European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00023.19A.0515.000
Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Übereinstimmend wiesen die Vorinstanzen die auf allgemein bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung gestützten Schadenersatzansprüche des Klägers gegen die beklagte Bank aus dem Erwerb von MEL-Zertifikaten mangels Nachweises des Kausalzusammenhangs zwischen den behaupteten unrichtigen Angaben im Prospekt und der Investitionsentscheidung des Klägers ab.
Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil es annahm, von der herrschenden Rechtsprechung zur Kausalität eines Werbeprospekts abgewichen zu sein. Dem schloss sich der Revisionswerber zwecks Begründung der Zulässigkeit seines Rechtsmittels nach § 502 Abs 1 ZPO an.
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts tatsächlich in Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung steht. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):
1. Prospekthaftungsansprüche bestehen auch nach allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen, wenn ein Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewegt wird (9 Ob 43/13h [Pkt 1.]; 4 Ob 155/14v [Pkt 2.]; 7 Ob 181/18w [Pkt 1.3.]; RS0107352). Voraussetzung für eine Prospekthaftung ist angesichts ihres schadenersatzrechtlichen Charakters, dass der in Anspruch Genommene die Unrichtigkeit der Prospektangaben kennt oder kennen musste (RS0108625).
2. Der vom geschädigten Anleger geltend gemachte Schadenersatzanspruch infolge Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht erfordert den von ihm zu erbringenden Nachweis der Kausalität zwischen den mangelhaften Prospektangaben und seinem Anlageentschluss. Diese Kausalität ist gegeben, wenn sich der Anleger im Vertrauen auf den ihm bekannten Prospekt zum Kauf entschlossen hat, wenn er also die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben tatsächlich zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht hat (1 Ob 35/18f [Pkt 2.]; RS0108626 [T3, T4, T7]).
3. Die Prüfung der Kausalität ist dem Tatsachenbereich zuzuordnen (1 Ob 35/18f [Pkt 3] mwN) und unterliegt damit nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof, der ausschließlich Rechtsinstanz ist (RS0123663).
4. Ausgehend von bindenden Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Kläger zwar vor der Investition in MEL-Zertifikaten über einen Werbefolder verfügte, der von der Beklagten mitherausgegeben wurde, aber weder festgestellt werden kann, dass der Kläger diesen Folder von seinem Berater erhalten oder dieser in der Beratung eine Rolle gespielt hat noch dass die Informationen in diesem Folder – abgesehen vom abgebildeten Kurschart und damit die bisherige Kursentwicklung sowie die Anführung namhafter Mieter der MEL-Immobilien – den Kaufentschluss des Klägers beeinflusst haben, ist eine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht zu erkennen. Dem Kläger als erfahrenen Anleger war wesentlich, dass es sich um eine Veranlagung mit Immobilien im Hintergrund handelt, die bereits in der Vergangenheit stetige Wertsteigerungen erfahren hatte und womit er auch für die Zukunft rechnete. Jene Informationen in der Werbebroschüre, auf die der Kläger bei Ankauf der Zertifikate vertraute, insbesondere die darin abgebildete Kursentwicklung, waren richtig.
5. Die in der Revision des Klägers relevierten Entscheidungen stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. In der Entscheidung 4 Ob 65/10b (betreffend eine Irrtumsanfechtung) wurde ausdrücklich festgestellt, dass sich der Anleger die Verkaufsbroschüre genau durchsah und auf dieser Grundlage seine Entscheidung traf. Dass die Irreführungseignung eines Prospekts grundsätzlich nach dem Gesamteindruck der strittigen Ankündigung zu beurteilen ist (4 Ob 188/08p [Pkt 4.1.3.]), ist nicht zweifelhaft, im vorliegenden Fall aber nicht entscheidend. Der Kläger hat hier seine Investitionsentscheidung gerade nicht auf den Gesamteindruck der Werbebroschüre gestützt. Die Entscheidung 9 Ob 43/13h betont die für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch erforderliche Kausalität zwischen den mangelhaften Prospektangaben und dem Anlageentschluss.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]). Der ERV-Erhöhungsbetrag gemäß § 23a RATG für die Revisionsbeantwortung beträgt nur 2,10 EUR, weil ein Rechtsmittelschriftsatz kein das Verfahren einleitender Schriftsatz ist (vgl RS0126594).
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