OGH 9Ob236/99t

OGH9Ob236/99t15.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Baugesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei F***** & P***** Dachdeckungsgesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 982.950,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 29. Juni 1999, GZ 5 R 159/98m-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7. September 1998, GZ 21 Cg 153/97b-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von "F***** AG, *****" auf "A***** Baugesellschaft mbH, *****" berichtigt.

II. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

ad I) Die Revisionswerberin gab in der außerordentlichen Revision bekannt, dass das Unternehmen der F***** AG gemäß § 2 UmwG auf die A***** Baugesellschaft mbH als übernehmende Gesellschafterin übertragen worden sei. Letztere sei sohin Gesamtrechtsnachfolgerin der zunächst als Klägerin einschreitenden F***** AG. Auf Grund dieses Umstandes war die Bezeichnung der Klägerin gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen. Zur leichteren Lesbarkeit der Entscheidung wird die F***** AG wie auch in den Entscheidungen der Vorinstanzen weiterhin als Klägerin bezeichnet.

ad II) Die Klägerin wurde (zu einem von den Vorinstanzen nicht näher festgestellten Zeitpunkt) von der M*****-W***** Gesellschaft mbH (im Folgenden kurz M*****-W*****) mit der Errichtung einer Tennis- und Squashanlage in M***** beauftragt. Mit Werkvertrag vom 12. 7. 1990 beauftragte die Klägerin ihrerseits die Beklagte mit Spengler- und Dachdeckerarbeiten bei diesem Bauvorhaben. Am 31. 5. 1991 legte die Beklagte Rechnung über ihre Leistungen an die Klägerin. Im Sommer 1991 traten im Dachbereich der neuen Anlage Undichtheiten auf. Bei der am 3. 9. 1991 durchgeführten Abnahmebegehung wurden vom Bauleiter der Klägerin keine Mängel mehr festgestellt und es wurde daher festgehalten, dass die bemängelten Undichtheiten behoben worden waren. Von der Beklagtenseite wurde versichert, dass die Leistungen normgerecht erbracht worden seien. Mit Abnahmeprotokoll vom 14. 10. 1991 bestätigte die Klägerin der Beklagten, dass die Leistungen von der Bauleitung der Murau-West überprüft, als entsprechend befunden und zur Übernahme geeignet erklärt worden seien.

Im März 1992 rügte die M*****-W***** neuerlich gegenüber der Klägerin Undichtheiten des Daches im Zusammenhang mit einem Wasserschaden, der auf einen Eisrückstau auf Grund der Dachkonstruktion zurückzuführen war. Die Beklagte stellte sich diesbezüglich auf den Standpunkt, dass es sich um einen Konstruktionsfehler handle, und erklärte, dass sie eine Verblechung im Traufenbereich (nur) bei (entgeltlicher) Auftragserteilung durchführen werde. Ob in der Folge ein derartiger Auftrag erteilt wurde, war nicht feststellbar.

Mit der beim Handelsgericht Wien zu 10 Cg 24/93x eingebrachten Klage vom 28. 1. 1993 nahm die Klägerin die M*****-W***** auf Zahlung des restlichen Werklohns von S 4,309.214,72 sA für die Errichtung der Tennis- und Squashanlage in M***** in Anspruch. Mit Klagebeantwortung vom 4. 3. 1993 wandte die M*****-W***** verschiedene Mängel im Bereich des Daches dieser Anlage ein. Bei einer (außergerichtlichen) Begehung am 18. 3. 1993 wurde erörtert, dass sich im Winter auf der Unterspannbahn nasse Flecken gebildet hätten. Die Schadensbehebung sollte durch die Beklagte auf Kosten der M*****-W***** erfolgen und das Hallendach so errichtet werden, dass es gegen Flugschnee und Eisrückstau sicher sei. Am 20. 12. 1993 übermittelte die M*****-W***** der Klägerin eine neuerliche Mängelrüge, in der mitgeteilt wurde, dass die Mängel im Dachbereich immer mehr zunehmen würden. Der im Verfahren zwischen der Klägerin und der M*****-W***** bestellte Bausachverständige führte am 14. 1. 1994 einen Ortsaugenschein durch. In seinem Gutachten vom 10. 7. 1994 stellte er umfangreiche, offenkundige (d.h. ohne Entfernung von Bauteilen sichtbare) Mängel im Bereich des Daches fest. Das Verfahren beim Handelsgericht Wien wurde schließlich am 11. 10. 1995 durch einen Vergleich beendet. Die M*****-W***** verpflichtete sich hierin, der Klägerin einen Betrag von S 2,300.000 zu bezahlen.

