OGH 6Ob108/24m

OGH6Ob108/24m6.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* KG, *, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. E* S* T* GmbH, *, 2. E* S* GmbH, *, 3. E* S* G* GmbH, *, alle *, vertreten durch Pochmarski Kober Rechtsanwälte GmbH in Graz, 4. H* GmbH, *, vertreten durch Müller Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 2.689.428,11 EUR sA und Feststellung, über die Rekurse und Revisionsrekurse der klagenden Partei und der erst‑ bis drittbeklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz (auch) als Rekursgericht vom 14. März 2024, GZ 2 R 14/24g‑48, womit die Bezeichnung der erstbeklagten Partei berichtigt, das gegen die erstbeklagte Partei geführte Verfahren einschließlich des angefochtenen Beschlusses für nichtig erklärt und die Rekurse der Klägerin sowie der erst‑ und zweitbeklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 12. Dezember 2023, GZ 22 Cg 60/23g‑36, samt der Rekursbeantwortung der erstbeklagten Partei zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00108.24M.1106.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

I. Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem Punkt I. ersatzlos aufgehoben.

II. Der Revisionsrekurs der drittbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

III. Den Revisionsrekursen der Klägerin sowie der erst‑ und zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem Punkt II. aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, über die Rekurse unter Abstandnahme von den gebrauchten Zurückweisungsgründen zu entscheiden.

IV. Die Kostenentscheidung wird dem Rekursgericht vorbehalten.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind die vom Gericht erster und zweiter Instanz gefassten Berichtigungsbeschlüsse.

[2] Verfahrensgang und Sachverhalt lassen sich – soweit für die Berichtigung wesentlich – wie folgt zusammenfassen:

[3] Alle Beklagten sind Gesellschafter mit beschränkter Haftung. Erst-, Zweit- und Drittbeklagte gehören zu einer Unternehmensgruppe.

[4] Die Klägerin begehrt Schadenersatz infolge der Beschädigung einer Abwasserleitung. Sie nimmt die hier als Viertbeklagte bezeichnete Partei (die das Berichtigungsverfahren nicht betrifft) als ausführendes Unternehmen der Tiefbauarbeiten, die zur Beschädigung der Abwasserleitungen geführt haben, in Anspruch. Die Viertbeklagte erhielt den Auftrag für die Durchführung der Arbeiten von der Erstbeklagten, welche wiederum ihrerseits von der Zweitbeklagten beauftragt worden war.

[5] Die Erstbeklagte wurde aufgrund des Verschmelzungsvertrags vom 13. 3. 2023 als übertragende Gesellschaft auf die Zweitbeklagte als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Sie war im Firmenbuch bereits vor Einbringung der Klage am 27. 6. 2023 gelöscht. Diesen Umstand relevierten Erst‑ und Zweitbeklagte in ihrer Klagebeantwortung und beantragten die Zurückweisung der Klage gegen die Erstbeklagte.

[6] Daraufhin beantragte die Klägerin die Berichtigung der Parteibezeichnung der Erstbeklagten auf den Firmenwortlaut der Zweitbeklagten. Die Verschmelzung der Erst- auf die Zweitbeklagte sei der Klägerin vor Klagseinbringung nicht bekannt gewesen, schade aber nicht. Die Erstbeklagte sei durch Angabe ihrer Bezeichnung samt Firmenbuchnummer ausreichend konkretisiert und nur unrichtig bezeichnet worden. Richtigerweise sei die Zweitbeklagte als deren Gesamtrechtsnachfolgerin als Erstbeklagte zu bezeichnen.

[7] Erst‑ und Zweitbeklagte stellten sich der Berichtigung entgegen. Der Klägerin schwebe offenbar eine Verschmelzung zweier getrennter Klagen vor, was aber nicht zulässig sei.

