OGH 7Ob573/95

OGH7Ob573/956.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Schinko und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Martin K*****, vertreten durch Dr.Johann-Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J***** AG, ***** vertreten durch Dr.Wolfram Themmer ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, aus Anlaß der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Berufungsgericht vom 28.Februar 1995, GZ 25 R 42/94-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mistelbach vom 24.Oktober 1994, GZ 2 C 115/94-14, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Gericht zweiter Instanz mit dem Auftrag zurückgestellt, die angefochtene Entscheidung durch den gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorzunehmenden Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und bejahendenfalls den Ausspruch, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei, durch den Ausspruch, ob die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht, zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses in M*****, das teilweise an die beklagte Partei vermietet ist, die dort einen Lebensmittelhandel betreibt. Der Kläger behauptete, die beklagte Partei habe um eine gewerberechtliche Konzession für das Gastgewerbe mit der Betriebsart "Buffet" angesucht und habe vor, die vereinbarte Benützungsart entsprechend zu ändern. Der Kläger sei nicht verpflichtet, diese Benützungsänderung hinzunehmen. Er begehrte daher, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, das Betreiben eines Gastgewerbes, insbesondere in der Betriebsart eines Buffets, sowie jede andere dem Lebensmittelhandel fremde Betriebsart in den gemieteten Bestandräumlichkeiten zu unterlassen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß schon seit jeher die Ausschank von Kaffee, Tee, Mehlspeisen und Brötchen vorgenommen worden und im übrigen eine Schlechterstellung des Hauseigentümers nicht zu befürchten sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei. In der Begründung der Entscheidung führte das Gericht zweiter Instanz aus, daß gemäß § 56 Abs 2 JN von einem Streitwert von S 30.000 auszugehen sei, weil der Kläger das Unterlassungsbegehren nicht bewertet habe. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision beruhe daher auf den §§ 500 Abs 2 Z 2, 502 Abs 2 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der außerordentlichen Revision des Klägers ist zu erwägen:

Besteht der Entscheidungsgegenstand, wie hier, nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so erfordert dies gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO den Ausspruch, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteigt, zumal davon abhängt, ob die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig oder gemäß dem nachfolgenden Abs 2 jedenfalls unzulässig ist. Dieser Ausspruch wird durch die vom Kläger gemäß § 56 Abs 2 JN vorgenommene Angabe des Wertes des Streitgegenstandes nicht ersetzt. Die entsprechende, im § 500 Abs 2 ZPO in der Fassung der ZVN 1983 enthaltene Regelung fehlt zwar in § 500 ZPO in der hier anzuwendenden Fassung der WGN 1989. In § 500 Abs 3 ZPO sind nunmehr aber jene Bestimmungen angeführt, die bei dem Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes sinngemäß anzuwenden sind. Da hiezu § 56 Abs 2 JN nicht gehört, ist die Rechtslage insoweit gegenüber der ZVN 1983 unverändert geblieben (3 Ob 1035/92; 1 Ob 574,575/94). Es kann daher auch nicht der in § 56 Abs 2 JN letzter Satz angeführte Betrag von S 30.000 (für den Fall, daß der Kläger eine Bewertung unterlassen hat) ausschlaggebend sein.

Es liegt auch kein Fall des § 502 Abs 3 Z 2 ZPO vor. Danach ist die Revision streitwertunabhängig zulässig in den unter § 49 Abs 2 Z 5 fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird. Diese gesetzliche Regelung bezweckt, alle Streitigkeiten, in denen auf die beschriebene Weise ein Verlust des Bestandobjektes droht, ohne Rücksicht auf den Streitwert jedenfalls revisibel zu machen. Durch die Formulierung "wenn dabei" wird ausgedrückt, daß unter die Ausnahme von der wertmäßigen Revisionsbeschränkung nicht nur der Ausspruch über die Kündigung usw selbst fällt, sondern auch die gleichzeitige Entscheidung über andere Ansprüche, soweit sie unter § 49 Abs 2 Z 5 JN (Streitigkeiten aus dem Bestandverhältnis) fallen, also etwa über einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Mietzinse (Petrasch in ÖJZ 1989, 743, hier: 747; 1 Ob 562/93).

Im gegenständlichen Fall ist das Bestehen oder Nichtbestehen eines Bestandvertrages nicht Entscheidungsgegenstand. Das Begehren des Klägers ist ausschließlich auf ein bestimmtes, angeblich aus dem Mietvertrag ableitbares Verhalten (Unterlassen) der beklagten Partei gerichtet. Ein Zusammenhang mit Fragen des Bestehens oder Nichtbestehens eines Bestandvertrages ist nach der Aktenlage nicht erkennbar (vgl 1 Ob 574,575/94).

Zur Beurteilung der Anfechtungszulässigkeit bedarf es daher eines Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz über den Wert des seiner Entscheidung zugrundeliegenden Streitgegenstandes. Dem Gericht zweiter Instanz war daher die Ergänzung seiner Entscheidung im Sinn des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO und die allenfalls daraus resultierende Berichtigung des Ausspruches über die Unzulässigkeit oder Zulässigkeit der ordentlichen Revision im Sinn des § 500 Abs 2 Z 3 ZPO aufzutragen (§§ 419, 423 ZPO). Das Erstgericht wird nach Zustellung des berufungsgerichtlichen Ergänzungs(berichtigungs-) beschlusses nochmals die Rechtsmittelfristen abzuwarten und die Akten hierauf wieder zur Rechtsmittelerledigung vorzulegen haben.

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