OGH 8Ob233/99v

OGH8Ob233/99v21.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzende und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Konkurseröffnungssache der Firma St***** GmbH, *****, infolge der Revisionsrekurse 1. des Alois St*****, Geschäftsführer, *****, vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck und 2. der St***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Girardi & Dr. Markus Seyrling, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21. Juli 1999, GZ 1 R 172/99z-20, womit der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. Juni 1999, GZ 19 S 42/99w-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Aus Anlass der Revisionsrekurse wird der angefochtene Beschluss als nichtig behoben und der Rekurs des Wilfried R***** zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gesellschafter der seit 28. 2. 1997 im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck zu FN 154400i eingetragenen S***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in St***** sind Alois und Heide St***** mit je 25 % und die beim Amtsgericht C***** protokollierte C*****gesellschaft mbH mit 50 % des Stammkapitals. Mit Beschluss vom 8. 1. 1997 haben die Gesellschafter Alois St***** und Wilfried R***** (der auch Geschäftsführer der genannten, beim Amtsgericht C***** protokollierten Gesellschafterin ist) zu jeweils einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt, die auch im Firmenbuch als solche eingetragen sind.

Im Gesellschaftsvertrag vom 8. 1. 1997 in der Fassung des Nachtrages vom 17. 2. 1997 ist hinsichtlich der Organe und der Gesellschafterbeschlüsse in den Punkten V. und VI. unter anderem folgendes festgehalten:

"Organe der Gesellschaft sind der oder die Geschäftsführer und die Generalversammlung.

Die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern erfolgt durch Gesellschafterbeschluss ....

Gesellschafterbeschlüsse können unter den Voraussetzungen des § 34 GmbH-Gesetz schriftlich oder in der Generalversammlung gefasst werden

....

Die Generalversammlung findet am Sitz der Gesellschaft statt. Die Generalversammlung wird durch einen Geschäftsführer mit eingeschriebenem Brief an die Gesellschafter unter den der Gesellschaft zuletzt bekanntgegebenen Anschriften mit Angabe der Tagesordnung einberufen. Zwischen dem Tag der Postaufgabe der Einberufung und dem Tag der Generalversammlung muss ein Zeitraum von mindestens 14 Tagen liegen ....

Zur Beschlussfähigkeit der Generalversammlung ist erforderlich, dass mindestens 75 % des Stammkapitals anwesend oder rechtsgültig vertreten sind. Anderenfalls ist unter Hinweis auf die Beschlussunfähigkeit eine weitere Versammlung unter Beachtung der die Einberufung regelnden Bestimmungen einzuberufen, die auf die Behandlung der Gegenstände der ersten einberufenen Generalversammlung beschränkt ist. Die neuerlich einberufene Generalversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 50 % des Stammkapitals anwesend oder rechtsgültig vertreten sind.

Das Stimmrecht richtet sich nach der Höhe der geleisteten Stammeinlage. Jeder Gesellschafter hat mindestens eine Stimme.

Gesellschafterbeschlüsse werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst ...."

Am 29. 3. 1999 langte beim Erstgericht ein mit 26. März 1999 datierter, vom Geschäftsführer Wilfried R***** namens der Gesellschaft gestellter Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mit der Begründung ein, dass die Gesellschaft überschuldet sei, keine weitere Kredite erhalte und damit kein Überlebenschance habe.

Der zweite Geschäftsführer Alois S***** erklärte sich mit dem Konkurseröffnungsantrag nicht einverstanden, er bestritt die Antragsberechtigung des Geschäftsführers Wilfried R***** und das Vorliegen der Konkurseröffnungsvoraussetzungen.

Das Erstgericht wies den Konkurseröffnungsantrag des Wilfried R***** zurück und begründete dies damit, dass der Geschäftsführer Wilfried R***** in der Generalversammlung vom 25. 3. 1999 durch Gesellschafterbeschluss abberufen worden sei. Die Abberufung sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Abberufungsbeschluss wirke konstitutiv und unabhängig von der Eintragung in das Firmenbuch. Mit Beschlussfassung verliere daher der betreffende Geschäftsführer seine Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, weshalb Wilfried R***** nicht mehr legitimiert gewesen sei, den am 29. 3. 1999 bei Gericht eingelangten Konkursantrag zu stellen.