[8] Die Klägerin replizierte, es sei bei einer Verschmelzung – auch vor Klage – die Berichtigung der Parteibezeichnung jederzeit zulässig. Mit einer solchen Berichtigung komme es nur zur Korrektur der irrtümlichen Doppelbezeichnung ein- und desselben Rechtssubjekts. Wenn es nach der Judikatur sogar zulässig sei, eine Rechtsperson, die zumindest ihrer Bezeichnung nach bisher nicht Partei des Verfahrens gewesen sei, durch Richtigstellung in ein laufendes Verfahren einzubeziehen, müsse dies umso mehr gelten, wenn „beide verschmolzenen Kapitalgesellschaften von Anfang an in das Verfahren miteinbezogen bzw gemeinsam geklagt“ worden seien. Dass nur dieses eine Rechtssubjekt, nämlich der (nunmehrige) Träger der Rechte und Pflichten der erst- und zweitbeklagten Partei, geklagt werden solle, liege auf der Hand. In den außergerichtlichen, kurz vor der Klage stattgefundenen Gesprächen sei die Verschmelzung nicht releviert worden.

[9] Das Erstgericht berichtigte die Parteibezeichnung der Erstbeklagten antragsgemäß auf den Firmenwortlaut der Zweitbeklagten, erklärte das gegen die Erstbeklagte geführte Verfahren mit Ausnahme des Zwischenstreits über die Berichtigung der Parteibezeichnung für nichtig und sprach aus, es würden als beklagte Parteien ab Rechtskraft des Berichtigungsbeschlusses nur mehr die Zweitbeklagte und die (hier als) Viertbeklagte (Bezeichnete) geführt. Aus der Klageerzählung habe sich eindeutig ergeben, welche juristische Person unter Angabe der Firmenbuchnummer Beklagte sein solle. Eine Berichtigung sei auch bei der Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung zulässig, und zwar selbst dann, wenn die Verschmelzung vor Klagserhebung eingetreten sei. Da die Erstbeklagte nie als Prozesspartei zu behandeln gewesen wäre, seien die ihr gegenüber vorgenommenen Prozesshandlungen nichtig.

[10] Gegen diese Entscheidung erhoben Klägerin sowie Erst‑ und Zweitbeklagte Rekurs. Die Rekurse der Erst- und Zweitbeklagten fochten den Beschluss des Erstgerichts zur Gänze an, jener der Klägerin wendete sich nur gegen den Ausspruch über die Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens gegenüber der Erstbeklagten (und gegen die Kostenentscheidung).

[11] Das Oberlandesgericht Graz berichtigte mit dem bekämpften Beschluss – lediglich aus Anlass der Rekurse – die Bezeichnung der Erstbeklagten auf die Drittbeklagte und erklärte das gegen die Erstbeklagte geführte Verfahren einschließlich des Beschlusses des Erstgerichts für nichtig (Punkt I.). Im Rahmen des Rekursverfahrens wies es als Rekursgericht alle Rekurse sowie die Rekursbeantwortung der Erstbeklagten zurück (Punkt II.).

[12] Es nahm in das Firmenbuch und in den von Erst- und Zweitbeklagter im Rekursverfahren vorgelegten Spaltungsvertrag Einsicht, zu dem diese (erstmals) vorgetragen hatten, dass der Teilbetrieb „Bau“ vor der Verschmelzung auf die Drittbeklagte abgespalten worden sei (während sie zuvor in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24. 10. 2023 nur von einer nicht näher benannten „Abspaltung bzw Verschmelzung [...] wie diese zu und den „laufenden Nummern [des Firmenbuchauszugs] 94 und 96 eingetragen“ seien, gesprochen hatten).