Die Klägerin begehrt in ihrer zweiten, am 9. 6. 1997 gegen die Beklagte eingebrachten Klage S 982.950 sA aus dem Titel des Schadenersatzes. Auf Grund der mangelhaften Spengler- und Dachdeckerarbeiten der Beklagten (im Detail spezifiziert im vorbereitenden Schriftsatz ON 8) sei die Klägerin gezwungen gewesen, ihr Verfahren gegen die M*****-W***** durch Vergleich zu beenden und in diesem Vergleich auf einen Betrag von S 2,009.214,72 zu verzichten. Gemäß dem im Verfahren gegen die M*****-W***** eingeholten Sachverständigengutachten hätte die Mängelbehebung S 1,700.000 gekostet. Ein Großteil davon hätte die Dachsanierung, sohin die Arbeiten der Beklagten betroffen. Soweit die Mängel auf Planungsfehler zurückzuführen seien, habe die Beklagte ihre Warnpflicht verletzt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass zufolge Fertigstellung des Bauwerks im Jahre 1991 die Gewährleistungspflicht längst abgelaufen sei. Im übrigen werde auch Verjährung eingewendet, weil die Klägerin bereits im Jahre 1991 in Kenntnis des Schadens und Schädigers gewesen sei. Der zwischen der Klägerin und der M*****-W***** abgeschlossene Vergleich sei für die Beklagte mangels Streitverkündung nicht bindend. Es lägen vor allem Planungsfehler der M*****-W***** und Ausschreibungsfehler der Klägerin vor. Die M*****-W***** und die Klägerin treffe daher das überwiegende Mitverschulden am behaupteten Schaden. Die Beklagte sei ihrer Warnpflicht nachgekommen. Gemäß vereinbarter ÖNORM A 2060 sei der Schadenersatzanspruch der Klägerin mit 5 % des Werklohns limitiert. Durch die Abnahme habe die Klägerin überdies auf Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche verzichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Unter Zugrundelegung des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes vertrat es die Rechtsauffassung, dass die Klageforderung verjährt sei. Die Klägerin hätte die Mangelhaftigkeit des Werkes sofort nach Abschluss der Arbeiten erkennen können. Mit der Bestreitung der Zahlungspflicht durch die M*****-W***** sei bei der Klägerin der Schaden eingetreten. Spätestens auf Grund der Klagebeantwortung der M*****-W*****, die dem Klagevertreter am 10. 3. 1993 zugestellt worden sei, sei bekannt gewesen, dass zumindest ein Teil des Werklohnes wegen Mängel im Dachbereich zurückbehalten werde. Dass die genaue Schadenshöhe noch nicht bekannt gewesen sei, stehe der Verjährung nicht entgegen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass im vorliegenden Fall zwischen dem Schaden an der Tennishalle und dem Schaden, den die Klägerin durch die Reduzierung ihres Werklohnanspruches gegen die M*****-W***** wegen mangelhafter Leistungen der Beklagten erlitten habe, zu unterscheiden sei. Die Beklagte habe schon im März 1992 eine kostenlose Verbesserung der gerügten Mängel abgelehnt. Somit sei für die Klägerin klar gewesen, dass mit Verbesserungsmaßnahmen der Beklagten nicht mehr zu rechnen sei. Die Mängel im Dachbereich seien bereits zum Zeitpunkt der Übergabe im Jahre 1991 vorhanden und erkennbar gewesen. Jener Schaden der Klägerin, der durch den Vergleich entstanden sein solle, sei bereits in jenem Zeitpunkt eingetreten, in dem sich die M*****-W***** geweigert habe, wegen dieser Mängel Zahlung an die Klägerin zu leisten. Das Erstgericht habe daher zu Recht Verjährung angenommen. Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorlägen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei der rechtlichen Beurteilung der Verjährungsfrage von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages im Ergebnis berechtigt.

Im Werkvertragsrecht bestehen Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche in voller Konkurrenz nebeneinander. Damit kann der Besteller wegen Mängel des Werkes auch noch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, jedoch innerhalb der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB vom Unternehmer das im Deckungskapital des Verbesserungsaufwandes liegende Erfüllungsinteresse fordern, sofern die Mängel auf dessen rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zurückzuführen sind (Verstärkter Senat 1 Ob 536/90 = SZ 63/37 = JBl 1990, 648 und die folgende ständige Rechtsprechung, zuletzt 2 Ob 355/98i; RIS-Justiz RS0021755).