Dem gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs des Geschäftsführers und Antragstellers Wilfried R***** gab das Rekursgericht Folge; es hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag nach Verfahrensergänzung auf. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem S 260.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Zur rechtlichen Begründung führte das Rekursgericht aus, entgegen der vom Rekurswerber vertretenen Auffassung bedürfe zwar bei der GmbH nicht jeder Gesellschafterbeschluss - sei er in einer Generalversammlung oder durch Abstimmung im schriftlichen Wege gefasst - zu seiner Rechtswirksamkeit einer notariellen Beurkundung. Eine solche sei als Voraussetzung für die Wirksamkeit nur für solche Gesellschafterbeschlüsse vorgeschrieben, durch die der Gesellschaftsvertrag abgeändert werde (§ 49 Abs 1 GmbHG), oder durch die die Gesellschaft aufgelöst werden solle (§ 84 Abs 1 Z 2 GmbHG). Die Abberufung eines Geschäftsführers stelle jedoch selbst dann, wenn dessen Bestellung im Gesellschaftsvertrag erfolgt sei - was hier nicht zutreffe - keine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar und bedürfe daher nach dem Gesetz weder einer qualifizierten Mehrheit (SZ 7/123) noch einer notariellen Beurkundung (SZ 40/169; Reich/Rohrwig,

Das österreichische GmbH-Recht 154 f). Die fehlende notarielle Beurkundung könne somit entgegen der vom Rekurswerber vertretenen Auffassung die Rechtswirksamkeit des in der Gesellschafterversammlung am 25. 3. 1999 gefassten Beschlusses auf Abberufung des Geschäftsführers Wilfried R***** nicht beeinträchtigen. Dies schade dem Rekurswerber im Ergebnis allerdings nicht, weil die von ihm aufgeworfene Frage seiner Antragslegitimation im Zusammenhang mit der Wirksamkeit des ihn betreffenden Abberufungsbeschlusses als Geschäftsführer von Amts wegen nach allen Richtungen zu prüfen sei, wobei das Gericht auch die für die Beurteilung dieser Frage erheblichen Tatsachen gemäß § 173 Abs 5 KO amtswegig zu erheben und festzustellen habe.

Nach § 69 Abs 1 KO sei auf Antrag des Schuldners, der bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Konkurseröffnung zur Antragstellung ohne schuldhaftes Zögern nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei (§ 69 Abs 2 KO), der Konkurs sofort zu eröffnen. Die Berechtigung und Verpflichtung zur Konkursantragstellung treffe nach § 69 Abs 3 KO bei juristischen Personen deren organschaftliche Vertreter. Bei einer GmbH seien dies die Geschäftsführer oder die Liquidatoren. Gehe - wie hier - der Antrag nicht von allen natürlichen Personen aus, deren Antragspflicht sich aus § 69 Abs 3 KO ergebe, so seien die übrigen über den Antrag zu vernehmen und sei der Konkurs mangels eines über den Antrag zu erzielenden Einverständnisses nur dann zu eröffnen, wenn die Zahlungsunfähigkeit glaubhaft gemacht werde (§ 69 Abs 4 KO).

Nach § 16 Abs 1 GmbHG könne die Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafter jederzeit widerrufen werden. Die dadurch eintretende Änderung der Vertretungsbefugnis werde unabhängig von der nach § 17 GmbHG vorgeschriebenen Anmeldung und Eintragung im Firmenbuch, welcher nur deklarative Wirkung zukomme, wirksam (EvBl 1979/202; RdW 1990, 6; 6 Ob 2378/96s ua). Der betroffene Geschäftsführer könne den Abberufungsbeschluss der Generalversammlung mit Nichtigkeitsklage nach § 41 GmbHG anfechten. Diese schiebe aber die sofortige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses nicht auf, dieser Beschluss bleibe vielmehr solange aufrecht und wirksam, bis er allenfalls durch ein der Anfechtungsklage stattgebendes rechtskräftiges Urteil umgestoßen werde (ecolex 1990, 32; ecolex 1993, 815 mwN).

Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen mache der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (zuletzt ausführlich 6 Ob 290/98k unter Berufung auf SZ 67/103) dann, wenn seiner Auffassung nach ein nicht anfechtungsbedürftiger bloßer Scheinbeschluss (oder Nichtbeschluss) vorliege, was voraussetze, dass ein Beschluss mit derart gravierenden Mängeln behaftet sei, dass von einer rechtlich unbeachtlichen Willenäußerung gesprochen werden müsse. Dies werde etwa dann angenommen, wenn ein Beschluss im Widerspruch zu § 34 GmbHG weder in einer Generalversammlung noch unter Einhaltung der Voraussetzungen schriftlicher Abstimmung gefasst worden sei (SZ 59/172; SZ 58/88; SZ 50/51 ua). Hingegen werde das in der Lehre (Koppensteiner GmbHG2 Rz 7 ff zu § 41 mwN) vertretene Institut einer absoluten Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen vom Obersten Gerichtshof weiterhin abgelehnt (zuletzt 6 Ob 290/98k). Selbst in der Lehre werde aber dem Umstand, dass ein Beschluss gefasst wurde, obwohl die Versammlung im Sinne des § 38 Abs 6 GmbHG nicht beschlussfähig gewesen sei, nur das Gewicht eines Anfechtungsgrundes im Sinne des § 41 GmbHG, nicht aber eines absoluten Nichtigkeitsgrundes zugebilligt (Koppensteiner aaO Rz 24 zu § 41; Reich-Rohrwig aaO, 393).

Im vorliegenden Fall sei unbestritten, dass der Rekurswerber zwar noch als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen sei, jedoch mit dem in der Gesellschafterversammlung am 25. 3. 1999 von der Mehrheit der anwesenden Gesellschafter, die die Hälfte des Stammkapitals repräsentierten, gefassten Beschluss als Geschäftsführer abberufen worden sei. Gründe, die es rechtfertigen könnten, diesen Abberufungsbeschluss im Sinne der herrschenden Rechtsprechung als jedenfalls unwirksamen Scheinbeschluss zu qualifizieren, seien vom Rekurswerber nicht geltend gemacht und auf der Grundlage der vom Geschäftsführer Alois St***** vorgelegten Urkunden (Beilagen zu ON 12) auch nicht erkennbar. Danach sei die außerordentliche Generalversammlung vom Geschäftsführer Alois St***** mit einem am 11. 3. 1999 beim Postamt St***** aufgegebenen eingeschriebenen Brief an die Firma C***** GmbH in C***** einberufen worden, wobei in der auf der Einberufung angegebenen Tagesordnung unter Punkt 3. auch die Abberufung des Geschäftsführers Wilfried R***** aus wichtigem Grund aufscheine. Der Gesellschafterin C***** GmbH in C***** sei, wie sich aus ihrem Schreiben vom 22. 3. 1999 ergebe, die Einladung zu dieser Gesellschafterversammlung zugekommen, sie habe jedoch daran nicht teilgenommen. Das Protokoll der Gesellschafterversammlung wurde mit einem am 26. 3. 1999 beim Postamt Sch***** aufgegebenen eingeschriebenen Brief der C***** GmbH in C***** zugemittelt. Wie aus dem Protokoll ersichtlich sei, sei auf Grund der zulässigerweise vom § 38 Abs 6 GmbHG abweichenden Regelung des Gesellschaftsvertrages die Generalversammlung am 25. 3. 1999 nicht beschlussfähig gewesen, da weniger als 75 % des Stammkapitals anwesend gewesen seien. Wie bereits dargelegt, könne dies aber lediglich eine Anfechtung des Beschlusses mittels einer Klage im Sinne des § 41 GmbHG rechtfertigen, die aber an einer vorläufigen Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses nichts ändern könne. Es sei daher unerheblich, ob eine Klage nach § 41 GmbHG überhaupt eingebracht worden sei (was vom Rekurswerber nicht einmal behauptet werde).