[13] Nach Einsicht in diese Unterlagen kam das Rekursgericht zum Schluss, es sei dem Spaltungsvertrag die Zuordnung der „verfahrensgegenständlichen Schadenersatzpflicht“ der Erstbeklagten gegenüber der Klägerin zum Teilbetrieb „Bau“ mit „hinreichender Deutlichkeit“ zu entnehmen und dem Firmenbuch aufgrund der laufenden Eintragungsnummern zu entnehmen, dass der Teilbetrieb „Bau“ zunächst mittels Spaltungsvertrag abgespalten worden sei. Erst danach sei die Verschmelzung der Erstbeklagten mit der Zweitbeklagten erfolgt, was vom Erstgericht unerkannt geblieben sei, weil die Abspaltung von den Parteien nicht konkret offengelegt worden sei. Zwar sei eine amtswegige Berichtigung der Parteibezeichnung nicht zulässig, wenn etwa die Klägerin auch nach Erörterung darauf beharren würde, einen bestimmten Beklagten in Anspruch nehmen zu wollen. Es sei aber der „verfehlte Antrag“ der Klägerin „unzweifelhaft“ vom „irrigen Gedanken“ getragen, die Zweitbeklagte sei infolge des Verschmelzungsvertrags im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Trägerin der Schadenersatzpflicht geworden. Der von der Klägerin im Rekursverfahren vertretene Standpunkt, die vom Erstgericht vorgenommene Berichtigung auf die Zweitbeklagte sei nicht korrekturbedürftig, beruhe erkennbar auf der Rechtsansicht, dass die Zweitbeklagte jedenfalls nach dem Verschmelzungsvorgang auch solidarisch hafte.

[14] Da die aus der Schadenersatzpflicht resultierende Verbindlichkeit im Spaltungsweg auf die Drittbeklagte übergegangen sei, sei die Bezeichnung der Erstbeklagten amtswegig auf diese als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin zu berichtigen; insoweit werde es funktionell als Erstgericht tätig.

[15] Aufgrund der Berichtigung auf die (nunmehr) Drittbeklagte mangle es den Rekursen gegen die Entscheidung des Erstgerichts an der Voraussetzung der Beschwer. Die Erstbeklagte existiere nicht mehr und könne weder Rekurs noch Rekursbeantwortung erstatten.

Rechtliche Beurteilung

[16] Gegen den Beschluss über die Berichtigung der Parteibezeichnung auf die Drittbeklagte wenden sich die jeweils beantworteten Rekurse der Klägerin und der Erst‑ bis Drittbeklagten, gegen den im Rekursverfahren gefällten Beschluss ihre Revisionsrekurse.

I. Zu den Rekursen:

[17] I.1. Bei Beschlussfassung über die Berichtigung der Parteibezeichnung durch das Oberlandesgericht Graz handelt es sich funktional um eine Beschlussfassung erster Instanz, erfolgte doch die Beschlussfassung nicht im Rekursverfahren, sondern aus Anlass des Rekurses. Die Beschränkungen des § 528 ZPO kommen damit nicht in Betracht, und es ist ein derartiger Beschluss in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO mit „Vollrekurs“ anfechtbar (vgl RS0039608; 6 Ob 22/22d [Rz 9]).

