European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00118.23F.0830.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Einschreiter sind schuldig, den Antragstellern die mit 1.883,40 EUR (darin 313,90 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Im Firmenbuch ist zu FN * die Privatstiftung L* (im Folgenden: Privatstiftung) eingetragen. Die Antragsteller sind die jeweils mit einem weiteren Vorstandsmitglied vertretungsbefugten Mitglieder des Stiftungsvorstands. Die Privatstiftung ist Alleingesellschafterin einer GmbH (Tochtergesellschaft). Deren jeweils selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführer sind der Drittantragsteller und der Viertantragsteller.
[2] Der Drittantragsteller und Dr. M* S* sind jeweils selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführer und Gesellschafter einer Rechtsanwalts‑GmbH.
[3] Die Antragsteller beantragten die Feststellung, dass weder der zwischen der Tochtergesellschaft und der Rechtsanwalts‑GmbH bestehende Mandatsvertrag noch die Genehmigung des Stiftungsvorstands zum Abschluss dieses Mandatsvertrags einer gerichtlichen Genehmigung bedürfen. Hilfsweise beantragten sie gemäß § 17 Abs 5 PSG die gerichtliche Genehmigung des genannten Mandatsvertrags sowie der Genehmigung des Stiftungsvorstands zum Abschluss dieses Mandatsvertrags.
[4] Die Rechtsanwalts‑GmbH habe mit der Privatstiftung einen Mandatsvertrag über die laufende rechtliche Beratung und Vertretung für anhängige und künftige Rechtsfälle abgeschlossen; dieser Mandatsvertrag sei vom Erstgericht genehmigt worden. Die Rechtsanwalts‑GmbH habe auch mit der Tochtergesellschaft einen identen Mandatsvertrag abgeschlossen. Der Abschluss des Mandatsvertrags mit der Tochtergesellschaft sei auf deren Seite von sämtlichen Geschäftsführern und auf Seiten der Privatstiftung mit Beschluss des Stiftungsvorstands von sämtlichen Vorstandsmitgliedern genehmigt worden. Dennoch sei die Tochtergesellschaft als Klägerin in zwei vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gegen den Nachlass der Stifters geführten Zivilprozessen aufgefordert worden, die Genehmigung des Mandatsvertrags durch alle übrigen Stiftungsvorstände sowie durch das Firmenbuchgericht nachzuweisen. Eine solche Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG sei nach Ansicht der Antragsteller für den Abschluss des Mandatsvertrags durch die Tochtergesellschaft nicht erforderlich. Die Antragsteller hätten daher aufgrund der genannten gerichtlichen Aufträge ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, dass der Abschluss des Mandatsvertrags zwischen der Tochtergesellschaft und der Rechtsanwalts‑GmbH keiner solchen Genehmigung bedürfe. Sollte man zu Unrecht davon ausgehen, dass § 17 Abs 5 PSG direkt oder analog auf diesen Mandatsvertrag anzuwenden sei, wäre er zu genehmigen.
[5] In ihrer Stellungnahme erklärten die Einschreiter, sie seien Begünstigte der Privatstiftung, und beantragten, die Anträge der Vorstandsmitglieder zurück- bzw abzuweisen.
[6] Das Erstgericht wiesden (Haupt‑)Antrag auf Feststellung zurück und genehmigte in Stattgebung des Eventualantrags den Mandatsvertrag zwischen der Tochtergesellschaft und der Rechtsanwalts‑GmbH sowie die Genehmigung des Stiftungsvorstands zum Abschluss dieses Mandatsvertrags.
[7] Das Rekursgericht wies den gegen den Genehmigungsbeschluss gerichteten Rekurs der Einschreiter mangels Parteistellung und Rechtsmittellegitimation zurück. Aufgrund des Rekurses der Antragsteller änderte es die erstgerichtliche Entscheidung ab und stellte entsprechend dem (Haupt‑)Antrag fest, dass weder der Mandatsvertrag noch die Genehmigung des Stiftungsvorstands einer gerichtlichen Genehmigung gemäß § 17 Abs 5 PSG bedürfen.
