OGH 6Ob20/13d

OGH6Ob20/13d8.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin H*****-Privatstiftung, *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die Antragsgegnerin S***** Privatstiftung, *****, wegen Festsetzung der Vorstandsvergütung gemäß § 19 PSG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 2. Jänner 2013, GZ 6 R 207/12x‑5, womit der Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 30. November 2012, GZ 21 Fr 3783/12t‑2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Dr. W***** R***** (im Folgenden als Vorstandsmitglied bezeichnet) war seit dem 30. Dezember 2000 Vorstandsmitglied der im Firmenbuch des Landesgerichts Steyr zu FN ***** eingetragenen Antragsgegnerin S***** Privatstiftung. Mit Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 17. Juli 2012 wurde er als Vorstandsmitglied abberufen und im Firmenbuch gelöscht.

§ 6 Z 6 der Stiftungsurkunde lautet: Der Stiftungsvorstand wird nach dem Maß der Tätigkeit der einzelnen Mitglieder in der vom Gesetz vorgesehenen Form entschädigt.

Die H*****-Privatstiftung beantragte am 6. November 2012, für das Vorstandsmitglied die jährliche Entlohnung für das Amt eines Vorstandsmitglieds der S***** Privatstiftung gemäß § 19 PSG festzusetzen. Über das Vermögen des Vorstandsmitglieds sei am 30. März 2012 ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden. Sie habe etwaige Vergütungsansprüche des Vorstandsmitglieds nach § 19 PSG unter anderem auch gegen die S***** Privatstiftung aus der Masse herausgekauft und mache nunmehr diese Forderungen anstelle des Vorstandsmitglieds geltend. Die Tätigkeit eines Stiftungsvorstandsmitglieds sei im Zweifel entgeltlich. Da die Stiftungserklärung keine Regelung hinsichtlich der konkreten Höhe der Vergütung und dazu enthalte, wer die Höhe der Vergütung bestimme, sei dafür gemäß § 19 Abs 2 PSG das Gericht zuständig.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mangels Antragslegitimation der Antragstellerin a limine zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge.

Das Rekursverfahren sei einseitig (6 Ob 13/06i; 6 Ob 195/10k). Gemäß § 19 Abs 2 PSG seien alle Stiftungsorgane sowie jedes einzelne Organmitglied antragslegitimiert. Stellen, denen keine Organqualität zukomme, seien nicht antragslegitimiert. Parteien des Verfahrens nach § 19 Abs 2 PSG seien (nur) die Privatstiftung, das betroffene Mitglied des Stiftungsvorstands und der Antragsteller (Arnold, PSG² § 19 Rz 19). Gemäß § 19 Abs 1 PSG sei den Mitgliedern des Stiftungsvorstands, soweit in der Stiftungserklärung nichts anderes vorgesehen sei, für ihre Tätigkeit eine mit ihren Aufgaben und mit der Lage der Privatstiftung in Einklang stehende Vergütung zu gewähren. Für die Bestimmung der Vorstandsvergütung könnten daher Umstände maßgeblich sein, deren Geheimhaltung im Interesse der Privatstiftung liege. Hiezu zählten insbesondere der Umfang und die Zusammensetzung des zu verwaltenden Vermögens, das mit der Vorstandstätigkeit verbundene Risiko und die Lage der Privatstiftung (Arnold, PSG² § 19 Rz 10 f; Kunz/Liemberger in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge § 27 Rz 40 f; Limberg, Zur Vorstandsvergütung, PSR 2011, 166 [168 f]). Die in § 19 Abs 2 PSG erfolgte Beschränkung der Antragslegitimation auf die Stiftungsorgane und Organmitglieder berücksichtige daher das Interesse der Privatstiftung, die für die Bestimmung der Vorstandsvergütung relevanten Umstände in einem Verfahren zu erörtern, in dem stiftungsfremde Personen keine Parteistellung hätten. Gemäß § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG sei Partei jede Person, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde. Zur Zuerkennung der Parteistellung im materiellen Sinn führe nur die unmittelbare Beeinflussung einer rechtlich geschützten Stellung. Es genüge also nicht, dass die Rechtsstellung oder die rechtlichen Interessen einer Person berührt würden. Es müsse ein subjektives Recht betroffen sein, nicht nur wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Interessen (6 Ob 234/09v; RIS‑Justiz RS0006497). Ob eine rechtlich geschützte Stellung beeinflusst werde, ergebe sich aus dem materiellen Recht (RIS‑Justiz RS0123027). So komme etwa nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung dem Vertragspartner eines Pflegebefohlenen kein Recht zu, die pflegschaftsgerichtliche Entscheidung über die Genehmigung oder Versagung der Genehmigung des mit einem Pflegebefohlenen geschlossenen Vertrags zu bekämpfen (RIS‑Justiz RS0006157 und RS0006207). Lasse sich die Rekurswerberin einen noch nicht gerichtlich bestimmten Vergütungsanspruch eines Vorstandsmitglieds abtreten, dessen gerichtliche Bestimmung sie mangels einer ihr im Gesetz eingeräumten Parteistellung nicht erlangen könne, so könne dies nicht zur Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren wegen Bestimmung der Vorstandsvergütung im Wege des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG führen. Ob einem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied, dem gesetzlichen Vertreter oder dem Rechtsnachfolger eines Vorstandsmitglieds Antragslegitimation nach § 19 Abs 2 PSG zukomme, bedürfe keiner Stellungnahme, da diese Fälle mit dem Fall eines außerhalb der Privatstiftung stehenden Zessionars wie der Antragstellerin nicht vergleichbar seien.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs wegen fehlender Rechtsprechung zur Frage zu, ob § 19 Abs 2 PSG die Antragslegitimation im Verfahren zur Bestimmung der Vorstandsvergütung abschließend regle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist unzulässig.

1. Nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig; gleiches gilt nach § 62 Abs 2 Z 3 AußStrG für Entscheidungen über Gebühren. Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass auch die Bestimmung der Höhe der Vergütung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung gemäß § 19 Abs 2 PSG eine Entscheidung über den Kostenpunkt ist, und zwar auch dann, wenn ‑ wie hier ‑ über das Rechtsschutzbegehren der Revisionsrekurswerberin nicht meritorisch entschieden wurde (6 Ob 149/12y; RIS‑Justiz RS0007695). Der Revisionsrekurs ist daher absolut unzulässig.

2. Das Rechtsmittel wäre aber auch in der Sache nicht berechtigt. Über die in der Sache zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts hinaus sei nur Folgendes angemerkt:

2.1. Solange das (mangels anderer Regelungen in der Stiftungserklärung zuständige) Außerstreitgericht (§ 40 PSG) die Vorstandsvergütung nach § 19 Abs 2 PSG nicht bestimmt hat, besteht nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung kein Anspruch auf die Auszahlung einer Vergütung (1 Ob 214/09s). Mangels anderer Regelungen in der Stiftungserklärung entsteht somit der Anspruch eines Vorstandsmitglieds gegen die Privatstiftung auf Auszahlung einer Vergütung erst mit der rechtskräftigen Bestimmung deren Höhe durch das Gericht. Diese gerichtliche Bestimmung der Höhe der Vergütung ist somit aufschiebende Bedingung für den Anspruch.

2.2. Der solchermaßen bedingte Vergütungsanspruch eines Stiftungsvorstandsmitglieds kann als zivilrechtliches vermögenswertes Forderungsrecht zediert werden (RIS‑Justiz RS0032827 [T3, T4]).

2.3. Von dieser abtretbaren Forderung ist aber der Anspruch auf gerichtliche Bestimmung der Höhe der Vergütung gemäß § 19 Abs 2 PSG zu unterscheiden. Aus dieser Bestimmung ergibt sich die Antragslegitimation grundsätzlich abschließend. Gegenüber dem Gericht bestehende Antragsrechte, die sich ‑ wie im Fall des § 19 Abs 2 PSG ‑ nach dem Gesetz auf die Organstellung oder Organmitgliedschaft gründen, sind kein Gegenstand des rechtsgeschäftlichen Verkehrs und können daher nicht verkauft oder zediert werden.

2.4. Gegen die rechtsgeschäftliche Verfügbarkeit über das Antragsrecht nach § 19 Abs 2 PSG spricht auch das vom Rekursgericht erwähnte berechtigte Geheimhaltungsinteresse der Privatstiftung an internen Umständen, die aber zur Bestimmung der Höhe der Vergütung maßgeblich sind (§ 19 Abs 1 PSG: „Lage der Privatstiftung“).