[18] I.2. Grundsätzlich ist derjenige, dem die Parteistellung abgesprochen wurde, legitimiert die Überprüfung dieser Rechtsansicht zu verlangen (6 Ob 525/88; 4 Ob 267/00v). Auch wenn die Erstbeklagte selbst einräumt, dass ihre Firma im Firmenbuch infolge der Verschmelzung gelöscht wurde, ist ihr die Stellung einer Prozesspartei im Rechtsstreit darüber, welche Partei tatsächlich hinter einer bestimmten Bezeichnung steht und darüber, dass die Klage – wie von der Erstbeklagten angestrebt – nicht gegen sie gerichtet werden kann und zurückzuweisen ist, nicht abzusprechen. Vergleichbar dem zu 1 Ob 68/04p entschiedenen Fall spricht sich die Erstbeklagte gegen eine Berichtigung der Parteienbezeichnung auf die Zweitbeklagte aus und will diese nicht an ihrer Stelle in den Prozess einbezogen sehen. Auch wenn sie selbst auf dem Standpunkt steht, nicht geklagt werden zu können (weil sie im Firmenbuch bereits gelöscht ist), kann ihr die Legitimation, das Ziel zu verfolgen, die gegen sie gerichtete Klage durch eine Zurückweisung zu erledigen, nicht abgesprochen werden. Solange nämlich noch nicht klar ist, ob (rechtskräftig) eine Berichtigung der Parteienbezeichnung (auf eine andere Partei, womit sie – retrospektiv betrachtet – nur Quasi-Partei gewesen wäre) stattfindet, muss es ihr als belangter Partei frei stehen, die Beendigung des Rechtsstreits durch eine Klagszurückweisung verfolgen zu können. Es wurde in der Rechtsprechung auch schon der vollbeendeten (vermögenslosen) Gesellschaft die Rechtsmittellegitimation eingeräumt, sich gegen die deswegen zu Unrecht erfolgte Klagszurückweisung durch das Gericht zweiter Instanz zur Wehr setzen zu können (weil dem Kläger mehr als zwei Jahre nach Bekanntwerden der Vermögenslosigkeit der mittlerweile gelöschten Beklagten [und der Entscheidung des verstärkten Senats zu 8 ObA 2344/96f] nicht die Möglichkeit einzuräumen sei, sich einer meritorischen Verfahrenserledigung gegenüber dieser vollbeendeten Gesellschaft zu entziehen), und infolge Rekurses dieser Partei dem Berufungsgericht die Erledigung der Berufung aufgetragen (1 Ob 153/02k; vgl zur Rechtsmittellegitimation nach Aberkennung der Parteifähigkeit auch 8 ObA 47/04a, mit welcher Entscheidung dem Rekurs des damaligen Klägers gegen die Klagezurückweisung durch das Berufungsgericht nicht Folge gegeben und dieser zum Kostenersatz gegenüber der vollbeendeten Beklagten verpflichtet wurde, während deren Kostenrekurs nicht etwa wegen fehlender Parteifähigkeit, sondern deswegen, weil es sich um ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung über den Kostenpunkt handelte, zurückgewiesen wurde).

[19] Der Erstbeklagten kommt damit im Rechtsstreit über die Berichtigung der Parteibezeichnung Parteistellung und Rechtsmittellegitimation zu.

[20] Die Rekurslegitimation der Drittbeklagten ergibt sich aus deren Betroffenheit als diejenige Partei, auf die berichtigt wurde, jene der Zweitbeklagten daraus, dass ihr durch diesen Beschluss die Beschwer gegen den Beschluss des Erstgerichts „entzogen“ wurde.

[21] I.3. § 235 Abs 5 ZPO erlaubt die Richtigstellung der Parteibezeichnung auf diejenige Person, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage „in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens“, das Klagebegehren erhoben worden ist.

[22] § 235 Abs 5 ZPO soll schikanöse Bestreitungen der Sachlegitimation durch den Beklagten, die bloß aus einer falschen Bezeichnung des eindeutig gemeinten Rechtssubjekts resultieren, hintanhalten (ErläutRV 669 BlgNR 15. GP  52; RS0039411), nicht aber einen Mangel der Sachlegitimation des als beklagte Partei bezeichneten Rechtssubjekts sanieren (vgl RS0039808 [T13]; RS0035266).

[23] I.4. Die Rekurse sämtlicher Parteien stimmen darin überein, dass nicht auf die Drittbeklagte zu berichtigen war. Alle Parteien monieren, es sei dem Vorbringen der Klägerin nicht eindeutig zu entnehmen gewesen, dass sie die Klage in Wahrheit gegen die Drittbeklagte habe richten wollen. Weder die Klägerin noch die Drittbeklagte woll(t)en (insofern übereinstimmend) miteinander in einen Rechtsstreit treten.

[24] Die Klägerin verweist auf ihren Berichtigungsantrag, in dem sie eindeutig ein bestimmtes Rechtssubjekt (die Zweitbeklagte) benannt habe, das sie mit der (offenkundig in Unkenntnis der Abspaltung und der Verschmelzung erhobenen) Klage gegen die Erstbeklagte habe tatsächlich ansprechen wollen. Auch noch in ihrer Beantwortung des Rekurses der Erst- und Zweitbeklagten gegen den Beschluss des Erstgerichts strebte sie – seitdem ihr nicht nur der Verschmelzungsvorgang, sondern nun auch das Vorbringen der Gegenseite zur Abspaltung des Betriebs „Bau“ bekanntgeworden war – die Berichtigung auf die Zweitbeklagte, nicht aber auf die Drittbeklagte an. Sie berief sich darin auf die Gesamtrechtsnachfolge der Zweitbeklagten und insbesondere auf § 15 Abs 1 SpaltG unter Hinweis auf den viel größeren Haftungsfonds der Zweitbeklagten im Vergleich zur Drittbeklagten. Im Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof hebt sie zudem hervor, dass ihr Antrag weder verfehlt noch von einem irrigen Gedanken getragen gewesen sei, was bei Erörterung dieser Problematik durch das Oberlandesgericht Graz hervorgekommen wäre. Insoweit sei das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Graz mit Mangelhaftigkeit behaftet.

[25] Die Erst-, Zweit‑ und Drittbeklagten meinen unter Hinweis auf die zu 2 Ob 166/08p ergangene Entscheidung (die allerdings keinen Fall einer Verschmelzung oder Spaltung betraf) nunmehr sogar, die Erstbeklagte sei lediglich deklaratorisch gelöscht. Die Erstbeklagte sei durch die Berichtigung auf die Drittbeklagte beschwert, weil es damit nicht – wie von ihr angestrebt – zur Zurückweisung der Klage ihr gegenüber gekommen sei. Im Verhältnis zur Zweitbeklagten könne es – wenn es nicht zur endgültigen Zurückweisung der Klage komme – zu einem Regress ihr gegenüber kommen. Die Drittbeklagte sei plötzlich als Beklagte in das Gerichtsverfahren gezogen worden, wiewohl dies dem Willen der Klägerin gar nicht entsprochen habe. Im Verfahren erster Instanz habe die Klägerin auch keinen Eventualantrag im Sinne einer Berichtigung auf die Drittbeklagte gestellt und in ihrer Rekursbeantwortung die Berichtigung auf die Drittbeklagte sogar ausdrücklich abgelehnt.

[26] I.5. Der erkennende Senat teilt die Ansicht des Oberlandesgerichts Graz, es hätte die Klägerin in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu erkennen gegeben (RS0039297 [T4]), dass die Drittbeklagte eindeutig die in Wahrheit (immer schon) gemeinte Partei sei, die lediglich unrichtig mit der Bezeichnung der Erstbeklagten versehen in Anspruch genommen hätte werden sollen, nicht. Für die Berichtigung hatte sich die Klägerin auf die Gesamtrechtsnachfolge infolge der Verschmelzung der Erstbeklagten mit der Zweitbeklagten berufen, welche Rechtsnachfolge auch die der Verantwortung nach § 15 Abs 1 SpaltG in Bezug auf die zuvor erfolgte Abspaltung eines Teilbetriebs einschloss. Sie hatte ein konkretes Rechtssubjekt unter Angabe von Firmenbezeichnung und Firmenbuchnummer als tatsächlich gemeinte Partei benannt, auf welcher sie auch im Rekursverfahren (und nach der Thematisierung der Abspaltung des Betriebs „Bau“ auf die Drittbeklagte) beharrte. Zudem zog sie in der Rekursbeantwortung (im Verfahren aufgrund des Rekurses gegen den Beschluss des Erstgerichts) in Zweifel, dass „die klagsgegenständlichen Verbindlichkeiten tatsächlich dem 'Teilbetrieb Bau' zugeordnet wurden“.

[27] Ohne Erörterung hätte bei dieser Sachlage das Oberlandesgericht Graz nicht eine von der Klägerin nicht benannte, „prozessfremde“ Gesellschaft in das Verfahren hineinziehen dürfen. Dies umso weniger als die Erst- und Zweitbeklagten schon im Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts unterstrichen hatten, dass die Klägerin ausschließlich die Berichtigung auf die Zweitbeklagte beantragt habe, und die Klägerin in der Rekursbeantwortung zu diesem Rechtsmittel auf die Haftung der übertragenden Gesellschaft (also der Erstbeklagten) nach § 15 SpaltG und die Gesamtrechtsnachfolge der Zweitbeklagten aufgrund der (nachfolgenden) Verschmelzung verwiesen hatte.

