Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit rechtskräftigem Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 1.Juni 1989, GZ 15 Cga 2512/88-13, wurde das von den Klägern gegen die beklagte Partei erhobene Begehren auf Räumung der Hausbesorgerdienstwohnung top.Nr. 4 Stiege I im Hause ***** abgewiesen.
Die klagenden Parteien begehren die Wiederaufnahme dieses Verfahrens und bringen dazu vor, der Zeuge L***** S***** habe in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 18.4.1989 falsch ausgesagt. Er sei in der Folge wegen des in dieser Beweisaussage in Abrede gestellten tätlichen Angriffes auf eine Hausbewohnerin vom Bezirksgericht Donaustadt strafrechtlich rechtskräftig verurteilt worden. L***** S***** habe sich einer falschen Beweisaussage schuldig gemacht, sodaß der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs.1 Z 2 ZPO gegeben sei. Das rechtskräftige Urteil zu 10 U 394/89 des Bezirksgerichtes Donaustadt sei zudem ein neues Beweismittel, das das Begehren auf Wiederaufnahme rechtfertige. Gegen L***** S***** ist zu 22 b Vr 12.377/90 ein Strafverfahren wegen Vergehens nach § 288 Abs 1 StGB anhängig. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Beschluß vom 26.4.1991, GZ 15 Cga 99/90-6, hat das Erstgericht das Verfahren über die Wiederaufnahmsklage bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens zu
22 b Vr 12.377/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien unterbrochen. Den gegen diesen Beschluß von den klagenden Parteien erhobenen Rekurs wies das Erstgericht mit Beschluß vom 13.5.1991, 15 Cga 99/90-8, zurück.
Dem gegen diesen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige. Der Beschluß sei durch § 539 Abs.1 ZPO gedeckt, wonach die Anfechtung des Unterbrechungsbeschlusses in diesem Fall ausgeschlossen sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Parteien mit dem Antrag, den Unterbrechungsbeschluß aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Im Verfahren über den vorliegenden Rekurs ist die Frage zu prüfen, ob gegen den Unterbrechungsbeschluß des Erstgerichtes ein Rechtsmittel zulässig ist. Die klagenden Parteien vertreten die Auffassung, der Bestimmung des § 539 Abs.1 ZPO über den Rechtsmittelausschluß sei im Hinblick auf die Aufhebung des § 268 ZPO durch den Verfassungsgerichtshof der Boden entzogen. § 539 ZPO gründe sich auf die Bindung des Zivilgerichtes an eine strafrechtliche Verurteilung. Da diese Bindung zufolge der Aufhebung des § 268 ZPO nicht mehr bestehe, fehle der Anordnung, wonach im Fall der Geltendmachung strafrechtlicher Wiederaufnahmsgründe das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens zu unterbrechen ist, ebenso die Grundlage wie der Bestimmung des § 539 Abs.2 ZPO, die den Zivilrichter bei der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage an das Ergebnis des Strafverfahrens binde. Die Anfechtung dieser Normen beim Verfassungsgerichtshof erscheine daher geboten.
Diese Auffassungen sind verfehlt. Der Gesetzgeber hat die im § 530 Abs.1 Z 1 bis 4 ZPO genannten Umstände als Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens statuiert und dabei im § 539 ZPO angeordnet, daß aus diesen Gründen die Wiederaufnahme des Verfahrens (abgesehen von den in § 539 Abs 2 genannten Ausnahmsfällen) nur dann zu erfolgen hat, wenn eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung vorliegt. Es geht hier nicht um die Bindung des Zivilrichters an den Inhalt des strafrechtlichen Erkenntnisses, wie dies Gegenstand des aufgehobenen § 268 ZPO war, sondern um die Qualifikation als Wiederaufnahmsgrund, für die das Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung Voraussetzung ist. Es steht dem Gesetzgeber frei, besonders schwerwiegende Umstände - in diesem Fall eine strafrechtliche Verurteilung wegen bestimmter Delikte - als Wiedeaufnahmsgründe zu statuieren, ohne daß darin ein Verstoß gegen die Grundsätze läge, die die Verfassungswidrigkeit des § 268 ZPO begründeten. Erfolgt eine strafrechtliche Verurteilung, dann ist gemäß § 539 Abs.2 ZPO der Wiederaufnahmsklage stattzugeben, wobei allerdings im wiederaufgenommenen Verfahren nach Aufhebung des § 268 ZPO eine Bindung des Zivilrichters an den Inhalt des Strafurteiles nicht besteht. Erfolgt keine strafgerichtliche Verurteilung, dann liegt - abgesehen von den im § 539 Abs.2 ZPO genannten Ausnahmsfällen - ein Wiederaufnahmsgrund nicht vor; die Klage ist in diesem Fall zurückzuweisen. Da das strafgerichtliche Urteil wegen eines der im § 530 Abs.1 Z 1 bis 4 ZPO genannten Delikte eine Tatbestandsvoraussetzung des Wiederaufnahmsgrundes ist, liegt auch die von den Rekurswerbern behauptete Antinomie zwischen § 539 ZPO und § 281 a ZPO nicht vor.
Die klagenden Parteien haben wohl die Klage neben dem strafrechtlichen Wiederaufnahmsgrund auch auf den Grund des § 530 Abs.1 Z 7 ZPO gestützt. Die im § 539 Abs.1 ZPO angeordnete Unterbrechung erstreckt sich jedoch auf das ganze über alle Wiederaufnahmsgründe gemeinsam geführte Verfahren, weil eine "Teilunterbrechung" im Gesetz nicht vorgesehen ist. Der gegen den Unterbrechungsbeschluß erhobene Rekurs wurde zufolge des in dieser Bestimmung angeordneten Rechtsmittelausschlusses zutreffend zurückgewiesen.
Die Kosetnentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)