OGH 7Ob78/01y

OGH7Ob78/01y27.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Philipp Dominik S*****, vertreten durch die Mutter Monika K*****, diese vertreten durch Dr. Malte Berlin, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung der Veräußerung einer Liegenschaft, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 23. Jänner 2001, GZ 6 R 398/00x-65, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 4. Februar 2000, GZ P 1639/95d-62, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss und der damit bestätigte Beschluss des Gerichtes erster Instanz werden aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung über den Genehmigungsantrag an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Der ae Vater des Minderjährigen ist am 3. 9. 1998 verstorben. Sein Nachlass wurde seinem Bruder Markus F***** und dem Minderjährigen je zur Hälfte eingeantwortet. Zum Nachlass gehörte vor allem das in der Gemeinde ***** M*****, J***** gelegene, 4426 m2 große, aus einem Wohn- und Betriebsgebäude sowie zwei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken bestehende landwirtschaftliche Anwesen A*****.

Mit Kaufvertrag vom 8. 9. 1999 veräußerten die beiden Erben das Anwesen (im Folgenden Liegenschaft) um einen Gesamtkaufpreis von S 1,100.000,-- an den in M***** wohnenden technischen Angestellten Josef N*****, wobei die Rechtswirksamkeit der Kaufvereinbarung einerseits von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung und andererseits von der "verlass- und auch pflegschaftsbehördlichen Genehmigung" abhängig gemacht wurde.

In der Folge wurde dem Kaufvertrag vom 8. 9. 1999 die pflegschaftsbehördliche Genehmigung mit der Begründung versagt, die (weiteren) Kaufinteressenten Dr. Hemma und Walter M***** hätten dem Gericht am 24. 9. 1999 verbindlich bekannt gegeben, dass sie einen wesentlich höheren Kaufpreis zahlen würden. Die Genannten (die ebenfalls in ***** M***** wohnhaft sind) hatten einen Preis von S 2 Mio für die Liegenschaft geboten.

In einem daraufhin am 6. 12. 1999 vereinbarten "Nachtrag zum Kaufvertrag vom 8. 9. 1999" wurde von den Vertragsparteien klargestellt, dass es einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrages hinsichtlich des Hälfteanteiles des Markus F***** nicht bedürfe. Die Vertragsparteien hielten weiters als "aufschiebende Bedingung" für die Rechtswirksamkeit der Kaufvereinbarung neben dem Vorliegen aller Voraussetzungen nach dem OÖ Grundverkehrsgesetz das Vorliegen der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrages hinsichtlich des Hälfteanteiles des Minderjährigen sowie einen Kaufpreis von S 550.000,-- für den Hälfteanteil vertraglich fest.

In weiterer Folge wurde der Verkauf des Hälfteanteiles des Markus F***** an Josef N***** auf Grund des "Kaufvertrages vom 8. 9. 1999 und Nachtrages vom 6././10. 12. 1999" von der Bezirksgrundverkehrskommission M***** mit Bescheid vom 20. 9. 2000 genehmigt.

Unter Vorlage dieses Bescheides stellte der Minderjährige (durch den Vertreter seiner Mutter) am 5. 10. 2000 den Antrag auf "pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages mit Josef N***** vom 8. 9. 1999 samt Nachtrag zum Kaufvertrag vom 10. 12. 1999". Auf Grund der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung dieses Kaufvertrages sei Josef N***** bereits (außerbücherlicher) Eigentümer der Hälfteliegenschaft. Der Sachverständige Otto K***** habe zum Stichtag 3. 9. 1998 den Wert der gesamten Liegenschaft mit S 461.526,-- geschätzt. Der Hälfteanteil der Minderjährigen repräsentiere demnach einen Wert von S 230.763,--. Der ihm von Josef N***** dafür gebotener Kaufpreis von S 550.000,-- liege um mehr als 230 % über dem Schätzwert, weshalb der Vertragsabschluss für den Minderjährigen als nachhaltig vorteilhaft anzusehen sei. Es sei auszuschließen, dass sich außer dem Miteigentümer N***** noch andere Personen für den Ankauf der Liegenschaftshälfte des Minderjährigen interessierten. Auf dem freien Markt könne bestenfalls ein Kaufpreis in Höhe des Schätzwertes erzielt werden, weshalb dem Minderjährigen bei Versagung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung ein Schaden drohe.

