OGH 6Ob163/03v

OGH6Ob163/03v11.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Peter E*****, einstweiliger Sachwalter Dr. Stefan Bruckschwaiger, Rechtsanwalt, Elisabethstraße 15/8, 1010 Wien, wegen Ablehnung, über den Revisionsrekurs des durch seinen einstweiligen Sachwalter vertretenen Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 26. Mai 2003, GZ 54 R 92/03y-13, womit über den Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Vorstehers des Bezirksgerichtes Salzburg vom 18. April 2003, GZ 1 Nc 24/03f-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über Anregung eines Prozessgerichtes hatte das Bezirksgericht Meidling das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters eröffnet und mit Beschluss vom 2. 2. 2001 eine Rechtsanwältin als einstweilige Sachwalterin zur Vertretung des Betroffenen vor Gericht bestellt (§ 238 Abs 2 AußStrG). Eine Sachwalterbestellung nach § 273 ABGB erfolgte bisher noch nicht.

Vom Bezirksgericht Salzburg (3 P 25/96z) wird das Pflegschaftsverfahren betreffend die 1986 und 1989 geborenen Kinder des Betroffenen geführt. Der Betroffene lehnte in diesem Verfahren die zuständige Richterin wegen Befangenheit ab.

Der für die Ablehnungssache zuständige Vorsteher des Bezirksgerichtes Salzburg (§ 23 JN) stellte dem einstweiligen Sachwalter (Rechtsanwalt) den Ablehnungsantrag zur allfälligen Genehmigung binnen 10 Tagen zu. Dieser Verbesserungsauftrag wurde ihm nach den Feststellungen des Rekursgerichtes am 28. 3. 2003 zugestellt. Der Vorsteher des Bezirksgerichtes wies mangels Äußerung des einstweiligen Sachwalters den Ablehnungsantrag zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es stellte entgegen den Rekursbehauptungen des einstweiligen Sachwalters fest, dass diesem der Verbesserungsauftrag des Vorstehers des Bezirksgerichtes tatsächlich zugestellt worden war (sich also im Postkuvert befunden habe) und teilte die Auffassung des Erstgerichtes, dass der Betroffene vor Gericht nicht selbständig, sondern nur mit Genehmigung des einstweiligen Sachwalters einschreiten dürfe.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der durch seinen einstweiligen Sachwalter vertretene Betroffene die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen zur meritorischen Entscheidung über den Ablehnungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar nicht jedenfalls unzulässig, wohl aber mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG.

Gegen die bestätigte Zurückweisung eines Ablehnungsantrages ist gemäß § 24 Abs 2 JN kein weiteres Rechtsmittel zulässig (RIS-Justiz RS0098751), dies gilt aber dann nicht, wenn die Zurückweisung aus formellen Gründen, also ohne meritorische Prüfung der Ablehnungsgründe, erfolgte (Ballon in Fasching, Kommentar2 I § 24 JN Rz 8 mwN; RIS-Justiz RS0044509). Der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof setzt aber voraus, dass eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vorliegt. Dies ist zu verneinen, weil die angefochtene Entscheidung im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur steht:

Geistig behinderte Personen sind im Umfang der Vertretungsbefugnis des bestellten (einstweiligen) Sachwalters prozessunfähig (RS0103637). In einem außerstreitigen Besuchsrechtsverfahren bedarf ein Betroffener daher der Mitwirkung (Genehmigung) seines (einstweiligen) Sachwalters.

Auch die mit der Zustellung des Bestellungsbeschlusses sofort wirksam werdende Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nach § 238 Abs 2 AußStrG schränkt die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen im Wirkungskreis des einstweiligen Sachwalters ein (RS0081672; RS0085550) und löst, wenn der Betroffene selbst vor Gericht einen Antrag stellt, ein Verbesserungsverfahren zur Klärung der Frage, ob der Sachwalter die Antragstellung genehmigt, aus (1 Ob 53/00a; 1 Ob 128/01g). Das ohne den Sachwalter durchgeführte Verfahren kann durch dessen Genehmigung saniert werden (RS0107438). Die Nichtgenehmigung führt zur Nichtigerklärung des Verfahrens und zur Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Schrittes (RS0035338; 1 Ob 128/01g).

Im Gegensatz zu der dargelegten und nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung unstrittigen Rechtslage vertritt der Revisionsrekurswerber die Rechtsansicht, dass - anders als bei der Bestellung eines Sachwalters nach § 273 ABGB - bei Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nach § 238 Abs 2 AußStrG der Betroffene ohne Mitwirkung des einstweiligen Sachwalters vor Gericht einschreiten dürfe. Dies trifft nach der zitierten Judikatur nicht zu und würde den Zweck der Bestellung eines einstweiligen Sachwalters vereiteln.

Mit dem weiteren Vorbringen, der Betroffene sei "durch acht Sachverständigengutachten beweiskräftig belegt, weder psychisch krank noch geistig behindert", übersieht der Revisionsrekurswerber die Wirksamkeit der Bestellung und den Umstand, dass die Entscheidung über die Bestellung des einstweiligen Sachwalters im Pflegschaftsverfahren das Gericht im Ausgangsverfahren bindet (für das Prozessgericht: § 6a ZPO; für das außerstreitige Verfahren analog § 6a ZPO: 6 Ob 7/01z).

Zuletzt releviert der Revisionsrekurswerber, dass die fehlende meritorische Behandlung seines Ablehnungsantrages eine Grundrechtsverletzung nach Art 6 Abs 1 EMRK darstelle. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Interessen des Prozessunfähigen von seinem gesetzlichen Vertreter (hier von dem einstweiligen Sachwalter) zu wahren sind und dieser das Einschreiten des Betroffenen genehmigen hätte können. Ein Rechtsschutzdefizit des Betroffenen ist aber auch bei einer Nichtgenehmigung und der Zurückweisung seines Antrages im Ausgangsverfahren nicht gegeben, weil nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung bei widerstreitenden Ansichten und Begehren des (einstweiligen) Sachwalters und des Betroffenen diesem - soferne er über eine entsprechende und zu überprüfende geistige Reife zur Formulierung seines Standpunkts verfügt - ein selbständiges Rekursrecht, also eine Einschreitungsbefugnis zusteht. Diese ist ihm allerdings nur im Pflegschaftsverfahren eingeräumt (RS0053067: 5 Ob 559/94; 1 Ob 513/96; 2 Ob 2206/96t; 7 Ob 230/01a). Wenn es also um die Genehmigung einer Klageführung oder Antragstellung des Betroffenen geht, ist über die Genehmigung nicht in den Verfahren zu entscheiden, in denen die Antragstellung erfolgte, sondern vielmehr im Pflegschaftsverfahren. Im Ausgangsverfahren ist nach § 6 Abs 2 ZPO (bzw analog dieser Gesetzesstelle) vorzugehen.

Die angefochtene Entscheidung entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung.

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