Spruch:
Die Verpflichtung, nach Rücktritt vom Vertrag das empfangene Entgelt zurückzustellen oder zu vergüten, ist hinsichtlich empfangener sogenannter Warenwechsel, soweit sie bereits eskontiert wurden, durch bare Vergütung der Wechselsumme zu erfüllen, soweit sie aber bloß zum Inkasso eingereicht wurden, durch Rückstellung in natura
OGH 25. April 1974, 7 Ob 42/74 (OLG Innsbruck 1 R 239/73; LG Innsbruck 5 Cg 245/73)
Text
Der Kläger begehrt nach Rücktritt vom Kauf einer Limonadenerzeugungsmaschine die Zahlung der Gesamtsumme von 24 Wechseln über die Kaufpreisraten von je 5700 S, weil der Beklagte die Wechsel vereinbarungswidrig an die Raiffeisenkasse F weitergegeben habe, so daß er im Zeitpunkt der Klage bereits zwei Wechsel habe einlosen müssen und auch die weiteren Wechsel einlösen werde müssen.
Der Erstrichter gab der Klage in dem bezeichneten Umfang statt und sprach aus, daß der Beklagte ermächtigt werde, sich von der geschuldeten Leistung insoweit zu befreien, als er dem Kläger die von diesem angenommenen Wechsel über je 5700 S zurückstelle. Der Kläger sei nach den - im einzelnen nicht mehr bedeutsamen - Feststellungen vom Kaufvertrag berechtigt zurücketreten und könne daher gemäß § 921 ABGB das geleistete Entgelt zurückverlangen, damit kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn ziehe. Der Beklagte habe bisher insgesamt 12 der ab 20. Jänner 1973 jeweils am 20. jedes Monats fällig gewordenen oder fällig werdenden Wechsel an die Raiffeisenkasse F nicht bloß zum Inkasso, sondern zum Zwecke der Eskontierung indossiert, und der Kläger müsse befürchten, daß auch alle weiteren Wechsel vom Beklagten eskontiert werden. Soweit das noch nicht geschehen sei, habe der Beklagte die Wechsel dem Kläger zurückzugeben. "Daher" habe das Gericht den Beklagten zur Rückzahlung der Gesamtwechselsumme verpflichtet, ihm aber die Möglichkeit eingeräumt, sich von dieser Zahlungspflicht insoweit zu befreien, als er die Wechsel dem Kläger zurückzugeben in der Lage sei.
Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil als Teilurteil hinsichtlich des Betrages von 11.400 S, weil der Kläger zwei Wechsel bereits eingelöst habe. Im übrigen, also hinsichtlich des weiteren Begehrens von 125.400 S samt Nebengebühren, hob das Berufungsgericht das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Die Wechselakzepte seien mit einer Kaufpreiszahlung nicht gleichzusetzen. Der Kläger hätte zwar die Rückstellung der Wechsel fordern können, und er sei durch die Eskontierung derselben geschädigt. Die Klage stellte sich ihrem wirklichen Inhalt nach als Schadenersatzklage dar. Demnach könne der Kläger den Beklagten aber nur insoweit in Anspruch nehmen, als er tatsächlich einen Schaden erlitten habe. Ob noch weitere Wechsel eingelöst worden seien, stehe nicht fest. Es sei auch offen, ob der Kläger aus den eskontierten Wechseln tatsächlich in Anspruch genommen werde. Ein künftiger Schaden könne nicht mit Leistungsklage geltend gemacht werden. Das Vorbringen des Klägers, die Raiffeisenkasse F präsentiere nun laufend dem Kläger die jeden Monat fällig werdenden Wechsel, bedürfe einer Ergänzung dahin, welche Beträge der Kläger bei Schluß der Verhandlung leisten mußte. In diesem Sinne habe das Erstgericht die Parteien zu einer Ergänzung ihres Vorbringens anzuleiten.
Während die Teilbestätigung unangefochten geblieben ist, bekämpft der Kläger den Aufhebungsbeschluß mit Rekurs. Er stellt den zwar verfehlten, aber eine sachliche Erledigung des Rechtsmittels nicht hindernden Antrag (vgl. JBl. 1973, 154), die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs Folge. Der angefochtene Beschluß wurde aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung aufgetragen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs ist berechtigt, weil die Rechtssache - allerdings nur zum Teil zugunsten des Rekurswerbers - spruchreif ist.
Die Bestimmung des § 921 ABGB zweiter Satz, wonach im Falle des Rücktrittes vom Vertrag das bereits empfangene Entgelt auf solche Art "zurückzustellen oder zu vergüten" ist, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht, ist ein Anwendungsfall des § 1435 ABGB, weil mit dem Rücktritt für den Empfänger einer zwecks Erfüllung des Vertrages bewirkten Leistung der rechtliche Grund, sie zu behalten, weggefallen ist (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 496; EvBl. 1967/198 u. a.). Die Verpflichtung zur Rückstellung des empfangenen Entgeltes ist kein Fall des Schadenersatzes (Gschnitzer in IV/1 und die dort unrichtig zitierte Entscheidung SZ 14/42) und demnach vom Verschulden unabhängig (EvBl. 1967/198). In erster Linie ist der als Entgelt erhaltene Gegenstand in natura zurückzustellen (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 497, und Pisko - Gschnitzer in Klang[2] VI, 554; Wilburg ebendort 475; RZ 1973, 197; 5 Ob 226/72). Nur wenn das Empfangene nicht mehr zurückgestellt werden kann oder die Rückstellung untunlich ist, hat der Empfänger für den erlangten Vorteil in Analogie zu § 1323 ABGB ein angemessenes Entgelt zu leisten, dessen Höhe sich im Sinne des § 1431 ABGB nach dem verschafften Nutzen richtet (SZ 24/16 u. a., zuletzt 7 Ob 251/73; vgl. auch RZ. 1973, 197). Ein Wechsel ist dabei als Wertpapier grundsätzlich mit jenem Betrag zu bewerten, auf den er lautet (vgl. JBl. 1962, 150). Diesen Betrag abzüglich des Diskonts (der Zwischenzinsen für die Honorierung vor Fälligkeit) und allenfalls einer Provision und Spesen erhält der Remittent im Fall der Eskontierung eines sogenannten Warenwechsels bei einem Kreditinstitut, mit der die Rechte aus dem Wertpapier durch Indossament übertragen werden und deren Kausalgeschäft im Zweifel als Kauf zu beurteilen ist (Stanzl, Wechselrecht 17; JBl. 1933, 393; SZ 28/240; EvBl. 1964/202).
