Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Revisionsrekurswerber auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften über ein Vorabentscheidungsersuchen des Landesgerichtes Wels wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Eines Ausspruchs des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstandes bedurfte es nicht. Firmenbuchsachen sind im Regelfall keine rein vermögensrechtlichen Angelegenheiten, die das Rekursgericht gemäß § 13 Abs 2 AußStrG (§ 15 FBG) zu bewerten hat. Das Rechtsmittel ist als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln (6 Ob 214/98h; 6 Ob 188/99m; RIS-Justiz RS0110629).
Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrfach die österreichischen handelsrechtlichen Offenlegungsvorschriften und ihre Durchsetzung mit Zwangsstrafen als verfassungskonform und dem Gemeinschaftsrecht entsprechend beurteilt und in der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien (1. Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 - Publizitätsrichtlinie; 4. Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. 7. 1978 - Bilanzrichtlinie) nach mehreren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (vor allem der Entscheidung vom 4. 12. 1997, Slg 1997 I-6843 - Daihatsu) keinen Eingriff in Grundrechte der MRK oder Grundwerte der Europäischen Gemeinschaft erblickt (RIS-Justiz RS0113282). Für eine Abwägung der Interessen Dritter an der Information gegenüber jenen der Gesellschaft an deren Geheimhaltung anhand besonderer Marktsituation bleibt kein Raum (6 Ob 14/00b = WBl 2000, 286 = RdW 2000, 418, 472). Das Rekursgericht hat auch in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes darauf hingewiesen, dass das Neuerungsverbot des § 10 AußStrG nicht für Vorbringen gilt, das im Verfahren erster Instanz (in das die Revisionsrekurswerberin durch die an sie unter Strafandrohung gerichtete Aufforderung, den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 1999/2000 vorzulegen, einbezogen war) bereits möglich war (6 Ob 275/00k; 6 Ob 225/98a; 4 Ob 201/99h ua; RIS-Justiz RS0006810).
Dem vom Landesgericht Wels an den EuGH im Sinne der Revisionsrekurswerberin gestellten Vorabentscheidungsersuchen kommt für andere Verfahren keine Bindungswirkung zu. Die im Revisionsrekurs gegen diese Ansicht vorgetragenen Argumente hat der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Fällen schon behandelt und abgelehnt (6 Ob 305/00x und 6 Ob 306/00v = RdW 2001/372 ua; RIS-Justiz RS0114648). Im Übrigen erachtet sich der EuGH zur Behandlung eines Vorabentscheidungsersuchens eines das Handelsregister (Firmenbuch) führenden (Erst-)Gerichtes für unzuständig, weil es am Rechtsprechungscharakter dessen Entscheidung fehle (EuGH 10. 7. 2001 - Rs C-86/00 [HSB-Wohnbau-GmbH] = NJW 2001, 3179). Dieser Auffassung folgte auch der Generalanwalt in seinem Schlussantrag in dem beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsverfahren des Landesgerichtes Wels (vgl auch Bachner, EuGH-Vorlagen, RdW 2001, 653 mwN).
Der Revisionsrekurs vermag keine Umstände darzutun, die eine Änderung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung rechtfertigen könnten. Die Anregung auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH wird nicht aufgegriffen; der Unterbrechungsantrag ist zurückzuweisen.
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