Nach ständiger Rechtsprechung steht der Subunternehmer, der vom Generalunternehmer den Auftrag erhält, einen Teil des dem Generalunternehmer obliegenden Werkes auszuführen, nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Rechtsbeziehungen (JBl 1992, 387 ua, zuletzt 6 Ob 40/98w = RdW 1999, 199; RIS-Justiz RS0021876; Krejci in Rummel, ABGB2 §§ 1165, 1166 Rz 79). Die beiden Rechtsbeziehungen zwischen den drei Beteiligten sind grundsätzlich getrennt (Schwimann/Rebhahn, ABGB2 VI § 1165 Rz 50 mwN). Der Subunternehmer ist selbständiger Erfüllungsgehilfe des Generalunternehmers (SZ 62/185 = JBl 1990, 587 ua; RIS-Justiz RS0021876). Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwischen General- und Subunternehmer bestehen grundsätzlich unabhängig davon, welche Ansprüche zwischen dem Bauherrn und dem Generalunternehmer bestehen und in welchem Umfang davon Gebrauch gemacht wird (RdW 1999, 199).

Unabhängig davon und der Tatsache, dass der Unternehmer, der einen Teil der Arbeit weitergibt, gegen seinen Subunternehmer als Besteller eigene Ansprüche auf mängelfreie Werkerstellung hat (6 Ob 525/90 = ecolex 1990, 406), ist ein allfälliger eigener Schadenersatzanspruch des Unternehmers gegen seinen Subunternehmer wegen Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem Sub- Werkvertrag von seinem Regressanspruch zu unterscheiden, der sich darauf gründet, dass er als Geschäftsherr (Generalunternehmer) vom Besteller (Bauherrn) für mangelhafte Leistungen seines Erfüllungsgehilfen (Subunternehmer) in Anspruch genommen wurde (vgl Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 17/21 mwN).

Dass es der Klägerin im vorliegenden Verfahren nur (mehr) um den Regressanspruch geht, stellt sie in der Revision klar (arg. "ausschließlich" S 4 unten, 5 oben der Revision ON 33). Die Klägerin will Regress gegen die ihr aus dem Sub-Werkvertrag nach § 1313a ABGB haftungspflichtige Beklagte nehmen, weil sie ihrerseits von ihrem Besteller (M*****-W*****) wegen Schlechterfüllung des Werkvertrages in Anspruch genommen wurde. Diese hier ebenfalls als Schadenersatzforderung (SZ 51/97; SZ 56/185) zu qualifizierende Regressforderung nach § 1313 Satz 2 ABGB kann nicht mit der Schadenersatzforderung der Klägerin wegen Schlechterfüllung des Sub-Werkvertrages gleichgesetzt werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin schon mehr als drei Jahre vor Erhebung der Regressklage Kenntnis davon hatte, dass die Beklagte den Sub-Werkvertrag verletzte. Die Verjährungszeit für diese Regressklage gegen den Subunternehmer beginnt nicht schon mit der Kenntnis vom haftungsbegründenden Sachverhalt, sondern jedenfalls nicht früher als unverrückbar die Ersatzpflicht des Unternehmers gegenüber dem Besteller besteht. Dies gilt auch, wenn gegenüber dem Geschädigten keine Solidarhaftung zwischen Geschäftsherrn und Gehilfen besteht (Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 6 und 11 zu § 896; ecolex 1996, 746; RIS-Justiz RS0028289).

Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB für die gegenständliche Regressforderung begann daher für die Klägerin entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes nicht schon mit der Geltendmachung von Ansprüchen durch die Bestellerin (M*****-W*****) bzw deren Weigerung, den restlichen Werklohn zu zahlen. Sie begann aber entgegen der Ansicht der Revisionswerberin auch nicht schon mit Vorliegen eines Sachverständigengutachtens im Vorprozess, sondern erst mit der tatsächlichen Befriedigung der Ansprüche der Bestellerin durch Aufrechnung bzw durch Verzicht auf einen Teil des noch offenen restlichen Werklohns im Rahmen des mit der Bestellerin abgeschlossenen Vergleiches (SZ 60/73; 3 Ob 558/86; 4 Ob 2017/96p; RIS-Justiz RS0017447, RS0017495, RS0028394). Dieses Ergebnis entspricht auch dem Erkenntnis des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 621/95 = SZ 68/238 = JBl 1996, 311 (Apathy), wonach - abweichend von der bisherigen, auf das Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigten im allgemeinen bezogenen Rechtsprechung - die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt (Schwimann/Mader, ABGB2 VII § 1489 Rz 10; RIS-Justiz RS0083144). Letzterer Zeitpunkt kann nicht mit dem Schadenseintritt beim Dritten gleichgesetzt werden, weil damit noch nicht feststeht, ob der Geschäftsherr den Schaden ersetzen muss (ecolex 1996, 746; 3 Ob 558/86).

Die Regressforderung der Klägerin war daher - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes - ausgehend vom Feststehen der Ersatzpflicht der Klägerin erst mit Vergleich vom 11. 10. 1995 im Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Klage am 9. 6. 1997 noch nicht verjährt. Mangels Verjährung des Klageanspruches muss aber noch dessen sonstige Berechtigung dem Grunde und der Höhe nach geprüft werden. Da es zur Schaffung der erforderlichen Tatsachengrundlage noch einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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