Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Obsorge für die mj Sara H***** steht nach Scheidung der Kindeseltern der Kindesmutter zu. Der Kindesvater ist aufgrund des Scheidungsvergleichs vom 18. 3. 2005 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 200 EUR verpflichtet. Dem lag ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 1.000 EUR inklusive anteiliger Sonderzahlungen zugrunde.
Im nunmehrigen Verfahren setzte das Erstgericht diese Unterhaltsverpflichtung ab 1. 3. 2008 auf monatlich 100 EUR herab, wies den Antrag der Minderjährigen, den Unterhalt ab 1. 10. 2007 auf monatlich 250 EUR zu erhöhen, ab und sprach aus, dass das Verfahren betreffend der für den Zeitraum 1. 10. 2007 bis 28. 2. 2008 rückwirkenden Unterhaltserhöhung bzw Unterhaltsherabsetzung infolge Konkurses des Vaters unterbrochen sei.
Die Minderjährige habe nach ständiger Rechtsprechung Anspruch auf rund 15 % der Bemessungsgrundlage. Die nunmehrige Ehegattin des Vaters sei als weitere Sorgepflicht trotz der Höhe des bezogenen Kinderbetreuungsgelds infolge Änderung des § 42 KBGG idF BGBl I 2007/76 mit 3 % in Abzug zu bringen. Aufgrund des geringen Einkommens des Unterhaltspflichtigen sei aber nur insoweit Unterhalt zu leisten, als die Bestreitung der existenznotwendigen Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen nicht gefährdet sei. Daher sei der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen unter Berücksichtigung sämtlicher Sorgepflichten anteilig zu kürzen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Kinderbetreuungsgeld sei schon nach dem Wortlaut des § 42 KBGG weder beim Kind noch bei einem Elternteil als Einkommen anzusehen, weshalb die nunmehrige Ehefrau des unterhaltspflichtigen Vaters ab 1. 1. 2008 als weitere Sorgepflicht anzusehen sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Neufassung des § 42 KBGG noch keine höchstrichterliche Judikatur vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt:
Bisher waren nach ständiger Rechtsprechung auch öffentlich-rechtliche Leistungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Die in der Leistung liegende Zweckbestimmung allein führte noch nicht zum Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage (RIS-Justiz RS0047456). In diesem Sinne wurde etwa Kinderbetreuungsgeld des Landes Kärnten als Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn angesehen (7 Ob 174/02t; 2 Ob 59/07a). Auch das Kinderbetreuungsgeld nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl I 2001/103, hat der Oberste Gerichtshof - wie schon bisher das Karenzgeld der Ehegattin des Geldunterhaltspflichtigen - als ein für die Unterhaltsermittlung relevantes Einkommen der Ehegattin qualifiziert (1 Ob 157/03z).
Durch BGBl I 2007/76 wurde jedoch das KBGG unter anderem in § 42 geändert. Diese mit „Unterhaltsanpruch" überschriebene Bestimmung sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass das Kinderbetreuungsgeld und der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld weder als eigenes Einkommen des Kindes noch des beziehenden Elternteils gelten und nicht deren Unterhaltsansprüche mindern. § 43 KBGG normiert sodann, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und der Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gemäß § 290 EO nicht pfändbar sind, Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sind von der Einkommenssteuer befreit und gehören auch nicht zur Bemessungsgrundlage für sonstige Abgaben und öffentlich-rechtliche Beiträge. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (229 BlgNR 23. GP 7) beschränken sich im Wesentlichen auf die Wiederholung des Gesetzestextes. Auch der Bericht des Familienausschusses (250 BlgNR 23. GP 1) bietet keine näheren Aufschlüsse.
Damit brachte der Gesetzgeber aber in § 42 KBGG in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zum Ausdruck, dass er im Bereich des Unterhaltsrechts das Kinderbetreuungsgeld nicht als Einkommen des Kindes oder eines Elternteils behandelt haben will. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um eine ausschließlich steuerrechtliche Regelung handelt. Die steuerrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld sind vielmehr in der gesonderten, ausdrücklich mit „Pfändungsverbot und Steuerbefreiung" überschriebenen Bestimmung des § 43 KBGG geregelt.
Gegen diese Regelung bestehen - jedenfalls in der hier zu beurteilenden Konstellation - auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kommt dem einfachen Gesetzgeber bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen ein großer Gestaltungsspielraum zu (VfSlg 8605, 14.694, 16.542, 16.820; B 1.397/06). Soweit die Revisionsrekurswerberin darauf verweist, dass andere Sozialleistungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen werden, ist dem entgegen zu halten, dass das Kinderbetreuungsgeld sich von diesen Leistungen mit Einkommensersatzfunktion insofern unterscheidet, als es eine Abgeltung dafür darstellen soll, dass man sich dem Kind widmet (vgl Gitschthaler, Eine (kurze) Anmerkung zum neuen Kinderbetreuungsgeld aus unterhaltsrechtlicher Sicht, EF-Z 2008, 45).
Wenngleich die neue Regelung teilweise heftig angegriffen wurde und behauptet wurde, es würden gewissermaßen durch die Hintertür Zahlungen unterhaltspflichtiger Männer an die (geschiedene) Gattin erhöht (vgl „Höherer Unterhalt durch die Hintertür", Die Presse vom 3. 1. 2008, S 1 sowie die dort abgedruckten Rechenbeispiele von Tews), zeigt (auch) der vorliegende Fall, dass die neue Regelung auch den umgekehrten Effekt haben kann, dass der Unterhaltsanspruch sinkt. Nach Gitschthaler hat die Neuregelung wohl in der größeren Zahl von Fällen die Situation für die (Ex-)Gattin und die „alte Familie" des unterhaltspflichtigen Mannes verschlechtert (EF-Z 2008, 45 [46]). Diese Ausführungen betreffen jedoch lediglich die (rechtspolitische) Zweckmäßigkeit der Neuregelung. Es ist aber nicht Aufgabe der Rechtsprechung, allenfalls unbefriedigende Regelungen zu korrigieren (JBl 1993, 235) oder im Wege der Rechtsfortbildung oder einer allzu weitherzigen Interpretation möglicher Intentionen des Gesetzgebers Gedanken in ein Gesetz hineinzutragen, die darin nicht enthalten sind (SZ 54/120; RIS-Justiz RS0075803; 8 ObA 70/07p; RIS-Justiz RS0008831, RS0009099, RS0008880).
Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen.
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