OGH 8Ob3/03d

OGH8Ob3/03d27.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1. Ing. Jörg P*****, 2. Dr. Alfons Walter K*****, beide vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Kurt P*****, 2. Sieglinde P*****, beide vertreten durch Dr. Werner Achtschin, Rechtsanwalt in Graz, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 16 Cg 190/93h des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 25. Oktober 2002, GZ 2 R 171/02p-17, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Aus dem klaren Wortlaut des § 539 Abs 2 erster Satz ZPO folgt, dass die Wiederaufnahmsklage nach Bekanntgabe der Ergebnisse des strafgerichtlichen Verfahrens ohne weiteres zurückzuweisen ist, wenn es wegen mangelnden Tatbestandes oder wegen Mangels an Beweisen nicht zur Verurteilung kommt. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rsp des OGH (RIS-Justiz RS0044634; RS0044638; RS0044528) und der Lehre (Fasching Kommentar IV Anm 5a zu § 539 ZPO; Kodek in Rechberger² § 539 ZPO Rz 2). Bei der Bestimmung des § 539 ZPO geht es nicht um die Bindung des Zivilrichters an den Inhalt des strafrechtlichen Erkenntnisses, wie dies Gegenstand des aufgehobenen § 268 ZPO war, sondern um die Qualifikation als Wiederaufnahmsgrund, für die das Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung Voraussetzung ist. Es steht dem Gesetzgeber frei, besonders schwerwiegende Umstände - in diesem Fall eine strafrechtliche Verurteilung wegen bestimmter Delikte - als Wiederaufnahmsgründe zu statuieren (RS0044625). Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. 3. 1995, G 181/94 (JBl 1995, 576) die Verfassungskonformität des § 539 ZPO bejaht.

Die Zurücklegung der Anzeige gegen den im wiederaufzunehmenden Verfahren bestellten Gerichtssachverständigen erfolgte gemäß § 90 Abs 1 StPO wegen mangelnden Tatbestandes.

Den Revisionsrekurswerbern ist darin beizupflichten, dass die vom Rekursgericht bereits vor Fassung der hier vorliegenden Entscheidung beschlossene "Teilzurückweisung" der Wiederaufnahmsklage, soweit sie auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützt wurde, rechtsirrig erfolgte: Ein "Splitting" hinsichtlich einerseits zurückweisender bzw andererseits stattzugebender Wiederaufnahmsgründe hat nicht zu erfolgen, und zwar weder durch den Erstrichter noch durch die diesen kontrollierenden Instanzgerichte (7 Ob 306/01b). Allerdings erwuchs dieser Teilzurückweisungsbeschluss des Rekursgerichtes, soweit die Wiederaufnahmsklage auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützt wurde, in Rechtskraft und ist somit bindend. Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass es für sich allein noch keinen tauglichen Wiederaufnahmsgrund darstellt, dass sich aus späteren Tatumständen die Unrichtigkeit eines Gutachtens oder die mangelnde Eignung des im Vorprozess vernommenen Sachverständigen ergeben soll (RIS-Justiz RS0044555; für das Sachverständigengutachten zuletzt 5 Ob 552/94). Der Wiederaufnahmswerber müsste in einem solchen Fall vielmehr den Nachweis erbringen, dass der im Hauptverfahren vernommene Sachverständige eine behauptete Zwischenerhebung in Wahrheit nicht durchgeführt habe oder dass die jüngeren Gutachten auf einer neueren wissenschaftlichen Methode basieren, die zum Zeitpunkt der Begutachtung im Hauptverfahren noch unbekannt war (10 ObS 91/87; vgl ferner RIS-Justiz RS0044834).

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