[8] Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtsmittellegitimation von Begünstigten im Verfahren nach § 17 Abs 5 PSG und zur Feststellungsfähigkeit der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 17 Abs 5 PSG fehle.
Rechtliche Beurteilung
[9] Der dagegen gerichtete Revisionsrekurs der Einschreiter ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:
[10] 1. Wem in Verfahren die Parteistellung oder die Rechtsmittellegitimation abgesprochen wird und dessen Rechtsmittel dementsprechend zurückgewiesen wurde, der ist grundsätzlich legitimiert, die Überprüfung dieser Rechtsansicht im Rechtsmittelweg zu verlangen (RS0006793 [T6]). Der Revisionsrekurs der Einschreiter ist daher nicht schon mangels Rechtsmittellegitimation zurückzuweisen (vgl 6 Ob 144/22b [ErwGr 1.]).
[11] 2. Als „Revisionsrekurs“ erfasst § 62 AußStrG alle Rekurse gegen „im Rahmen des Rekursverfahrens ergangene“ Beschlüsse des Rekursgerichts (RS0120565 [T1]). Ein Zurückweisungsbeschluss ist daher nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG – also bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage – anfechtbar (6 Ob 144/22b [ErwGr 2.]; vgl RS0120565 [T12]). Eine solche zeigen die Einschreiter allerdings nicht auf.
[12] 3.1. Im Verfahren ist nicht strittig, dass die Einschreiter aktuell Begünstigte der Privatstiftung sind.
[13] 3.2. Nach ständiger Rechtsprechung steht ein Rekursrecht im Verfahren außer Streitsachen (zur Anwendung des AußStrG bei einem Antrag auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts nach § 17 Abs 5 PSG siehe § 40 PSG, RS0120843 [T1, T2]) nur demjenigen zu, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den angefochtenen Beschluss beeinträchtigt worden sind (RS0006641). Ob eine rechtlich geschützte Stellung beeinflusst wird, ergibt sich aus dem materiellen Recht und hängt vom Zweck des konkreten Verfahrens ab (vgl RS0123027 [T5]). Unmittelbar beeinflusst ist eine Person dann, wenn die in Aussicht genommene Entscheidung Rechte oder Pflichten dieser Person ändert, ohne dass noch eine andere Entscheidung gefällt werden muss (6 Ob 100/22g [ErwGr 1.2.]; vgl RS0123028). Wie schon das Rekursgericht dargelegt hat, erfasst § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG weder die wirtschaftliche noch die ideelle Betroffenheit noch eine Reflexwirkung einer Entscheidung (RS0123028 [T7]). Auch eine Reflexwirkung, die etwa dadurch entsteht, dass eine andere Person Rechte erwirkt, die etwa den eigenen Haftungsfonds schmälern, stellt keine unmittelbare Beeinflussung im Sinne des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG dar (RS0120841).
[14] 3.3. Gemäß § 17 Abs 5 PSG bedürfen im Fall, dass die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts. Die Zustimmung des Stifters vermag die Genehmigung durch das Gericht nicht zu ersetzen (6 Ob 151/20d [ErwGr 2.11.]). Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Bestimmung ist weder dieser noch ein Begünstigter zur Genehmigung berufen (6 Ob 58/11i).
[15] 3.4. Normzweck der Bestimmung ist, dass die Gefahr der Schmälerung des Stiftungsvermögens durch kollusiv handelnde Vorstandsmitglieder verhindert werden soll (6 Ob 35/18t [ErwGr 2.2.]).