Obwohl somit vom Vorliegen eines bisher nicht durch ein Urteil beseitigten Abberufungsbeschlusses der Generalversammlung auszugehen sei, sei die Sache jedoch noch nicht spruchreif, weil auf Grund des Akteninhalts noch nicht abschließend beurteilt werden könne, ob und allenfalls seit wann dieser Abberufungsbeschluss gegenüber dem abzuberufenden Geschäftsführer Wilfried R***** wirksam geworden sei und ob dieser somit im Zeitpunkt der Einbringung des Konkursantrages noch zur Stellung eines solchen als vertretungsbefugtes Organ der GmbH legitimiert gewesen sei.

Zwar werde in ständiger Rechtsprechung (ecolex 1993, 815; SZ 62/160 uva; siehe RIS-Justiz RS0059467) ebenso wie in der Lehre (Reich-Rohrwig aaO 154 f; Kostner/Umfahrer4 Rz 209; Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechtes5 373) der Standpunkt vertreten, dass die Abberufung von Organmitgliedern sofort wirksam sei. Dies treffe insofern zu, als es für den Eintritt der Wirksamkeit weder auf die Eintragung im Firmenbuch noch darauf ankomme, ob der Abberufungsbeschluss mit einer Klage nach § 41 GmbHG angefochten worden sei. Allerdings gelte dies nur mit der Einschränkung, dass die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses davon abhängig sei, dass sie dem abzuberufenden Geschäftsführer gegenüber erklärt werde. Diese Erklärung obliege der Gesellschafterversammlung als dem für die Abberufung zuständigen Organe und bedürfe keiner besonderen Form. Sofort mit der Beschlussfassung werde der Abberufungsbeschluss somit gegenüber einem abzuberufenden Geschäftsführer nur dann wirksam, wenn dieser bei der Beschlussfassung gegenwärtig sei. Andernfalls müsse ihm der Beschluss bekanntgegeben werden und werde die Abberufung erst dann wirksam, wenn ihm diese Entscheidung zugegangen sei (so der Oberste Gerichtshof in seiner neuesten Entscheidung vom 28. 5. 1999 zu 7 Ob 355/98a unter Hinweis auf Literatur zum Deutschen GmbHG; siehe auch Koppensteiner aaO Rz 14 zu § 16 und Schneider in Scholz/Emmerich dGmbHG8 Rz 29 und 30 zu § 38).

Aus dem Akt ergebe sich lediglich, dass der abzuberufende Geschäftsführer Wilfried R***** bei der Gesellschafterversammlung am 25. 3. 1999 nicht anwesend gewesen sei und dass die ebenfalls nicht anwesend gewesenen Gesellschafterin C***** GmbH das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 25. 3. mittels eines am Freitag dem 26. 3. 1999 zur Post gegebenen eingeschriebenen Briefes zugesandt worden sei. Ob und allenfalls wann der Abberufungsbeschluss dem Geschäftsführer Wilfrid R***** von der Gesellschafterversammlung bekanntgegeben worden sei, lasse sich dem Akt nicht entnehmen und werde daher im fortgesetzten Verfahren zu klären sein. Sei die Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses dem abzuberufenden Geschäftsführer im Zeitpunkt der Einbringung seines Konkursantrages schon zugegangen gewesen, so wäre er in diesem Zeitpunkt nicht mehr vertretungsbefugtes Organ der Gesellschaft und damit zur Konkursantragstellung nicht mehr legitimiert gewesen. Sollte dies jedoch nicht zutreffen, so wäre der Konkursantrag noch von einem vertretungsbefugten Organ gestellt worden und müsse im Hinblick auf das fehlende Einverständnis des zweiten Geschäftsführers geprüft werden, ob die Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung glaubhaft gemacht worden sei, allenfalls auch ob kostendeckendes Vermögen vorhanden sei (JBl 1987, 51; ZIK 1995, 55).