In der daraufhin vom Erstgericht am 17. 11. 2000 abgehaltenen Tagsatzung erklärten die Ehegatten Dr. Hemma und Walter M*****, dass ihr Kaufinteresse nach wie vor aufrecht sei und sie für den Hälfteanteil des Minderjährigen S 1 Mio bezahlen würden, allenfalls (bei "Auftreten eines Bieters mit einer höheren Summe") sogar noch mehr. Sie seien bereit, einen Vertrag zu denselben Bedingungen abzuschließen wie Josef N*****. Die Mutter des Minderjährigen gab zu Protokoll, dass finanzielle Motive nicht den Ausschlag für einen Verkauf der Liegenschaftshälfte gäben. Der Minderjährige sei in keiner finanziellen Notlage. Der Minderjährige selbst erklärte, dass er seine Liegenschaftshälfte verkaufen wolle, "damit die Erinnerungen an seinen Vater ein für allemal weg seien". Darüber hinaus sei er finanziell nicht in der Lage, das renovierungsbedürftige Haus auszubauen. Der Vertreter der Mutter des Minderjährigen brachte vor, eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Erwerbs der Liegenschaftshälfte des Minderjährigen durch die Ehegatten M***** sei im Hinblick auf die Bestimmungen des OÖ Grundverkehrsgesetzes auszuschließen.

Am 24. 11. 2000 nahm der Erstrichter eine Besichtigung der gegenständliche Liegenschaft vor und hielt in einem Aktenvermerk fest, dass das Anwesen praktisch in Alleinlage (im Umkreis von mehreren 100 Metern gebe es keine Nachbarn) in "idyllischer Landschaft" stehe. Das Haus mache von außen den Eindruck, dass es durchaus in Ordnung sei und für die nächsten Jahre keine Investitionen notwendig seien. Die Lage sei extrem ruhig und verkehrsmäßig völlig unbeeinträchtigt; die Zufahrt sei über einen Feldweg möglich. Nach dem Gesamteindruck sei die Liegenschaft sicherlich für Personen, die Abgeschiedenheit und Ruhe liebten, "hochinteressant".

Mit Beschluss vom 4. 12. 2000 versagte das Erstgericht dem Kaufvertrag vom 8. 9. 1999 samt Nachtrag vom 6./7./10. 12. 1999 die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung. Liegenschaftsverkäufe seien nur dann pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen, wenn sie dem eindeutigen Vorteil des Minderjährigen entsprächen. Zwar übersteige das Anbot des Josef N***** mit S 550.000,-- den Schätzwert von rund S 230.000,-- wesentlich. Im Hinblick auf das wirtschaftlich bessere Kaufanbot der Ehegatten M***** gereiche der Verkauf der Liegenschaftshälfte an Josef N***** aber nicht zum Wohle des Minderjährigen. Ob die Grundverkehrsbehörde einen Kaufvertrag mit den Ehegatten M***** in Ansehung des § 4 Abs 6 Z 5 des OÖ Grundverkehrsgesetzes genehmigen würde, sei nicht zu erörtern. Es sei von einem "Liebhaberobjekt" auszugehen, für das ein sehr hoher Preis geboten werde. Dass Josef N***** bereits die andere Liegenschaftshälfte käuflich erworben habe, führe nicht dazu, dass ihm auch der Minderjährige seine Liegenschaftshälfte veräußern müsse, zumal er ein besseres Anbot habe.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die vom Rekurswerber behauptete Aktenwidrigkeit, die darin erblickt werde, dass die Feststellung des Erstgerichtes, das Haus mache von außen den Eindruck, dass es durchaus in Ordnung sei und für die nächsten Jahre keine Investitionen notwendig seien, im krassen Widerspruch zum Inhalt des vom gerichtlich beeidigten Sachverständigen Otto K***** erstatteten Gutachten vom 12. 7. 1999 stehe, liege nicht vor. Die betreffende Feststellung beruhe auf den Eindrücken, die sich der Erstrichter durch eine Besichtigung verschafft habe und die sich nur auf die Fassade bzw Äußerlichkeiten des Objektes beziehen könnten.