[28] Bei Erörterung der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht mit den Parteien wäre hervorgekommen, dass – wie dies nun die insoweit übereinstimmenden Ausführungen aller Parteien im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof belegen – mit dem angefochtenen Beschluss eine Berichtigung auf die Drittbeklagte gegen den Willen der Klägerin (die anführt, sich nicht auf den geringeren Haftungsfonds beschränken lassen zu wollen) erfolgt (vgl RS0107428), diese also nicht die von der Klägerin „in Wahrheit gemeinte“ Partei ist.

[29] Der funktionell als Erstgericht gefasste Beschluss auf Berichtigung der Parteibezeichnung auf die Drittbeklagte, die in einen von keiner Seite angestrebten Prozess hineingezogen wurde, ist daher in seinem gesamten Punkt I ersatzlos zu beheben.

II. Zu den Revisionsrekursen

[30] II.1. Beschlüsse mit denen der Rekurs gegen eine Entscheidung des Gerichts erster Instanz zurückgewiesen wurde, sind nach der Rechtsprechung nur unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar, weswegen es auch einer erheblichen Rechtsfrage bedarf (RS0044501 [T4]). Aus diesem Grund hat das Rekursgericht daher (auch) auszusprechen, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist (RS0044501 [T7, T16]).

[31] Eine Rückstellung des Aktes an das Rekursgericht zur Nachholung des Ausspruchs darüber kann aber unterbleiben, wenn der Oberste Gerichtshof, der an den vom Rekursgericht gesetzten Ausspruch nicht gebunden wäre, das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ohnehin bejaht (RS0123384) und– wie hier – ein Fall vorliegt, in dem ein außerordentliches Rechtsmittel zulässig wäre, oder wenn er das Rechtsmittel mangels Beschwer zurückweist (vgl zur Entbehrlichkeit der Rückstellung bei fehlender Beschwer 6 Ob 206/22g).

[32] II.2. Der Revisionsrekurs der Drittbeklagten ist unzulässig. Sie war weder, als das Erstgericht über Antrag der Klägerin die Berichtigung der Parteibezeichnung der Erstbeklagten auf die Zweitbeklagte aussprach, Partei des erstinstanzlichen Verfahrens noch hat sie gegen diesen Beschluss einen Rekurs erhoben. Sie ist (und wäre) vielmehr von der Berichtigung auf die Zweitbeklagte nicht betroffen.

[33] II.3. Den (mit Ausnahme der Viertbeklagten) erhobenen Revisionsrekursen der anderen Parteien (Klägerin, Erst- und Zweitbeklagte) ist aber Folge zu geben, weil bei mangelfreiem Verfahren und richtiger rechtlicher Beurteilung die Berichtigung auf die drittbeklagte Partei nicht vorgenommen hätte werden dürfen und damit den Rekursen gegen den erstinstanzlichen Beschluss die Beschwer tatsächlich nicht fehlte.

[34] Hat das Rekursgericht einen Rekurs als unzulässig zurückgewiesen, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, anlässlich der Entscheidung über diesen – seiner Ansicht nach verfehlten – Zurückweisungsbeschluss gleich in der Sache selbst zu erkennen, wenn dadurch der Instanzenzug verschoben würde (RS0007037). Eine inhaltliche Befassung, weil der formell auf eine Zurückweisung lautende Beschluss auch Abweisungsgründe umfasste, liegt hier nicht vor.

[35] Dem Rekursgericht ist daher eine neuerliche Entscheidung über die Rekurse unter Abstandnahme von den gebrauchten Zurückweisungsgründen aufzutragen.

III. Kostenentscheidung

[36] Zwar sind alle Rekurse erfolgreich, es ist allerdings – aufgrund der Pflicht zur Erstattung der Rechtsmittel und der Beantwortungen in einem Schriftsatz (RS0035774 [bes T5]) und der vorzunehmenden Saldierung – die Entscheidung über diese Kosten mit jenen des Revisionsrekursverfahrens verwoben. Dessen Ausgang ist (bis auf die Drittbeklagte) noch ausständig, sodass die Kostenentscheidung insgesamt dem Rekursgericht vorzubehalten war.

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