Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.097,13 EUR (darin enthalten 516,19 EUR an USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsschutzversicherungsvertrag zwischen den Parteien begann am 26. 2. 1997 und endete am 1. 3. 2003. Diesem lagen die ARB 1988 zu Grunde. Sie lauten auszugsweise:
„Artikel 2
Was gilt als Versicherungsfall?
1. Im Schadenersatz-Rechtsschutz …
2. Im Beratungs-Rechtsschutz …
3. In den übrigen Fällen gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen.
...
Artikel 3
Für welchen Zeitraum gilt die Versicherung? (Zeitlicher Geltungsbereich)
Die Versicherung erstreckt sich grundsätzlich auf Versicherungsfälle, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags eintreten. Dieser Versicherungsschutz wird zeitlich begrenzt durch die Bestimmungen über Prämienzahlung und Beginn des Versicherungsschutzes (Artikel 12), die in den Besonderen Bestimmungen geregelten Wartefristen (Artikel 20 bis 25) und die Frist für die Geltendmachung des Deckungsanspruches nach Beendigung des Versicherungsvertrages (Artikel 7.2.5).
…
Artikel 7
Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?
1. Der Versicherungsschutz umfasst nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
…
2. Vom Versicherungsschutz sind ferner ausgeschlossen
…
2.5 Versicherungsfälle, die dem Versicherer später als ein Jahr nach Beendigung des Versicherungsvertrages für das betreffende Risiko gemeldet werden. ...“
Über Vermittlung durch die Nebenintervenientin schloss der Kläger im November 2002 bei der A***** Versicherung AG einen Unfallversicherungsvertrag ab, wobei es die Nebenintervenientin für den Kläger übernahm, den Versicherungsantrag auszufüllen, den er unterfertigte.
Der Kläger zog sich am 25. 4. 2003 bei einem Sturz vom Mountainbike anlässlich der Besichtigung einer Mountainbike-Rennstrecke eine Schulterverletzung zu, die zu einer 5%igen Dauerinvalidität führte.
Im Verfahren 8 Cg 151/04p des Landesgerichts Innsbruck begehrte der Kläger vom Unfallversicherer Leistung. Er erstattete am 25. 10. 2004 einen vorbereitenden Schriftsatz, in dem er - unter anderem - ausführte, dass er sich bei der Nebenintervenientin schad- und klaglos halten werde, falls er seinen Versicherungsschutz gegenüber dem Unfallversicherer aus einem Fehlverhalten der Nebenintervenientin verloren hat. Das Erstgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Kläger bei Vertragsabschluss gegenüber dem Unfallversicherer wichtige Umstände verschwiegen habe, nämlich dass er Mountainbike-Rennfahrer gewesen sei und bereits bei zwei Unfällen schwere Verletzungen erlitten habe. Das Berufungsgericht bestätigt das Urteil mit seiner am 17. 10. 2006 dem Klagevertreter zugestellten Entscheidung vom 6. 10. 2006. Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision mit dem am 1. 6. 2007 dem Klagevertreter zugestellten Beschluss vom 18. 4. 2007, 7 Ob 36/07f, zurück.
Der Kläger erstattete am 31. 1. 2008 bei der Beklagten Schadensmeldung.
Der Kläger begehrt mit der am 14. 1. 2009 beim Erstgericht eingelangten Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm im Umfang des Rechtsschutzversicherungsvertrags für die gerichtliche Geltendmachung des erlittenen Schadens durch mangelhafte Antragstellung im November 2001 gegenüber der Nebenintervenientin Deckungsschutz zu gewähren. Der Versicherungsfall sei mit der mangelhaften Antragstellung im November 2002, daher während des aufrechten Versicherungsvertrags, eingetreten. Die Beklagte könne sich nicht auf Artikel 7.2.5 ARB 1988 berufen, weil dieser den zwingenden Bestimmungen des § 12 Abs 1 VersVG widerspreche, wonach Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erst innerhalb von drei Jahren verjähren. Der Kläger habe im Oktober 2006 mit Zustellung des Urteils des Berufungsgerichts im Verfahren 8 Cg 151/04p Kenntnis von Schaden und Schädiger erhalten. Darüber hinaus sei die Nachhaftungsbegrenzung durch Artikel 7.2.5 ARB 1988 gröblich benachteiligend und sittenwidrig, wenn ein Versicherungsfall, der während aufrechtem Versicherungsverhältnis eingetreten sei, nicht geltend gemacht werden könne, weil er innerhalb der einjährigen Frist dem Versicherungsnehmer nicht zur Kenntnis gekommen sei. Die Meldung sei jedenfalls rechtzeitig erfolgt.
