OGH 1Ob295/50

OGH1Ob295/5017.1.1951

SZ 24/16

Normen

ABGB §1041
ABGB §1323
ABGB §1431
ABGB §1435
ABGB §1041
ABGB §1323
ABGB §1431
ABGB §1435

 

Spruch:

Ist eine Sache, deren Rückgabe nach § 1435 ABGB. begehrt werden könnte, nicht mehr vorhanden, so kann in analoger Anwendung des § 1323 ABGB. der Ersatz ihres Wertes begehrt werden.

Entscheidung vom 17. Jänner 1951, 1 Ob 295/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Bruck a. d. M.; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Nach dem Klagsvorbringen schuldet die beklagte Partei der klagenden Partei für gelieferte Braunkohle 250.96 S und an Kosten für rechtsfreundliche Informationen und Mahnung 6.04 S. Das Erstgericht wies die Klage zunächst mit Urteil vom 15. April 1948 ab.

Das Berufungsgericht änderte mit Urteil vom 18. Juni 1948 diese Entscheidung dahin ab, daß es der Klage mit der Begründung stattgab, der klagenden Partei sei im Bezugschein des Wirtschaftsamtes der Auftrag erteilt worden, vier Tonnen von der zugewiesenen Kohle an die beklagte Partei auszuliefern, die klagende Partei habe diesen Auftrag befolgt und habe die beklagte Partei der klagenden Partei, weil es sich nicht um freie Waren handle, ohne Rücksicht auf die Vertragsregeln des bürgerlichen Gesetzbuches die Kosten der Kohle einschließlich der Handelsspanne zu bezahlen.

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluß vom 22. Dezember 1948 dieses zweitinstanzliche Urteil aufgehoben, die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen und in der Begründung ausgeführt, Bewirtschaftungsvorschriften dienten dem Zweck, Waren, die nicht in ausreichender Menge vorhanden seien, möglichst gerecht zu verteilen. Innerhalb dieser gesetzlichen Vorschriften würden aber bewirtschaftete Waren nach wie vor in der Form der Rechtsgeschäfte des Privatrechtes umgesetzt und bestehe auch im Falle einer Liefer- oder Abnahmepflicht in der Regel nur die Verbindlichkeit zum Abschluß eines entsprechenden Kaufvertrages; zur Abnahme der Kohlenmenge und Bezahlung des Kaufpreises wäre demnach die beklagte Partei nur dann verpflichtet, wenn zwischen den Streitteilen ausdrücklich oder wenigstens stillschweigend ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei; da das Berufungsgericht nicht dazu Stellung genommen habe, ob die beklagte Partei nach den privatrechtlichen Bestimmungen zur Zahlung des eingeklagten Betrages verpflichtet sei und daher die Feststellung, ob ein Kaufvertrag wenigstens stillschweigend abgeschlossen worden sei, fehle, müsse mit der Aufhebung des angefochtenen Urteiles vorgegangen werden. Daraufhin hat das Berufungsgericht mit Beschluß vom 5. August 1948 das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und die Rechtssache an die erste Instanz zurückverwiesen.

Das Erstgericht wies sohin mit Urteil vom 30. Dezember 1949 neuerlich das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab dagegen mit dem angefochtenen Urteil dem Klagebegehren hinsichtlich des Teilbetrages von 213 S s. A. statt und führte in den Entscheidungsgründen zu diesem stattgebenden Teile aus, es sei allerdings ein Kaufvertrag zwischen den Streitteilen weder ausdrücklich noch stillschweigend abgeschlossen worden, jedoch habe die klagende Partei ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 1949 auch auf die Bestimmungen der §§ 1041 und 1431 ABGB. sowie auf die Grundsätze über den Vertrag zugunsten Dritter gestützt und das Eventuellbegehren gestellt, den Beklagten zur Rückstellung der vier Tonnen Braunkohle oder, wenn die Lieferung in natura nicht möglich sei, zur Zahlung des Klagsbetrages als Nutzen zur Zeit der Verwendung zu verurteilen; gegen diese Klagsänderung habe sich die beklagte Partei nicht ausgesprochen und darüber verhandelt. Es stehe fest, daß die klagende Partei von der Kohlenlieferantin eine Rechnung erhalten habe, wonach sich die Kosten von vier Tonnen Kohle auf 206.96 S stellen, und daß sie diesen Betrag der Lieferantin bezahlt habe; die klagende Partei habe also etwas an die Firma Brüder D. geleistet, wozu die beklagte Partei verpflichtet gewesen sei und sei dadurch die beklagte Partei bereichert, da die Kohle zu ihrem Nutzen verwendet worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes gerichteten Berufung der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei führt in ihrer Revision aus, nach dem Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes sei bloß zu prüfen gewesen, ob ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei. Ein Ersatz nach § 1041 ABGB. könne nur vom Eigentümer der Sache verlangt werden, die klagende Partei sei aber nie Eigentümerin der Kohle geworden, die Verwendung von Geld falle aber nicht unter § 1041 ABGB. Die Kohle sei auch nicht zum Nutzen der beklagten Partei verwendet worden, vielmehr habe die klagende Partei lediglich den Bezugschein mißbräuchlich ausgenützt und die Umschreibung der Rechnung bei B. auf die beklagte Partei verhindert, die Sache dürfe jedoch nach § 1041 ABGB. nicht zu einem überflüssigen Zwecke verwendet worden sein. Die klagende Partei sei aber berechtigt, den zuviel bezahlten Betrag von der Fa. B. zurückzufordern.