2.5. Nach zutreffender herrschender Ansicht sind die Vorstandsmitglieder einer Privatstiftung zur Verschwiegenheit über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet (Arnold, PSG² § 17 Rz 86; Fischer, Die Organisationsstruktur der Privatstiftung [2004] 84; Micheler in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG § 17 Rz 14). Auch für andere ‑ gemäß § 19 Abs 2 PSG antragsbefugte ‑ Stiftungsorgane bzw Organmitglieder (vgl § 14 Abs 1 PSG) besteht eine Verschwiegenheitspflicht kraft Gesetzes (für den Stiftungsprüfer § 21 Abs 2 Satz 2 PSG iVm § 275 Abs 1 UGB; Arnold, PSG² § 21 Rz 24 ff) oder wird eine solche in der Lehre angenommen (für den Aufsichtsrat vgl Micheler in Doralt/Nowotny/Kalss PSG § 25 Rz 53; vgl auch § 84 Abs 1 iVm § 99 AktG). Auch für den Sonderprüfer besteht die Verschwiegenheitspflicht (§ 31 Abs 4 iVm § 21 Abs 2 Satz 2 PSG iVm § 275 Abs 1 UGB; vgl Arnold PSG² § 31 Rz 32), für den Gründungsprüfer wird sie grundsätzlich angenommen (Arnold, PSG² § 11 Rz 18; Micheler in Doralt/Nowotny/Kalss PSG § 11 Rz 11).

2.6. Nach überwiegender, zutreffender Auffassung besteht die Verschwiegenheitspflicht eines Vorstandsmitglieds grundsätzlich auch nach Beendigung der Organstellung (Arnold, PSG² § 17 Rz 87; zur Aktiengesellschaft Ch. Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 [2012] § 84 Rz 17; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht [2008] Rz 3/402; differenzierend Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG5 [2010], §§ 77-84 Rz 91).

2.7. Durch diese Verschwiegenheitspflichten von Stiftungsorganmitgliedern und die Beschränkung der Antragslegitimation auf diese in § 19 Abs 2 PSG ist das dargestellte Geheimhaltungsinteresse der Privatstiftung bei Bestimmung der Höhe der Vergütung hinreichend geschützt. Es wäre beeinträchtigt, wenn sonstige Dritte ‑ wie hier die Antragstellerin ‑ antragslegitimiert wären, weil Dritte keine Verschwiegenheitspflicht trifft.

2.8. Angesichts der etwa für gewesene Vorstandsmitglieder weiter bestehenden Verschwiegenheits‑ pflicht (oben 2.6.) bestehen aber keine Bedenken, über den Wortlaut des § 19 Abs 2 PSG hinaus auch ehemaligen Vorstandsmitgliedern insbesondere für die sie selbst betreffenden Vergütungsansprüche für vergangene Zeiträume die Antragslegitimation zuzugestehen. So hat der erkennende Senat die Antragslegitimation gemäß § 27 Abs 2 PSG auch ehemaligen Begünstigten zuerkannt, soweit sie als Gründe für die Abberufung von Vorstandsmitgliedern solche angeführt haben, die sich auf die Verletzung von Pflichten gegenüber dem Begünstigten beziehen (6 Ob 157/12z = RIS‑Justiz RS0119643 [T2]). Das Bucheinsichtsrecht kommt nach herrschender Auffassung auch ehemaligen Gesellschaftern einer GmbH zu, soweit es um den ihnen zustehenden Bilanzgewinn aus ihrer Zeit als Gesellschafter geht (vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 22 Rz 28 mwN).

2.9. Das vormalige Vorstandsmitglied ist somit berechtigt, die Bestimmung der Höhe der Vergütung in analoger Anwendung des § 19 Abs 2 PSG zu beantragen. Die Argumentation der Rechtsmittelwerberin, die Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs bzw die Antragstellung gemäß § 19 Abs 2 PSG wäre immer dann, wenn das Vorstandsmitglied aus dem Vorstand ausgeschieden, besachwaltert, insolvent oder verstorben sei, unmöglich, ist daher nicht zutreffend.

2.10. Wie weit der Kreis derer zu ziehen ist, die nach dem Gesagten über den Wortlaut von § 19 Abs 2 PSG hinaus antragslegitimiert sein könnten (Sachwalter, Masseverwalter oder Erbe eines Vorstandsmitglieds), muss hier nicht abschließend geprüft werden. Ebenso ist nicht entscheidungsrelevant, ob und inwieweit aufgrund der dargelegten Rechtslage die Antragstellerin gegen das ehemalige Vorstandsmitglied (oder dessen Masseverwalter) einen durchsetzbaren Anspruch auf Antragstellung gemäß § 19 Abs 2 PSG hat.

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