Die Nebenintervenientin schließt sich im Wesentlichen der Argumentation des Klägers an.
Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung im Hinblick auf Artikel 7.2.5 ARB 1988. Zum Zeitpunkt der Schadensmeldung am 31. 1. 2008 sei der Versicherungsvertrag bereits seit rund vier Jahren aufgelöst gewesen, sodass keine Nachhaftung in Betracht komme. Der Risikoausschluss halte einer Geltungs- und Inhaltskontrolle stand.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, dass Artikel 7.2.5 ARB 1988 eine Präklusivbestimmung, § 12 VersVG eine Verjährungsnorm sei. Der Zweck der Präklusivbestimmung liege in der Herstellung von möglichst rascher Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Damit werde in aller Regel eine Ab- und Ausgrenzung schwer aufklärbarer und unübersehbarer (Spät-)Schäden bezweckt. Es handle sich dabei um eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen übliche Bestimmung. Sie könne aber im Einzelfall für den Versicherungsnehmer subjektiv „ungewöhnlich“ werden. Derartiges sei zu bejahen, wenn dem Versicherungsnehmer die Einhaltung der in Allgemeinen Versicherungsbedingungen vereinbarten Ausschlussfristen nicht möglich gewesen sei. Dem Kläger sei im Verfahren gegen den Unfallversicherer die Entscheidung des Berufungsgerichts am 17. 10. 2006 zugestellt worden. Die erstmalige Schadensmeldung sei erst am 31. 1. 2008, somit nach Ablauf der einjährigen Frist des Artikels 7.2.5 ARB 1988 erfolgt. Die Beklagte habe sich daher zu Recht auf ihre Leistungsfreiheit nach Artikel 7.2.5 ARB 1988 berufen.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurück. Die in Artikel 7.2.5 ARB 1988 genannte Frist sei eine Präklusivfrist, die der Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle unterliege. Sie enthalte einen objektiven Anknüpfungspunkt, sodass es auf den Zeitpunkt, in dem der Versicherungsnehmer Kenntnis vom Versicherungsfall erlange, nicht mehr ankomme. Der Ablauf der Einjahresfrist könne mangels jedweden Anhaltspunkts für den Kläger, irgendeinen Anspruch zu haben, keine Auswirkungen haben. Die Ausschlussfrist könne vielmehr gar keine Wirkung entfalten. Da sich das Erstgericht mit den weiteren Einwänden der Beklagten (Leistungsfreiheit infolge vorsätzlicher Schadensverursachung/Herbeiführung des Versicherungsfalls infolge Verschweigung relevanter Vertragsdaten) nicht befasst habe, müsse die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Über den zeitlichen Geltungsbereich des Versicherungsschutzes vor dem Hintergrund der Regelung des Artikels 7.2.5 ARB 1988 liege noch keine oberstgerichtliche Judikatur vor.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit einem Abänderungsantrag.
Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Die Nebenintervenientin beteiligt sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.