Soweit der Beklagte zugestandenermaßen außer den vom Kläger bereits eingelösten zwei Wechseln weitere 10 Wechsel vor dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Schluß der Verhandlung erster Instanz an die Raiffeisenkasse F zum Eskont indossiert hat, steht nach dem oben Gesagten seine Bereicherung in Höhe dieser Wechselsumme bereits fest, weil er sich dieser Wechsel gegen das genannte Entgelt begeben hat. Diese Bereicherung ist auch zum Nachteil des Klägers erfolgt, weil die Wechsel nun in der Hand eines anderen Wechselgläubigers sind, der davon bei Verfall sofort unanfechtbar (Art. 17 WG) Gebrauch machen kann. Der Kläger kann daher statt der Wechsel die Erstattung des vom Beklagten erlangten Vorteils verlangen (Wilburg in Klang[2] VI, 473). Für die Annahme des Berufungsgerichtes, daß die Bank von der Einforderung absehen könnte, bietet die Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte. Der Beklagte wäre beweispflichtig gewesen, daß ein Schaden nicht einmal drohe (vgl. JBl. 1962, 150). Hinsichtlich der Gesamtsumme der weiteren 10 vom Beklagten bereits eskontierten Wechsel ist die Sache somit im Sinne der Klage spruchreif.
Anders verhält es sich mit Wechseln, die noch nicht auf solche Weise begeben wurden, daß Einwendungen aus dem Grundgeschäft ausgeschlossen wären. Hier ist die Herausgabe zu begehren (vgl. Wilburg in VI, 473, ebenso im Ergebnis Soergel - Siebert BGB[10], 791 Anm. 126, und RGR-BGB[11] II, 1084 Anm. 62, jeweils zu § 812 BGB; das nach deutschem Recht als alternativ möglich bezeichnete Begehren auf "Befreiung" durch Erlaßvertrag kann mangels eines derartigen Klagebegehrens unerörtert bleiben). Im vorliegenden Fall wurden die weiteren zwölf Wechsel nach der Außerstreitstellung der Parteien im Zusammenhang mit der unbekämpft gebliebenen Urteilsfeststellung vom Beklagten zwar der Raiffeisenkasse F zum Inkasso übergeben, wobei der Kläger befürchten muß, daß auch sie vom Beklagten eskontiert werden könnten; sie wurden aber noch nicht zum Eskont gegeben. In diesem Umfang ist weder dargetan, daß nicht die Wechsel selbst zurückgestellt werden können, weil das Dokumenteninkasso ohne Abtretung der Forderung bloß den Auftrag und die Bevollmächtigung beinhaltet, den Bezogenen zur Einlösung zu veranlassen, die Bank bloß Verwahrerin der Urkunden wird und der Inkassoauftrag jederzeit widerruflich ist (Schinnerer, Bankverträge III, 131, 155, 160); noch auch ist eine Bereicherung des Beklagten oder ein bereits eingetretener Nachteil des Klägers bewiesen. Denn beim bloßen Inkassoauftrag erfolgt in der Regel (gegenteiliges wurde nicht behauptet) keine endgültige Gutschrift. Auch führt zwar im allgemeinen bereits das Enttehen der wechselmäßigen Forderung des neuen Gläubigers die Minderung des Vermögens des Schuldners herbei (SZ 37/168 u. a.), der Vollmachtsindossatar ist aber nach dem Gesagten bloß Beauftragter des Indossanten und es können ihm deshalb nach herrschender Rechtsansicht selbst bei verdecktem (Treuhand-)lnkasso-Indossament die in der Person des Indossanten begrundeten Einwendungen nach Art. 18 Abs. 2 WG entgegengehalten werden (Stanzl, Wechselrecht, 60; JBl. 1962, 445 u. a.; zuletzt 4 Ob 587/70).
Es bedarf daher auch in diesem Umfange der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung nicht. Vielmehr hat der Rekurswerber insoweit statt des vom Gesetz eingeräumten Anspruches das geleistete Entgelt in Natur (hier die Wechsel) zurückzuverlangen, einen nur unter besonderen Voraussetzungen bestehenden, hier noch nicht fällig gewordenen Ersatzanspruch geltend gemacht. Der Meinung des Klägers und des Erstrichters, daß dem durch die im Ersturteil eingeräumte Ersetzungsbefugnis begegnet werde, kann nicht gefolgt werden. Letztere setzt nach § 410 ZPO nicht nur den hier fehlenden Antrag des Klägers, sondern vor allem das Bestehen des eingeklagten Anspruches voraus, und kann diesen nicht umgekehrt ersetzen. In dem zuletzt genannten Umfang ist die Sache daher im Sinne der Klagsabweisung spruchreif, zumal einem Schadenersatzanspruch in diesem Umfang die mangelnde Fälligkeit der restlichen, nicht eskontierten Wechsel entgegensteht.
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