Betreffend die Rechtsrüge sei § 232 ABGB maßgeblich, der besage, dass ein unbewegliches Gut nur im Notfalle oder zum offenbaren Vorteil des Minderjährigen mit Genehmhaltung des vormundschaftlichen Gerichtes und in der Regel nur vermittelst öffentlicher Versteigerung veräußert werden könne. Aus wichtigen Gründen könne aber auch eine Veräußerung aus freier Hand vom Gericht bewilligt werden. Ein Notfall iSd § 232 ABGB sei gegeben, wenn die Veräußerung unvermeidlich sei, etwa bei Unterhaltsgefährdung oder um eine drohende Exekution oder Insolvenz zu verhindern oder wenn die Erhaltung der unbeweglichen Sache für den Minderjährigen finanziell nicht mehr verkraftbar sei. Keiner dieser Fälle sei hier anzunehmen; die Mutter des Minderjährigen habe erklärt, dass dieser in keiner finanziellen Notlage und ein Verkauf deshalb nicht notwendig sei. Im Hinblick darauf, dass das Anbot des Josef N***** von S 550.000,-- um rund 240 % (soll heißen 140 %) über dem Verkehrswert der Liegenschaftshälfte von S 230.000,-- liege, würde die Veräußerung der Liegenschaftshälfte an N***** sicherlich dem Minderjährigen zum offenbaren Vorteil gereichen, wenn es nicht noch das höhere Kaufangebot der Ehegatten M***** gäbe, das von vornherein nicht unrealistisch erscheine und damit berücksichtigungswürdig sei. Wenn es zwei seriöse Kaufanbote gebe, die beide für sich allein betrachtet einen offenbaren Vorteil für den mj. Verkäufer mit sich brächten, müsse abgewogen werden, welcher "offenbare Vorteil" überwiege. Sofern beide Angebote ansonsten den gleichen Inhalt aufwiesen, liege es auf der Hand, dass das Anbot mit dem höheren Kaufpreis zu bevorzugen sei und demnach die Annahme des niedrigeren Anbots nicht im Interesse des Minderjährigen sein könne. Die Prüfung der Frage, ob die Ehegatten M***** die grundverkehrsbehördlichen Voraussetzungen zum Ankauf der gegenständlichen Liegenschaftshälfte erfüllten, sei entgegen der Ansicht des Rekurswerbers nicht vom Pflegschaftsgericht als Vorfrage zu klären. Im Übrigen müssten die vom Rekurswerber vorgebrachten grundverkehrsbehördlichen Versagungsgründe, sofern sie auf die Ehegatten M***** zutreffen sollten, durchwegs wohl auch für Josef N***** gelten, der ebensowenig wie diese Landwirt sei. Sollte sich tatsächlich die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines mit den Ehegatten M***** abgeschlossenen Kaufvertrages ergeben, sei es Josef N***** unbenommen, mit dem Minderjährigen neuerlich zu kontrahieren. Trete dann kein "besserer Kaufinteressent" als er auf, werde einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung des neuen Kaufvertrages nichts im Wege stehen, sofern N***** weiterhin bereit sei, einen so hohen Kaufpreis zu zahlen, dass der Vertrag dem Minderjährigen zum offenbaren Vorteil gereiche. Sollte hingegen im Fall des Abschlusses eines neuen Kaufvertrages kein sogenannter "Liebhaberpreis" geboten werden oder keine "erheblichen Nebenvorteile" für den Minderjährigen damit verbunden sein, werde die pflegschaftsbehördliche Genehmigung hiefür neuerlich zu versagen sein, selbst wenn es kein besseres "Konkurrenzangebot" mehr geben sollte. Mit der rechtskräftigen Verweigerung der gerichtlichen Genehmigung des vorliegenden (nachträglich modifizierten) Kaufvertrags vom 8. 9. 1999 (der als genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft schwebend unwirksam sei), werde dieser schlechthin unwirksam, wodurch beide Vertragsteile nicht mehr daran gebunden seien. Mit der Versagung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung sei der Weg frei für den Abschluss eines Kaufvertrages mit den Ehegatten M***** entsprechend deren Anbot, oder für eine öffentliche Versteigerung.