Für den Eintritt des Versicherungsfalls in der Rechtsschutzversicherung bedarf es nach ständiger Rechtsprechung eines gesetz- oder vertragswidrigen Verhaltens eines Beteiligten, das als solches nicht sofort und ohne weiteres nach außen zu dringen braucht. Ein Verstoß ist ein tatsächlicher, objektiv feststellbarer Vorgang, der immer dann, wenn er wirklich vorliegt oder ernsthaft behauptet wird, den Keim eines Rechtskonflikts in sich trägt, der zur Aufwendung von Rechtskosten führen kann. Damit beginnt sich die vom Rechtsschutzversicherer übernommene Gefahr konkret zu verwirklichen. Es kommt nicht darauf an, ob der Handelnde sich des Verstoßes bewusst oder infolge von Fahrlässigkeit oder auch unverschuldet nicht bewusst war. Es soll sich um einen möglichst eindeutig bestimmbaren Vorgang handeln, der in seiner Konflikt auslösenden Bedeutung für alle Beteiligten, wenn auch erst nachträglich, erkennbar ist. Es kommt weder auf den Zeitpunkt an, zu dem die Beteiligten vom Verstoß Kenntnis erlangten, noch darauf, wann aufgrund des Verstoßes Ansprüche geltend gemacht oder abgewehrt werden (7 Ob 236/08v; RIS-Justiz RS0114001). Danach hat sich der Versicherungsfall - nach den Behauptungen des Klägers - durch das tatsachenwidrige Ausfüllen des Versicherungsantrags auf Eigeninitiative der Nebenintervenientin ereignet. Dieser Vorfall passierte unstrittig während des aufrechten Rechtsschutzversicherungsvertrags und wäre grundsätzlich gedeckt. Die Schadensmeldung an die Beklagte hingegen erfolgte fast 5 Jahre nach Vertragsende, sohin außerhalb der in Artikel 7.2.5 ARB 1988 normierten einjährigen Frist.
Mit einem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ohne dass es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsnehmers ankäme (RIS-Justiz RS0080068, RS0080166). Artikel 7.2.5 ARB 1988 regelt in diesem Sinn einen Risikoausschluss. Versicherungsfälle, die dem Versicherer später als ein Jahr nach Beendigung des Versicherungsvertrags gemeldet werden, sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen (Prölls/Martin, VVG27, § 4 ARB 75 Rn 56, BGH in NJW 1992, 2233; zu Ausschlussfristen nach den AUVB: RIS-Justiz RS0116097). Der Zweck von Ausschlussfristen in Versicherungsbedingungen liegt in der Herstellung von möglichst rascher Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, also darin den (verspätet in Anspruch genommenen) Versicherer vor Beweisschwierigkeiten infolge Zeitablaufs zu schützen (vgl RIS-Justiz RS0082216) und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeizuführen. Es soll damit eine Ab- und Ausgrenzung schwer aufklärbarer und unübersehbarer (Spät-)Schäden bewirkt werden (7 Ob 250/01t).
Im deutschen Rechtsbereich wird die Ansicht vertreten, dass es grundsätzlich ohne Bedeutung ist, wann der Versicherungsnehmer Kenntnis vom Versicherungsfall erlangt hat. Unkenntnis beruht in aller Regel auf Fahrlässigkeit (BGH, NJW 1992, 2233; Prölls/Martin aaO; Harbauer, Rechtsschutzversicherung7, § 4 ARB 1975 Rn 217). Nur in dem Fall, in dem - wie hier - der Versicherungsnehmer die Ausschlussfrist nur deshalb versäumt hat, weil ihm der Versicherungsfall erst nach Ablauf der Frist bekannt werden konnte, sei nach Treu und Glauben ein Entschuldungsbeweis zu Gunsten des Versicherungsnehmers geboten. Bei verspäteter Meldung des Versicherungsfalls hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Rechtsschutz, wenn er ohne Verschulden erst nach Ablauf der Frist vom Versicherungsfall Kenntnis erlangt und diesen dem Versicherer unverzüglich (§ 121 BGB) anzeigt (BGH, NJW 1992, 2233; Prölls/Martin aaO; Harbauer aaO).
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bedeutet eine kürzere Ausschlussfrist in Allgemeinen Versicherungsbedingungen als die in § 12 VersVG normierte Verjährungsfrist keine Gesetzwidrigkeit. Der richtige Ansatz für die Kontrolle von Risikoabgrenzungen durch Ausschlussfristen sind nicht Verjährungsvorschriften, sondern die Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle (RIS-Justiz RS0116097).