Abgesehen davon, daß der Oberste Gerichtshof in der Begründung seines Beschlusses vom 22. Dezember 1948, 1 Ob 332/48 ganz allgemein ausgeführt hat, das Berufungsgericht habe nicht dazu Stellung genommen, ob die beklagte Partei nach den privatrechtlichen Bestimmungen zur Zahlung des eingeklagten Betrages verpflichtet sei, hat die klagende Partei bei der Verhandlung vom 6. Dezember 1949 ausdrücklich ihr Begehren auch auf die Bestimmungen der §§ 1041 und 1431 ABGB. sowie die Grundsätze über den Vertrag zugunsten Dritter gestützt und auch ein entsprechendes Eventualbegehren auf Rückstellung der Kohle in natura gestellt. Die beklagte Partei hat sich gegen die darin liegende Klagsänderung nicht ausgesprochen und darüber verhandelt. Daher hat das Berufungsgericht mit Recht geprüft, ob der Klagsanspruch nicht etwa aus einem anderen der geltend gemachten Titel außer dem Kaufvertrag gegeben sei. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes hat die klagende Partei ohne Abschluß eines Kaufvertrages mit der beklagten Partei bei der Kohlengrube G. der Firma B. vier Tonnen Braunkohle bestellt, diese Firma beauftragt, die Kohle unmittelbar an die beklagte Partei zu liefern, und hat die Klägerin der Lieferantin den Kaufpreis von 206.96 S bezahlt. Die beklagte Partei hat die Kohle übernommen und sie an ihre Arbeiter als Hausbrandkohle ausgegeben, zu welchem Zwecke sie offenbar von vornherein die Kohle beziehen wollte. Die ihr von der klagenden Partei ausgestellte Rechnung hat sie sofort dieser zurückgestellt. Demnach hat die klagende Partei vor Abschluß eines Vertrages mit der Beklagten, jedoch in Erwartung eines solchen - daß sie den erfolgten Abschluß eines Kaufvertrages irrig angenommen hätte, behauptet sie nicht -, mit der Erbringung der einem solchen Kaufvertrag entsprechenden Leistungen begonnen und ist es dann durch die Ablehnung der beklagten Partei zu einem Vertragsabschluß nicht gekommen. Die klagende Partei kann daher das Geleistete zwar nicht im Sinne des § 1431 ABGB., wohl aber des § 1435 zurückfordern (causa data causa non secuta; vgl. Ehrenzweig, System, Obligationenrecht, 1928, S. 741, Wilburg in Klangs Komm., 2. Aufl., zu §§ 1431 ff., S. 466). Da die beklagte Partei die bezogene Kohle sofort an ihre Arbeiter weitergegeben hat, ist die Rückstellung der Kohle in natura nicht mehr möglich oder zumindest nicht tunlich und es steht daher der klagenden Partei in analoger Anwendung des § 1323 ABGB. gegen die beklagte Partei ein Anspruch auf Ersatz des Wertes zu (vgl. Wilburg, a. a. O., S. 476). Daß die klagende Partei ihren Anspruch auf § 1431 ABGB. gestützt hat, ist bedeutungslos, da es sich hier nur um eine unrichtige rechtliche Qualifikation handelt. § 1041 ABGB. war schon wegen seines subsidiären Charakters nicht heranzuziehen. Demnach hat das Berufungsgericht der klagenden Partei mit Recht, wenn auch mit nicht ganz zutreffender Begründung, den von ihr der Lieferfirma bezahlten Preis von 206.96 S, der sicher nicht den Wert der Kohle übersteigt, zugesprochen. Demnach ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Ergebnis zutreffend und es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

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