Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger war ab 10. 3. 2008 bei der Beklagten, die ein Reinigungsunternehmen betreibt, als Objektleiter beschäftigt. Er erhielt ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt, das er auch privat nutzen durfte. Dazu wurde ein PKW-Überlassungsvertrag abgeschlossen. In den Angestelltendienstvertrag wurde eine Konkurrenzklausel sowie eine sich darauf beziehende Konventionalstrafenvereinbarung aufgenommen. Zuletzt befand sich der Kläger vom 5. 2. bis 13. 4. 2009 im Krankenstand. Mit Schreiben vom 16. 2. 2009 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger abgeschlossene Dienstverhältnis zum 30. 4. 2009. Darin wurde der Kläger ersucht, sich bis längstens „5. Februar 2009“ mit seiner Vorgesetzen telefonisch in Verbindung zu setzen, um die Rückgabe des Firmenfahrzeugs zu vereinbaren. Am 17. 2. 2009 nahm der Kläger telefonisch Kontakt mit der Beklagten auf. Er erklärte, dass er das Fahrzeug während des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses nicht zurückgeben werde; ein Termin für die Rückgabe des Fahrzeugs wurde bei diesem Gespräch nicht gesetzt. Bei einem Telefonat am 19. 2. 2009 erläuterte der Kläger, dass er das Fahrzeug an diesem Tag noch nicht zurückstellen könne, weil er einen Chefarzttermin wahrzunehmen habe. Am 20. 2. 2009 stellte er das Firmenfahrzeug am Betriebsgelände der Beklagten ab. Bereits mit Schreiben vom 19. 2. 2009 sprach die Beklagte die Entlassung des Klägers wegen Verweigerung der Rückgabe des Fahrzeugs aus.
Der Kläger begehrte restliche Gehälter einschließlich Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung und eine Urlaubsersatzleistung. Er habe der Beklagten erklärt, dass er das Fahrzeug am 19. 2. 2009 wegen eines Chefarzttermins nicht zurückgeben könne. Einen Entlassungsgrund habe er nicht gesetzt.
Die Beklagte entgegnete, dass der Kläger beim ersten Telefonat erklärt habe, nicht daran zu denken, das Firmenfahrzeug zurückzugeben. Beim zweiten Telefonat am 19. 2. 2009 habe er seine Weigerung wiederholt. Die Entlassung sei daher berechtigt erfolgt. Die ihr entstandenen Reinigungskosten sowie die vereinbarte Konventionalstrafe wegen Verletzung des Konkurrenzverbots würden einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung gegenüber compensando als Gegenforderungen eingewendet.
Das Erstgericht stellte das Klagebegehren mit 7.839,99 EUR brutto abzüglich 1.354,13 EUR netto sowie die eingewendeten Gegenforderungen mit 65 EUR netto als zu Recht bestehend fest und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 7.839,99 EUR brutto abzüglich 1.419,13 EUR netto. Nach dem Telefonat vom 17. 2. 2009 habe der Kläger seine verbale Weigerung, das Dienstfahrzeug zurückzustellen, aufgegeben. Von einer Beharrlichkeit der Weigerung könne nicht gesprochen werden. Die Entlassung sei daher unberechtigt erfolgt. Die Gegenforderungen bestünden nur in Ansehung der Reinigungskosten zu Recht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, sprach aber aus, dass das Urteil dahin „abgeändert“ werde, dass die Entscheidung über die Gegenforderungen laute: „Die Gegenforderung besteht mit 65 EUR netto zu Recht, darüber hinaus - bis zur Höhe der Klagsforderung geprüft - nicht zu Recht.“ Die Erklärung des Klägers, das Dienstfahrzeug während des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses nicht zurückzugeben, stelle noch keine schwerwiegende Verweigerung einer dienstlichen Anordnung dar. Aufgrund des zweiten Telefonats vom 19. 2. 2009 habe die Beklagte dem Kläger eine „zweite Chance“ zur Rückgabe des Fahrzugs eingeräumt. Da er das Fahrzeug an diesem Tag wegen eines wichtigen Termins nicht hätte zurückgeben können, stelle sein Verhalten keine beharrliche Weigerung, sich der Anordnung des Dienstgebers zu fügen, dar. Die von der Beklagten als Gegenforderung geltend gemachte Konventionalstrafe stehe dieser schon unabhängig vom Inhalt der Konkurrenzklausel im Dienstvertrag nicht zu. § 37 Abs 2 AngG sei nämlich nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung und Teilen der Lehre dahin teleologisch zu reduzieren, dass der Dienstgeber im Fall der unberechtigten Entlassung die Rechte aus einer Konkurrenzklausel keinesfalls geltend machen könne. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu dieser Frage keine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.
Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragte der Kläger, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Mit ihren Ausführungen zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vermag die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen (vgl RIS-Justiz RS0043371). Das Berufungsgericht hat eine eingehende Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts vorgenommen und sich dabei auch mit der Aussage jener Zeugin, die das zweite Telefonat mit dem Kläger führte, berücksichtigt. Insgesamt hat sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge der Beklagten ausreichend auseinandergesetzt. Seine Erwägungen zu der von ihm gebilligten Beweiswürdigung des Erstgerichts sind gut nachvollziehbar.
Auch mit dem Hinweis auf angebliche sekundäre Feststellungsmängel gelingt es der Beklagten nicht, die Zulässigkeit der Revision zu begründen. Der behaupteten Tätigkeit des Klägers bei einem Konkurrenzunternehmen kommt für die Entscheidung keine Bedeutung zu.
2. Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine berechtigte Entlassung kann immer nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0106298; zuletzt 8 ObA 56/10h). Derartige Einzelfallentscheidungen sind für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0044088).
Die Vorinstanzen haben die Grundsätze für die Beurteilung des von der Beklagten ins Treffen geführten Entlassungsgrundes nach § 27 Z 4 AngG zutreffend dargelegt. Da dem Kläger ausgehend von den Feststellungen die Missachtung eines konkret vereinbarten Rückgabetermins nicht vorgeworfen werden kann, ist die Ansicht des Erstgerichts, dass der Kläger nach dem ersten Telefonat seine verbale Weigerung aufgegeben habe, gut vertretbar. Das Gleiche gilt für den Hinweis des Berufungsgerichts, dass die bloße Ankündigung des Klägers anlässlich des ersten Telefonats keine endgültige Willenshaltung zum Ausdruck gebracht habe und die Entlassung auch gar nicht aufgrund dieser Erklärung ausgesprochen worden sei. Insgesamt ist die Beurteilung der Vorinstanzen, der Kläger habe keine beharrliche Verweigerung dienstlicher Anordnungen zu verantworten, nicht korrekturbedürftig.
3. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn Fragen bloß rein theoretischer Natur gelöst werden sollen (RIS-Justiz RS0111271; 8 ObA 24/11d).
Die Frage, ob der Dienstgeber bei unberechtigter Entlassung aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 37 Abs 2 AngG die Rechte aus einer vereinbarten Konkurrenzklausel jedenfalls verliert, ist für die vorliegende Entscheidung nicht von Bedeutung. Nach § 37 Abs 2 AngG kann sich der Dienstgeber grundsätzlich dann auf eine Konkurrenzklausel nicht berufen, wenn das Dienstverhältnis von ihm gelöst wird. Anderes gilt nach dem Wortlaut dann, wenn der Angestellte dazu durch schuldhaftes Verhalten begründeten Anlass gegeben hat (vgl RIS-Justiz RS0029930). Ohne berechtigten Verschuldensvorwurf gegenüber dem Dienstnehmer scheidet die Geltendmachung einer Konventionalstrafe somit jedenfalls aus.
Ausgehend von der von den Vorinstanzen ermittelten Sachverhaltsgrundlage kann dem Kläger ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden. Soweit die Beklagte weiterhin davon ausgeht, dass sich der Kläger wiederholt und hartnäckig geweigert habe, das Dienstfahrzeug zurückzustellen, und er schon durch die anfängliche Weigerung eine Beständigkeit in seiner Willenshaltung signalisiert habe, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab. Auch der Hinweis der Beklagten auf die bereits erfolgte Kündigung ist nicht stichhaltig, weil auch im Kündigungsschreiben kein Übergabetermin angegeben war. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass nach dem PKW-Überlassungsvertrag bis zum Widerruf der Fahrzeugüberlassung eine angemessene Ankündigungsfrist gewährt werden sollte. Aus diesen Überlegungen folgt, dass sich die Beklagte auf die vereinbarte Konventionalstrafe, und zwar ungeachtet der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu § 37 Abs 2 AngG, nicht berufen kann. Der vom Berufungsgericht und von der Beklagten in der Revision aufgeworfenen Fragestellung zu § 37 Abs 2 AngG kommt somit nur theoretische Bedeutung zu (vgl RIS-Justiz RS0002495).
4. Auch mit dem Mitverschuldenseinwand iSd § 32 AngG zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf. Entgegen ihren Überlegungen war beim ersten Telefonat am 17. 12. 2009 von einer Rückgabe des Dienstfahrzeugs am 19. 2. 2009 keine Rede. Dazu ist auch darauf hinzuweisen, dass Tatbestände, die keine tauglichen Auflösungsgründe sind, für die Beurteilung eines allfälligen Mitverschuldens grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben (RIS-Justiz RS0116864 [T3]; RS0124568).
5. Insgesamt gelingt es der Beklagten nicht, eine erhebliche Rechtsfrage, die die Revision zulässig machen würde, aufzuzeigen. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).
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