Wird eine Ausschlussfrist versäumt, so erlischt der Entschädigungsanspruch (RIS-Justiz RS0082292). Dieser Rechtsverlust tritt grundsätzlich auch dann ein, wenn die Geltendmachung des Rechts während der Laufzeit unverschuldet unterblieben ist (RIS-Justiz RS0034591). Die Berufung auf den Ablauf einer Ausschlussfrist kann aber gegen Treu und Glauben verstoßen, insbesondere dann, wenn der Versicherer ein Verhalten gesetzt hat, durch das der Versicherungsnehmer veranlasst wurde, seine Forderungen nicht fristgerecht geltend zu machen (7 Ob 147/09g; RIS-Justiz RS0016824; RS0082179 ua).
Nach der der Inhaltskontrolle vorangehenden (RIS-Justiz RS0037089) Geltungskontrolle nach § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hätte den anderen besonders darauf hingewiesen. Verstößt eine Vertragsbestimmung gegen diese Vorschrift, so gilt der Vertrag ohne sie. Als objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel dann zu beurteilen, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, sodass er nach den Umständen mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Einer solchen Vertragsbestimmung muss somit ein Überrumpelungs- oder gar Übertölpelungseffekt innewohnen (7 Ob 250/07a; RIS-Justiz RS0014646). Dabei kann auch eine objektiv durchaus „gewöhnliche“, also übliche Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen durch die konkreten Umstände des Einzelfalls für den Versicherungsnehmer subjektiv „ungewöhnlich“ werden; so ist es anerkannt, dass § 864a ABGB zum Beispiel auch dann zur Anwendung kommt, wenn durch den Gang und den Inhalt der Verhandlungen mit dem Versicherer Erwartungen des Versicherungsnehmers erweckt wurden, die sodann durch den Inhalt der AVB enttäuscht wurden. Als Kontrollmaßstab ist insoweit auf die „berechtigten Deckungserwartungen“ des Versicherungsnehmers abzustellen (7 Ob 250/01t; Fenyves, Das Verhältnis von Auslegung, Geltungskontrolle und Inhaltskontrolle von AVB als methodisches und praktisches Problem in FS F. Bydlinski [2001], 129).
Die Ausschlussfrist nach Artikel 7.2.5 ARB 1988 ist nicht objektiv ungewöhnlich. Sie ist zur Risikoabgrenzung - wie oben dargelegt - sowohl in Österreich als auch in Deutschland üblich. Die Bestimmung ist nicht im Text „versteckt“. Ein durchschnittlich sorgfältiger Leser kann schon im Hinblick auf die Überschriften zu Artikel 3 und 7 ARB 1988 diese in der Versicherungsbranche übliche Ausschlussfrist dort finden, wo sie zu vermuten ist.
In 7 Ob 250/01t hatte der Oberste Gerichtshof einen im Grundsätzlichen vergleichbaren Fall zu entscheiden. Dem Versicherungsnehmer wurde dort erst durch eine (spätere) Gutachtenserstattung bekannt, dass eine zu einer Teilinvalidität führende Schädigung nicht auf den zweiten, sondern bereits auf den ersten Vor(un)fall zurückzuführen war. Der Versicherungsnehmer erstattete innerhalb von sieben Tagen nach Kenntnis vom Gutachten die Unfallmeldung. Es wurde die Rechtsansicht vertreten, dass auf die Bestimmung des § 33 Abs 1 VersVG Bedacht zu nehmen ist, nach der der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalls, nach dem er von ihm Kenntnis erlangt hat, unverzüglich dem Versicherer anzuzeigen hat. Diese Verhaltenspflicht des Versicherungsnehmers, die für alle Versicherungszweige gilt, stellt auf die Kenntnis vom Versicherungsfall ab, das heißt der Versicherungsnehmer muss positiv wissen, dass ein die Leistungspflicht des Versicherers möglicherweise auslösendes Ereignis eingetreten ist. Eine Bedingung, die eine Ausschlussfrist regelt und allein auf einen objektiven fristauslösenden Zeitpunkt abstellt, ist im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 33 Abs 1 VersVG als ungewöhnlich zu beurteilen, weil dadurch der Anspruch erlischt, auch wenn unverzüglich nach Kenntnis vom Versicherungsfall eine Schadensanzeige erstattet wurde.