Zur Begründung seines Zulassungsausspruches führte das Rekursgericht aus, zu der iSd § 14 Abs 1 AußStrG erheblichen Frage, ob ein Kaufvertrag, dessen Abschluss grundsätzlich einen offenbaren Vorteil iSd § 232 ABGB darstellen würde, dann nicht pflegschaftsbehördlich zu genehmigen sei, wenn ein finanziell besseres Kaufanbot vorliege, habe der Oberste Gerichtshof noch nicht Stellung genommen. In diesem Zusammenhang gehe es auch um die höchstgerichtliche Klärung der Frage, inwieweit ein im Verhältnis zum genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft "besseres Gegenangebot" im pflegschaftsbehördlichen Genehmigungsverfahren einer Prüfung (etwa in Richtung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsvoraussetzungen) zu unterziehen sei. Wie der Rekursweber könne man durchaus auch der Meinung sein, dass ein bloß "besseres Konkurrenzangebot" im Genehmigungsverfahren nicht zu berücksichtigen sei, etwa weil der Minderjährige nicht gezwungen werden könne, dieses Anbot eines weiteren Kaufinteressenten anzunehmen oder weil dieser sein Anbot vor Annahme durch den Minderjährigen wieder zurückziehen könne. Letzteres könnte dazu führen, dass dem Minderjährigen beide Kaufwilligen sozusagen "verloren" gingen, wodurch ihm ein bereits sicher geglaubter "offenbarer Vorteil" entgehen könnte. Aus diesem Grund sei auch diskussionswürdig, die pflegschaftsbehördliche Genehmigung erst dann zu versagen, wenn definitiv der Abschluss eines weiteren Kaufvertrages mit einem anderen Kaufinteressenten zu einem "Liebhaberpreis" feststehe. Wenn sich mehrere potentielle Käufer für ein unbewegliches Mündelvermögen finden, die bereit sind, "Liebhaberpreise" zu bieten, stelle sich überhaupt die Frage, ob nicht mit einer öffentlichen Versteigerung vorgegangen werden solle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen, der Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der betreffende Kaufvertrag pflegschaftsbehördlich genehmigt werde; in eventu mögen die Beschlüsse der Vorinstanzen im Umfang der Anfechtung aufgehoben und dem Gericht erster Instanz oder dem Rekursgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen werden.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und iSd Antrages auf Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die erste Intanz auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Keine Berechtigung kommt allerdings, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, den Ausführungen zur behaupteten Aktenwidrigkeit vor, die das bereits im Rekurs dazu Vorgebrachte wiederholen und das Wesen einer Aktenwidrigkeit verkennen (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO iVm § 528a ZPO, § 16 Abs 4 AußStrG). Im Übrigen ist, wie noch ausgeführt werden wird, die Frage des Vorliegens eines Notfalles iSd § 232 ABGB nicht entscheidungswesentlich, sodass auf die Frage der Reparaturbedürftigkeit des gegenständlichen Hauses nicht weiter eingegangen werden muss.

Der Revisionsrekurswerber macht in seiner Rechtsrüge zu den vom Rekursgericht in der Begründung seines Zulassungsausspruches formulierten, sich tatsächlich stellenden Rechtsfragen im Wesentlichen geltend, ein weiteres (besseres) Kaufanbot müsste, um Berücksichtigung zu finden, gleichermaßen rechtlich verbindlich sein wie der zu genehmigende Kaufvertrag, um zu verhindern, dass der Minderjährige bei Verweigerung der Genehmigung des Kaufvertrages allenfalls ohne Kaufinteressent dastehe und dadurch, dass ihm dann der im Kaufvertrag gebotene Liebhaberpreis entgehe, einen "dramatischen finanziellen Schaden" erleide. Da dies auch geschehen könne, wenn das "bessere Angebot" am Mangel einer erforderlichen verwaltungsbehördlichen Genehmigung scheitere, sei es auch erforderlich, das bessere Gegenangebot im pflegschaftsgerichtlichen Verfahren in dieser Hinsicht zu prüfen. Das Rekursgericht hätte sich daher mit der Frage grundverkehrsbehördlicher Versagungsgründe auseinandersetzen müssen. Dabei hätte sich herausgestellt, dass die Ehegatten M***** - anders als der Käufer N***** - nach den Bestimmungen des OÖ GVG eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erlangen könnten, weshalb ihr Anbot vom Rekursgericht zu Unrecht als seriös bezeichnet worden sei. Zu beachten sei schließlich auch noch, dass das gegenständliche Gebäude nach dem Gutachten des Sachverständigen K***** reparaturbedürftig sei, weshalb sich der Minderjährige mangels entsprechender finanzieller Mittel in einer unmittelbar drohenden Notlage befinde, weshalb die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung seines Kaufvertrages mit Josef N***** für ihn daher von elementarem Interesse sei und seinem Wohl diene.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Ein Rechtsgeschäft darf durch das Pflegschaftsgericht nur genehmigt werden, wenn der Abschluss im Interesse des Pflegebefohlenen liegt und somit dessen Wohl entspricht (4 Ob 164/98s = SZ 71/119). Dies ist der Fall, wenn das Vermögen des Pflegebefohlenen vermehrt wird (RIS-Justiz RS0048176). Grundsätzlich ist ein Grundbesitz die sicherste Anlage, die deshalb dem Minderjährigen ungeschmälert verbleiben soll (4 Ob 567/95 = ÖA 1996, 130 = EFSlg 78.125 = RIS-Justiz RS0081749). Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, setzt daher gemäß § 232 ABGB die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Liegenschaftsveräußerung durch einen Minderjährigen entweder das Vorliegen eines Notfalles oder eines offenbaren Vorteiles des Minderjährigen im Sinne dieser Gesetzesstelle voraus. Die Frage, ob eine Veräußerung zum offenbaren Vorteil des Minderjährigen dient, muss das Gericht nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände - auch der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse - beurteilen, wobei auch ideelle Vorteile für den Minderjährigen berücksichtigt werden können; dem Willen des Gesetzgebers entsprechend, wird im Allgemeinen ein äußerst strenger Maßstab angelegt werden müssen, um das unbewegliche Vermögen des Minderjährigen seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung wegen zu erhalten (Sabaditisch, Die Veräußerung unbeweglichen Mündelvermögens, ÖJZ 1949, 261 [262]; 4 Ob 567/95 = RIS-Justiz RS0081747). Die Veräußerung hat grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung zu erfolgen, aus wichtigen Gründen, zB zur Erzielung eines Liebhaberpreises oder von erheblichen Nebenvorteilen, aber auch aus freier Hand (Stabentheiner in Rummel3, § 232 Rz 3; 4 Ob 567/95 = RIS-Justiz RS0081748).

