OGH 7Ob161/18d

OGH7Ob161/18d26.9.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Haberl und Dr. Gotthard Huber, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel ua Rechtsanwälte in Linz, wegen 34.408,80 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Juni 2018, GZ 3 R 45/18k‑33, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00161.18D.0926.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Es ist für die Einbeziehung in ein Verfahren nicht zwingend erforderlich, dass eine Urkunde (hier: das vom Gericht eingeholte schriftliche Sachverständigengutachen) formell „verlesen“ wird. Es reicht vielmehr aus, dass der Richter zweifelsfrei zu erkennen gibt, dieses Beweismittel verwenden und zum Verfahrensbestandteil machen zu wollen (1 Ob 39/15i). Dies ist hier geschehen, weil das Erstgericht den Parteien das schriftliche Sachverständigengutachten zugestellt und diesen die Möglichkeit eines – allerdings nicht wahrgenommenen – Antrags auf Gutachtenserörterung eröffnet hat. Das Erstgericht hat dann in seinem Urteil dieses schriftliche Gutachten ausdrücklich als aufgenommenes Beweismittel bezeichnet und auch verwertet.

1.2. War Grundlage der erstgerichtlichen Entscheidung – wie hier – nur eine schriftliche Beweisaufnahme, so haben die Parteien im Berufungsverfahren auch nur ein erzwingbares Recht auf Wiederholung dieser schriftlichen Beweisaufnahme (RIS‑Justiz RS0042533 [T1]). Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens infolge unterbliebener Ladung der Sachverständigen zu einer mündlichen Berufungsverhandlung liegt daher nicht vor.

2.1. Den Beweis für den Eintritt des Versicherungsfalls hat die Klägerin als Versicherungsnehmerin zu führen (RIS-Justiz RS0043563, RS0080003). Zwar stehen dem Versicherungsnehmer zum Nachweis des Versicherungsfalls nach herrschender Ansicht in der Schadensversicherung wegen oft großer Beweisschwierigkeiten gewisse Beweiserleichterungen zu. Es kann genügen, dass der Versicherungsnehmer ein Mindestmaß an Tatsachen beweist, die das äußere Erscheinungsbild eines Versicherungsfalls ergeben. Ein solcher Fall setzt aber voraus, dass der Kläger zumindest Indizien beweist, die das Vorliegen des Versicherungsfalls nahelegen (vgl 7 Ob 78/02z mwN, 7 Ob 149/09a; RIS‑Justiz RS0102499). Der Versicherer hat dann die Möglichkeit, Umstände nachzuweisen, die ernsthaft für die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs sprechen (vgl RIS‑Justiz RS0102500).

2.2. Nach den Feststellungen lagen bei vier von fünf Messstationen die Windspitzen deutlich unter 100 km/h und nur bei einer einzigen Messstation, die zudem noch am weitesten vom Schadensort entfernt liegt, knapp über 100 km/h. Damit steht – entgegen der Rechtsansicht des Klägers – kein Mindestmaß an Tatsachen fest, die die nachzuweisende Schadensverursachung durch einen außerordentlich heftigen Wind (Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h) nahe legen könnten. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der Judikatur und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden.

3. Die Klägerin macht keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit nicht zulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte