OGH 6Ob13/06i

OGH6Ob13/06i16.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der mittlerweile gelöschten E***** GmbH in Liquidation mit dem Sitz in O*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschafterin Brunhilde H*****, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 16. November 2005, GZ 28 R 171/05f-23, womit der Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 17. März 2005, GZ 33 Fr 1810/04s-17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekursbeantwortung des Gesellschafters Gabor P***** wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im beim Landesgericht Korneuburg geführten Firmenbuch war seit 13. 4. 1993 die E***** GmbH mit dem Sitz in O***** und einem Stammkapital von S 500.000 eingetragen. Gesellschafter waren Gabor P***** mit einer Beteiligung von 49 % und Brunhilde H***** mit einer Beteiligung von 51 %. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 2. 7. 1996 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen und die bisherige Geschäftsführerin Brunhilde H***** zur Liquidatorin mit selbständigem Vertretungsrecht bestellt. Nach Beendigung der Liquidation wurde mit weiterem Gesellschafterbeschluss vom 7. 5. 1998 der Liquidatorin stimmeneinhellig für ihre Tätigkeit die Entlastung erteilt und danach die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch angemeldet. Die Eintragung der Löschung erfolgte am 3. 6. 1998.

Am 10. 9. 2004 beantragte Gabor P***** die Wiederaufnahme der Liquidation und die Bestellung eines Nachtragsliquidators. Nach Beendigung der Liquidation sei ein noch nicht der Verteilung unterzogener Vermögenswert der Gesellschaft hervorgekommen. Die damalige Geschäftsführerin und Liquidatorin Brunhilde H***** habe eigenmächtig insgesamt einen Betrag von EUR 26.509,09 aus dem Gesellschaftsvermögen einbehalten. Aufgrund dieses nachträglich hervorgekommenen Aktivvermögens sei eine Nachtragsliquidation durchzuführen.

Brunhilde H***** sprach sich gegen diesen Antrag aus und wies insbesondere auf die Entlastungserklärung der Gesellschaft hin. Der behauptete Vermögenswert beziehe sich auf einen Zeitraum, für welchen die Entlastung erteilt worden sei. Der Jahresabschluss 1997 sei dem Antragsteller damals bereits vorgelegen.

In seiner Replik vom 16. 11. 2004 brachte der Antragsteller ergänzend vor, dass mit der Antragsgegnerin für Buchhaltungsarbeiten der Gesellschaft ein monatliches Pauschalhonorar von S 5.000 (EUR 363,36) vereinbart gewesen sei. Entgegen dieser Vereinbarung habe die Antragsgegnerin sich jedoch weitere Beträge, welche als „Buchhaltungskosten" tituliert gewesen seien, in Höhe von insgesamt EUR 11.161,38 überwiesen. Durch weitere eigenmächtige Manipulationen der Buchhaltung habe die Antragsgegnerin sich zusätzlich um EUR 7.162,12 bereichert. Bis zur Beendigung des Liquidationsverfahrens sei es dem Antragsteller nicht möglich gewesen, die Buchhaltung, insbesondere Bilanzen und Kassabücher, einzusehen bzw zu überprüfen, weil ihm die Antragsgegnerin jede Einsicht verweigert habe. Im Zeitpunkt der Liquidation habe der Antragsteller von den nunmehr nachträglich hervorgekommenen Vermögenswerten keine Kenntnis gehabt. Mit Beschluss vom 17. 3. 2005 gab das Erstgericht dem Begehren des Antragstellers Folge und bestellte Dr. Kristina Köck, Rechtsanwältin in Laa an der Thaya, zur Nachtragsliquidatorin.

Den dagegen erhobenen Rekurs der Gesellschafterin Brunhilde H***** wies das Rekursgericht zurück. Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels sei, dass die angefochtene Entscheidung des Gerichts einen Eingriff in die geschützte Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers darstelle (RIS-Justiz RS0041868; RS0006641). Es müsse ein subjektives Recht betroffen sein, nicht nur wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Interessen (RIS-Justiz RS0006497 [T2 und T7]; Fucik/Kloiber, Außerstreitgesetz § 45 Rz 5).

Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung komme gegen einen die Gesellschaft betreffenden Beschluss des Firmenbuchgerichtes nur dann Rechtsmittelbefugnis zu, wenn damit die firmenbuchrechtliche Rechtssphäre des Gesellschafters berührt werde. Die Beeinträchtigung bloß wirtschaftlicher Interessen begründe kein rechtliches Interesse an der Vornahme oder Beseitigung einer Eintragung (6 Ob 330/98t = NZ 2000/90 = JBl 1999, 302 mwN; RIS-Justiz RS0110337). Diese Grundsätze müssten auch in dem hier vorliegenden Fall gelten, wo für die gelöschte Gesellschaft ein Nachtragsliquidator bestellt wurde, ohne dass es zu einer Eintragung (des Nachtragsliquidators oder der Gesellschaft) im Firmenbuch komme. Nach herrschender Auffassung wirke die Löschung einer GmbH im Firmenbuch nur deklarativ. Die Gesellschaft bestehe so lange fort, als noch Aktivvermögen vorhanden sei (SZ 64/134; RIS-Justiz RS0050186; Koppensteiner GmbHG2 § 93 Rz 12 ff). Die Vollbeendigung trete nur ein, wenn neben der Löschung auch die materiell-rechtliche Voraussetzung der Vermögenslosigkeit gegeben sei.

Komme nach der Löschung der Gesellschaft Aktivvermögen hervor, sei eine Nachtragsliquidation durchzuführen, wobei in den Fällen der Löschung nach Beendigung der Liquidation § 93 Abs 5 GmbHG zur Anwendung komme (SZ 74/28). Zur Antragstellung sei jeder berechtigt, der ein Interesse an der Verwertung, Befriedigung oder Verteilung von vorhandenem, nicht nur unbedeutendem Vermögen einer gelöschten Gesellschaft habe (SZ 64/134; 6 Ob 300/01p; RIS-Justiz RS0114803; Koppensteiner aaO Rz 14). Zu den Beteiligten gehörten Gesellschafter, frühere Gesellschaftsorgane und Dritte, wenn sie ein derartiges Interesse haben (SZ 64/134; RdW 2001/674; 6 Ob 300/01p). Zweifellos sei der ehemalige Gesellschafter einer gelöschten Kapitalgesellschaft somit zum Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators berechtigt. Davon zu unterscheiden sei jedoch die Frage der Rekurslegitimation eines ehemaligen Gesellschafters gegen den Beschluss auf Bestellung eines Nachtragsliquidators. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei die Rekurslegitimation von Gläubigern einer gelöschten GmbH gegen den Beschluss, mit dem ein Nachtragsliquidator bestellt wurde, zu verneinen (6 Ob 274/00p = ecolex 2002/197 = RdW 2001/685; 6 Ob 131/00h).

Die Rekurslegitimation der Gesellschaft sei vom Obersten Gerichtshof lediglich in der Entscheidung 6 Ob 12/91 bejaht worden, und zwar unter Berufung auf Reich-Rohrwig, GmbH-Recht1 721 f und Hohner in Hachenburg, GmbHG7 § 74 Rz 37. Beide Zitate könnten jedoch nicht überzeugen. Reich-Rohrwig behaupte die Rekurslegitimation der Gesellschafter ohne jegliche Begründung. Hohner beziehe sich demgegenüber nur auf die Legitimation zur Antragstellung hinsichtlich eines Nachtragsliquidators, nicht hingegen zur Bekämpfung des Bestellungsbeschlusses. Überdies sei dieses Zitat nicht mehr repräsentativ, weil Hohner in der aktuellen achten Auflage des Kommentars von Hachenburg (Hachenburg, GmbHG8 § 74 Rz 37) diese Frage nun ausführlicher behandle. Zwar äußere er sich nach wie vor nicht zur Rekurslegitimation des Gesellschafters gegen die Bestellung eines Nachtragsliquidators, verneine diese jedoch hinsichtlich des früheren Liquidators und finde selbst die Rekurslegitimation der gelöschten Gesellschaft als „sehr zweifelhaft". Dies läge einen Größenschluss dahingehend nahe, die Rekurslegitimation des Gesellschafters noch mehr in Frage zu stellen.

Lege man die allgemeinen Kriterien für die Rekurslegitimation (im Firmenbuchverfahren und generell) an (vgl G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 167 bis 170 sowie die Kasuistik bei G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 40 Rz 81, 85, 89, 92, 94 ff), erweise sich, dass sich keine tragfähigen Argumente für eine Rekurslegitimation des Gesellschafters gegen den Bestellungsbeschluss finden ließen. Weder sei durch diesen Beschluss der Gesellschafter in seiner auf einer Firmenbucheintragung beruhenden Rechtsstellung betroffen, noch habe er ein rechtliches Interesse, das auf einem eingetragenem Recht beruht. Vor allem sei der Gesellschafter durch diese Beschlussfassung nicht beschwert, sodass ihm schon nach allgemeinen Grundsätzen kein Rekursrecht zuzubilligen sei. Erweise sich nämlich nach Bestellung des Nachtragsliquidators, dass Vermögen vorliege, so sei dieses, sofern noch Gesellschaftsgläubiger vorhanden seien, an diese auszufolgen, wodurch der Gesellschafter von der Nachtragsliquidation überhaupt nicht betroffen werde. Gebe es keine Gläubiger, sei das Vermögen an die Gesellschafter zu verteilen, was dem Gesellschafter nur zum Vorteil gereiche. Erweise sich, dass kein Vermögen vorhanden sei, so sei der Gesellschafter in seiner Rechtssphäre gleichfalls nicht tangiert. Vor allem bestünden mangels gesetzlicher Grundlage keine Honoraransprüche des Nachtragsliquidators gegen den Gesellschafter ad personam. Auch in der jüngeren deutschen Lehre werde - soweit überblickbar - das Beschwerderecht des Gesellschafters gegen den einen Nachtragsliquidator bestellenden Beschluss verneint (Nerlich in Michalski, GmbHG [2002] § 74 Rz 52; Altmeppen in Altmeppen/Roth, GmbHG5 [2005] § 74 Rz 32; offengelassen bei Schmidt in Scholz, GmbHG9 § 74 Rz 22; Rasner in Rowedder, GmbHG4 § 74 Rz 27; Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG16 § 74 Rz 71).

Allerdings sei die Rekurslegitimation gegen den einen Nachtragsliquidator bestellenden Beschluss streng von jener gegen die Verweigerung der Bestellung eines Nachtragsliquidators zu trennen. Im letzteren Fall sei der Gesellschafter beschwert, werde ihm doch die Möglichkeit, allenfalls einen Liquidationsgewinn zu lukrieren, genommen. Auch die zitierte deutsche Literatur unterscheide hinsichtlich der Rechtsmittellegitimation zwischen diesen beiden Varianten.

Auch aus der Eigenschaft der Rekurswerberin als letzte Liquidatorin ergebe sich keine Rekurslegitimation. Die Vermeidung der Verfolgung gegen sie gerichteter Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche begründe bloß ein wirtschaftliches, aber kein rechtliches Interesse (unter Berufung auf G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FB § 15 Rz 177 und 188; G. Nowotny aaO § 40 Rz 87 f; ebenso aus der deutschen Lehre Nerlich in Michalski, GmbHG [2002] § 74 Rz 52; Altmeten in Altmeppen/Roth, GmbHG5 [2005] § 74 Rz 32; Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG9 § 74 Rz 22; Hohner in Hachenburg, GmbHG8 § 74 Rz 37).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschafterin Brunhilde H***** ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die vom ehemaligen Gesellschafter Gabor P***** erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass vollinhaltlich darauf verwiesen werden kann (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Die Revisionsrekursausführungen sind nicht geeignet, eine Unrichtigkeit der eingehend begründeten Entscheidung des Rekursgerichtes aufzuzeigen. Die im Revisionsrekurs vertretene Auffassung, ein bloß wirtschaftliches Interesse reiche für die Rechtsmittellegitimation aus, steht in Widerspruch zur herrschenden Lehre (Fucik/Kloiber, AußStrG § 45 Rz 5; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 74 ff) und Rechtsprechung (vgl SZ

70/30; 6 Ob 168/98f = ecolex 1999/39 = RdW 1998, 737; 6 Ob 121/00p =

GesRZ 2001, 87; 6 Ob 274/00p = ecolex 2002/197 = RdW 2001/685; 6 Ob

183/01g). Dass wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Interessen für die Begründung der Rechtsmittellegitimation nicht ausreichen, entspricht völlig einhelliger Auffassung (RIS-Justiz RS0006497 [T2 und T7]; Fucik/Kloiber, AußStrG § 45 Rz 5).

Im vorliegenden Fall fehlt der Revisionsrekurswerberin jedoch nicht bloß die Rechtsmittellegitimation, sondern schon die Parteistellung selbst: Wenngleich im Außerstreitverfahren in Lehre und Rechtsprechung - wohl in Hinblick auf das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung der Parteistellung im AußStrG 1854 und die rudimentäre, den Rückgriff auf Aspekte des materiellen Parteibegriffs erfordernde Umschreibung der Rekurslegitimation in § 9 AußStrG 1854 - Parteistellung, Rechtsmittellegitimation und Beschwer nicht immer exakt auseinander gehalten werden (vgl Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ Rz 57), lassen sich diese Begriffe in der Regel deutlich unterscheiden. Während die Rechtsmittellegitimation die Frage der abstrakten subjektiven Eignung zur Erhebung eines Rechtsmittels (Fasching, Lehrbuch² Rz 1690) betrifft, gibt die Beschwer an, ob die konkrete als Rechtsmittelwerber auftretende Partei durch die Entscheidung in ihrer Rechtsstellung betroffen wurde (Fasching aaO). Hier ist das rechtliche Interesse nicht abstrakt, sondern bezogen auf die konkrete Stellung einer Verfahrenspartei in dem einzelnen zu entscheidenden Fall zu beurteilen (E. Kodek in Rechberger, ZPO2 Vor § 461 Rz 9 f; Mayr/Fucik, Das neue Verfahren außer Streitsachen2 Rz 243 f; Fucik/Kloiber, AußStrG § 45 Rz 5 mwN). Die Frage der Parteifähigkeit ist der Rekurslegitimation logisch insofern in gewisser Weise vorgelagert, als Letztere bei Rechtsmitteln gegen eine in der Hauptsache ergangene Entscheidung grundsätzlich nur den Parteien des Verfahrens zusteht (Fasching, Lehrbuch² Rz 1690; Fucik/Kloiber, AußStrG § 45 Rz 4; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 168).

Parteistellung kommt im Außerstreitverfahren dem Antragsteller und Antragsgegner, darüber hinaus aber all jenen Personen zu, die durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung in ihrer Rechtsstellung unmittelbar beeinflusst würden (§ 2 Abs 1 Z 3 AußStrG).

Im vorliegenden Fall könnte die Revisionsrekurswerberin höchstens

materielle Parteistellung genießen. Hier ist entscheidend, ob die

Entscheidung des Erstgerichtes in ihre rechtlich geschützten

Interessen eingreift. Materielle Partei ist jedenfalls der nach § 18

FBG zu verständigende Betroffene, also derjenige, der nach dem

jeweiligen konkreten Verfahrensstand durch die beabsichtigte Maßnahme

in seiner auf einer Firmenbucheintragung beruhenden Rechtsstellung

unmittelbar beschränkt werden soll oder zwingend beschränkt wird (6

Ob 19/97f = ecolex 1997, 582 = GesRZ 1997, 260; 6 Ob 2099/96m = EvBl

1997/55 = ecolex 1997, 260; 6 Ob 121/00p; 6 Ob 111/01v; G. Kodek in

Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 168).