Nach stRsp ist ein einer gerichtlichen Genehmigung bedürftiger

Vertrag vor ihrer Erteilung oder Verweigerung bei Bindung beider

Vertragsteile schwebend unwirksam (Schwimann in Schwimann2 I, Rz 29

zu § 154 ABGB mwN); nach Verweigerung der Genehmigung aber

schlechthin unwirksam (2 Ob 557/85 = SZ 58/105 = EFSlg 48.711; 7 Ob

559/86 = SZ 59/61 = HS 16.487; HS 16.501; 3 Ob 152/97t = RZ 1998/43 =

immolex 1998/94 = WoBl 1998/189 = EFSlg 84.028 = MietSlg 49.244;

Stabentheiner aaO Rz 17 zu §§ 154, 154a ABGB).

Die Vorinstanzen stimmen mit dem Revisionsrekurswerber - zu Recht - darin überein, dass der wirtschaftliche Nutzen des gegenständlichen Kaufvertrages für den Minderjährigen im Hinblick darauf, dass der vereinbarte Kaufpreis den festgestellten Schätzwert um annähernd 140 % übersteigt (also mehr als das Doppelte des Verkehrswertes beträgt), eindeutig überwiegt und der Verkauf an Josef N***** daher grundsätzlich für den Minderjährigen offenbar vorteilhaft ist (vgl Sabaditsch aaO § 232 Rz 2). Da diese Voraussetzung für die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes jedenfalls erfüllt ist, kann die Frage ob gleichzeitig auch ein Notfall iSd § 232 ABGB vorliegt, dahingestellt bleiben. Darauf, ob entsprechend den Ausführungen des im Verlassenschaftsverfahren beigezogenen Sachverständigen entgegen dem vom Erstrichter festgestellten Eindruck Reparaturbedarf besteht und ob der Minderjährige finanziell in der Lage wäre, notwendige Reparaturen durchführen zu lassen, muss daher nicht eingegangen werden.

Die Vorinstanzen haben eine Genehmigung des mit Nachtrag vom 6. 12. 1999 modifizierten Kaufvertrages vom 8. 9. 1999 ausschließlich im Hinblick auf ein "besseres Angebot" der Ehegatten M***** abgelehnt. Das Vorliegen eines (noch) besseren Kaufanbotes ist einer jener Umstände, die es, wie der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 567/95 betont hat, vom Pflegschaftsgericht zu berücksichtigen gilt, um dem Wohl des Minderjährigen gerecht zu werden. Dabei ist die Höhe des Kaufpreises auch - aber nicht ausschließlich - von wesentlicher Bedeutung. Nützt doch das Angebot eines noch so hohen Kaufpreises selbstverständlich nichts, falls der Vertrag letztlich nicht zustandekommt oder etwa am Fehlen erforderlicher (verwaltungs-)behördlicher Genehmigungen scheitern muss. Da das Pflegschaftsgericht bei seiner Ermessensentscheidung hinsichtlich des Vorliegens eines "offenbaren Vorteils", wie gesagt, alle Aspekte berücksichtigen muss, kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich auch mit den Fragen auseinanderzusetzen hat, ob die Veräußerung einer Liegenschaft an einen "besseren Käufer" überhaupt verwaltungsbehördlich durchsetzbar und für den Pflegebefohlenen allenfalls auch erzwingbar ist.