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 527 Abs 2 ZPO iVm § 171 KO sei zulässig, weil zur Frage, ob ein in einer Generalversammlung trotz Beschlussunfähigkeit gefasster Abberufungsbeschluss absolut nichtig oder nur ein Scheinbeschluss (bzw Nichtbeschluss) sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege und zur Frage, ob ein in Abwesenheit des betroffenen Geschäftsführers gefasster Abberufungsbeschluss erst mit dem Zugang der Bekanntmachung dieses Beschlusses an den betroffenen Geschäftsführer wirksam werde, noch keine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe.

Gegen diesen Beschluss richten sich die inhaltsgleichen Revisionsrekurse des Geschäftsführers Alois St***** und der St***** C***** GmbH mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass eines zulässigen Rekurses sind Nichtigkeitsgründe stets von Amts wegen wahrzunehmen (6 Ob 77/74; RZ 1988/40; zuletzt 5 Ob 2001/96t). Wird infolge eines Rechtsmittels einer dazu nicht legitimierten Person vom Rechtsmittelgericht eine Sachentscheidung gefällt, liegt Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen die Rechtskraft vor (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 2).

Aus Anlass der zulässigen Revisionsrekurse des hiezu jedenfalls als Geschäftsführer der S***** GmbH legitimierten Alois S***** - die Legitimation des Alois S*****, den Beschluss des Rekursgerichtes auch im eigenen Namen zu bekämpfen, ergibt sich aus der ihm als Vertreter der juristischen Person in § 69 Abs 3 und 4 KO zugebilligten selbständigen verfahrensrechtlichen Stellung, die zum Zeitpunkt der Einbringung des Revisionsrekurses aufrecht war (vgl SZ 52/41; SZ 70/151; SZ 59/225) - und der Gesellschaft war daher zunächst zu prüfen, ob der mit Generalversammlungsbeschluss vom 25. 3. 1999 als Geschäftsführer abberufene Wilfried R***** zum Zeitpunkt der Überreichung des unter Berufung auf seine Funktion als Geschäftsführer der genannten GmbH erhobenen Rekurses gegen den Beschluss des Erstgerichtes am 7. 7. 1999 noch zur Erhebung eines Rechtsmittels namens der Gesellschaft berechtigt war.

