European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00121.16M.0627.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung
Das Landesgericht Innsbruck wies mit dem angefochtenen Beschluss die auf § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Wiederaufnahmeklage gemäß § 539 Abs 2 ZPO zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft Innsbruck am 28. 4. 2015 das gegen die im Hauptverfahren tätig gewordenen Richter eingeleitete Verfahren wegen § 302 StGB gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt (8 St 115/15z) und das Landesgericht Feldkirch am 26. 4. 2016 den Fortführungsantrag des Wiederaufnahmeklägers gemäß § 196 Abs 2 StPO zurückgewiesen hatte (32 Bl 69/15k).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Wiederaufnahmeklägers ist nicht berechtigt.
1. Nach § 539 Abs 2 Satz 2 ZPO ist eine auf § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Wiederaufnahmeklage zurückzuweisen, wenn – wie hier – die Einleitung des strafgerichtlichen Verfahrens aufgrund dieser Wiederaufnahmeklage (§ 539 Abs 1 ZPO) weder zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt hat noch das strafgerichtliche Verfahren aus anderen Gründen als wegen mangelnden Tatbestands oder wegen Mangels an Beweisen nicht zu einer Verurteilung geführt hat. Das Zivilgericht ist an die (freisprechende oder die Einstellung verfügende) Entscheidung der Strafbehörden gebunden (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 [2014] § 539 Rz 3; ebenso Jelinek in Fasching/Konecny² IV/1 [2005] § 539 ZPO Rz 6), sofern diese Entscheidung auf Veranlassung des Zivilgerichts iSd § 539 Abs 1 ZPO ergangen ist (Jelinek aaO § 539 ZPO Rz 6).
2. Die Überlegung des Klägers in seinem Rekurs, § 530 Abs 1 Z 4 ZPO spreche nur von „schuldig gemacht“, weshalb dieser Wiederaufnahmegrund nicht zwingend an eine strafrechtliche Entscheidung gebunden sei, übersieht die herrschende Auffassung, wonach der Tatbestand eine strafrechtlich erhebliche Amtspflichtverletzung des Richters voraussetzt, die sich grundsätzlich zum Nachteil der Partei ausgewirkt haben muss (Jelinek aaO § 530 ZPO Rz 87; E. Kodek aaO § 530 ZPO Rz 9; vgl auch 7 Ob 83/06s; 4 Ob 14/11d).
3. Nach ebenfalls herrschender Auffassung ist die in § 539 ZPO stipulierte Bindung des Zivilgerichts an die Entscheidung der Strafbehörden weder verfassungsrechtlich bedenklich noch verstößt sie gegen Art 6 EMRK (VfGH G 181/94; 8 Ob 3/03d; 9 ObA 254/91; Albrecht, § 268 ZPO und Wiederaufnahmsklage, ÖJZ 1994, 41; E. Kodek aaO § 539 ZPO Rz 3; zweifelnd, jedoch ohne nähere Begründung Jelinek aaO § 539 ZPO Rz 5). Die vom Kläger in seinem Rekurs lediglich ganz allgemein vorgetragenen verfassungs‑ und grundrechtlichen Bedenken vermögen den erkennenden Senat nicht dazu veranlassen, diese Auffassung in Zweifel zu ziehen und deshalb – wie vom Kläger angeregt – ein Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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