Die Parteistellung ist jedoch nicht auf den in § 18 FBG umschriebenen Kreis der Betroffenen beschränkt. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Betreffende ein rechtliches Interesse hat, das auf einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 75). Insoweit kann die bisherige Rechtsprechung zu § 9 AußStrG 1854 (vgl 6 Ob 274/00p = ecolex 2002/197; 6 Ob 168/98v = ecolex 1999/39; 6 Ob 183/01g) auch für die allgemeinere Frage der Parteistellung herangezogen werden. Ein bloß wirtschaftliches Interesse reicht demgegenüber - ebenso wie sonst - nicht aus (vgl G. Kodek aaO § 15 FBG Rz 170).

Wendet man die dargelegten Kriterien auf den vorliegenden Fall an, so kommt mangels Vornahme einer Firmenbucheintragung die Verletzung eines im Firmenbuch eingetragenen Rechtes der Revisionsrekurswerberin von vornherein nicht in Betracht. Eine Haftung der Revisionsrekurswerberin für die Kosten der Nachtragsliquidation besteht nicht; aus diesem Grund ist ausgeschlossen, dass die Bewilligung der Nachtragsliquidation in die Rechtsposition der ehemaligen Gesellschafter eingreift. Die Revisionsrekurswerberin ist aber auch nicht in einem Recht beeinträchtigt, das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann. Vielmehr werden die nunmehr behaupteten Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche gegen die Revisionsrekurswerberin gegebenenfalls in einem streitigen Zivilverfahren durchzusetzen sein, in dem der Revisionsrekurswerberin ohnedies umfassende Parteistellung und Rechtsmittellegitimation zukommt. Der Revisionsrekurswerberin ist daher kein schutzwürdiges Interesse daran zuzubilligen, die Geltendmachung dieser Ansprüche bereits im Vorfeld dadurch zu verhindern, dass keine Nachtragsliquidation eingeleitet wird. § 93 Abs 5 GmbHG dient dem Schutz der Gesellschaft, ihrer Gläubiger und der Gesellschafter als solcher, nicht aber dem Schutz Dritter vor der nachträglichen Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft.

Aus diesem Grund war die Revisionsrekurswerberin im Verfahren erster Instanz auch nicht anzuhören. Eine allfällige Beiziehung der Gesellschafter im Verfahren über einen Antrag auf Einleitung einer Nachtragsliquidation dient lediglich der Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage, nicht aber der Wahrung von deren - mangels Betroffenheit im Rechtssinne nicht tangierten - Parteirechten.

Auch ist kein Grund ersichtlich, der Revisionsrekurswerberin

ungeachtet des Fehlens ihrer formellen Parteistellung dennoch

Rekurslegitimation und damit insoweit zumindest partielle

Parteistellung zuzubilligen. Die Umschreibungen der

Rekurslegitimation im Firmenbuchverfahren in Lehre und Rechtsprechung

decken sich vielmehr im Wesentlichen mit den im Vorigen

wiedergegebenen Umschreibungen der Voraussetzungen für die

Parteistellung. So wird in diesem Zusammenhang einerseits auf die

Beeinträchtigung einer auf einer Firmenbucheintragung beruhenden

Rechtsstellung (6 Ob 19/97f = ecolex 1997, 582; 6 Ob 2099/96m = EvBl

1997/55 = ecolex 1997, 260; 6 Ob 121/00p; G. Kodek in

Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 168), andererseits darauf

abgestellt, ob der Betreffende ein rechtliches Interesse hat, das auf

einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren

nicht mehr geltend gemacht werden kann (6 Ob 274/00p = ecolex

2002/197; 6 Ob 168/98v = ecolex 1999/39; 6 Ob 183/01g; G. Kodek in

Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 170). Auch in diesem Zusammenhang

betont die Rechtsprechung stets, dass ein bloß wirtschaftliches

Interesse an der Beseitigung oder Abänderung einer Entscheidung nicht

ausreicht SZ 70/30; 6 Ob 168/98f = ecolex 1999/39 = RdW 1998, 737; 6

Ob 121/00p = GesRZ 2001, 87; 6 Ob 274/00p = ecolex 2002/197 = RdW

2001/685; 6 Ob 183/01g).