[16] 3.5. Unterfällt ein Rechtsgeschäft der Genehmigungspflicht nach § 17 Abs 5 PSG, dann darf dieses vom Gericht nur genehmigt werden, wenn der Abschluss im Interesse der Privatstiftung liegt und somit deren Wohl entspricht. Das Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG ist jenem nach § 167 Abs 3 ABGB vergleichbar (6 Ob 35/18t [ErwGr 2.3.]; RS0121199 [T1]), in dem grundsätzlich nur dem betroffenen Pflegebefohlenen Parteistellung zukommt (vgl RS0123647). Daher ist etwa der (potenzielle) Vertragspartner der Privatstiftung im Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG nicht Beteiligter (6 Ob 109/18z; RS0121199 [T1]).
[17] 3.6. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Mandatsvertrag zwischen der Tochtergesellschaft der Privatstiftung und der Rechtsanwalts‑GmbH.
[18] Das Rekursgericht war der Ansicht, dieser Vertrag berühre die Rechtsstellung der Einschreiter als Begünstigte nicht. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Privatstiftung und ihre Tochtergesellschaft, vertreten durch diese Rechtsanwalts‑GmbH, als Klägerinnen in zwei Zivilprozessen gegen die Verlassenschaft nach dem Stifter aufträten. Das Interesse der Einschreiter „als Erbansprecher und Pflichtteilsberechtigte“ am Ausgang der Zivilprozesse sei ein rein wirtschaftliches.
[19] Diese Beurteilung findet Deckung in den erörterten Rechtsprechungsgrundsätzen.
[20] 3.7. Eine aus dem Gesetz oder der Stiftungserklärung erwachsende Rechtsposition der Begünstigten, die durch den Mandatsvertrag unmittelbar berührt würde, ist weder erkennbar noch legt der Revisionsrekurs eine solche dar. Mit seinem bloßen Verweis auf einen „Stifterwillen“, ohne diesen in irgendeiner Weise näher zu konkretisieren, vermag er keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts aufzuzeigen.
[21] Vor dem Hintergrund, dass bloße Reflexwirkungen für eine unmittelbare Beeinflussung und damit für die Begründung einer materiellen Parteistellung nicht genügen, vermögen die Rechtsmittelwerber auch nicht nachvollziehbar aufzuzeigen, inwiefern im Zusammenhang mit den beiden Zivilprozessen, in denen sie gar nicht Partei sind, durch die bloße Mandatierung und diesbezügliche Genehmigung seitens des Stiftungsvorstands eine unmittelbare Beeinflussung ihrer Rechtsstellung stattfinden sollte (vgl zur fehlenden Parteistellung selbst des Prozessgegners im Verfahren über die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Klage: RS0049028; RS0006247).
[22] 4. Gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Den Kostenpunkt betreffen alle Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form – materiell oder formell – über Kosten abgesprochen wird (RS0044233), gleichgültig, ob es sich um ihre Bemessung oder darum handelt, ob (RS0111498), von wem, an wen, in welcher Höhe, allenfalls aus welchen Mitteln Kosten zu ersetzen sind (RS0007695) oder ob überhaupt eine Kostenentscheidung zu treffen ist (RS0111498). Der zweitinstanzliche Kostenzuspruch an die Antragsteller ist daher unanfechtbar; auf die diesbezüglichen Ausführungen im Revisionsrekurs ist nicht einzugehen.
[23] 5. Die Kostenentscheidung gründet auf § 40 PSG iVm § 78 AußStrG (vgl 6 Ob 35/12i). Zwar ist das Revisionsrekursverfahren gegen die Zurückweisung eines Rekurses im Außerstreitverfahren einseitig (RS0120614). Hier hat das Rekursgericht aber – aufgrund des Rekurses der Antragsteller – auch in der Sache entschieden, weshalb in dritter Instanz bei abweichender Ansicht des Obersten Gerichtshofs zur Rechtsmittellegitimation der Einschreiter auch aufgrund deren Revisionsrekurses eine sofortige Sachentscheidung erfolgen hätte können (vgl 2 Ob 75/18w [ErwGr III.2.]; RS0007037 [T10]). Dementsprechend enthielten der Revisionsrekurs und dessen Beantwortung auch Ausführungen zur Sache, sodass die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsteller zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und daher zu honorieren war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)