Da der Käufer N***** im Falle der Verweigerung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der Kaufvereinbarung vom 8. 9. 1999/6. 12. 1999 nicht mehr an den Vertrag gebunden wäre, bestünde bei Scheitern des lukrativeren Verkaufs an die Ehegatten M***** für den Minderjährigen das Risiko, dass dieser dann des zwar kleineren, aber doch immer noch beträchtlichen Vorteils, den ihm der Verkauf seiner Liegenschaftshälfte an Josef N***** bietet, verlustig gehen könnte. Diese Gefahr (dass der Minderjährige sozusagen zwischen zwei Stühlen zu sitzen kommt) wäre auch nicht, wie das Rekursgericht anzudeuten scheint, durch eine Versteigerung zu bannen. Auch wenn es zwei Interessenten gibt, die bereit sind, Liebhaberpreise zu zahlen, wäre ungewiss, welcher Preis letztlich bei einer Versteigerung erzielt würde. Selbst wenn Josef N***** ein Angebot in Höhe des mit ihm vereinbarten Liebhaberpreises machte, bestünde für die Ehegatten M***** kein Anlass, dieses Anbot so deutlich zu überbieten, wie sie dies für den Fall eines Freihandverkaufes an sie getan haben.

Damit ergibt sich die - von den Vorinstanzen demnach rechtsirrig verneinte - Notwendigkeit, im Zuge der Entscheidung über den gegenständlichen Genehmigungsantrag eingehend zu prüfen, ob der gegenständliche Liegenschaftsverkauf an die Ehegatten M***** zu dem von diesen gebotenen Liebhaberpreis von S 1 Mio tatsächlich durchgeführt werden könnte. Neben der (klarzustellenden bzw zu überprüfenden) Bindung der Genannten an dieses ihr Angebot setzte dies vor allem die - im Hinblick darauf, dass es sich um ein landwirtschaftliches Anwesen handelt - jedenfalls erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung voraus.

Mangels entsprechender Sachverhaltsbasis lässt sich die Frage der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Verkaufs der Liegenschaftshälfte des Minderjährigen an die Ehegatten M***** derzeit noch nicht beurteilen; entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers lässt sich diese Frage anhand der Aktenlage auch nicht ohne weiteres verneinen.

Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, die Frage der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sei nur von der Grundverkehrsbehörde zu entscheiden, verfängt nicht. Selbstverständlich liegt die Entscheidung letztlich bei der Grundverkehrsbehörde. Ähnlich der Problematik der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung einer Klagsführung, hat das Pflegschaftsgericht aber auch hier eine sorgfältige Chancenabwägung vorzunehmen und die dazu notwendigen Sachverhalte abzuklären. Allfällige vom Revisionsrekurswerber behauptete personelle Nahebeziehungen zwischen Gericht und Bezirksgrundverkehrskommission könnten dabei nur hilfreich sein, um zu einer objektiven Einschätzung zu kommen.

Umstände, wonach ein Verkauf an Josef N***** einer Veräußerung an die Ehegatten M***** etwa aus ideellen Gesichtspunkten jedenfalls vorzuziehen wäre, wurden vom Revisionsrekurswerber nicht geltend gemacht und sind auch nicht zu erkennen.

Das Verfahren erweist sich daher noch als ergänzungsbedürftig. In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das Erstgericht wird im aufgezeigten Sinn eine Verfahrensergänzung vorzunehmen und insbesondere unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 4 OÖ GVG 1994 zu prüfen haben, ob eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Verkaufes der Liegenschaftshälfte des Minderjährigen an die Ehegatten M***** so wahrscheinlich wäre, dass es vertretbar erscheint, wegen des bei einem Verkauf an die Ehegatten M***** erzielbaren wesentlich höheren Kaufpreises dem gegenständlichen Kaufvertrag mit Josef N***** die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zu versagen.

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