OGH 9Ob105/04p

OGH9Ob105/04p13.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heidelinde S*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, gegen die beklagte Partei Barbara L*****, Friseurmeisterin, *****, vertreten durch Mag. Gerulf Hochfellner, Rechtsanwalt in Leoben, wegen EUR 7.723,86 sA, infolge der "außerordentlichen" Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 24. Juni 2004, GZ 1 R 104/04t-48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 9. Februar 2004, GZ 5 C 1267/02p-42, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt Zahlung von 7.723,86 EUR sA. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt; das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die gegen diese Entscheidung erhobene "außerordentliche" Revision wurde unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nach § 508 Abs 1 ZPO einen nach § 508 Abs 2 ZPO befristeten Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

§ 502 Abs 3 ZPO gilt allerdings gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Diese gesetzliche Regelung bezweckt - wie die gleichlautende Regelung des § 502 Abs 3 Z 2 ZPO vor der WGN 1997 BGBl I 140 - alle Streitigkeiten, in denen auf die beschriebene Weise ein Verlust des Bestandobjektes droht, ohne Rücksicht auf den Streitwert jedenfalls revisibel zu machen (7 Ob 573/95 ua). Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes genügt es für die Qualifikation einer Streitigkeit als solcher gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO nicht, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Bestandvertrags und im Zusammenhang damit der Umfang des vertraglichen Gebrauchsrechts nicht Entscheidungsgegenstand, sondern bloß als Vorfrage zu beurteilen ist (1 Ob 3/03v; 2 Ob 147/02k; mwN ua; RIS-Justiz RS0043006). Hier ist aber das Bestehen oder Nichtbestehen des Bestandvertrages nicht Entscheidungsgegenstand, sondern nur Vorfrage für die Entscheidung über das Zahlungsbegehren der Klägerin, sodass § 502 Abs 5 Z 2 ZPO nicht greift und daher § 502 Abs 3 ZPO zum Tragen kommt.

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig eingebracht, ihrer Revision fehlt allerdings die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht gestellt werde. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war das Rechtsmittel jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO). Sollte das Erstgericht der Meinung sein, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben (§ 84 Abs 3 ZPO iVm § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO) (RIS-Justiz RS0109623 und RS0109501).

Die geschilderte Vorgangsweise ist auch dann einzuhalten, wenn die Revision als "außerordentliche" Revision bezeichnet wird. Der Oberste Gerichtshof darf über diese nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass eine ordentliche Revision doch zulässig sei (6 Ob 11/03s uva).

Aus diesen Erwägungen war der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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