Zutreffend hat in diesem Zusammenhang schon das Rekursgericht auf die

Parallele zum Gesellschaftsgläubiger verwiesen, dem zwar die

Legitimation zur Stellung eines Antrags auf Bestellung eines

Nachtragsliquidators, nicht aber die Rekurslegitimation gegen die

Auswahl des Liquidators (6 Ob 131/00h; G. Kodek in

Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 184) oder gegen den Beschluss,

mit dem ein Nachtragsliquidator bestellt wurde (6 Ob 274/00p = ecolex

2002/197 = RdW 2001/685; 6 Ob 131/00h; G. Kodek aaO), zugebilligt

wird. Eine derartige abgestufte Rekurslegitimation ist auch sonst dem Gesetz nicht fremd (vgl auch G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 78 ff).

Aus den dargelegten Erwägungen kann daher die in der Entscheidung 6 Ob 12/91 vertretene Auffassung für den Fall der Einleitung der Nachtragsliquidation und Bestellung eines Nachtragsliquidators nicht aufrecht erhalten werden.

Dass die Revisionsrekurswerberin auch nicht aus ihrer Stellung als ehemalige Liquidatorin eine Rekursbefugnis ableiten kann, hat das Rekursgericht gleichfalls bereits zutreffend dargelegt (vgl auch OLG Wien, 28 R 181/96k; G. Kodek aaO § 15 FBG Rz 184).

Der Verweis der Revisionsrekurswerberin auf die ihr erteilte Entlastung betrifft ausschließlich die Begründetheit der gegen sie behaupteten Forderungen, nicht aber ihr rechtliches Interesse an der Bekämpfung des Beschlusses über die Einleitung der Nachtragsliquidation. Aus diesem Grund kann auch auf die weiteren Einwendungen der Revisionsrekurswerberin, es liege kein „weiteres Vermögen" iSd § 93 Abs 5 GmbHG vor, nicht eingegangen werden. Damit erweist sich der angefochtene Beschluss als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

Hingegen war die Revisionsrekursbeantwortung des früheren Mitgesellschafters Gabor P***** zurückzuweisen. Gemäß § 48 Abs 1 AußStrG ist der Rekurs nur dann zweiseitig, wenn mit dem angefochtenen Beschluss über die Sache oder über die Kosten des Verfahrens entschieden worden ist. Nach den Materialien sollen von der Formulierung, dass „über die Sache entschieden" worden ist, nicht nur stattgebende und abweisende, sondern auch zurückweisende Entscheidungen über einen Rechtsschutzantrag umfasst seien (vgl die ErlRV zu § 48 AußStrG, abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG 185). Damit strebt der Gesetzgeber offenbar einen Gleichlauf der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens mit § 521a Abs 1 Z 3 ZPO an. Die Gesetzesmaterialien betonen, dass Rekursbeantwortungen auch im neuen Verfahren außer Streitsachen entsprechend den Fällen der ZPO zulässig sein sollen (ErlRV 224 BlgNR 22. GP 48); eine Zweiseitigkeit als allgemeine Regel wäre „überschießend", weil nicht in jedem Zwischenstreit auch die Rechtsposition der anderen Verfahrensparteien berührt ist (ErlRV 224 BlgNR 22. GP 48). Aus dieser Formulierung leitet Zechner (in Fasching/Konecny2 § 521a Rz 13) ab, dass das Rekursverfahren im Außerstreitverfahren nicht zweiseitig ist, wenn der Antragsgegner im Fall der Zurückweisung eines Sachantrags vor seiner Zustellung in das Verfahren noch nicht einbezogen war. Auch nach der Rechtsprechung zum Streitverfahren ist das (Revisions-)Rekursverfahren gegen die Zurückweisung eines Rekurses einseitig (8 Ob 132/03z; 10 Ob 99/05i; RIS-Justiz RS0118695). Weil es sich bei der Zurückweisung eines Rekurses mangels Rekurslegitimation um eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung handelt, erfordert auch Art 6 MRK nicht die Einräumung einer Rekursbeantwortung (vgl G. Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens ÖJZ 2004, 534 [540 f]). Für derartige Fälle vertritt auch Zechner ungeachtet seiner Befürwortung einer weitergehenden Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, dass der Rekurs bloß einseitig ist (Zechner in Fasching/Konecny2 § 521a ZPO Rz 14).

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