf für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falls nicht ankommt.

[20] 9. Insgesamt gelingt es den Klägern nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision der Kläger ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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