Soweit Wilfried R***** in seinem Rekurs die Auffassung vertritt, der Abberufungsbeschluss sei mit Mängeln behaftet, die seine Rechtsunwirksamkeit zur Folge hätten, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Die Abberufung des Geschäftsführers bedarf selbst dann keiner notariellen Beurkundung, wenn er - was im Übrigen hier nicht der Fall ist - im Gesellschaftsvertrag bestellt worden wäre, da die Abberufung nicht als Änderung des Gesellschaftsvertrages anzusehen ist (SZ 40/169; 6 Ob 2371/96m; Reich/Rohrwig, GmbH-Recht2 I Rz 2/599 sowie Rz 2/626). Der Umstand, dass an der Generalversammlung vom 25. 3. 1999, in der der Abberufungsbeschluss gefasst wurde, trotz ordnungsgemäßer Einberufung unter Anführung der Abberufung des Geschäftsführers Wilfried R***** als Tagesordnungspunkt die Gesellschafterin C***** GmbH nicht teilgenommen hat, sodass das in der Satzung der Gesellschaft vorgesehene Präsenzquorum von 75 % des Stammkapitals nicht erreicht wurde, kann weder zur Qualifikation dieses Abberufungsbeschlusses als rechtlich unbeachtlicher Scheinbeschluss im Sinne der Rechtsprechung (SZ 50/51; SZ 58/88; SZ 59/104; SZ 67/103; SZ 69/254 und WBl 1999/226) noch als absolut nichtiger Beschluss im Sinne der Lehre (siehe Koppensteiner GmbHG2 § 41 Rz 18; Kostner/Umfahrer, GmbH5 Rz 484) führen, da immerhin 50 % des Stammkapitals - und damit mehr als nach § 38 Abs 3 GmbHG erforderlich - vertreten war und ein bloßer Verstoß gegen die Satzung selbst im Recht der Aktiengesellschaft nur Anfechtbarkeit nach § 195 AktG, nicht aber Nichtigkeit nach § 199 AktG bewirkt. Abgesehen davon, dass bisher die Einbringung einer Nichtigkeitsklage nicht einmal behauptet wurde und im Hinblick auf die ordnungsgemäße Einberufung der Generalversammlung auch nicht erfolgversprechend wäre, ist ein bloß mit Klage nach § 41 GmbHG angefochtener Beschluss wirksam, bis er durch Urteil umgestoßen wird (GesRZ 1981, 184; SZ 56/84; SZ 58/88; SZ 59/104; ecolex 1993, 815; SZ 67/194; Reich/Rohrwig aaO Rz 2/634; Koppensteiner aaO § 41 Rz 18 und 23). Da Wilfried R***** bei der Beschlussfassung in der Generalversammlung vom 25. 3. 1999 nicht anwesend war, wurde ihm gegenüber die Abberufung erst mit Mitteilung des Beschlussergebnisses an ihn wirksam (siehe Reich/Rohrwig aaO Rz 2/628; Koppensteiner aaO § 16 Rz 14; SZ 66/144; 7 Ob 355/98a). Da Wilfried R***** mit seinem Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichtes eine Kopie des Generalversammlungsbeschlusses vom 25. 3. 1999 vorgelegt hat, ist davon auszugehen, dass er zum Zeitpunkt der Überreichung des Rekurses am 7. 7. 1999 wirksam abberufen war. Damit war er aber zur Erhebung des Rekurses namens der GmbH nicht mehr legitimiert.

Aber auch eine Rekurslegitimation als abberufener Geschäftsführer im eigenen Namen im Sinne des § 71c Abs 1 KO ist Wilfried R***** nicht zuzubilligen.

Die mit der Änderung des § 17 Abs 2 GmbHG durch das IRÄG 1997 geschaffene Einschreitungsbefugnis des abberufenen oder zurückgetretenen Geschäftsführers darf als Ausnahmsbestimmung nicht extensiv ausgelegt werden (ecolex 1998, 639 = WBl 1998/244) und kann daher nicht dazu führen, die Rechtsmittellegitimation des wirksam abberufenen Geschäftsführers im Konkurseröffnungsverfahren zu bejahen. Schließlich kann aus der Konkursantragspflicht des Geschäftsführers nach § 69 Abs 2 und 3 KO eine Rekurslegitimation des abberufenen Geschäftsführers nicht abgeleitet werden, da es Sache des nunmehrigen Vertreters der Gesellschaft wäre, eine ungerechtfertigte Zurückweisung des Konkursantrages wegen angeblich fehlender Vertretungsbefugnis des mittlerweile abberufenen Geschäftsführers zum Zeitpunkt der Absendung des Konkursantrages namens der Gesellschaft zu bekämpfen. Dass dem Geschäftsführer nach wirksamer Abberufung im Konkurseröffnungsverfahren auch keine Einschreitungs- befugnis im eigenen Namen mehr zukommt (siehe GesRZ 1993, 233), ergibt sich insbesondere daraus, dass der verbliebene Geschäftsführer den von mittlerweile abberufenen Geschäftsführer namens der Gesellschaft eingebrachten Konkursantrag ohne dessen Zustimmung zurückziehen und damit - nach § 70 Abs 4 KO ist nur die Rückziehung des Antrages des Gläubigers nicht zu beachten - eine Entscheidung des Gerichtes über die Konkurseröffnung verhindern kann (siehe Kuhn/Uhlenbruck KO11 § 103 Rz 3; Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, Beck München 1990, § 11 Rz 41; Fenski, Rücknahme des Konkursantrages durch ein anderes Organmitglied? BB 1988, 2265 ff).

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