Wendet man die oben dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Rechtsfall an, so ergibt sich Folgendes:
Nach den Feststellungen wurde dem Kläger der von ihm behauptete Versicherungsfall erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des Artikel 7.2.5 ARB 1988 bekannt. Hätte der Versicherungsnehmer vor Ablauf der Ausschlussfrist keine wie immer gearteten Hinweise darauf gehabt, dass sich ein Versicherungsfall während der Vertragslaufzeit ereignet haben könnte, so wäre der nach Artikel 7.2.5 ARB 1988 eingetretene Anspruchsverlust auch im Fall der unverzüglichen Meldung nach § 33 Abs 1 VersVG als objektiv und im oben dargelegten Sinn subjektiv ungewöhnlich zu beurteilen. Die Vertragsbestimmung wäre daher insoweit, weil mit Nichtigkeit behaftet, unbeachtlich. Dieser Fall liegt hier aber nicht vor. Der Kläger hatte von einem seiner Ansicht nach möglichen Versicherungsfall in dem Zeitpunkt Kenntnis, als der Unfallversicherer im Hinblick auf das Verschweigen von Tatsachen im Unfallversicherungsantrag seine Leistungsfreiheit geltend machte. Der Kläger musste davon spätestens im Zeitpunkt der Streitverkündung an die Nebenintervenientin wissen, dies war nach den Feststellungen der 25. 10. 2004. Die Schadensmeldung am 31. 1. 2008, also sogar noch rund acht Monate nach Zurückweisung der außerordentlichen Revision durch den Obersten Gerichtshof im Verfahren gegen den Unfallversicherer, ist daher keinesfalls unverzüglich im Sinn von § 33 Abs 1 VersVG.
Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist aber die Klausel im Sinn einer geltungserhaltenden Reduktion (hier liegt ein Individualprozess und keine Verbandsklage vor, bei der dies nicht zulässig wäre [RIS-Justiz RS0038205]) nur teilnichtig (RIS-Justiz RS0014676). Grundsätzlich bestehen gegen eine Risikobegrenzung durch Vereinbarung einer Ausschlussfrist keine Bedenken. Sie ist weder ungewöhnlich noch im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend (vgl 7 Ob 250/07a). Aus dem oben dargelegten Zweck der Ausschlussfrist sind Ausschlussklauseln grundsätzlich sachlich gerechtfertigt und ermöglichen die darauf fußende Prämienkalkulation. Dies bedeutet, dass die Ausschlussklausel nicht zur Gänze nichtig ist, sondern nur mit folgendem reduzierten Inhalt gilt:
Vom Versicherungsschutz sind Versicherungsfälle ausgeschlossen, die dem Versicherer später als ein Jahr nach Beendigung des Versicherungsvertrags für das betreffende Risiko gemeldet werden, wenn den Versicherungsnehmer an der verspäteten Meldung ein Verschulden trifft oder er unverschuldet erst nach Ablauf der Ausschlussfrist Kenntnis vom Versicherungsfall erlangt, es aber im Sinn des § 33 Abs 1 VersVG unterlässt, unverzüglich eine Schadensmeldung an den Versicherer zu erstatten.
Schon aufgrund des § 33 Abs 1 VersVG muss jedem durchschnittlichen Versicherungsnehmer bekannt sein, dass Versicherungsfälle unverzüglich zu melden sind. Dies muss umso eher nach Ablauf einer vereinbarten Ausschlussfrist gelten. Da der Kläger die unverzügliche Schadensmeldung unterlassen hat, ist der Anspruch erloschen, sodass nicht zu prüfen ist, ob er überhaupt jemals bestanden hat.
Das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht. Es kann bereits in der Sache selbst durch Wiederherstellung des Ersturteils entschieden werden (RIS-Justiz RS0043858, RS0043853).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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